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An diesem eiskalten Sonntagnachmittag waren sieben Erwachsene zugegen: sechs Männer und eine Frau. Als Leo den Gitterkäfig betrat, war ihm bewusst, dass die Anwesenden, ob stehend oder sitzend, keine Ausnahmen dulden würden – sie würden ihn unweigerlich hinausweisen.
Leo war gezeichnet, doch nicht geschwächt; alles schmerzte, doch er wollte sich heute, hier und jetzt, von niemandem fortweisen lassen. Er dachte, es könnte kaum schlimmer kommen, doch darin irrte er sich gewaltig.
Leo fand es ungerecht, dass sie den Käfig für sich allein in Anspruch nahmen – das störte ihn schon vom ersten Tag an, und nun ist er hier, um ihnen das mitzuteilen!
Zuerst schickten sie den kleinsten und schwächsten der Gruppe vor, um sich zu beweisen. Wollte Leo durch Stöße gegen die Brust signalisieren, dass er wieder umkehren soll?
Dieses "Zniachtl", das ihm stieß, spürte als Erstes seine angestaute Aggression und war sein erstes Opfer. Kräftige Schläge in den Bauch ließen ihn zusammensinken. Aber dann? Der Rest der Bande Leo jetzt eine Lektion erteilten, zeigten und ihn spüren ließen, was Sache ist.
Kein Raufen, wie Leo es bisher praktizierte. Er kam gar nicht dazu, einem die Hand umzudrehen, worin er sich schon als einen Meister sah. Spürte Tritte, Fäuste und auch noch, wie ich am Boden lag und schon aus der Nase blutete, hörten sie nicht auf.
Aber er machte es ihnen nicht leicht, kein Menü, wie man umgangssprachlich sagt, nicht so locker vom Hocker! Einige von Ihnen wurden von Leo vorher ordentlich bedient. Beißen, treten, boxen, bis er schließlich keine Kraft mehr hatte.
Hörte noch eine Frauenstimme:
>>Aus, hört auf, ihr bringt ihn doch um,<< spürte noch, dass ihm jemand hochhob. Und diese Frauenstimme sagte immer wieder, er muss durchhalten.
Vorschau Artikel 27: Ich erwachte im Krankenhaus, auf einem Sessel sitzend, durch das grelle Licht einer Lampe und ein Flüstern, das klang wie:
„He, hallo, junger Mann“, hallte es immer lauter. Vor mir ein Arzt, der eine Stirnlampe trug und mit mir sprach, doch ich verstand nicht alles. Mein Kopf wurde von jemandem von hinten gestützt.
Ja, man kann es wohl so bezeichnen, wenn die Eltern einem plötzlich alles nehmen, was das eigene Ich ausmacht. Alles, was ich war, meine Identität, die Welt, die ich mir mühsam aufgebaut und für die ich gekämpft habe, wird mir entrissen. Es war nicht Bosheit, nein, sie dachten einfach nicht so weit. Es war Egoismus, Unverständnis, Desinteresse an ihren Kindern. Sie wussten nicht, was ich den ganzen Tag machte, womit ich meine Zeit verbrachte und mit wem. Es interessierte sie nicht; solange die Polizei nicht vor der Tür stand, war alles andere für sie belanglos. Und so geschah Folgendes;
Gestern war der letzte Schultag vor den Semesterferien und ich erhielt mein bestes Halbjahreszeugnis seit Schulbeginn. Der Lehrer, der mich anfangs aufgrund meiner Akte als "GFRAST" abgestempelt hatte, entschuldigte sich bei mir, nachdem die Direktorin ihn zurechtgewiesen hatte. Von da an förderte er mich, und ich erkannte, dass ich mit Leichtigkeit der Beste sein konnte, wenn ich mich anstrenge. Und dieses Zeugnis wollte ich jetzt gerne den Tanten und Onkeln zeigen. Aber? Keiner hatte Zeit für mich, sie waren beschäftigt, Kästen auszuräumen und Wäsche in Karton zu verstauen.
Sie habe mein eisernes Stockbett demontiert und das Regal, das ich aus Obstkisten zusammengebaut hatte, zwischen Bett und Wand eingeklemmt, damit es nicht umfallen konnte, zu Brennholz verarbeitet.
Wenn ich sage, alles haben sie mir an diesem Tag mit ihrer Entscheidung genommen, dann meine ich alles!
Katharina, meine Sitznachbarin in der Klasse und aktuelle Freundin, lebte bei ihren Großeltern, die mich ebenfalls sehr mochten. Sie besaßen einen Pferdehof, und obwohl ich dort arbeitete, verbrachte ich viele schöne Stunden mit Katharina bei den Pferden, im Stall und im Heu. Sie sogar mit meinen Eltern über eine mögliche Adoption von mir gesprochen.
Im Hort hatte ich Briela, ein Mädchen mit kaffeebrauner Haut, die mir nicht nur Tischtennis beibrachte, sondern auch das Lungenküssen. Dabei atmet man die Luft des anderen so lange ein, bis dieser in Ohnmacht fällt. Es ist ein Nervenkitzel, man hört das Zerspringen von Glas, und für einen Moment ist alles weg. Ja, es ist gefährlich, aber ich war 14 und in einer Phase des Ausprobierens, was die Welt für mich noch bereithält!
Das Allerschlimmste von den allem, auch meinen Park. Ich dort viele blutige Kämpfe geschlagen, um mir oder uns eine Wohlfühloase geschaffen. Es war mein Wohnzimmer, dort konnte ich mich wohlfühlen, es gab nur Menschen um mich, die ich mochte und die mich mochten.
Und von den beiden Hausmeister Kinder, meine Begleiter seit ich laufen konnte, ganz abzusehen.
Und Herrn Schmidt, meinen Klassenvorstand, so einen werde ich nie mehr finden. Er mochte mich, so wie ich war, er verstand es, dass ich jetzt sofort einem Burschen nachlaufen musste, weil dieser gerade, einem rothaarigen Buben, einige Haare abgeschnitten hatte. ABER! Aus, Vorbei, es war weg.
Samstagmittags saß ich im Auto meines Onkels, und wir folgten einem LKW, in dem all unsere Möbel geladen waren. Niemand sprach mit mir.
"Du wirst schon sehen; es wird eine Überraschung sein!" war die Antwort, wenn ich nachfragte. Nach etwa anderthalb Stunden bog der LKW von der Straße ab, fuhr durch ein großes Eisentor, vorbei an einem Fußballfeld, zu einem großen Haus. Das wurde mein neues Zuhause, mein Vater der Platzwart, oft auch Zeugwart genannt, und ich würde dort in der Ortschaft die Schule beenden..
Natürlich war ich nicht ansprechbar; half auch nicht beim Ausladen. Ja, ich habe jetzt mein eigenes Zimmer, aber das war mir in dem Moment egal. Ich konnte mich von niemandem verabschieden, niemand wusste, wo ich war.
Einige neugierige Jugendliche standen herum, und ein Mädchen mit schwarzen Locken, engen Jeans und hochgestelltem Kragen beobachtete mich die ganze Zeit mit ihren dunklen Knopfaugen. Selbst wenn unsere Blicke sich zufällig trafen und ich etwas Unfreundliches zu ihr sagte, schaute sie nicht weg. Sie lachte nur und sagte, sie verstehe das vollkommen – neue Umgebung, man kennt niemanden. Dann stellte sie sich als Angelika vor und streckte mir ihre Hand entgegen.
Ich erfuhr sogleich, dass sowohl ihr Bruder als auch ihr Vater in diesem Verein spielen. Ihr Stiefvater ist zudem der Vorsitzende, und sie kennt meinen Namen, weil ihr Vater allem zugestimmt hat.
"Also ist dein Vater der Grund für meine Krise?" Sie führte mich zu den Tribünen, nach und nach erzählte ich ihr, was ich alles aufgeben musste, um hier die Rolle des neuen Platzwartsohns zu übernehmen.
Sie machte jetzt etwas, was mich sofort auf das Level Null und Lieb, aber so was von sofort herunterholte. Sie umarmte mich, sie ging mir bis zum Kien, aber sie drückte mich. Ich erinnere mich noch, dass sie sehr gut duftete, keine meiner bisherigen Freundinnen sich irgendwie parfümierten. Ihre Stimme und das, was ich hörte, war das Schönste, was ich an diesem Tage erlebte:
"Wenn du willst, frage ich Herbert, er ist ein Arbeiter von uns, der einen Firmenwagen fährt, er soll dich Morgen nach Wien fahren und wieder zurückbringen, vielleicht kannst du dich von einigen verabschieden? "
Ich sah sie an, sie meinte es ernst und ich war mir sicher, dass sie nichts versprechen würde, was sie nicht halten könnte, sie musste mir ansehen, wie verzweifelt ich war.