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Kapitel 9
Der nächste Schritt
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„Hey, Mom!“, rufe ich, nachdem ich die Tür geschlossen habe.
„Du bist heute ja früh dran“, entgegnet sie mir, als sie ins Vorzimmer kommt, um mich anständig zu empfangen. Als ich meine Jacke ausgezogen habe, werde ich fest umarmt. Mom lässt mich wieder los und ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange. Sie lächelt breit und tätschelt meine Wange. „Gut siehst du aus.“
„Ja, danke, ich bin verschwitzt und brauche eine Dusche.“
Mom rollt amüsiert mit den Augen. „Du bist gut darin, Komplimente anzunehmen.“
Ich schnaube. „Ja, danke, Mom.“
„Wenn du willst, kannst du unter die Dusche springen.“
„Nein, das mach ich dann, wenn ich zu Hause bin“, lehne ich ihr Angebot ab und schlüpfe aus meinen Schuhen. Wir begeben uns ins Wohnzimmer.
„Willst du gleich anfangen zu kochen oder erst einen Kaffee?“, fragt sie mich.
„Zu Kaffee kann ich nicht ‚Nein‘ sagen.“
„Ich habe gebacken. Du kannst dir später ein paar Muffins mitnehmen.“
„Das klingt wunderbar, danke.“
Ich lasse mich mit einem Stöhnen auf die Couch sinken. Endlich zu sitzen tut mir gut. Ich bin seit Stunden auf den Beinen. Mom bringt mir meine längst überfällige Tasse Kaffee. Koffein hält mich am Leben. Sie setzt sich zu mir.
„Was für Muffins hast du denn gemacht?“
„Schokolade und Blaubeere.“
„Klingt super“, antworte ich mit einem Nicken. „Ich nehme alle mit.“
Mom schmunzelt. „Wie war deine Woche?“, fragt sie mich, worauf ich seufze.
„Anstrengend. Neue Schüler.“ Ich schüttle den Kopf. „Ich glaube nicht, dass alle bleiben werden, aber solange sie Lust darauf haben, etwas zu lernen, nehme ich das Geld gerne. Und Chad testet wie jede Woche meine Geduld.“ Schon beim Gedanken an den rotzigen Teenager erhöht sich mein Puls. Ich reibe mir das Gesicht. „Jede Woche dasselbe. Er übt nicht, aber dann ist die Gitarre daran schuld, dass es zu schwer ist und dass man sich das alles ja nicht merken kann. Ich weiß nicht, wie ich es ihm noch einfacher machen kann.“
Mom lacht. Sie tätschelt tröstend meinen Oberarm. „Es ist nicht deine Schuld. Du weißt doch, wie Teenager sind. Du warst selbst das beste Beispiel.“
Ich schnaube. „Ja, ich war ein Monster, aber ich konnte Gitarre spielen.“ Amüsiert schüttle ich den Kopf. „Vielleicht wird er besser, sobald seine Hormone nicht mehr sein Denken bestimmen. Oder er sucht sich ein anderes Hobby.“ Ich zucke mit den Schultern. „Solange seine Eltern mir regelmäßig die Kasse füllen, ist mir das aber auch recht egal. Die Stunde pro Woche halte ich durch.“
Mom schlägt ein Bein über das andere. Sie pustet in ihren Kaffee, ihre Augen ruhen jedoch auf mir. „Und wie geht es deiner Freundin?“ Dass sie das Wort Freundin so betont, als würde sie mich damit necken wollen, bringt mich zum Grinsen. Mom trinkt einen Schluck Kaffee. Ihre Tasse behält sie in ihren Händen, als würde sie sich daran wärmen wollen.
„Ilaria geht es gut, vielen Dank der Nachfrage.“
„Wie lange seid ihr jetzt schon zusammen?“
„Bald sind es drei Monate“, antworte ich nach einem kurzen Moment.
„Sie tut dir gut“, meint Mom lächelnd. „Du wirkst verändert. Glücklicher. Ich glaube sogar, dass du ein wenig abgenommen hast.“
„Falls das so ist, weiß meine Waage noch nichts davon“, entgegne ich ihr.
„Ach, Killian.“ Ich zucke mit den Schultern. „Hat sich dieses Social Media Drama eigentlich aufgeklärt? Das mit den Kommentaren?“
Ich nicke. „Ja, seit ein paar Tagen ist Ruhe. Mal sehen, wie lange es dieses Mal hält. Ilaria will dagegen auch nichts unternehmen. Ich meinte zwar, dass sie gegen dieses Mädchen vorgehen könnte, aber sie möchte das nicht. Von wegen ‚Kein Öl ins Feuer gießen‘ oder so. Außerdem waren die beiden beste Freunde. Sie will nicht, dass das ausartet.“
„Manchmal macht man es sich schwerer, als es sein sollte, hm?“
„Ja“, stimme ich ihr zu. „Ilaria ist zu gutgläubig, in dem Punkt sogar naiv. Sie hofft immer noch, dass sich das Problem irgendwie klären lässt und sie wieder Freunde sein können. Oder sich zumindest so gut verstehen, dass sie ab und zu Kontakt haben.“ Ich lege meine Stirn in Falten. „Wenn du mich fragst, kann sie froh sein, so jemanden nicht mehr in ihrem Leben zu haben. Eine Freundin, die deine eigenen Unsicherheiten gegen dich einsetzt und dich öffentlich angreift, ist keine Freundin. Ohne dieser Brooke geht es Ilaria viel besser.“
„Frauen können manchmal sehr grausam zueinander sein“, spricht Mom mit Bedauern in ihrer Stimme. Sie nimmt einen weiteren Schluck ihres Kaffees. „Wie auch immer. Was tut sich sonst so?“
„Das Übliche. Der Alltag hat sich eingestellt. Abends spaziere ich zu Ilaria, dann essen wir zusammen oder sehen uns einen Film an, dann hau ich wieder ab und gehe nach Hause.“
Mom kichert. „Die extra Bewegung tut dir gut.“ Sie tätschelt meinen Bauch, worauf ich ihr einen bösen Blick zuwerfe. „Deine Waage wird das auch noch mitbekommen.“
„Danke, Mom.“
Sie kichert erneut. „Steh auf, wir fangen an.“
„Yes, ma’am.“
· • ✤ • ·
An einem Mittwochabend stehe ich vor Ilarias Tür. Der Regen hat mich überrascht. Ich klopfe, doch niemand öffnet. Besorgt sehe ich auf mein Smartphone. Dass ich durch das Fenster kein Licht sehen konnte, hat mich schon stutzig gemacht. Um diese Uhrzeit ist Ilaria normalerweise längst zu Hause. Hoffentlich ist ihr nichts passiert. Ein wenig nervös rufe ich Ilaria an. Ich lege mein Smartphone an mein Ohr. Es dauert einen Moment, doch dann nimmt sie das Gespräch an. Ich bin erleichtert, als ich ihre Stimme höre.
„Hey, Killian.“
„Hey, wo bist du? Ich stehe schon vor deiner Tür.“
„Ich habe uns noch Tacos geholt“, erzählt sie mir. „Ups.“ Ich höre, dass Ilaria die Nase hochzieht. „Dämliche Pfütze. Meine schönen Schuhe.“
Ich sehe auf die Tüte in meiner Hand. „Tacos, hm?“
„Ja, Tacos. Fisch-Tacos, um genauer zu sein.“ Nun lache ich. „Hey, was ist so lustig? Du darfst mich ruhig einweihen.“
„Nichts, ich hatte nur dieselbe Idee“, antworte ich amüsiert. „Nachdem du gestern so große Lust darauf hattest, dachte ich, dass ich dich damit überrasche.“
Nun lacht auch Ilaria. „Great minds think alike.“
„Ja, kann man so sagen. Wo bist du schon?“
„Ich bin gleich da. Eine Minute. Ich lege auf, ja? Sonst bekomme ich die Tür nicht auf.“
„In Ordnung, Prinzessin. Bis gleich.“
Sie beendet das Gespräch und ich lasse mein Smartphone in meiner Jackentasche verschwinden. Ich gehe zur Eingangstür des Gebäudes und öffne sie. Überrascht bleibt Ilaria stehen.
„Ich vergesse immer wieder, was für ein Gentleman du bist.“
„Eine Prinzessin anders zu behandeln, würde mir gar nicht in den Sinn kommen.“
Ilaria kichert. „Du bist das Beste, was mir jemals passieren konnte. Dich lasse ich nie wieder gehen.“ Ilarias Aussage bringt mich dazu, breit zu grinsen.
Ich nehme ihr die Tüte ab, sodass sie ihren Regenschirm zusammenfalten kann. Sie schüttelt ihn draußen aus und tritt dann zu mir in das Gebäude. Ilaria nimmt sich die Zeit, mir einen Kuss zu geben. Ihre Lippen sind eiskalt und ein wenig spröde, doch ich freue mich schon den ganzen Tag auf diesen Moment, also genieße ich den Kuss. Ich brumme, als sie sich von mir löst.
„Du bekommst gleich mehr“, beschwichtigt sie mich mit einem Lächeln.
„Das hoffe ich doch.“
Ilaria stöckelt zu ihrer Wohnungstür. Sie lehnt den Schirm gegen die Wand und tritt ein. Ich folge ihr sofort. Meine nassen Schuhe und meine Jacke lasse ich im Eingangsbereich, dann bringe ich die Tüten in die Küche, während Ilaria mit ihrem Schirm im Badezimmer verschwindet. Ich schüttle mich vor Kälte und schlüpfe aus meinem nass gewordenen Hoodie. Ein Glück, dass ich mittlerweile einige Klamotten bei Ilaria habe. Als ich ins Wohnzimmer gehe, werde ich mit einem wunderbaren Anblick belohnt. Ilaria spaziert in Unterwäsche durch ihre Wohnung, dabei bändigt sie ihre langen Haare mit einem Gummiband. An dieser Frau werde ich mich niemals sattsehen. Sie schlüpft in einen übergroßen Hoodie und atmet tief durch.
„So, erst essen und dann duschen. Prioritäten.“ Sie grinst mich an, auch ich grinse vor mich hin, als ich ihre Beine betrachte. Sie ist eine wunderschöne Frau. „Spoileralarm: Ich bin nicht dein Nachtisch.“
Ich brumme. „Du machst es mir aber auch schwer.“
„Tröstet es dich, wenn ich dir sage, dass ich letzte Nacht noch Lust darauf hatte, Brownies zu machen?“
Überrascht ziehe ich meine Brauen hoch. „Brownies? Hiermit ernenne ich dich ganz offiziell zu meiner Traumfrau.“
Ilaria lacht. Sie kommt auf mich zu und küsst meine Lippen. Dieses Mal trägt sie Lippenbalsam, den ich mir nach unserem Kuss gleich aus dem Gesicht wische. Auf ihren fragenden Blick antworte ich: „Ich hasse das Zeug.“
„Entschuldige.“ Ich winke ab. „Lass uns essen, bevor es noch kalt wird.“
Meinen nassen Hoodie hänge ich ebenfalls zu meiner Jacke, bevor ich an dem kleinen Tisch Platz nehme. Ilaria serviert die Tacos. Es amüsiert mich sehr, dass wir beide dieselbe Idee hatten. Auch Ilaria wirkt belustigt. Sie kichert, als sie nach einem der Tacos greift.
„Vielleicht sollten wir uns in Zukunft absprechen. Zwei Portionen schaffe ich bestimmt nicht.“
„Bleibt mehr für mich“, antworte ich grinsend.
Sie lächelt mich an. „Das hast du dir auch verdient.“
„Ach, habe ich das?“
„Ja“, antwortet sie knapp, dann macht sie einen großen Bissen von ihrem Taco. Sie lässt sich zurück in ihren Stuhl sinken und schließt genüsslich die Augen. Es scheint ihr zu schmecken.
„Und womit habe ich es verdient?“
Ilaria öffnet ihre Augen und sieht mich an. Sie antwortet: „Weil du dir jeden Abend die Mühe machst, mich zu besuchen. Außerdem ist es sehr aufmerksam von dir, dass du dich daran erinnert hast, dass ich gestern Lust auf Tacos hatte.“ Sie lächelt. „Ich habe immer das Gefühl, von dir auf Händen getragen zu werden. An deiner Seite fühle ich mich tatsächlich wie eine Prinzessin.“
„Solltest du auch.“
Ilaria lächelt, dann lehnt sie sich nach vorne. Sie zögert einige Sekunden, doch dann spricht sie: „Auch wenn du ‚Nein‘ sagen wirst, versuche ich heute wieder mein Glück: Bleibst du über Nacht?“
Ich verziehe das Gesicht. „Ich würde ja gerne, aber wenn du mich morgens rauswirfst, schaffe ich es vielleicht nicht bis nach Hause. Das ist zu viel für mein System.“
Ilaria blinzelt mich an. „Bitte, bitte?“
„Ilaria…“
„Und wenn ich dich nicht rauswerfe, sondern dir meinen zweiten Schlüssel gebe, damit du selbst gehen kannst, sobald du ausgeschlafen bist?“ Ich beiße in meinen Taco, um mir Zeit zu erspielen. „Lass mich nicht betteln. Ich schlafe viel besser, wenn ich mich an dich kuscheln kann. Es ist so schwer, dich jeden Abend gehen zu lassen.“ Ihren großen, traurigen Augen kann ich nichts abschlagen.
Als ich hinuntergeschluckt habe, nicke ich. „Gut, okay, überredet.“
Aufgeregt sieht Ilaria mich an. Sie strahlt regelrecht. „Oh, Gott sei Dank. Du machst mich gerade sehr, sehr glücklich.“
Ich schnaube. „Wenn ich dir heute Nacht ins Ohr schnarche und du auf die Couch wanderst, um wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, wirst du das bestimmt anders sehen.“
Zuversichtlich winkt sie ab. „Unsinn. Ich werde schlafen wie ein Baby.“
„Wir werden sehen. Morgen willst du mich vielleicht schon wieder loswerden.“
„Unsinn. An den Wochenenden will ich dich doch auch nicht loswerden. Ganz im Gegenteil. Ich will dich immer bei mir haben.“ Sie sieht etwas ertappt aus, winkt dann aber schnell ab. „Nein, das war jetzt ganz falsch. Ich will dich nicht einengen oder klammern. Das kam ganz falsch raus.“ Ilaria greift eilig nach ihrem Glas Wasser und trinkt. Wahrscheinlich, um sich nicht noch weiter zu verplappern. Dass ich es charmant finde, dass sie ihr Herz derart auf der Zunge trägt, vergisst sie wohl ständig.
„Ich verbringe auch gerne Zeit mit dir.“
Als sie ihr Glas wieder absetzt, lächelt sie mich an. „Es ist schön, das zu hören.“ Mit ihrem Fuß streicht sie über mein Bein. „Ich bin jetzt schon in Kuschellaune.“
· • ✤ • ·
Ilaria zeigt mir deutlich, dass sie sich freut, dass ich heute Nacht bei ihr bleibe. Ihr Lächeln spricht Bände. Sie schaltet ein Licht ein, dass Wellen an die Decke über uns projiziert. Als sie dieses Licht das erste Mal eingeschaltet hat, war es noch ein wenig befremdlich, aber mittlerweile gefällt es mir. Das Meeresrauschen, das aus einem kleinen Lautsprecher kommt, rundet die Atmosphäre perfekt ab. Der Tick, der mich anfangs etwas überfordert hat, ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Er gehört zu Ilaria, wie meine Gitarren zu mir gehören.
Dass meine Prinzessin tatsächlich in Kuschellaune ist, entgeht mir nicht. Sie schmiegt sich an mich, küsst meine Wange und streicht über meine Brust. Ich drehe mich zur Seite und lege meine Hand an ihre Taille, dann verwickle ich sie in einen sanften Kuss. Vielleicht geht heute Nacht ja noch etwas. Ilaria erwidert den Kuss, dabei streicht sie über meinen Brustkorb. Ich lasse meine Hand an ihren Hintern wandern, doch sie schiebt sie sofort wieder an ihre Taille und löst den Kuss.
„Was hast du vor?“
„Meine Hand hat sich verlaufen“, antworte ich frech.
„Wie gut, dass ich ihr wieder ihren Weg gezeigt habe, hm?“
„Ja, das war sehr nett.“ Ich beuge mich vor, um Ilaria wieder zu küssen, doch sie nimmt Abstand. „Ist irgendetwas?“
Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ich möchte mich nur dafür entschuldigen, dass wir heute keinen Sex haben werden.“
Ich ziehe meine Brauen zusammen. „Dich entschuldigen?“ Sie nickt. „Was ist denn das für ein Unsinn? Wenn du nicht willst, dann willst du eben nicht. Wie kommst du darauf, dass du mir eine Entschuldigung schuldest?“
Sie sieht mich einen Moment sprachlos an, dann zuckt sie mit ihrer Schulter. „Kannst du mir noch ein wenig Zeit geben?“
„Du hast alle Zeit der Welt, Ilaria“, antworte ich und küsse ihre Stirn. „Ich zwinge dich zu nichts, auch wenn ich langsam ziemlich blaue Eier bekomme.“
Ilaria fängt an zu lachen, sie legt jedoch schnell ihre Hand an ihren Mund und schüttelt den Kopf. „Tut mir leid“, nuschelt sie in ihre Hand, ehe sie weiterlacht. „Damit habe ich jetzt nicht gerechnet.“
Ich grinse. Ilaria atmet tief durch, als sie sich wieder beruhigt hat. „Wieder besser?“
Sie nickt. „Ja, entschuldige. Und entschuldige auch die blauen Eier.“
„Meine Eier könnten dir verzeihen, wenn du dich bei ihnen persönlich entschuldigst.“
Ilaria lacht herzlich, sie gibt mir einen leichten Klaps auf die Brust. „Oh, netter Versuch, beinahe hättest du mich reingelegt“, meint Ilaria amüsiert. Sie schmiegt sich an mich und legt meine Hand an ihren Hintern. „Und jetzt stehle ich mir noch einen Kuss von dir.“
„Das lasse ich mir gerne gefallen.“
Ilaria küsst meine Lippen, dabei schiebt sie ihr Bein auf meine Hüfte. Während ich den Kuss erwidere, überlege ich, ob es ratsam wäre, meine Prinzessin an mich zu drücken. Die Hand, die an ihrem Hintern ruht, packt genüsslich zu, dann entscheide ich mich dafür und ziehe Ilaria nah an meinen Körper. Dass wir nicht mit einander schlafen, heißt nicht, dass wir gar keinen Spaß haben werden. Meine Hand findet ihren Weg unter ihr seidenes Nachthemd. Ich spüre ihre Haut und zu meinem Bedauern leider auch ein Höschen. Ihr das auszuziehen, würde mein Glück überstrapazieren.
Ilaria streicht über meine Wange, dann löst sie den Kuss. Sie atmet tief durch, bevor sie mir einen weiteren Kuss gegen meine Lippen haucht. Ich sehe in Ilarias Augen, hell genug ist es ja durch das Wellenlicht. Als sie lächelt, muss auch ich lächeln. Ich streiche meiner Prinzessin die Haare aus dem Gesicht. In Momenten wie diesen wird mir wieder deutlich bewusst, wie viel Glück ich habe.
„Und du willst mir wirklich deinen Zweitschlüssel geben?“, frage ich nach.
„Natürlich“, entgegnet sie mir selbstsicher. „Du kannst ihn gleich behalten. Dann musst du nicht mehr wie heute Abend vor meiner Tür stehen und frieren.“
„Und du fühlst dich damit wohl, dass ich alleine in deiner Wohnung bin?“
Sie nickt. „Ich vertraue dir voll und ganz. Was soll schon passieren? Du wirst eine Weile herumliegen, dir einen Kaffee machen und dann nach Hause gehen, sobald du zurechnungsfähig bist.“
Ich schnaube amüsiert. „Ja, genau das wird passieren.“
„Ich wache gerne neben dir auf.“ Sie schmiegt sich an meine Brust. Ich drücke sie fest, aber nicht zu fest gegen mich und vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren. Ihr Duft ist unglaublich. „Dadurch startet mein Tag einfach perfekt.“
„Mhm“, stimme ich ihr zu, dabei schließe ich meine Augen. „Nur Morgensex ist besser.“
Ilaria kichert, dann streichelt sie meine Brust. „Ich quäle dich nicht mehr lange, versprochen.“
Ich hebe meinen Kopf und halte mir die Hand vor, als ich gähne. „Du quälst mich nicht. Ich mache nur Witze. Es ist schon gut, wie es ist. Fühl dich nicht unter Druck gesetzt, okay?“
„Danke. Es bedeutet mir viel, dass ich mich an deiner Seite viel freier bewegen kann, als in meinen letzten Beziehungen. Bei Matt hatte ich vor allem gegen Ende unserer Beziehung immer das Gefühl, dass seine Bedürfnisse viel wichtiger sind als meine. Vielleicht lasse ich dich deswegen so zappeln.“
Ich zucke mit einer Schulter und ziehe die Decke höher. „Der Kerl wusste nicht, was er an dir hat.“ Liebevoll nehme ich Ilarias Hand in meine und küsse ihre Finger. „Deine Bedürfnisse sind wichtig. Egal, ob es um die Restaurantauswahl geht oder ob du dir noch Zeit nehmen willst, bevor wir miteinander schlafen. Wir lernen uns gerade kennen und dabei sollte man sich nie stressen. Unser spezielles Date habe ich übrigens nicht vergessen, das passende Wetter hat sich nur noch nicht ergeben.“ Ilaria lächelt mich an. Ich beuge mich zu ihrer Stirn und küsse sie sanft.
„Jetzt weckst du wieder meine Neugierde. Wie soll ich denn so schlafen, Killian?“, meint sie amüsiert.
„Am besten an mich gekuschelt“, entgegne ich grinsend.
„Ja, das klingt einladend.“ Ilaria legt ihre Hand an meine Wange und verwickelt mich in einen überraschend leidenschaftlichen Kuss. Ich schließe meine Augen und brumme genüsslich. Ich könnte mich öfter dazu überreden lassen, nachts bei ihr zu bleiben…
· • ✤ • ·
Sehr langsam komme ich in der Realität an. Es fällt mir schwer, die Augen offen zu halten, also schließe ich sie gleich wieder. Brummend taste ich neben mir ins Leere. Ilaria ist wohl längst weg. Sie hat mich tatsächlich ausschlafen lassen. Ich drehe mich auf die Seite und drücke meinen Kopf ins Kissen. Morgens hasse ich die Welt besonders. Aufzuwachen ist eine Qual.
Ich nehme mir viel Zeit, richtig wach zu werden, dabei kuschle ich mich an Ilarias Kissen. In ihrem Bett aufzuwachen ist eigentlich ganz nett. Je bewusster ich die Welt um mich herum wahrnehme, desto stärker taucht eine Erinnerung auf. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, aber ich meine zu glauben, dass ich mich an Ilarias Küsse erinnern kann. Vielleicht habe ich mir das alles aber auch nur eingebildet oder davon geträumt. Ich atme tief durch und drücke mein Gesicht noch einmal in Ilarias Kissen. Es wird Zeit, aus dem Bett zu klettern, aber ich will nicht.
Grummelig setze ich mich auf und starre auf den Boden vor mir. Im Augenwinkel bemerke ich einen blauen Zettel, der auf dem Nachttisch neben mir liegt. Gestern war der noch nicht da, da bin ich mir sicher. Grobmotorisch greife ich danach und starre die Worte an, die darauf geschrieben stehen. Es dauert einen Moment, bis sie in mein Gehirn sickern und Sinn ergeben. Die Punkte der Is sind wie immer mit Herzchen versehen. Ilarias Schrift schreit förmlich das Wort ‚girly‘.
‚Guten Morgen, mein Liebster. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. In der Küche wartet Frühstück auf dich.‘
Ich ziehe einen Mundwinkel hoch und lasse mich noch einmal ins Bett sinken. „Danke, Prinzessin“, murmle ich vor mich hin. Noch einmal sehe ich mir die Nachricht an, dann lege ich sie zurück auf den Nachttisch. Ilaria ist wundervoll.
Nach einigen Minuten quäle ich mich dann doch aus dem Bett. Es ist recht kühl in Ilarias Wohnung. Ich schlüpfe in einen Hoodie und schlendere erst einmal ins Badezimmer, bevor ich die Küche aufsuche. Ich finde einen weiteren Zettel, der mich zum Schmunzeln bringt.
‚Herzlichen Glückwunsch, du tapferer Held! Du hast es aus dem Bett geschafft! Jetzt hast du dir eine Belohnung verdient. Ich habe dir ein Sandwich und einen kleinen Salat gemacht. Außerdem ist auch ein Brownie bereit, von dir gegessen zu werden. Die Kapsel ist schon in der Kaffeemaschine. Schalte sie ein und drücke den rechten Knopf. Lass es dir schmecken!‘
Ich folge den Anweisungen auf Ilarias Nachricht, außerdem nehme ich mein Frühstück mit zur Couch, um es vor dem Fernseher zu essen. Zufrieden lasse ich mich von irgendeiner Serie berieseln, während ich Ilarias mit Liebe zubereitetes Frühstück genieße.
Ob sich wohl jeder Morgen an Ilarias Seite so anfühlt?