An die Geräusche auf der Intensivstation musste sich der dunkelblonde Mann noch gewöhnen. Ebenso musste er sich an den Anblick von Leighton gewöhnen.
Lorelei hatte vor 2 Minuten die Station verlassen, weil sie sich mal eine Pause gönnen musste. Sie wollte zum Essen in die Krankenhaus Cafeteria. Bevor sie gegangen war, hatte sie ihm aber noch erzählt, was der Arzt gesagt hatte. Das beruhigte Matt natürlich etwas, aber trotzdem hoffte er, dass sie bald aus dem Koma aufwachen würde.
Er saß auf einem Stuhl an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Mit einem Lächeln auf den Lippen erzählte er ihr von ihrem Sohn und das er heute von Jolie gezeigt bekommen hat wie man eine Windel wechselt. Er lachte kurz laut auf, weil er sich immer noch nicht vorstellen kann, ihrem gemeinsamen die Windeln zu wechseln.
"Jolie meinte auch, dass ich das beim nächsten Mal machen soll und sie schaut mir dabei zu. Ace, ich glaube nicht, dass ich das kann.", erzählte er ihr und lächelte immer noch.
Wahrscheinlich würde er sich so ungeschickt anstellen, dass die Windel nicht da war, wo sie hin sollte. Das würde sich allerdings noch zeigen, schließlich würde Jolie dabei sein.
" Du hättest echt sehen müssen, wie sie mit dem Kleinen umgeht. Es war schön und man könnte glatt glauben, es sei ihr eigenes Kind. Du wärst so bestimmt auch."
Bei seinen Worten verebnete sein Lächeln. Der bittere Beigeschmack dieser Worte waren hart. Matt presste seine Lippen aufeinander und hielt kurz die Luft an.
"Weißt du was ich dir gestern ganz vergessen habe zu erzählen? Colin, Finn und Robert wollen her kommen. Sie wollen dich auch besuchen. Gott, die drei werden wieder alles ins Chaos stürzen. Aber du kennst sie ja."
Matt war aber auch davon überzeugt, dass seine drei besten Freunde ihm gut tun würden. Vor allem weil er ja wusste, dass sein Vater heute ankommen würde. Sein Handy hatte er absichtlich aus geschaltet, damit Mitchell ihn nicht erreichen konnte.
Matt unterhielt sich eine ganze Zeit lang mit Leighton, bis er auf dem Flur eine Diskussion mit bekam. Allerdings verstand er nicht ein Wort. Es war ihm auch egal um was es ging, er hatte schließlich gerade eigene Probleme.
Doch das schien sich zu ändern als Lorelei ganz aufgeregt in das Zimmer kam.
"Kann ich dich bitte mal kurz sprechen?"
"Klar."
"Komm bitte mit raus. Leighton, Matt kommt gleich wieder. Mach dir keine Sorgen."
Mit einer gerunzelten Stirn stand Matt auf und folgte Lorelei auf dem Flur. Lorelei schloss die Tür und holte tief Luft.
"Ich freue mich wirklich, dass du dich kümmern willst, aber diese ganze Aufregung kann keiner von uns gebrauchen.", sagte sie ernst.
"Wovon redest du?"
"Sorg dafür, dass es aufhört, sonst sorge ich dafür, dass du weder zu Leighton noch zu deinem Sohn darfst!"
"Lorelei, ich würde damit aufhören, wenn ich wüsste worum es geht."
"Matt, tu nicht so als wüsstest du von nichts."
"Ich weiß nicht, wovon du redest."
Lorelei musterte ihn und er schien wirklich keine Ahnung zu haben, wovon sie sprach.
"Dein Vater..."
"Stopp, was hat er getan?", unterbrach er sie.
"Er steht vor der Intensivstation und macht hier alle verrückt. Er schreit rum und will wissen was passiert ist. Die Schwestern haben wirklich Mühe ihn zu bändigen."
"Geh zu Leighton und kümmere dich um sie. Ich werde mich um meinen Vater kümmern."
Sofort ging Matt zum Ausgang und als die Tür der Intensivstation öffnete riss er sich den grünen Kittel vom Körper. Sein Vater stand in dem kleinen Aufenthaltsraum, der neben dem Aufzug war, mit einem Arzt und gestikuliete wild mit den Händen. Mitchell schien wirklich wütend zu sein.
Ohne jeglichen Anstand platzte Matt in den Raum und sah seinen Vater wütend an. Der Arzt schien zu spüren, dass jetzt ein guter Zeitpunkt war um zu gehen.
"Bevor du auch nur ein Wort sagst, solltest du mal darüber nachdenken wo du gerade bist."
"Ach ja und du mein Sohn, solltest dir darüber Gedanken machen, was du angerichtet hast."
"Ich bin mir dessen bewusst."
"Die Kleine hat dich von deinem Weg abgebracht. Was findest du nur an ihr?"
"Du konntest Leighton schon vor zehn Jahren nicht leiden, weil sie nie das getan hat was du erwartet hast."
"Sie wusste dich nie zu schätzen und auch nicht was es heißt ein Hemingway zu sein."
"Wenn du hier bist um mir wieder eine Moralpredigt zu halten, dann kannst du direkt wieder gehen. Wenn du aber hier bist, weil du wissen willst was passiert ist, dann kannst du gerne bleiben. Es ist deine Entscheidung."
"Du stellst mich vor eine Wahl? Du willst mir sagen, was ich tun oder lassen soll?"
"Ja, das tue ich. Auch wenn ich in deiner Firma arbeite, heißt es noch lange nicht, dass ich nach deiner Nase tanze."
Mitchell Hemingway schaute seinen Sohn mit einem Blick an, als hätte er gerade chinesisch oder japanisch mit ihm gesprochen. So hatte er seinen Sohn noch nie erlebt.
"Wie schön, dass du mal ruhig bist."
"Also schön. Du hast dich entschieden, aber glaube ja nicht, dass ich das so hinnehme. Du hast einen Vertrag unterschrieben und das bedeutet, du musst dich daran halten. Affären führen zur Auflösung des Vertrages und kostet uns eine Menge Geld."
"Auch das kannst du dir sparen. Mir ist das Geld egal. Ich muss für Leighton da sein, ganz gleich wie du das siehst."
"Matthew Alexander Hemingway du scheinst zu vergessen wer vor dir steht.", ermahnte ihn sein Vater.
"Das weiß ich leider zu genau. Ein Mann, der nur an sein Geld denkt und dem es egal was sein eigener Sohn fühlt."
"Was fällt dir eigentlich ein?"
"So ein Vorbild werde ich nicht. Ich erziehe meinen Sohn anders und werde auch für ihn Verständnis haben."
Erst als die Worte seinen Mund verlassen hatten, wusste er was er da gesagt hatte. Doch Matt war so sauer auf seinen Vater gewesen, dass er überhaupt nicht darüber nachdachte was er da gerade gesagt hatte.
Seinem Vater hingegen fiel das nicht aufgefallen zu sein, denn die hitzige Diskussion ging in die zweite Runde.
"Willst du etwa sagen, dass ich ein schlechter Vater war? Willst du ernsthaft behaupten, ich hätte nie Verständnis für dich gehabt?"
"Ja, genau das will ich damit sagen."
"Wer hat dich denn vor deiner Mutter in Schutz genommen, als du meintest, du könntest einfach so von einer Klippe springen in Costa Rica?"
"In Schutz genommen? Du wolltest Mutter nur kein Recht geben."
"Du hast wirklich keine Ahnung von was du da redest, Matthew."
"Ach jetzt fangen wir wieder mit meinem vollen Namen an? Soll ich dir jetzt noch sagen, wie leid es mir tut?"
"Nein, du sollst nur endlich erwachsen werden. Du bist keine 20 mehr und solltest Verantwortung übernehmen."
"Das tue ich doch. Schließlich bin ich hier um Verantwortung zu zeigen. Entweder du verstehst es oder lässt es."
Matt hatte nicht die Kraft dazu sich weiter mit seinem Vater zu unterhalten, doch als er sich von ihm abwendete und zur Tür gehen wollte, sah er Lucas vor der Tür stehen. Das hatte ihm auch noch gefehlt. Damit würde Lorelei später wohl erfahren, was hier zwischen den beiden Hemingway Männer abgelaufen war. Seufzend öffnete er die Tür und schaute Lucas an.
"Vorsichtig, Mister Hemingway hat schlechte Laune."
"Matt, wenn du jetzt gehst dann brauchst du nicht mehr nach London zurück zu kehren."
Lucas schaute erst zu Matt, dann zu seinem Matt und das in einer Tour. Es war fast so als würde er Zuschauer bei einem Tennisspiel sein.
"Auf Wiedersehen und bestelle Mutter und Summer schöne Grüße von mir und meiner Familie."
Matt stellte sich neben dem Aufzug und atmete tief durch. Diese Unterhaltung hatte ihn ganz schön mitgenommen und er brauchte jetzt unbedingt frische Luft. Ohne ein Wort zu sagen ging Lucas zu ihm und drückte auf den Knopf für den Aufzug. Die beiden Männer stiegen ein und fuhren in das Erdgeschoss. Immer noch ohne auch nur ein Wort zu wechseln gingen sie gemeinsam nach draußen, wo Matt sich auf eine kleine Mauer gegenüber den Eingang setzt. Stumm setzte sich Lucas dazu.
"Ich entschuldige mich für meinen Vater und es wäre toll wenn das unter uns bleiben würde. Lorelei soll sich nicht auch noch darum ein Kopf machen."
"Ich weiß gar nicht wovon du redest."
Diesen wink mit dem Zaunpfahl verstand Matt sofort und klopfte ihm auf die Schulter.
"Wenn du Lust hast, können wir heute bei mir ein Bier trinken. Ich muss später noch etwas arbeiten. Du weißt ja wo du mich findest."
"Darauf komme ich gerne zurück.