Ich besuchte die junge Mutter mit dem Schlaganfall beinahe täglich und sprach mit ihrem behandelnden Arzt. Der Doktor war ein erfahrener Spezialist auf diesem Gebiet und betreute sie mit viel Fingerspitzengefühl.
Er konnte auch gut mit Kindern umgehen, was ihn meiner Meinung nach, zu einem ganz besonderen Arzt machte. Er hatte selbst Kinder im Alter zwischen 18 und 26 Jahren und bereits vier Enkelkinder.
Dr. Florian Zimmermann hatte die Ruhe weg und lächelte darüber, wenn die Kinder im Krankenzimmer ihrer Mutter spielten oder malten.
Als ich Florian anrief, wegen der Patientin, war er privat unterwegs gewesen und ich hatte seine Anweisungen strikt befolgt. So hatte ich ihr das Leben retten können.
Er war geradewegs von einem Picknickausflug mit der Familie in die Klinik gekommen und hatte sie sofort übernommen. Ich war ihm so dankbar dafür gewesen und besuchte die Patientin sehr regelmäßig, denn so konnte ich nach ihr gucken und erfuhr wie die Familie damit umging. Ich bin zugegeben zutiefst beeindruckt vom Ehemann der Patientin. Er ist wie Florian. Er hat die Ruhe weg und genießt es mit den Kindern bei der Mama und Ehefrau zu sein.
Ich arbeitete viel in der folgenden Woche und nahm mir dann ein paar Tage frei. Mein Chefarzt hatte wissen wollen, warum ich die freien Tage wollte und ich begründete es mit den Arbeiten an meiner Professur und das dies nun häufiger vorkommen würde. Schließlich musste ich mich in der Uni einschreiben, um die Vorlesungen besuchen zu können, die für angehende Professoren Pflicht waren, zumal ich mich vorerst auf den Bereich Sport beschränken wollte. Und wenn ich dieses abgeschlossen hatte, kam der Bereich Notfallmedizin inklusive der Notfallchirurgie dran. Aber eines nach dem anderen.
Der Chefarzt hatte lächelnd zugestimmt und mir Glück gewünscht. Er wollte wissen, was mein Thema sein würde. Ich lachte auf.
„Können Sie sich das nicht denken? Ich schreibe die Professur in der Sportmedizin und Sportchirurgie. Ich schreibe über den Fußball und seine Verletzungen. Aber auch darüber welche Auswirkungen diese auf den Sportler in der Zukunft haben können. Es ist sozusagen die Fortsetzung meiner Doktorarbeiten. Ich arbeite schon länger daran und dazu bleibe ich chronologisch. Die Mannschaft meines Bruders unterstützt mich da sehr. Der Mannschaftsarzt, Doktor Markus Braun, ist echt Gold wert und eine riesen Hilfe. Ich darf, mit Erlaubnis des Vereins und der betroffenen Spieler in deren Krankenakte gucken."
Erstaunt zog mein Chefarzt, der ja selbst Professor war, die Augenbrauen hoch.
„Wer ist denn Ihr Bruder und wer die dazu gehörende Mannschaft?", wollte er wissen.
„Professor, mein Bruder ist Marcel Schmelzer. Er ist Linksverteidiger bei Borussia Dortmund und dazu noch der Mannschaftskapitän. Im Studium wurde ich vom Berner Sport Club Young Boys unterstützt. Auch da wurde mir jede noch so kleine Hilfestellung gegeben. Es ist ein Privileg, das man sich hart erarbeiten muss, solcher Unterstützung würdig zu sein."
Er nickte und sagte nichts mehr. Am Abend fuhr ich nach Hause und machte es mir auf dem Sofa bequem, bevor ich mir etwas zu Essen bestellte und schließlich zu Bett ging.