Als ich aufwachte, saß Rabea bereits neben mir und schrieb am Handy irgendwas auf. Ich begann mich zu bewegen und sie schreckte hoch.
„Oh du bist wach. Manu und die Mädels warten schon ungeduldig auf uns. Nun ab mit dir unter die Dusche und zieh dich bequem an. Heute ist eine Menge los. Deine Kleider kommen doch heute zu dir. Manu und Melli bringen sie und helfen dir morgen beim Anziehen. Aber erst nach dem Frühstück. Damit Marco nichts davon sieht, zieht er sich in Devyns Privaträumen um und der Professor wird gut auf ihn achten. Da bin ich mir sicher, denn Roman ist auch mit von der Partie“, begrüßte sie mich aufgeregt.
Man könnte glauben, sie sei die Braut und nicht ich.
„Mensch, Rabea, komm runter. Wer heiratet denn hier? Du oder ich?“, fuhr ich sie in bester Morgenmuffel Manier an.
„Schon gut. DU heiratest, ist doch wohl klar. Denn ich würde entweder in der Schweiz oder in Dortmund heiraten wollen und nirgendwo anders. Ich muss aber zugeben, das Dublin mir sehr gut gefällt und deine Taufkirche ist wunderschön. Die Besichtigung war super organisiert und informativ gestaltet worden. Ebenso trifft dies auf die Stadtrundfahrt zu. Danke für diese Erfahrung. So konnte ich einmal deine Geburtsstadt kennenlernen“, beruhigte sie mich erfolgreich.
Ich lächelte und entschuldigte mich für meinen Ausbruch.
„Gern geschehen. Ich werde mich dann mal Tagfertig machen gehen, okay? Bevor du mir mit kaltem Wasser um die Ecke kommst. Es tut mir leid, das ich dich eben so angefahren habe.“
Schelmisch sah sie mich an und ich sah zu, das ich aus dem Bett kam, denn den Blick kannte ich nur zu gut.
„Kein Problem. Das kenne ich ja schon von dir“, nahm sie meine Entschuldigung an.
Dankbar umarmte ich sie und Rabea erwiderte dies nur zu gerne. Wir lösten uns nach einigen Momenten und ich ging endlich unter die Dusche, um mein morgendliches Ritual zu starten.
Ich stellte das Wasser nach einigen Minuten ab und hörte, das Rabea sich mit Manu und Melli unterhielt. Also waren die zwei bereits eingetroffen.
„Wo ist Julia?“, fragte Manu und Rabea lachte laut auf.
„Sie ist im Badezimmer. Das Wasser ist jetzt abgestellt, da sie duschen wollte. Ich sage ihr Bescheid, das ihr da seid“, antwortete Rabea, als sie ruhig genug dafür war.
„Mach das“, neckte Melli Rabea.
Gemeinsam lachten sie auf.
Kurz darauf klopfte es an der Badezimmertür.
„Herein!“, rief ich und war gerade dabei mich abzutrocknen.
Die Tür öffnete sich und Rabea trat ein.
„Oh gut. Soll ich beim Eincremen helfen?“
„Nein, heute mal nicht. Das mache ich für gewöhnlich ja auch jeden zweiten oder dritten Tag. Morgen, okay? Da darfst du mir dann helfen“, bot ich ihr an.
„Gerne. Ich freue mich darauf. Wie lange brauchst du noch? Melanie und Manuela sind da. Sie haben deine Kleider und die Schuhe dabei. Zusätzlich gibt es in Kürze Frühstück. Monica möchte uns dann persönlich Bescheid sagen“, freute Rabea sich und informierte mich über anstehende Aufgaben.
„Gib mir noch ungefähr 10 bis 15 Minuten. Dann bin ich bei Euch.“
Rabea nickte und ließ mich allein.
Sie sprach noch mit unserem Besuch und Monicas Stimme kam dazu.
„Julia braucht noch etwa 15 Minuten“, sagte Rabea und fügte hinzu:
„Sie wünscht zur Zeit ein wenig allein zu sein. Das wird sie brauchen, da es heute, morgen und übermorgen noch sehr anstrengend für Marco und sie wird. Gerade Marco braucht die Ruhephasen und nur er kann Stress von ihr nehmen. Das war immer schon so. Daran wird sich auch nichts mehr ändern. Selbst vor wichtigen Spielen, Prüfungen oder OPs sprachen sie miteinander und machten sich gegenseitig Mut. Gaben sich Zuversicht. Allein die Stimme des anderen zu hören, ließ die beiden immer ruhig werden und gab ihnen die Kraft sich zu konzentrieren.“
Das ließ alle staunen und ich verließ das Badezimmer nur etwa 12 Minuten, nachdem Rabea das Badezimmer verlassen hatte.
„Guten Morgen, alle zusammen!“, rief ich in den Raum hinein, was alle zusammen zucken ließ.
Dann brach ein Stimmengewirr über mich herein und ich lachte nur noch.
Ich zog mir eine dünne Strickjacke über, da es am frühen Morgen sehr kühl sein konnte, aber selbst der Hochsommer war in Irland stets aushaltbar, da mein Geburtsland eine Insel ist, die vollständig vom Meer umspült wird. Diese Gegebenheit sorgt dafür, das die Lufttemperatur heruntergekühlt wird. Dadurch sind die Sommermonate angenehm.
Als ich mir die Schuhe anzog und meinen Zimmerschlüssel nahm, sah Monica die Kleiderhüllen und die Schuhkartons. Sofort flammte Neugier in ihr auf, doch ich nahm ihr den Wind aus den Segeln.
„Morgen, Tante Moni, noch einen Tag, dann siehst du alles. Kleider und Schuhe. Nun habe ich Hunger und ich will Marco endlich sehen. Zumal ich noch meinen Kuss brauche, um den Tag überstehen zu können.“
Jetzt lachten alle auf und wir machten uns auf den Weg. Kurz darauf kamen wir im Frühstückssaal an und Marco wartete schon, sichtlich ungeduldig auf mich. Selbst Roman wirkte ungeduldig. Als Marci mich und Rabea entdeckte, stieß er die Brüder an und sagte etwas, was ich nicht hören konnte. Daraufhin drehten sie sich um und strahlten uns entgegen. Roman kam auf Rabea zu und schloss sie sanft in seine Arme, in die sie sich bereitwillig schmiegte.
Auch ich wurde von Roman sanft umarmt. Ich erwiderte es sehr gerne und sah ihn an.
„War gestern noch irgendwas, nachdem wir noch mal gesprochen hatten?“
„Nein, nichts. Er schont sich viel mit der Begründung, er wolle dich nicht enttäuschen“, gab Roman mir zur Antwort und fügte an:
„Er ist schon sehr nervös und versucht es zu verbergen. Nur wenn man ihn gut genug kennt, dann weiß man, das er sehr nervös ist. Alle anderen denken, Marco sei die Ruhe in Person.“
Ich grinste und gab meinem künftigen Schwager eine Antwort.
„Ja, das ist typisch für Marco. Aber so ist es bei mir auch. Es fällt mir auch schwer ruhig zu bleiben, wenn sich innerlich Nervosität ausbreitet. Nur wer mich wirklich kennt, so wie dein Bruder oder meine Familie und Freunde, die wissen, wie es wirklich in einem aussieht. Lass uns zu Marco gehen, ehe er auf die Idee kommt zu viel machen zu wollen. Dann wird es morgen kritisch und der Professor schimpft mit uns allen.“
Da verzog Roman das Gesicht und sah mich ernst an.
„Besser nicht. Ich habe gemerkt, das der Professor sehr streng ist und das mein Brüderchen ihn nicht besonders mag.“
„Das stimmt wohl, aber inzwischen lernt Marco meinen Professor immer besser kennen und freut sich, wenn ein gutes Gespräch dabei rauskommt. Auch der Professor schätzt Marcos Ehrlichkeit und mag ihn sehr.“
Damit schwiegen wir und gingen zu meinem Engel, der inzwischen langsam und vorsichtig aufstand, um auf uns zu zu kommen.
Marco erreichte uns bereits nach wenigen Schritten. Sanft umarmte er mich und küsste mich intensiv. Erst als Roman und Marci sich räusperten, lösten wir uns und holten tief Luft. Alles grinste uns an und ich folgte Marco und Marci zum Tisch. Marci schloss mich ganz sanft in seine Arme und lächelte glücklich.
„Guten Morgen, Fee. Es ist so schön zu sehen, wie glücklich du bist. Ebenso freue ich mich darüber miterleben zu können, wie gut Marco dir tut und wie sehr ihr euch gegenseitig unterstützt. Ich bin sehr stolz auf euch beide.“
Marco lief bei diesem Lob leuchtend rot an und ich musste lachen. Wir erreichten unsere Plätze und Marco zog mir vorsichtig einen Stuhl zurück und ich setzte mich. Dann saßen Marco und Marci neben mir und eine große Begrüßungswelle rollte durch den Raum. Ich erwiderte es gut gelaunt und meine schlachte Laune, die ich kurz nachdem Aufwachen verspürt hatte, war endgültig verflogen.
Etwa eineinhalb Stunden später wurde abgeräumt und Devyn nahm Marco mit, der es noch schaffte, mir noch einen dicken Kuss auf die Lippen zu drücken.
Dann verschwanden sämtliche Männer und die Frauen kreisten mich ein.
„Du kommst jetzt mit. Die Stylistin und ja auch die Make up Artistin sind inzwischen eingetroffen. Zu den Mahlzeiten und am Nachmittag siehst du Marco wieder“, kam es streng von meiner Patentante Monica und der Blick meiner Mutter ließ mich schweigen.
Den Blick kannte ich nur viel zu gut. Diesen Blick setzte sie immer auf, wenn ein Donnerwetter bevorstand. Ich wusste auch, das wenn ich jetzt nicht den Mund hielt, würde ich ein solches Donnerwetter zu hören bekommen und das galt es zu vermeiden. Also fügte ich mich einfach.
Monica führte uns in die Teestube des Gebäudeteils, in dem auch das Bed & Breakfast, untergebracht ist.
Dort befanden sich schon Mitarbeiterinnen von Monica, denn nur Frauen durften heute diesen Raum betreten, solange sie nicht zu Marcos Trauzeugen, Freunden oder Angehörigen gehörten. Das würde zum Beispiel noch für Rabea und Karin zum Problem werden, sollten sie etwas wissen oder mir ausrichten wollen. Aber diese Bedenken waren völlig umsonst, da meine Mutter dafür sorgte, das meine Schwägerinnen und Trauzeuginnen regelmäßig, nachdem Rechten gucken gingen oder sich mit Marcos Team trafen, um Informationen auszutauschen. Die einzigen Männer, die heute dabei seien durften, waren meine Trauzeugen und sie mussten dann schwören, den Mund zu halten. Dies taten sie nur zu gerne. André kam zu mir und sah mich aufmerksam an.
„Mensch Julie, du siehst echt spitze aus. Marco wird vor Stolz platzen, wenn er dich morgen sieht. Ich verstehe ihn so gut. Denn auch ich bin sehr stolz auf dich, meine Kleine.“
Während er dies sagte, wickelte er sich eine meiner Haarsträhnen, um den Finger.
„Danke, Schü. Ich bin auch so stolz auf dich. Ich bin so froh, das du Anna hast und ihr so glücklich seid.“
Da musste selbst Anna grinsen, da sie Andrés Blick aufgefangen hatte.
Der Tag zog im Eiltempo an uns vorbei und wir sahen alle beim Essen wieder. Ich war so froh, das es Marco so gut ging. Er passte in der Tat gut auf sich auf und alle unterstützten ihn dabei.
Kurz nach dem Abendessen hieß es noch einmal ohne Marco schlafen und dann wäre er auch Nachts wieder bei mir. Ich bin so gespannt auf seinen Anzug.
Nach einem dicken Kuss, ging ich mit Rabea und legte mich schlafen.
Doch das Einschlafen klappte nicht so gut. Rabea schloss mich in den Arm und strich mir beruhigend über den Rücken. Sie schaffte es erfolgreich, das ich mich entspannte und schließlich einschlief.