Nachdem Matt gestern nochmal im Krankenhaus war, ist er abends völlig erschöpft ins Bett gefallen. Er musste Kraft für den heutigen Tag tanken. Von seinen besten Freunden und von seiner Schwester wusste Matt nur, dass der Flug am nächsten Tag gehen würde. Eine Uhrzeit wusste er nicht, aber Matt rechnete gegen Mittag mit seiner Familie.
Um 9.57 Uhr schreckte Matt aus seinem Schlaf hoch. Die Sonne strahlte, durch einen kleinen Spalt in den dunkelroten Vorhängen seines Schlafzimmer, direkt auf sein Matt. Verschlafen gähnte er und streckte er sich. Ein Blick auf seinem Handy verriet ihm, dass es schon viel zu spät war. Doch sein Körper hatte diesen erholsamen Schlaf wohl nötig gehabt. Noch etwas verschlafen stieg er aus dem Bett und schlich in das angrenzte Badezimmer.
Ein Blick in den Spiegel verriet ihm, dass er dringend eine Kanne Kaffee nötig hatte. Matt wusch sich und putzte sich die Zähne, ehe er dann wieder ins Schlafzimmer ging um sich anzuziehen. Er würde sich gleich unterwegs einen Kaffee holen, das musste vorerst reichen.
Auf dem Weg in die Lobby rief Matt Frank an. Unten angekommen, ging er in den Frühstücksraum. Doch was erwartete er um 10.30 Uhr? Das Frühstücksbuffet war längst abgebaut. Als er eine Kellnerin sah, fragte er sie höflich nach einem Kaffee und sie versprach ihm einen zu besorgen. Während Matt dann in der Lobby auf seinen Kaffee wartete, machte er sich Gedanken darum wie er seinen Vater alles erklären sollte. Sein Vater hatte schon damals nicht viel von Leighton gehalten, das machte die ganze Situation jetzt nicht gerade besser.
Als Matt seinen Kaffee hatte, bedankte er sich freundlich und ging nach draußen.
Vor dem Hotel wartete Frank schon auf den dunkelblonden Mann.
"Guten Morgen, Frank."
"Guten Morgen, Matt."
Matt stieg ins den Wagen und als Frank auch einstieg fuhren sie los. Frank beobachtete Matt wie er auf der Rückbank seinen Kaffee trank und abwesend schien.
"Wie geht es Leighton?", erkundigte sich Frank schließlich.
"Sie liegt im Koma und die Ärzte meinen, wir müssten abwarten."
"Mach dir keine Sorgen, die Kleine schafft das schon. Sie war schon immer hart im Nehmen."
Frank kannte Leighton auch von früher und er hatte die beiden schon öfters gefahren gehabt. Auch wenn seine Worte nicht sehr aufheiternd waren, so wollte er Matt zumindest etwas Mut machen.
"Ich geb mein bestes. Ach Frank könntest du heute in der Nähe des Krankenhaus bleiben?"
"Natürlich. Gibt es dafür einen besonderen Grund?"
Matt seufzte und schaute Frank in dem Rückspiegel an.
"Mein Vater ist auf dem Weg hierher."
Frank nickte nur, denn er kannte auch Mister Hemingway zu gut.
"Ich werde in der Seitenstraße stehen."
"Danke."
Die restliche Fahrt zum Krankenhaus verlief ohne ein weiteres Wort. Erst als Frank vor dem Krankenhaus zu stehen kam, sagte er was.
"Bis später und viel Erfolg."
Matt nickte ihm zu. Das verstand er ohne weiteren Erklärungen.
Als er das Krankenhaus betrat kam Lucas auf ihn zu, der auf dem Weg nach draußen war.
"Guten Morgen, Matt."
"Guten Morgen, Lucas. Ist was passiert?"
Lucas schaute ihn verwirrt an.
"Nein, ich muss nur in mein Diner. Der Ersatzkoch hat sich gerade krank gemeldet und meine andere Vertretung kann erst um 14 Uhr anfangen."
"Alles klar. Bis später."
Lucas war schon längst auf dem Weg zu dem großen Parkplatz, der sich rechts neben dem Krankenhaus befand und hob die Hand zum Abschied.
Den Weg zu seinem Sohn kannte Matt schon auswendig und als er auf der Station war, begrüßte ihn Schwester Jolie schon von weitem.
Das Prozedere in dem Vorraum lief an diesem Morgen schon recht zügig ab. Als der Dunkelblonde das Zimmer betrat, stand ein Arzt gerade bei seinem Sohn. Mit großen Augen sah er den Mann mit dem weißen Kittel an.
"Sie müssen der Vater sein."
"Ja, das bin ich. Gibt es Probleme?,", fragte er nervös den Arzt.
"Ich bin Dr. Noel. Ihrem Sohn geht es gut. Ich schaue nur jeden Tag nach ihm. Heute ist es nur etwas spät geworden."
"Das beruhigt mich. Können Sie mir schon sagen, wann er aus dem Krankenhaus kann?"
"Ich denke, dass wir noch mindestens einen Monat warten sollten. Er entwickelt sich prima, also müssen sie sich keine Sorgen machen."
"Danke, Dr. Noel."
"Ich lasse sie beide dann mal alleine. Wenn was ist, klingeln sie. Schwester Jolie kommt dann zu Ihnen."
Mit diesen Worten verließ der Kinderarzt das Zimmer und Matt ging zu seinem Sohn.
"Guten Morgen, kleiner Mann."
Sein Sohn bewegte sich etwas und Matt ging das Herz auf. Vorsichtig, wie er das gestern gelernt hatte von Schwester Jolie, nahm er ihn aus dem Bettchen und legte ihn an seine Brust.
"Hast du das gehört, was der Onkel Doktor sagte? Bald darfst du hier raus. Deine Mama wird das sicherlich freuen. Ich werde ihr das nachher auch erzählen."
Vorsichtig küsste er ihn auf den Kopf, der mit ein paar dünnen Haaren bedeckt war. Der Kleine kuschelte sich wieder an seine Brust und schlief wieder ein. Mit seinem Sohn auf dem Arm lief Matt neben dem Bett auf und ab und wiegte ihn etwas. Zehn oder fünfzehn Minuten machte Matt das bis er sich schließlich auf den Sessel setzte. Er wiegte ihn in seinem Arm und schaute seinen Sohn an.
So etwas Schönes hatte er noch nie gesehen und er war wirklich stolz darauf Vater zu sein, auch wenn das gerade sein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Doch das war ihm egal. Für Matt gab es kein Zurück mehr und er wollte für seinen Sohn und Leighton da sein. Ob Leighton das auch wollte, wusste er nicht, aber er würde mit ihr in Ruhe darüber sprechen, wenn sie wach würde.
Plötzlich fing sein Sohn an zu schreien und Matt war mit der Situation etwas überfordert. Er stand auf, lief hin und her, wiegte ihn und sprach mit ihm. Doch das alles half nichts. Darauf bedacht seinen Sohn nicht fallen zu lassen betätigte er schließlich die Klingel.
Nach kurzer Zeit stand Schwester Jolie in dem Zimmer.
"Er hat plötzlich angefangen zu schreien. Ich hab ihn nur auf dem Arm gehalten.", versuchte er sich zu rechtfertigen.
Jolie lächelte herzlich.
"Keine Angst. Der Kleine hat nichts."
Sie ging auf Matt zu und nahm ihm seinen Sohn an. Behutsam legte sie ihn in das Bettchen und klappte daneben einen Tisch aus.
"Dein Sohn braucht wohl eine neue Windel. Das ist deine nächste Lektion. Du lernst jetzt wir man eine Windel wechselt."
Mit großen Augen starrte er die Krankenschwester an. Damit er alles sehen konnte stellte er sich neben Jolie.
Die Krankenschwester nahm seinen Sohn aus dem Bett und legte ihn auf den Tisch. Der Tisch war weich gepolstert und an den Seiten war das Polster erhöht, damit er nicht runter fiel.
Mit geübten Handgriffen zog sie dem kleinen Mann den hellblauen Strampler aus. Dann öffnete sie die Windel und zog sie ihm aus. Sein Sohn schrie immer noch. Jolie ziehte ein paar Grimassen und beugte sich dann vor um ihn auf den Bauch zu pusten. Das fand der kleine Mann toll und hörte auf zu schreien. Er lächelte sogar erfreut. Dann putzte sie ihm den Popo mit einem weichen, feuchten Tuch ab, gefolgt von dem Babypuder. Aus einer Schublade unterhalb des Winkeltisches holte sie eine frische Windel heraus und zog ihm diese an. Wieder machte Jolie Grimassen und pustet ihm auf den nackten Bauch. Dann zog sie ihm den Strampler an und nahm ihn dann mit den Händen behutsam von dem Tisch und legte ihn wieder in sein Bett. Der kleine Mann stramplte lächelnd und quietschte etwas. Das schien ihm gefallen zu haben.
"Hast du dir das genau angeschaut?"
"Ich glaube schon."
"Gut, beim nächsten Mal machst du das und ich gucke dir zu."
"Ich... Also... Ich glaube nicht, dass ich das schaffe."
"Das sagen alle am Anfang. So schwer ist das nicht. Du bekommst das schon hin."
"Okay."
Die Unsicherheit konnte man Matt deutlich anhören. Der kleine Mann schlief dann auch wieder ein.
"Ich werde mal nach den anderen kleinen Würmern schauen. Wir sehen uns später."
"Alles klar. Ich werde mal nach seiner Mutter schauen."
Jolie verließ als erstes das Krankenzimmer. Nachdem er sich von seinem Sohn verabschiedet hatte, verließ er auch das Zimmer und machte sich auf dem Weg zur Intensivstation, wo Leighton immer noch lag.