Ich wurde das erste Mal überhaupt neben Marco wach. Noch nie hatten wir uns ein Bett geteilt. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter und mein Arm war um seine Taille gelegt. Marcos Arme waren um mich geschlungen und er schlief noch. Vor der Tür hörte man inzwischen viele Stimmen und Roman nörgelte, er wolle endlich zu seinem kleinen Bruder. Marcel seufzte genervt auf und klopfte an, nachdem er verkündet hatte, das er mal nachschauen gehe, ob wir beide wach wären.
Widerwillig nahm Roman das so hin.
„Herein“, rief ich leise und die Tür öffnete sich gerade soweit, das Marcel in den Raum gucken konnte.
„Guten Morgen, kleine Fee. Darf ich Roman zu Euch reinlassen? Er will zu Marco.“
„Guten Morgen, Superstar. Gern, aber Marco schläft noch“, erwidere ich leise.
Marcel nickt und lässt tatsächlich Roman zu uns rein.
Leise betritt er den Raum und staunt über uns.
„Er liebt dich wirklich, das sehe ich an der Art wie er dich im Schlaf festhält. Das hat er nie zuvor getan und jetzt? Er ist glücklich und dafür danke ich dir von Herzen.“
Verblüfft sehe ich Roman an. So kannte ich ihn noch nicht. Aber es gefiel mir gut und so sammelte er weiter Sympathiepünktchen um Sympathiepünktchen und machte den schlechten ersten Eindruck wieder wett. Mit vollem Erfolg.
Nun wurde auch Marco von unserem leisen Gespräch wach.
„Guten Morgen“, murmelte er und sah seinen Bruder an unserem Bett sitzen.
„Guten Morgen“, erwiderten wir im Chor und Marco grinste sich eines.
Sanft zog Marco mich in seine Arme und küsste mich. Roman schnaufte.
„Ich freue mich wirklich sehr für Euch, das ihr Euch gefunden habt. Wärt ihr so lieb und wartet mit dem übereinander herfallen, bis ich das Zimmer verlassen habe?“
Nun lösen wir den Kuss und grinsen ihn an.
„Wir sind ja nicht du! Hast du dich eigentlich schon bei Rabea gemeldet und ein frohes neues Jahr gewünscht. Falls nein, geh es rasch nachholen. Sie wir sich garantiert darüber freuen. Versprich mir nur eines, Roman.“
Sein Blick war warm, weich und aufmerksam.
„Und was soll ich Dir bzw Euch versprechen?“, wollte er neugierig geworden wissen.
„Wenn du Hilfe brauchst, egal wobei, frage jemanden um Rat, der Rabea schon länger kennt als du es vermutlich tust. Nur dann kann dein Plan aufgehen. Wichtig dabei ist nur, das du sie absolut respektierst, sonst hast du ein Problem mit deiner Mannschaft. Rabea ist sehr beliebt und wird, genau wie ich auch, von allen beschützt. Das fängt beim Präsidenten an und endet mit den Balljungen. Selbst die Fans beschützen uns“, erkläre ich und er wird blass.
Marco aber auch.
„Dann hätten wir beide ein gewaltiges Problem, wie ich feststellen muss“, kam es besorgt von Marco.
Roman nickte zustimmend und versprach es uns beiden.
„Ich lasse euch dann mal wieder allein. Jenny macht Frühstück. Wollt ihr mitessen?“
„Ja, sehr gern“, stimmt Marco dem zu und mein Magen begann laut zu knurren.
Dies brachte die Brüder total zum Lachen. Roman ließ uns allein und wir küssten uns noch ein bisschen, ehe ich Marco mit seinen Kumpels teilen musste.
Wir lösten uns voneinander und gingen uns nacheinander frisch machen. Bei Marco half ich ein wenig, da er seine wasserfeste Schiene nicht mit hatte.
Ich wusch sein rechtes Bein, nachdem er sich auf den Rand der Badewanne gesetzt hatte. Ich nutzte diese Möglichkeit, um seine Narbe zu kontrollieren. Sie heilte super, nichts war gerötet oder gar entzündet.
„Mit deiner Narbe bin ich zufrieden, Schatz“, sagte ich und er wirkte erleichtert.
Nachdem wir uns angezogen hatten, gingen wir gemeinsam zum Frühstück. Marcel entdeckte uns und kam zu Marco.
„Guten Morgen, ihr zwei. Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen. Komm Marco setz dich. Nils, Daniel. Macht ihr Marco ein wenig Platz und lasst neben ihm einen Platz für meine Schwester frei?“
„Klar gern.“
„Guten Morgen“, gaben wir synchron zurück und lachten auf.
„Ja, wir haben wunderbar geschlafen. Danke, das wir hierbleiben durften“, antwortet Marco brav und Marcel umarmt ihn sanft.
Mein Schatz erwidert dies und setzt sich an den Tisch. Ich werde von Marcel erst einmal kräftig umarmt.
Man merkt Marcel den Stolz an, den er für mich empfindet, denn seine blauen Augen strahlen diese bedingungslose Geschwisterliebe aus. Ich erwidere seine Umarmung und auch Jenny muss dran glauben, in dem ich sie kräftig an mich drücke.
Wir lösen uns und ich setze mich neben Marco. Auf meiner anderen Seite sitzt Roman, offenbar hat Marco das so gewollt.
Am Abend fahren wir nach Hause und genießen den Abend zu zweit. Wir machten uns eine Kleinigkeit zu Essen und bereiteten den Kontrolltermin für Marco vor. Professor Nastasic wollte noch einmal nach der Narbe gucken und eine Empfehlung abgeben, wie lange dieser Spezialschuh noch getragen werden muss. Vielleicht hat Marco Glück und muss nur noch eine Schiene tragen, die sein Knie stabilisiert. Dann darf er das verletzte Bein auch etwas mehr belasten. Dies wird dann von Untersuchung zu Untersuchung gesteigert. Unter der Voraussetzung das es ihm gut tut und keine Schmerzen hervorruft.
Marco ist schon richtig nervös deshalb und ich hoffe, er kann einigermaßen schlafen in der Nacht.
Wir schauen uns noch einen Film an, als wir die Küche soweit aufgeräumt haben. Wir gucken uns „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ an und genossen es sehr nur zu zweit zu sein.
André besuchte uns oft und brachte Woody und Sunny mit. So lernten die drei Marco immer besser kennen und Woody freute sich sehr darauf, demnächst zusammen mit Marco die Rhea zu absolvieren. Ich hatte streng darauf hin gewiesen, das er Ärger mit Roman bekäme, wenn er es übertreibe, Marco anfeuern zu wollen. Unterstützung ja gerne, aber zu Beginn nur mit vorsichtigem Anfeuern und leichter Hilfestellung.
Ich wollte erreichen, das Marco von selbst seine Grenzen herausfindet, die respektiert werden müssen, sonst laufen wir Gefahr, das die Verletzung wieder aufbreche. Das wollte niemand und so versprachen mir die drei gut auf Marco zu achten.
Der Mannschaftsarzt hatte vorgeschlagen, das Marco sich erst einmal alles angucken darf und nur zuguckt, wie ein Rehaprogramm beim BVB aussieht. Wir waren einverstanden gewesen und so fuhren wir am nächsten Tag, nach dem Besuch bei Professor Nastasic, zum BVB.
Als wir müde wurden legten wir uns in unsere Betten und schliefen recht schnell ein. Es dauerte vielleicht zwei Stunden, da klopfte es an meine Zimmertür und Marco kam herein.
„Schatz, was ist? Alles in Ordnung?“, fragte ich müde nach.
„Ja, ich kann nicht wirklich einschlafen. Darf ich bei dir bleiben?“
„Klar, Komm her.“
Das tat er auch und schmiegte sich sanft an mich. Es dauerte nicht lange und wir waren beide im Land der Träume verschwunden.