Heute suche ich mit meinen Mädels das Brautkleid aus. Ich hatte bereits eine Vorauswahl getroffen und Marco gesagt, das mir eine Stoffprobe zugesichert wurde.
Darüber freute er sich sehr und wurde auch so langsam aber sicher nervös.
Mein Studium lief gut. Der Professor an der Uni war vollkommen zufrieden mit meinen Leistungen und auch das Schreiben der zweiten Professurarbeit im Bereich Notfallmedizin und Notfallchirurgie verlief bisher ohne Probleme. Ich sprach zudem regelmäßig mit dem Direktor an der Universität und arbeitete seine Vorschläge sorgfältig mit ein, wenn ich glaubte, das dies notwendig war. Ansonsten erwähnte ich diese Hinweise sehr, sehr sorgfältig, was mir bisher im Berufsleben absolut geholfen hat. Privat konnte diese Eigenschaft schon mal Problematisch werden, da ich dann fast allen damit auf den Keks ging.
Marco mochte dies jedoch sehr gern und unterstützte bzw. beschützte mich, wenn die anderen meckerten, wegen meines Sorgfaltsspleens, wie Marci es immer liebevoll nannte. Zudem hatte mein Schatz, Romans Hilfe sicher. Oft schimpfte Roman dann mit jenen, die meckerten oder kitzelte sie aus, wenn es sich dabei um Rabea handelte.
Ihr ging dieser Tick, wie sie es nennt, oft richtig auf den Wecker und sie schaut mich böse an, aber am Ende, wenn alles geklappt hat, ist sie doch froh darüber. Versteh einer dieses Mädel. Ich konnte oft nur den Kopf darüber schütteln.
Nun wollte ich mich mit Ann-Kathrin, Scarlett und Anna treffen, um gemeinsam mein Brautkleid auszusuchen. Rabea durfte nicht mit, da sie gemeinsam mit Roman Marcos Trauzeugin sein wird. Sie hatte mich regelrecht um Erlaubnis gebeten, die ich zu gerne gab, mit dem Hinweis, sie brauche meine Erlaubnis dafür nicht. Da sagte sie nichts mehr und ich bin wirklich stolz darauf, eine solche beste Freundin zu haben. Schön und klug. Sie ist humorvoll und manchmal auch schüchtern. Genau für diese Mischung liebe ich sie, wie eine Schwester.
Ich verabschiedete mich mit einem sanften Kuss von Marco und bat seinen Bruder, der ja schon da war, meinem Liebling Gesellschaft zu leisten und gut auf ihn zu achten.
Dies wurde mir sehr gern versprochen und ich fuhr mit meinem kleinen Adam los.
Wenig später traf ich am verabredeten Treffpunkt ein und Ann war schon da. Nun kam ich dazu und begrüßte Ann mit einer Umarmung, die diese nur zu gern erwiderte.
Kurz darauf kamen auch die anderen dazu.
Scarlett als erstes und schließlich auch Anna, die sich sehr freute, das wir sie mitnahmen.
Wieder wurden Ann und ich mit einer jeweiligen Umarmung begrüßt. Sogar Anna tat dies und überraschte mich damit total. Allem Anschein nach hat sie verstanden, das ich ihr André nicht weg nehmen will. Darüber war ich ehrlich gesagt total froh und es machte mich glücklich zu sehen, wie sehr Anna strahlte, da sie mit André wirklich glücklich ist.
Gemeinsam gingen wir los und in das Brautmoden Geschäft, für das ich mich entschieden hatte.
„Guten Tag, mein Name ist Manja. Wer von Euch ist die Braut?“, kam eine junge, blonde Verkäuferin auf uns zu gesteuert und begrüßte uns freundlich.
„Guten Tag. Ich bin die Braut und habe einen Termin, um die reservierten Kleider anzuprobieren. Das sind meine Trauzeuginnen Ann-Kathrin, Scarlett und Anna. Mit ihrer Chefin habe ich bereits Vereinbarungen getroffen, die diese aufgeschrieben hat. Sie sagte, ich würde von ihr persönlich betreut“, erklärte ich und sah sie aufmerksam an.
„Selbstverständlich, Frau...“
„Schmelzer mein Name. Ich bin Dr. med. Julia Schmelzer“, stellte ich mich vor und sie wurde blass.
„Sie sind Marcel Schmelzers Schwester?“, piepste sie aufgeregt.
„Ja, die bin ich.“
„Einen Moment Geduld bitte.“
Damit verschwand Manja auf ihren gefährlich hohen Haken und sie zog eine scheußliche Parfümwolke hinter sich her.
Man hörte sie kurz mit einer anderen Frau sprechen und nur wenig später stand die Chefin persönlich vor uns.
„Hallo, Dr. Schmelzer. Verzeihen Sie, das ich erst jetzt bei ihnen bin, aber ich musste ein wichtiges Telefonat für eine andere Kundin führen“, begrüßte sie mich und ich musste einfach lächeln.
Scarlett fiel der Dame in die Arme und ich war verdutzt. Neugierig sah ich Scarlett an.
„Ihr kennt euch?“, rutschte es mir heraus.
„Ja, das ist Woodys Mutter. Darf ich vorstellen? Das ist Manuela Reus.“
„Naja jetzt verstehe ich auch, warum Woody ihr so ähnlich sieht. Marco gehört schon sehr lange zu meinen besten Freunden und ich muss wirklich mal mit ihm ein Hühnchen rupfen, warum er mir nie seine Familie vorgestellt hat. Ich meine Sunny und Schü haben das auch hinbekommen“, beklagte ich mich und sah Frau Reus entschuldigend an.
„Kein Problem, Dr. Schmelzer. Schließlich haben sie meinem Sohn oft genug geholfen, das ich beschlossen habe, ihnen die Brautausstattung zu schenken. Ebenso die Ausstattung für die Trauzeuginnen“, erklärte diese mit sehr ernstem Gesicht.
„Das… Das kann ich nicht annehmen, Frau Reus. Vielen Dank, aber das ginge zu weit“, wehrte ich mich und sie seufzte.
„Dann eben anders!“, beschloss sie und holte ihr Handy.
„Was hat Frau Reus vor?“, fragte ich Scarlett und sie zuckte mit den Schultern.
„Wenn ich das wüsste“, kam es von ihr und ich schüttelte ratlos den Kopf.
Frau Reus kehrte zurück und sah mich lächelnd an und sagte:
„Hören Sie mal genau hin, Dr. Schmelzer. Da möchte ihnen jemand etwas wichtiges sagen.“
Ich seufzte und stimmte zögernd zu.
„Julie...“, ertönte Woodys Stimme aus dem Telefon, das seine Mutter in der Hand hielt.
„Woody?“, sagte ich und war völlig platt.
Also setzte seine Mutter einen meiner wertvollsten Freunde als Waffe gegen mich ein, da es mir schon immer schwer fiel, ihm etwas abschlagend zu können, wenn er beginnt um etwas zu betteln.
„Ja, Julie. Hör mir bitte zu. Ich stehe dir Rede und Antwort, solltest du reden wollen, wegen meiner Familie. Eines musst du mir glauben und kannst das auch glauben, da ich dich noch nie belogen habe. Das weißt du auch, oder?“
„Ja, da hast du recht und du darfst mir glauben, das ich noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen habe“, brummte ich streng.
„Schon verstanden. Aber nun mal zu meiner Mama. Wenn sie sagt, das sie dir alles schenken will, zum Dank, das du mich immer wieder zurück auf den Rasen gebracht hast und das du mir geholfen hast, dann sagt sie die Wahrheit. So eine Aktion hat Mama noch nie gebracht und es ist eine Ehre, wenn sie genau das tut. Bitte nimm es an. Wenn es sein muss, flehe ich dich auch an, Julie“, sagte Woody sehr ernst und ich wusste, er meint es todernst, wenn man es denn so formulieren will.
„Ganz sicher, Woody? Ich weiß, wie teuer so eine Ausstattung ist und ich weiß, was die Kleider für Trauzeugen kosten. Das geht in die tausende. Ich habe Angst, dass das kleine, wunderschöne Geschäft deiner Mutter diese Aktion nicht verkraftet und sie dadurch finanziellen Schaden erleidet. Verstehst du was ich meine?“
„Ja, ich verstehe dich sehr gut. Also gut folgender Vorschlag. Ich rede mit Mama, wie wir dieses Risiko senken können, das es für dich vertretbar ist und du nimmst sofort dieses Angebot an. Sonst komm ich dazu und kitzel dich so lange durch, bis du es annimmst“, erklärte Marco noch immer sehr ernst.
„Also schön, Woody. Dafür wird deine Mama Ehrengast auf meiner Hochzeit mitsamt Ehemann und weiteren Kindern und Enkeln. Keine Widerrede. Du weißt, wir heiraten in Dublin. Anschließend macht deine Familie in Irland Urlaub und ich lade ein. Eines sage ich dir schon jetzt, Woody. Einspruch auf Lebenszeit abgelehnt. Nimm es an oder lass es. Aber mein Entschluss steht fest und mit meinem Engel spreche ich auch noch darüber.“
„Der hat mitgehört und nickt zustimmend. Offenbar gefällt ihm die Idee.“
„Na gut“, seufzte ich und so verschwand Frau Reus.
Wenig später war sie zurück.
„Das wäre also geklärt? Darf ich mich mit meinem Mann und der restlichen Familie absprechen, wegen der Einladung?“
„Natürlich. Ich gebe Marco die Einladungen, die er Ihnen überreichen soll. Wie viele Einladungen brauchen Sie?“
„Drei und ich schreibe Ihnen alle Namen auf, damit sie diese auf die Gästeliste setzen können.“
„Sehr gut. Also drei Einladungen, Begleitkarten und Kinderkarten. Jedes Kind erhält in Irland ein kleines Geschenk vom Brautpaar. Wie viele sind es in Ihrer Familie, Frau Reus?“
„Zwei. Nico und Mia. Nenn mich doch bitte Manuela oder Manu. Auch das du biete ich an“, sagte sie und ich war verblüfft.
„Gerne. Dann bin ich ab sofort entweder Julia oder Julie für dich, ok?“
Da nahm sie mich sanft in den Arm und drückte mich.
„Sehr gerne, Julie. Komm der VIP - Bereich ist soeben frei geworden. Dort ist alles für dich vorbereitet worden. Auch die gewünschten Getränke und Knabbereien sind eingetroffen. Ich habe mich in dem Punkt mit dem Cocaine zusammen getan und auch Woody hat nachgeholfen“, offenbarte sie und ich lächelte.
„Typisch, Woody. Genau dafür hab ich ihn auch so lieb. Das ist einer der Gründe, warum er zu meinen besten Freunden zählt.“
Stolz lag plötzlich in Manuelas Augen.
„So, Scarlett, Mädels. Setzt euch doch bitte hier her und wartet dann auf die Braut. Oder wollen wir mit den Trauzeuginnen anfangen?“
„Ja. Das wäre besser, dann sind sie bei mir nicht so nervös.“
„Nun gut. Dann, Mädels, folgt mir. Julie, setz du dich bitte und genieße es.“
Ich nickte brav und grinste.
Nur Minuten später standen die drei in Olivgrün vor mir.
„Nein, das geht gar nicht. Schaut mal. Das ist die Irische Flagge. Die Farben unserer Hochzeit sind grün, weiß, rot, Orange, gelb und schwarz. Alles ganz harmonisch. Also das nächste Kleid bitte“, erklärte ich und zeigte auf meinem Handy die Irische Flagge, damit sie den Grünton wussten.
„Okay. Das war mein Fehler“, gestand Scarlett und sah traurig zu Boden.
„Ach Mensch, Scarlett. Glaubst du ich wäre dir böse darum, das du so einen Mini-Fehler gemacht hast? Ganz bestimmt NICHT. Du bist meine Freundin“, tröstete ich sie und schloss Scarlett in die Arme.
Wir lösten uns wieder und etwa fünf Runden später hatten wir endlich ein Kleid für meine Mädels gefunden. In einem dunklen Rotton, der wirklich sehr schön war. Dann zogen die Mädels sich wieder um. Insgesamt hatten wir zwei Kleider gefunden, die sie haben wollten. Eines kauften die Mädels und eines bekamen sie ja geschenkt.
„Wir lassen die Fans abstimmen, welches Kleid wir zur Party tragen und welches zur Trauung“, beschlossen sie spontan und ich war einverstanden.
Dann war ich dran. Ich brauchte eines für die zivile Hochzeit und eines für die Kirche. Also auch hier bezahlte ich eines und eines bekam ich ja geschenkt.
Hier brauchten wir jeweils sechs Runden. Das war echt anstrengend.
Aber dann fanden wir zwei, bei denen den Mädels, die Kinnlade runter fiel und nur noch ein ehrfürchtiges „WOW“ zu hören war.
Ich kaufte das eine Kleid und machte mit Manuela aus, das sie mir die Kleider kurz vor unserer Abreise nach Hause bringt.
Das Kleid wurde sorgfältig verpackt und so kam ich dann auch zum meinem Schleier, dem Strumpfband und den Schuhen.
„Da wird Marco dich direkt anknabbern wollen, wenn er dich aus dem Kleid holt“, lachte Anna und ich nickte, während Manuela uns schockiert ansah, da auch Scarlett genickt hatte.
„Warum sollte mein Sohn das tun? Er hat doch Scarlett!“
Jetzt lachten wir alle schallend auf und Ann stützte sich an Anna ab und die wiederum an Scarlett, welche sich an mich lehnte.
Ich beruhigte mich als erste wieder.
„Manu, mein Verlobter ist Marco Bürki. Er ist neu in der Mannschaft bei der Borussia. Zurzeit kuriert er eine schwere Knieverletzung aus und ich studiere wieder. Ich mache zurzeit mein weiterführendes Studium zur Professorin. Woody und Scarlett trennen? Ich? Niemals! Die passend zusammen wie Topf und Deckel.“
Manuela entschuldigte sich, gab mir die Stoffproben zu meinen Kleidern und zu denen, der Trauzeuginnen und wir verabschiedeten uns, nach einem aufrichtigen Dank und fuhren nach Hause.
Dort wurde ich schon sehnsüchtig erwartet und mit enttäuschten Gesichtern empfangen.
„Wie kein Kleid mitgebracht?“, fragte Roman, nachdem er mich umarmt hatte.
„Nada, Roman. Keine Chance. Das Kleid bekomme ich erst gebracht, bevor wir nach Irland fliegen. Also Mitte Mai. Wir heiraten Anfang Juni und somit bleibt das Kleid an einem geheimen Ort unter Verschluss. Erstens bringt es Unglück und zweitens will ich deinen Bruder damit überraschen. Du siehst es doch eh, wenn es soweit ist.“
Das sah er ein und verabschiedete sich von Marco und mir.
Mein Liebling küsste mich zur Begrüßung und grinste.
„Roman ist aber auch neugierig. Du lieber Himmel. Das ist okay, weil auch ich diese Taktik gewählt habe.“
Ich überreichte Marco, die Stoffproben zu unseren Kleidern, die er verwenden konnte, um einen passenden Anzug zu finden.
„Die Rote Stoffprobe bekommen André, Woody und Sunny. Ann und Scarlett wollen mit Rabea noch ein Kleid kaufen. Also bekommt auch Roman diese Stoffprobe. Die beiden weißen Stoffproben sind für dich, mein Schatz.“
Er lächelte und küsste mich sanft.
„Danke schön. Heute haben wir eine Vorauswahl getroffen und Rabea sagte bereits das Scarlett und Ann noch mit ihr los wollen, um ihr Kleid auszuwählen.“
Hungrig machten wir uns was zu Essen, räumten auf und machten uns Bettfertig.
„Wir haben Nils getroffen, der verwundert war, wo du denn bist. Also erklärten wir ihm das und er nickte. Er fragte, ob ich im Gästezimmer schlafe und ich verneinte mit dem Hinweis, das wir alles, was die Familienplanung und so weiter erst angehen würden, wenn wir verheiratet sind. Auch das du gerade lernst mir zu vertrauen, verriet ich ihm und fügte hinzu, das ich nur das darf, was abgesprochen ist und wozu ich eine Erlaubnis habe. Alles andere sei für mich tabu.“
Ich war wirklich sehr stolz auf ihn und küsste ihn zum Dank. Daraus wurde dann eine wilde Knutscherei und wir lösten uns atemlos. Dann drifteten wir ins Land der Träume ab.