╭─━ · • ✤ • · ━━━━━━━━━━━─╮
Kapitel 3
Das zweite Date
╰─━━━━━━━━━━━ · • ✤ • · ━─╯
„Auf welche Filme stehst du?“, fragt Ilaria mich neugierig. Sie blickt auf die Anzeigetafel. Mir fällt auf, dass sie eines ihrer Beine leicht anhebt und ihren Knöchel fast schon unauffällig kreisen lässt. Kurz zögere ich, doch dann lege ich eine Hand an ihren Rücken. Sollte sie auf ihren hohen Absätzen das Gleichgewicht verlieren, kann ich sie sofort auffangen.
„Hast du dich verletzt?“, erkundige ich mich etwas besorgt.
„Hm?“ Sie sieht zu mir auf und lächelt. „Nein, die Schuhe sind neu, ich muss sie noch einlaufen.“
„Und da hast du dir den heutigen Abend ausgesucht?“
„Natürlich“, antwortet sie mir selbstsicher. „Heute habe ich einen starken, aufmerksamen Mann, der mich nach Hause tragen könnte.“
Ich schnaube amüsiert, schüttle dann den Kopf. „Wenn ich dich von hier aus zu dir trage, hätte ich mir aber eine Belohnung verdient.“
„Hm. Was hältst du von Apple Pie?“
Ilarias Vorschlag bringt mich zum Grinsen. „Damit könnte ich leben.“
„Vielleicht musst du mich heute Abend gar nicht tragen, um eine Belohnung zu bekommen“, erzählt sie mit einem frechen Grinsen und sieht wieder auf die Anzeigetafel, als hätte sie mir nicht gerade verschiedene, aufregende Szenen in den Kopf gesetzt.
Belohnung? Was könnte sie damit meinen? Einen Kuss? Nimmt sie mich mit nach Hause? Oder wollte sie gar mit mir ins Kino gehen, weil sie eine exhibitionistische Ader hat? Ein bisschen verrückt ist sie ja. Ich würde es ihr zutrauen.
„Killian?“
„Hm?“
„Auf welche Filme stehst du?“
„Action. Explosionen, Verfolgungsjagden, Schießereien.“ Ilaria sieht zu mir, dann wieder zu der Anzeigetafel. „Du willst lieber etwas Romantisches sehen, richtig?“
Ilaria winkt ab. „Nicht unbedingt. Natürlich wäre mir eine romantische Komödie lieber als ein Actionfilm, aber da du bei unserem letzten Date so süß warst, deinen Plan sofort zu ändern, als ich dir gesagt habe, dass ich kein Fleisch esse, möchte ich, dass du dich für einen Film entscheidest.“
„Okay“, antworte ich und studiere ratlos die Anzeigetafel. „Und wenn dir der Film nicht gefällt?“
„Dann gefällt er mir eben nicht. Es gibt Schlimmeres, als sich einen Film anzusehen, den man nicht mag. Ich werde nicht meckern, versprochen.“ Ilaria lächelt mich an. „Such dir einen Film aus, Killian.“
„Gut“, antworte ich, wonach ich mit den Schultern zucke.
Wir kaufen uns die Karten und etwas zu knabbern. Eigentlich hätte ich gerne Nachos mit Käsedip, aber ich möchte nicht riskieren, dass Käse in meinem Bart kleben bleibt. Dass Ilaria sich vor mir ekelt, ist das letzte, was ich will.
Ilaria und ich suchen uns ein schönes Plätzchen und setzen uns. Ich nehme ihr die Popcorntüte ab, da sie sich ihre Jacke ausziehen möchte. Bevor es dunkel wird, habe ich noch die Möglichkeit, einen Blick auf Ilarias Outfit zu werfen. Das Kleid, das sich unter der Jacke versteckt hatte, ist wie die anderen Kleider zuvor, sehr tief ausgeschnitten. Ilaria geizt nicht mit ihren Reizen, so viel steht fest. Sie schiebt ihre Haare auf ihre linke Schulter und legt somit ihren Hals frei. Zu gerne würde ich ihre Haut mit Küssen überhäufen. Der Anblick lädt förmlich dazu ein. Annehmen kann ich diese Einladung jedoch noch lange nicht.
Mit einem Lächeln greift sie in meine Richtung und nimmt ihre Popcorntüte wieder an sich. „Die Leinwand ist da drüben“, flüstert sie neckisch und deutet mit dem Kopf nach vorne.
„Du siehst heute wieder ausgesprochen hübsch aus“, antworte ich ihr, was ihren frechen Gesichtsausdruck sofort zu einem fast schon schüchternen Lächeln schmelzen lässt.
„Danke, Killian.“
· • ✤ • ·
Den gesamten Film über kämpfe ich schon mit mir selbst. Einerseits würde ich gerne meinen Arm um Ilaria legen, anderseits ist das so ein dummes und überholtes Klischee. Ich riskiere einen vorsichtigen Seitenblick in ihre Richtung. Ilaria nascht genüsslich von ihrem Popcorn. Selbst während sie kaut und unschmeichelhaftes Licht auf sie fällt, sieht sie wunderschön aus. Ihre Augen weiten sich. Ich richte meinen Blick wieder aktiver auf die Leinwand. Das Geld hätte ich mir sparen können. Von dem Film bleibt absolut nichts bei mir hängen. Meine Begleitung ist viel interessanter. Ich hätte ihr die Entscheidung überlassen sollen.
Ein weiterer meiner Blicke fällt auf Ilaria. Sie scheint sich von meiner Filmauswahl tatsächlich nicht gestört zu fühlen. Zu gerne würde ich wenigstens ihre Hand halten, doch die ist damit beschäftigt, den Popcornbecher fest im Griff zu halten. Ich werde wohl warten müssen, bis sie aufgegessen hat. Gerade, als ich mich wieder zur Leinwand drehe, spüre ich, dass Ilaria mir näherkommt. Sie lehnt sich an meinen Arm und schmiegt ihren Kopf gegen meine Schulter. Überrascht sehe ich sie an. Wahrscheinlich hat sie nur darauf gewartet, dass ich Idiot den ersten Schritt mache.
„Wenn du dich nicht beeilst, ist das Popcorn weg“, flüstert sie und hält den Becher in meine Richtung.
Mit einem Lächeln greife ich zu und stopfe mir eine Handvoll in den Mund. Ich würde gerne etwas antworten, doch ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das Popcorn in meinem Mund ist die perfekte Ablenkung. Eigentlich sollte ich meine Schüchternheit Ilaria gegenüber endlich ablegen, aber es ist verdammt schwer, über seinen eigenen Schatten zu springen.
· • ✤ • ·
Hand in Hand verlassen wir den Kinosaal. Ilaria macht einen kurzen Stopp, um die Verpackungen der Kinosnacks in den Müll zu werfen. Um das zu tun, lässt sie keine Sekunde locker, im Gegenteil, sie verfestigt ihren Griff, damit ich stehen bleibe und sie nicht loslasse.
„Und was machen wir jetzt?“, fragt sie. „Der Abend ist noch jung.“ Interessiert mustere ich meine reizende Begleitung. Mit ihrer freien Hand fasst sie in mein Gesicht, um etwas aus meinem Bart zu zupfen. „Nur ein Stück Popcorn, keine Panik.“ Sie lacht, als sie das Stückchen zur Seite schnippt.
„Ich bin nicht panisch“, antworte ich, doch meine Mimik scheint mich verraten zu haben.
„Dann muss ich deinen verschreckten Blick falsch gedeutet haben.“ Ilaria lächelt mich freundlich an. „Keine Sorge, du siehst sehr gut aus.“
Nun ziehe ich einen Mundwinkel hoch. „Danke.“
„Ich müsste kurz auf die Toilette. Wartest du?“
„Selbstredend. Außer du willst, dass ich mitkomme.“
Nun lacht sie erneut. Amüsiert gibt sie mir einen kleinen Klaps auf den Oberarm. „Ich glaube, dass ich diese Grenze noch nicht überschreiten will.“ Ilaria lässt meine Hand los.
„Ich warte hier.“
Ich sehe ihr bis zur Tür nach, dabei fällt mir auf, dass sie einige Blicke auf sich zieht. Ich bin nicht der Einzige, der sie attraktiv findet, aber ich bin der einzige, dessen Hand sie nur schwer loslassen will. Zwar verstehe ich immer noch nicht ganz, was sie in mir sieht, ich bin aber stolz und vor allem froh, dass sie es tut.
Um die Wartezeit zu überbrücken, beschäftige ich mich mit meinem Smartphone. Ohne Beschäftigung herumzustehen, ist mir unangenehm, dabei komme ich mir immer ein wenig dumm vor.
„Ich hoffe, dass du nicht schon dein nächstes Date planst.“
Ich lasse mein Smartphone sinken und grinse Ilaria frech an. „Wenn mein nächstes Date mit dir ist, würde ich schon gerne eines planen.“
„Damit sollten wir vielleicht warten, bis unser heutiges Date zu Ende ist. Meinst du nicht?“
„Worauf hast du denn Lust? Wir könnten noch etwas Essen gehen.“
Ilaria schüttelt den Kopf. „Ich würde lieber zu dir gehen.“
Überrascht hebe ich die Brauen. „Um was zu tun?“ Wieso frage ich Idiot eigentlich? „Ich meine: Klar, ja, wieso nicht.“
Ilaria kichert und hakt sich dann bei mir ein. „Ich würde dich gerne Gitarre spielen hören. Eigentlich wollte ich dich auch fragen, ob ich zu einem eurer Auftritte kommen darf, aber dafür ist es wahrscheinlich noch zu früh. Ich will mich nicht aufdrängen.“
Ich nicke. „Vielleicht in ein paar Wochen, hm? Wenn wir beide uns besser kennen. Ich muss vorher sichergehen, ob ich dir meine Freunde zumuten kann. Sie sind nicht ganz einfach.“
„Sie können kaum schlimmer als eine Handvoll Football-Idioten sein.“
Nach kurzem Abwägen, antworte ich: „Ungefähr dasselbe Niveau.“
„Wunderbar, dann muss ich mich nicht lange darauf vorbereiten.“
Auf dem Weg zur Bushaltestelle, sucht Ilarias Hand wieder meine. Obwohl ich mich zwar frage, was mich heute Abend noch erwartet, versuche ich, mich mit einem Gespräch von meinen Gedanken abzulenken.
„Wie sehr hasst du Football, nachdem du einen Footballspieler gedatet hast?“, frage ich interessiert.
„Der Superbowl ist in Ordnung“, antwortet Ilaria mir. „Wenn du Football sehen willst, dann sieh dir Football an, aber erwarte nicht, dass ich nebenbei den Haushalt schmeiße oder als Glücksbringer neben dir sitze. Da wäre es mir schon lieber, wenn ich mich in der Zwischenzeit mit meinen Hobbys beschäftigen kann. Ich will nicht unbeachtet neben dir sitzen und die Sekunden zählen, bis ich wieder frei bin.“
Ich schnaube. „Du musstest als Glücksbringer neben deinem Ex sitzen?“
„Ja, weil das offensichtlich einen Einfluss auf ein Spiel hat, dass hunderte Meilen weiter weg gespielt wird, weißt du?“ Die bestechlich geniale Logik dahinter bringt mich dazu, laut zu lachen. „Ja, genau, es ist lächerlich, oder? Einfach lächerlich.“ Ilaria schüttelt den Kopf.
„Kompletter Bullshit“, stimme ich ihr zu, wobei ich immer noch belustigt den Kopf schüttle. „Den Superbowl ziehe ich mir rein. Dann gibt’s aber eine Superbowlparty, zu der jeder etwas beisteuert. Da verlangt kein Mensch von dir, dass du jemanden bedienst. Die Party veranstaltet einer meiner Bandkollegen bei sich zu Hause.“ Ich grinse. „Ich hätte aber nichts dagegen, wenn du auf meinem Schoß sitzt und meinen Glücksbringer spielst.“
„Haha“, antwortet Ilaria sarkastisch. „Genug von Football und meinem Ex. Lass uns über deine Musik reden. Wann trittst du wieder auf? Bist du jedes Wochenende ausgebucht? Ich frage, weil ich ab Montag ja meinen Job antrete.“ Sie drückt meine Hand ein wenig. „Sehen wir uns diese Woche noch einmal?“
„Wir können uns morgen treffen? Um spätestens 19 Uhr muss ich aber zu Hause sein, um meine Sachen zu packen. Samstag schlafe ich aus, abends dann dieselbe Story, nur dass ich diesen Samstag früher losmuss, weil die Location weiter weg ist. Sonntag ist immer verplant. Vormittags ausschlafen, nachmittags Bandprobe und danach treffe ich mich mit meiner Mom, um mit ihr zu kochen.“
„Du triffst dich jeden Sonntag mit deiner Mom, um mit ihr zu essen?“, fragt Ilaria nach.
Ich zögere kurz mit meiner Antwort. „Ja. Jeden Sonntag.“
„Das ist so süß. Es ist schön, wenn man ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat.“ Ilaria überlegt einen Moment. „Was hältst du davon, dass wir morgen zusammen brunchen?“
„Wenig, wenn es vor 10 Uhr morgens ist.“
Ilaria kichert. „Da ist mein Tag schon wieder halb vorbei.“
„Ich weiß. Du solltest dringend an deinem Schlafrhythmus arbeiten, junge Dame.“ Mit meiner frechen Antwort verdiene ich mir einen weiteren verspielten Klaps auf den Oberarm.
„Ich weiß nicht, ob du ein Idiot bist oder ob du einfach nur verdammt lustig bist.“
„Ein bisschen was von beidem“, antworte ich selbstbewusst.
„Vergiss es, Brunch ist vom Tisch. Du brauchst deinen Schlaf. Dann 13 Uhr bei mir? Wir kochen zusammen.“
„Das klingt viel besser. Du hast auch viel mehr davon, wenn ich ausgeschlafen und genießbar bin.“
„Das glaube ich dir aufs Wort.“
· • ✤ • ·
Vor meiner Haustür suche ich den richtigen Schlüssel an meinem Schlüsselbund. Das kaputte Licht an der Haustür macht es mir nicht leicht. Ich sollte endlich die Glühbirne wechseln.
„Erwarte nicht zu viel. Wie gesagt, es ist ein winziges Studioapartment. Am besten du hast gar keine Erwartungen.“
Ilaria lacht. „Wenn du jetzt die Tür aufschließt und wir werden nicht von Ratten überfallen, dann reicht mir das vollkommen. Ich weiß, dass die Stadt teuer ist. Mach dir keine Sorgen, ich werde mich bestimmt wohlfühlen, solange es halbwegs sauber in deiner Junggesellenbude ist.“
„Du hast Glück, ich habe gestern geputzt“, erzähle ich stolz und schließe dann die Tür auf.
Wir stehen sofort mitten im Wohn- und Schlafbereich. „Hier an der Wand ist ein Haken für deine Jacke.“ Ilaria schlüpft aus ihrer Jacke und hängt sie sofort auf, dann sieht sie sich interessiert um.
„Du hast einen Kamin! Wie spannend. Funktioniert der?“
„Warum fragst du?“, frage ich grinsend und schließe die Tür hinter uns ab. „Willst du etwa vor dem prasselnden Feuer Liebe machen?“
Ilaria lacht, dann schüttelt sie den Kopf. „So weit sind wir noch nicht, mein Freundchen. Ich bin nicht mitgekommen, um mit dir zu schlafen, sondern um deine Musik zu hören.“ Sie schlüpft aus ihren Schuhen und atmet tief durch. „Meine Füße bringen mich um.“
„Beim nächsten Date darfst du gerne flache Schuhe tragen.“
„Kommt darauf an, wohin wir gehen. Ich trage so gerne hohe Schuhe. Das ist mein kleiner Tick. Du weißt schon, wer schön sein will, muss leiden.“
Ich ziehe meine Jacke aus, hänge sie auf und auch meine Schuhe lasse ich bei der Tür stehen. „Dann musst du in der Vergangenheit ziemlich viel gelitten haben.“
Überrascht dreht Ilaria sich zu mir und lacht. „Du bist so witzig, Killian.“ Sie streicht über meinen Arm und spaziert dann durch meine Wohnung, dabei sieht sie sich die Gegenstände an, als wäre sie in einem Killian-Museum. „Schläfst du auf der Couch?“
„Nein, das da drüben ist ein Schrankbett“, antworte ich ihr und deute auf besagtes Schrankbett rechts neben dem Kamin. „Mehr gibt das Apartment leider nicht her.“
„Ist es trotzdem bequem?“
„Ja, es quietscht nur ein bisschen, wenn man es aufklappt, aber man liegt bequem. Ich schlafe darauf ganz gut.“
„Praktisch und bequem, was will man mehr?“
Ilaria bleibt an meinem Schreibtisch stehen. Ihr Blick überfliegt die Gegenstände, dann sieht sie zu den zwei Türen, die durch einen Durchgang mit dem Wohnbereich verbunden sind.
„Das ist das Highlight meiner Wohnung“, erzähle ich und gehe zu den Türen. „Hier links und rechts ist der gesamte Stauraum, den es zu einem winzigen Studioapartment wie dem hier gibt. Quasi ein durchgehbarer Kleiderschrank. Sogar mit Spiegel.“
Amüsiert präsentiere ich Ilaria den winzigen Stauraum, in dem sich meine Kleidung befindet. Neben der linken Tür befinden sich meine Shirts, Hosen und Unterwäsche, auf der gegenüberliegenden Seite hängen meine Jacken, darunter steht ein Verstärker und Kleinkram, den ich in Kartons verstaut habe.
„Hast du ein Glück, dass du kaum Dinge besitzt. Ich könnte hier nicht einmal meine Schuhe unterbringen.“
„Wie viele Schuhe hast du denn?“
„40? 50? Paar?“, schätzt sie überlegend. Wofür eine Frau so viele verschiedene Schuhe braucht, will ich erst gar nicht wissen.
„Passt doch“, antworte ich. „Die Schuhe bringst du in einem Apartment wie diesem locker unter.“ Ich gestikuliere in den Wohnbereich. „Du musst nur eine Matratze auf die Schuhkartons legen und schon kannst du sie als Bett benutzen.“
Dass mein Vorschlag in Ilarias Kopf sofort ein Bild auslöst, ist deutlich zu sehen. Herzhaft fängt sie an zu lachen. Sie versteckt ihr Lachen jedoch hinter einer Hand.
„Und ich stelle mein Bett dann je nach Saison um, hm? Im Winter kommen die Riemchensandalen nach unten und die Stiefel nach oben.“
„Ja, ganz genau“, stimme ich ihr zu. „Du hast das Prinzip wunderbar verstanden.“
Amüsiert wischt Ilaria sich über die Augen. Sie hat tatsächlich Tränen gelacht. „Okay, du praktischer Held. Was befindet sich hinter Tür Nummer 1?“
Ich nicke zur linken Tür. „Die kleinste Küche in ganz San Francisco.“
Ilaria öffnet die Tür. Sie sieht in meine Küche und sieht dann mich an. „Und da passt du rein?“
„Wenn ich den Bauch anziehe, dann geht das.“
Wieder versteckt sie ihr Lachen hinter ihrer Hand. „Du bist zu süß.“ Sie betritt meine Küche und sieht sich einmal um. „Hier ist man sich doch schon ziemlich im Weg, wenn man zusammen kocht, hm?“
„Es hat seine Vor- und Nachteile.“
Ilaria sieht sich kurz um, dann grinst sie. „Einer der Vorteile wäre wohl, dass man sich sehr nahe ist, hm?“
„Genau.“
„Morgen kochen wir trotzdem bei mir. Da treten wir uns nicht gegenseitig auf die Zehen. Nebenan ist das Badezimmer?“
„Genau.“
Ilaria verlässt meine Küche und wirft einen neugierigen Blick ins Badezimmer. „Wenigstens ist deine Dusche recht groß. Da könnte man sogar zusammen duschen.“
Bei dem Gedanken, mit Ilaria zusammen unter der Dusche zu stehen, muss ich breit grinsen. Dass sie zufällig genau das angesprochen hat, worauf ich stehe, ahnt sie nicht. Sie schließt die Tür wieder und betrachtet sich für eine Sekunde in dem Spiegel, der an der Außenseite der Badezimmertür befestigt ist. Sie streicht durch ihre Haare und sieht dann zu mir.
„Und? Spielst du mir jetzt etwas vor?“
„Was willst du denn hören?“, frage ich nach.
„Am liebsten etwas von Taylor Swift, aber dafür bist du nicht der Typ.“
Ich schnaube. „Nein, die finde ich ziemlich schrecklich.“
Nachdem meine Worte meine Lippen verlassen haben, zieht Ilaria eine Schmolllippe. „Kein ‚Shake it off‘ für mich?“
„Nein, das überlasse ich lieber ihr selbst.“ Ich überlege einen Moment. Natürlich hat ein Mädchen wie sie auch einen girly Musikgeschmack. Damit kann ich nur leider nicht dienen. „Metallica? Beatles?“
„Wie wäre es mit ‚Nothing else matters‘? Das war doch von Metallica, oder?“
„Ich tue so, als hätte ich diese Frage nicht gehört. Setz dich auf die Couch.“
Ilaria kichert. „Entschuldige. Das ist einfach nicht mein Genre.“
„Es ist ein Klassiker. Das muss man doch kennen.“
„Ich kenn es doch“, antwortet sie und tänzelt zur Couch. Sie lässt sich sinken und schlägt ein Bein über das andere. „Es gibt aber so viele alte Bands, ich kann mich doch nicht an alle erinnern.“
Kopfschüttelnd gebe ich diesen Kampf auf. Ich nehme meine Akustikgitarre zur Hand und setze mich neben Ilaria auf die Couch. Interessiert lehnt sie sich nach vorne. Sie stützt ihren Ellbogen an der Lehne ab und ihren Kopf auf ihre Hand, außerdem zieht sie ihre schlanken Beine auf die Couch. Es ist nicht abzustreiten, dass sie sehr verführerisch aussieht. Ihr kurzes Kleid ist etwas verrutscht. Eigentlich ging ich davon aus, dass sie eine Strumpfhose trägt, doch nun entdecke ich, dass sie Spitzenstrümpfe trägt. Ich muss zugeben, dass mich das ein wenig anmacht.
„Fängst du an?“
„Äh, ja.“ Ich gestikuliere etwas nervös zu ihren Beinen. „Hübsche Strümpfe.“
Ilaria sieht auf ihr Bein und zieht ihr Kleid noch etwas nach oben, um mehr von dem Strumpf und auch ihre Haut freizulegen. „Oh, sie gefallen dir?“
„Ja“, antworte ich doof. „Sieht sehr sexy aus.“
Es fällt mir schwer, meinen Blick zu lösen, doch ich sehe in ihr Gesicht. Sie beißt sich dezent auf die Unterlippe. Ihr ist mehr als deutlich anzusehen, dass sie ganz genau weiß, wie sie auf mich wirkt. Sie spielt mit mir.
„Vielen Dank für dein Kompliment“, bedankt sie sich mit sanfter Stimme.
Ich räuspere mich und konzentriere mich schnell auf meine Gitarre. Heute will sie keinen Sex, heute will sie mich nur so heiß machen, dass ich eine lange, lange Dusche brauche. Ich weiß nicht recht, ob ich das reizend finden oder ob ich sie und mich innerlich dafür verfluchen sollte. Es benötigt meine gesamte Konzentration, um meine Gitarre zu stimmen. Nach einem prüfenden Streichen über die Saiten bin ich zufrieden. Wie versprochen spiele ich ‚Nothing else matters‘ für Ilaria. Dass es ihr gefällt, ist deutlich an ihrer Körpersprache zu sehen. Sie rückt sogar näher zu mir. Dass es Absicht ist, dass ihr Kleid wieder verrutscht und mehr von ihren Beinen preisgibt, würde ich nicht verneinen.
Ilaria legt ihre Hand auf meine, als die Saiten meiner Gitarre ausklingen. Sie lächelt mich an und leckt sich über die Lippen, ehe sie spricht: „Du hast eine wundervolle Gesangsstimme, Killian. Ich liebe tiefe Stimmen wie deine.“ Ich lege meine Gitarre zur Seite und widme meinem Besuch dann meine volle Aufmerksamkeit. Lässig lehne ich mich ebenfalls gegen die Lehne der Couch. Meine Augen bleiben jedoch bei Ilaria. „Es war schön heute Abend. Danke, dass du für mich gespielt hast.“
„Das klingt nach einem Abschied.“
Ilaria nickt. „Ich sollte gehen. Es wird doch schon recht spät.“
Ich bin zwar etwas enttäuscht, aber ich kann sie ja schwer als Geisel festhalten. „Dann sehen wir uns morgen wieder?“
Ein erneutes Nicken ihrerseits. Ilaria lehnt sich zu mir. Ich kann nicht anders, als einen kurzen Blick in ihren Ausschnitt zu riskieren. Sie beugt sich zu meiner Wange und gibt mir einen sanften Kuss.
„Bis Morgen.“
Als sie aufsteht, schenkt sie mir ein zuckersüßes Lächeln. Ich sehe ihr nach, als sie um meine Couch geht. Sie hat diesen niedlichen tänzelnden Gang, der ihr eine Note von Prinzessin verleiht. Ilaria steigt in ihre Schuhe, dabei hält sie sich an der Lehne der Couch fest. Als sie wieder sicher steht, greift sie nach ihrer Jacke und zieht sich an.
„Soll ich dir nicht noch ein Taxi oder ein Uber rufen?“
„Nein“, antwortet sie abwinkend. „Es ist nicht weit. Das schaffe ich sogar noch in diesen Schuhen.“
Ich stehe auf und öffne ihr die Tür. „Okay, wenn du das sagst. Schreibst du mir, wenn du zu Hause bist? Nur damit ich weiß, dass alles okay ist?“
„Ja, das mache ich.“ Ilaria legt ihre Hand an meine Wange. „Es ist lieb, dass du dir Sorgen machst. Gute Nacht, Killian.“
„Ja, gute Nacht.“
Mit ihrem Daumen streicht sie über meine Haut, dann lässt sie von mir ab und verlässt meine Bude. Nach einigen Schritten dreht sie sich noch einmal zu mir um und winkt mir. Ich hebe meine Hand, um mich von ihr zu verabschieden.
Ich bin sicher, dass ich heute einen guten Eindruck gemacht habe. Sie scheint mich wirklich zu mögen, sonst würde sie mir nicht so nahekommen. Trotzdem spielt sie mit mir. Nachdenklich schließe ich die Tür und drehe die Schlösser um. Vielleicht hat sie so etwas wie eine 3-Dates-Regel?
Mich am Kopf kratzend schleife ich mich selbst ins Badezimmer. Aus dieser Frau werde ich wohl nicht so schnell schlau.