Heute hatte ich Frühschicht. Nach dem ich meine Morgenroutine beendet hatte, frühstückte ich und genoss meinen Cappuccino. Schließlich räumte ich auf und füllte meine Spülmaschine. Danach fuhr ich in die Klinik, um meinen Dienst anzutreten.
Ich sah noch mal nach Laura und sie sah fix und fertig aus. Rasch verabschiedete ich mich von ihr und ließ sie in Ruhe. Sie trauert so sehr um Maya, das es selbst mir weh tat.
Bevor ich mich in mein Büro begab, um dort wichtige Papiere abzuarbeiten, besuchte ich noch meinen Engel. Er schlief noch und ich ließ ihm eine Nachricht da.
Ich hatte geschrieben:
„Guten Morgen, mein Engel. Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Ich besuche dich kurz vor Feierabend noch einmal, um nachzusehen, wie es dir geht. HDL. Julie“
Vorsichtig gab ich Marco einen Kuss auf sein Haar, welches wunderbar nach Kokos roch.
Ich betrat nur wenige Minuten später mein Büro und fuhr den Computer hoch und überprüfte zunächst, ob die Daten im Computer mit denen in der analogen Akte übereinstimmte.
Zum Glück war dies der Fall und ich arbeitete sehr sorgfältig. Ich schrieb fleißig an meiner Professurarbeit weiter und bereitete die zweite Professurarbeit vor. Diese wird sich dann um die Bereiche Notfallmedizin und Notfallchirurgie drehen.
Danach war die Visite dran und so sah ich Marco doch noch vor meinem Feierabend.
Marco strahlte mich an, als er mich entdeckt hatte.
Professor Nastasic begrüßte Marco freundlich und rechnete offenbar damit das Marco es nicht erwidern würde, doch da täuschte er sich gewaltig in dem sympathischen Schweizer. Der war zu gut erzogen worden.
„Guten Morgen, Professor Nastasic. Auch an alle anderen einen Guten Morgen“, sagte Marco und lächelte breit.
Wir erwiderten den Gruß und ich umarmte Marco kurz. Meine Kollegen sahen mich groß an.
Der Professor fragte Marco, wie es ihm denn ginge und ob er Beschwerden habe. Marco verneinte die zweite Frage und gab zu das es ihm gut ginge, was die Antwort auf die erste Frage darstellte.
Ich lächelte zufrieden und sah mir zusammen mit dem Professor die Narbe an und tatsächlich konnten wir keine negativen Signale erkennen.
Doch ich ließ es genauer überprüfen und auch dabei ergab sich nichts, was meine Besorgnis hätte entfachen können. Ich war ehrlich gesagt froh, das es Marco inzwischen so gut ging.
Ich hoffte, das Marco bald aus der Klinik entlassen werden könnte und wenn es erst einmal so weit ist, könnte er bei mir wohnen, bis er die Physiotherapie abgeschlossen hat. Dies würde eine Weile dauern und ich hatte ihm einen Physiotherapie Platz beim BVB organisiert. Nun hoffte ich nur noch, das er sich darüber freuen würde.
Nach der Visite ging ich noch einmal zu Marco, da ich meine Bürotätigkeiten abgeschlossen habe.
„Hallo, Julie. Wie lange kannst du bleiben?“, begrüßte er mich fragend.
„Bis nach dem Mittagessen, Engel. Aber ich habe gute Nachrichten für dich.“
„Und welche?“
Neugier drückte durch.
„Ich habe einen Physiotherapie Platz für dich gefunden.“
„Und wo? Daheim in Bern?“
„Nein. Beim BVB hier in Dortmund. Das machen sie gern für meine Patienten. Nur warum habe ich bis heute nicht verstanden und vermute, das der Verein es aus Dankbarkeit tut, da ich schon mehrere Mitglieder der Profi Mannschaft behandelt habe und zur Zeit einen U23 Spieler des BVB behandle. Den wirst du kennenlernen, sobald du eine Schiene für das Knie bekommst, welche dann dein Bein von der Mitte des Oberschenkels bis runter zur Mitte des Unterschenkels stabilisiert. Dann brauchst du zwar noch Gehhilfen, aber ein leichtes belasten des Beines ist dann wichtig. Das war ja im Oktober schon einmal thematisiert worden und nun steht die Möglichkeit für die Reha fest.“
„Ganz genau, das wirst du können und lernst nebenbei die Spieler kennen, die sich zur Zeit in Reha befinden. Du darfst am Anfang nur ein wenig Krafttraining und Muskelaufbau machen, das verletzte Bein wird jedoch noch nicht miteinbezogen.“
Marcos Interesse war nun endgültig geweckt.
„Wann könnte es losgehen?“, wollte er nun wissen.
„Frühestens im Januar. Aber früher auf keinen Fall. Das wäre einfach zu früh für dich und die Verletzung könnte das fatale Folgen haben. Diese Folgen könnten dein Karriereende bedeuten. Für immer. Das würde bedeuten das du nie wieder spielen könntest. Die Diagnose wäre dann Sportinvalide. Nun musst du eine Entscheidung treffen, Marco. Eine die deine gesamte Zukunft beeinflussen kann. Was willst du?“
Marco riss die Augen auf und sein Blick wurde sehr ernst.
„Ich will Fußball spielen und eines Tages Trainer werden.“
Ich lächelte.
„Dann wirst du noch eine Menge Geduld brauchen, um wieder spielen zu können. Ich werde dir helfen, wo ich nur kann. Soll ich dir den Physiotherapie Platz fest reservieren und Doktor Braun über den Fortschritt deiner Genesung informieren? Dann kann er zusammen mit mir einen Rehaplan erstellen. Bevor du jetzt ja sagst, bitte ich dich inständig darum, vorher darüber nachzudenken, denn diese Erlaubnis brauche ich dann schriftlich. Ich bereite diese Erlaubnis vor und wenn du dich entschieden hast, ruf mich privat an. Morgen bringe ich dir dann alles mit. Das füllst du gewissenhaft aus und schläfst noch eine zweite Nacht darüber, bevor du es dann unterschreibst. Und dann schläfst du eine dritte Nacht darüber. Dann gibst du mir die Unterlagen. Aber nur wenn du immer noch denkst, das du das wirklich willst. Sonst organisiere ich dir beim BSC einen Therapieplatz. Dann wärst du daheim, bei deinen Eltern, Freunden und Kollegen, aber wir könnten uns dann nicht mehr so oft sehen. Bevor ich es vergesse. Solltest du dich für Dortmund entscheiden, wirst du bei mir wohnen, sobald du aus der Klinik entlassen werden kannst.“
Marco strahlte mich an und küsste meine Wange, nachdem er mich zu sich hingezogen hatte.
„Danke für alles. Du gibst dir so viel Mühe um mir zu helfen und ich weiß das zu schätzen. Ich werde darüber nachdenken und dich dann informieren.“
Ich umarmte ihn noch einmal und machte dann Feierabend. Schließlich fuhr ich nach Hause und als ich mein Handy einschaltete, piepste es in einer Tour. Genervt verdrehte ich die Augen.
Reusi schrieb mir und gab keine Ruhe.
Im Haus angekommen las ich mir seine Nachrichten durch und er war hoch besorgt, da er Rabea nicht erreichen konnte.