Der Polizeibeamte wartet, bis die Tür wieder geschlossen ist und lehnt sich zurück. Dann greift er nach dem Protokoll, dass ihm der Kollege auf den Tisch gelegt hat.
Stirnrunzelnd überfliegt er die Zeilen.
Er war bei dem Gespräch dabei, hat die Worte des Mannes beim Lesen noch im Ohr.
Er ist sich nicht sicher, ob sich eine weitere Untersuchung lohnt.
Dann öffnet sich die Tür wieder und der Kollege steht im Raum.
"Komm, wir fahren los.", meint er knapp.
Überrascht hebt der Jüngere eine Braue.
"Ernsthaft?", fragt er.
Nickend bedeutet ihm der Andere zu folgen.
"Absolut.", bekräftigt jener.
Achselzuckend greift der jüngere Beamte nach seiner Jacke.
"Aber....", beginnt er, doch der Ältere hebt die Hand.
Erst als sie im Streifenwagen sitzen, ergreift er wieder das Wort.
Erklärt dem jungen Kollegen, dass sie der Sache so oder so nachgehen müssen. Dass ihm seine Erfahrung aber auch sagt, dass manches Mal der genaue Blick lohnt.
Schon beim Öffnen der Wohnungstür beschleicht auch dann den Anderen das Gefühl, dass die Aussage der Wahrheit entsprechen könnte.
Ein Mann hat geöffnet, sie gar nicht erst zu Wort kommen lassen, sondern direkt nach seiner Mitbewohnerin gerufen.
Der knapp 30jährigen jedenfalls entgleitet beinahe das Gesicht und sie wird kalkweiß, als sie ihr die Dienstausweise unter die Nase halten.
"Gegen Sie wurde Anzeige erstattet. Wir sind verpflichtet, dem nachzugehen.", rattert er sein Sprüchlein herunter.
Sie zuckt zusammen und sieht sich nervös im Hausflur um.
"Nicht hier, kommen Sie doch herein.", meint sie stockend. Die Beamte werfen sich einen Blick zu. Auf der Treppe sind Schritte zu hören und die Frau wirkt noch nervöser. Aber sie geht zur Seite, damit die hereintreten können.
Dann schlingt sie die Arme um ihren Körper und lehnt sich an die Wand.
"Hat er es tatsächlich getan.", murmelt sie.
Wieder tauschen die Beamten einen Blick.
"Möchten Sie sich äußern?", fragt der Ältere.
Hinter der Frau taucht wieder der Mann, vermutlich ihr Lebensgefährte auf. In der Wohnung sieht es aus, als hätte sich jemand ausgetobt. Verwundert betrachtet der junge Beamte das Szenario.
Was hat sich hier abgespielt?
Zwei Stunden sind zwischen der Aufnahme der Anzeige und ihrem Auftauchen hier vergangen.
Als es klingelt, fahren auch die Beamten zusammen.
"Sag kein Wort, Liebes. Wir können den Anwalt anrufen.", mahnt der Mann, ehe er sich der Tür zuwendet, die immer noch offen steht.
Die Frau zupft an ihrer Bluse und schüttelt leicht den Kopf. Dann sieht sie dem jüngeren Polizisten in die Augen.
"Ich habe nichts unrechtes getan. Er wollte es.", sagt sie.
Und da sieht er es.
Er kann nicht sagen, woran genau, aber er kann es erkennen.
Sie lügt.
Und, sie hat sich verraten......