Alldieweil Liana einen großräumig angelegten Park durchfuhr, ließ sie den Blick schweifen und betrachtete die Umgebung. Neben diversen Gärten konnte sie mehrere kleine Anhöhen sowie einen Hain ausmachen, der komplett aus Eichenbäumen bestand. Einzelne Beete waren sowohl mit Pflanzen wie auch mit Sträuchern bewachsen. Sie bildeten den perfekten Kontrast zu den antiken Bänken und Laternen, die überall aufgestellt waren.
Liana war begeistert.
Dieses Entzücken verstärkte sich, als sie kurz darauf die Umrisse von Elmore Castle erblickte.
Das kleine Schloss war L-förmig angelegt, weiß angeputzt und an Fenstern, Türen sowie Sims rot abgesetzt.
Langsam ließ Liana das Auto auf einen der am Haus befindlichen Parkplätze rollen.
Nachdem sie den Zündschlüssel abgezogen hatte, löste sie den Gurt und schnappte sich ihre Handtasche. Ohne den Wagen zu verschließen, steuerte sie auf die Eingangstür des viergeschossigen Gebäudes zu und betätigte – nachdem sie nirgendwo eine Klingel entdecken konnte – den voluminösen Türklopfer, der in Form eines Löwenkopfes gearbeitet war.
Sekunden später hörte sie, wie sich jemand näherte. Ehe sie sich versehen konnte, flog die Tür auch schon auf.
Der leicht ergraute Mann, der ihr gegenüberstand, lächelte. Er reichte ihr zur Begrüßung die Hand.
„Mein Name ist Jonathan MacPhee. „Ich bin hier als Butler beziehungsweise Hausmeister angestellt. Sie sind sicher Miss Maxwell. Wir haben Sie bereits erwartet. Der Hausherr ist im Moment nicht zugegen, so dass Sie mit meiner Person und der meiner Frau vorliebnehmen müssen. Wenn Sie mir bitte folgen würden. Ailis hat einen kleinen Imbiss vorbereitet.“
Mit dieser Bemerkung wandte er sich ab und führte Liana in ein gemütlich eingerichtetes Zimmer, das offensichtlich als Aufenthaltsraum genutzt wurde.
Kurz nachdem sie dort eingetreten waren, kam eine kleine, rundliche Frau um die Ecke gefegt, die komplett Lianas Vorstellung einer Haushälterin entsprach – sogar das weiße Häubchen war vorhanden.
„Oh, meine Liebe!“, sagte sie. „Sie müssen ja völlig erledigt sein. Solch ein langer Flug, und dann noch die Fahrt von Inverness hierher. Setzen Sie sich. Ich bringe Ihnen etwas zum Trinken. Bevorzugen Sie Kaffee oder Tee?“
„Ein schöner, starker Tee wäre jetzt genau das Richtige“, entgegnete Liana, während sie in einem der antiken Sessel Platz nahm.
Zehn Minuten später tauchte Ailis wieder auf. Sie stellte ein Tablett mit einer Kanne Tee, einer Tasse und einem Teller mit Plätzchen auf den Tisch.
„Lassen Sie mich wissen, falls Sie noch etwas brauchen.“
„Danke, Mrs. MacPhee.”
„Gern geschehen, Kindchen. Nennen Sie mich bitte Ally. Alle tun das.“
„In Ordnung… Ally. Ich bin Liana.“
„Sehr erfreut.“ Bevor sie den Raum verließ, zwinkerte ihr Ailis kurz zu.
Da auch Jonathan MacPhee verschwunden war, schlüpfte Liana, nach dem Genuss einer Tasse Tee, aus den Schuhen heraus und bewegte, um die Blutzirkulation in ihren Füßen wieder richtig in Gang zu bringen, die Zehen. Anschließend zog sie die Beine an und kuschelte sich tiefer in den überdimensional großen Sessel hinein.
'Wie angenehm. Dazu so entspannend. Das Feuer im Kamin knistert, Tee und Kekse warten. Eigentlich brauche ich nicht mehr, um glücklich zu sein.‘
Es waren vorerst Lianas letzte Gedanken. Erschöpft von der langen Reise, schlummerte sie ein…
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