Über ihnen die Sterne.
Nur das Rauschen der Wellen.
Der Mond versteckt sich gerade hinter einer Wolke.
Die Luft ist klar, aber klirrend kalt.
Dick eingepackt und unter zwei mächtigen Kuscheldecken haben sie es sich im Strandkorb auf der Veranda gemütlich gemacht. Sie nippt an einem Sektglas, er am Wasser.
Erste Böller sind zu hören, dabei ist es noch gar nicht Mitternacht.
Der Wind weht das Gemurmel von der Promenade zu ihnen.
Sie spürt seine Küsse hinter ihrem Ohr.
Entspannt lehnt sie sich gegen ihn.
Wie schön es ist, ihm so nah zu sein.
Nur sie beide, hier, allein auf der Veranda.
Vom Strand her hört man Gelächter. Und dann zählt dort irgendwer den Countdown herunter. Sie schließt die Augen und lauscht auf sein Flüstern. Er zählt ganz leise mit. Als er die Null erreicht hat, hört sie die Raketen, die gezündet werden. Dann spürt sie seine Lippen und sie versinken in einen langen und intensiven Kuss.
Ein neues Jahr.
Gemeinsam betrachten sie die Wege der Raketen, die bunten Farben am Himmel. Der Brauch besagt, dass hiermit das alte Jahr und sein Ballast verscheucht wird.
Wie sehr sie es sich wünscht, dass gerade für sie beide das neue Jahr ein neuer Anfang ist. Er hat beide Arme fest um sie geschlungen und sein Kinn auf ihrer Schulter abgelegt. Sie fühlt sich unglaublich geborgen und geliebt. Sie werden zusammen ziehen, sobald sie Zuhause sind. Ein gemeinsamer Neubeginn.
Sie freut sich darauf.
Der Wind streicht sanft durch ihre Haare und seufzend sinkt sie gegen seine starke Brust. Noch immer zaubert das Feuerwerk alle Farben an den dunklen Himmel.
Das hat sie hier so gar nicht erwartet.
Die beiden großen Kerzen in den Laternen am Rande der Veranda flackern heftig, als der Wind kurz zu nimmt. Dann ebbt er wieder ab.
Die Böller und die Geräuschkulisse werden weniger.
Zwanzig Minuten nach Mitternacht ist es wieder totenstill.
"Sollen wir reingehen?", hört sie ihn fragen.
Sie schüttelt den Kopf.
Ihr ist warm und der Moment soll einfach nie enden.
Nur sie, er und diese Nacht.
Das erste Silvester.
Der erste gemeinsame Jahreswechsel.
Der für sie beide so viel mehr ist.
Alles wird ganz klein, reduziert sich auf ihren Kosmos.
Er bedankt sich flüsternd.
Für ihre Geduld.
Für ihre Hilfe.
Für ihre Kraft.
Für ihre Liebe.
Seine Stimme streichelt ihre Seele.
Wie Balsam.
Wie ein warmer Hauch.
Sie fühlt sich so stark.
So geborgen und voller Optimismus.
Das wird ihr Jahr, irgendwie.
Und doch weiß sie, dass die Böller und Raketen nicht die Dunkelheit in ihm, seine Trauer und Ängste verscheucht haben.
Aber es ist trotzdem ein schöner Gedanke, dass es so sein könnte.
Und jetzt, hier und jetzt, mit ihm in diesem Strandkorb. Eingelullt in der Wärme der Decken und seines Körpers glaubt sie, dass sie unbesiegbar sind.
Zumindest hier und jetzt.
Für den Moment.
In den fragilen Minuten des neuen Jahres.
Vor ihnen liegen 365 Tage.
Kurz nach Mitternacht.
Hallo Zukunft.