╭─━ · • ✤ • · ━━━━━━━━━━━━━━━━━─╮
Kapitel 16
Ein besonderes Schmuckstück
╰─━━━━━━━━━━━━━━━━ · • ✤ • · ━─╯
„Ich habe schon einiges vorbereitet. Wir brauchen vielleicht eine oder zwei Stunden, je nachdem, wofür du dich entscheidest und wie lange wir nach etwas Passendem suchen. Wir sollten uns Zeit lassen, es ist ein Geschenk für deine Mom, also brauchen wir etwas Besonderes. Auf dem Tisch liegt mein Tablet. Das Passwort ist 0313. Wenn du die Galerie durchgehst, kannst du dir ansehen, was ich bis jetzt gemacht habe. Jedes Stück ist einzigartig. Genau gleich werden sie nicht aussehen.“
Ich schmunzle über Ilarias Passwort. Es ist ihr Geburtstag. „Okay.“ Nicht nur ihr Tablet liegt auf dem Tisch. Ilarias Arbeitsbereich wirkt etwas chaotisch. In einem Karton befinden sich einige Rollen mit verschiedenen Drähten und Bändern, außerdem eine schwarze Tasche. In einer flachen, durchsichtigen Plastikbox liegen unzählige bunte Steine. Sie sind nach Farbe und Größe sortiert. Auf dem Tisch verteilt liegen eine Vielfalt an Zangen, außerdem stehen einige kleine Döschen mit Perlen herum. An der Seite entdecke ich ein Buch, das gleich meine Aufmerksamkeit erregt. Auf dem Cover sind einige bunte Steine abgebildet. Der Titel bringt mich zum Grinsen.
„Heilsteine?“ Ich setze mich auf Ilarias Schreibtischsessel, nehme das Buch zur Hand und blättere darin. „Du glaubst doch nicht etwa an den Quatsch, oder?“
„Quatsch? Das ist kein Quatsch!“, meint Ilaria empört. Sie kommt aus der Küche und nimmt mir das Buch aus der Hand. Sie drückt es gegen ihre Brust, als würde sie es vor mir beschützen wollen. Ihre Reaktion lässt mich schmunzeln. „Die Steine haben Kräfte. Natürlich können sie keinen Krebs heilen oder eine Schusswunde auf magische Weise verschließen, aber sie wirken durch ihre Schwingungen unterstützend. Mir helfen sie und tausenden anderen Menschen ebenfalls. Wenn dir jemand sagen würde, dass Uran eine Strahlung hat, würdest du das auch nicht als Quatsch betiteln.“
Ich hebe abwehrend die Hände. „Okay, okay, ich sehe, dass das ein ernstes Thema für dich ist. Ich habe nichts gesagt“, antworte ich, ehe ich meine Hände wieder hinunternehme. Auch wenn ich nicht an Steine mit heilenden Kräften oder heilenden Schwingungen generell glaube, will ich ihr ihre Illusion nicht nehmen. Ilaria hat Freude daran und die soll sie weiterhin haben. „Hast du auch so etwas wie einen Lieblingsstein?“, frage ich sie. Ihre Miene wirkt sofort wieder freundlicher.
„Natürlich“, antwortet sie mit einem Lächeln. „Du errätst nie, welcher es ist.“
„Aquamarin, richtig?“
Sie lacht herzlich. „Der gefällt mir tatsächlich sehr gut, aber nein. Der Larimar gefällt mir ein wenig besser.“ Ilaria legt das Buch wieder auf den Tisch und öffnet eine große Schublade des Rollwagens unter ihrem Schreibtisch. In der Schublade befinden sich weitere Plastikbehälter mit Materialien, die sie für ihre Schmuckstücke benötigt. Sie nimmt eine der Boxen heraus und öffnet den durchsichtigen Deckel. In der Box befinden sich noch mehr Steine, auch diese sind nach Farben geordnet. Ilaria nimmt einen blauen Stein heraus und reicht ihn mir. „Das ist ein Larimar.“
„Witzig, dass dein Lieblingsstein so ähnlich klingt wie dein Name.“ Ich nehme den Stein in die Hand und sehe ihn an. Er ist blau und türkis und erinnert durch seine weißen Einschlüsse an sanfte Wellen in klarem Wasser. Er sieht ganz hübsch aus, aber alles in allem hält sich meine Begeisterung in Grenzen, immerhin ist es ein Stein. Ich drehe und wende ihn in meinen Fingern, ehe ich ihn wieder zurück in die Box lege.
„Der Entdecker des Steines hat ihn nach seiner Tochter benannt. Larimar ist eine Kombination aus dem Namen Larissa und dem spanischen Wort mar, was Meer bedeutet. Naja, genau genommen war Miguel Méndez nicht der erste Entdecker, aber er hat dem Stein seinen Namen verliehen.“
Überrascht sehe ich zu Ilaria auf. „Weißt du über alle Steine ein paar Funfacts?“
Ilaria wirkt ertappt. „Ist das merkwürdig?“
Ich schüttle den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht. Es ist eigentlich wichtig, dass du dich mit den Materialien für deinen Schmuck gut auskennst.“ Ilaria schließt die Schublade und setzt sich dann auf meinen Schoß. „Vielleicht sollte ich den Steinen doch eine Chance geben.“
„Du änderst deine Meinung?“
Ich zucke mit den Schultern. „Ich würde mir jetzt keine deiner Anhänger um den Hals hängen, um meine Aura zu reinigen oder so.“ Ich schnaube. „Einen Schlüsselanhänger würde ich aber nehmen.“
Nun lacht Ilaria. „Dann soll einer der Steine die Aura deines Schlüssels reinigen?“
„Ach, jetzt verarschst du mich? Wer hat denn hier Bücher über Heilsteine, hm?“ Ich drücke Ilaria an mich, sie küsst meine Wange.
„Waffenstillstand. Wir wollten deiner Mom ein Geschenk fertigen“, erinnert sie mich, worauf ich nicke. Ilaria greift nach ihrem Tablet, entsperrt den Bildschirm und reicht es mir. „Sieh dir die Bilder an. Wenn nichts dabei ist, was ihr gefallen könnte, aber du kleine Elemente entdeckst, die ihr gefallen könnten, dann hilft das auch schon.“
Sie steht auf und geht wieder in die Küche. Ich sehe ihr nach und beobachte sie dabei, als sie sich auf die Zehenspitzen stellt und etwas aus dem obersten Fach zieht. Ich möchte ihr meine Hilfe anbieten, doch sie scheint schon gefunden zu haben, wonach sie gesucht hat. Das klimpernde Geräusch macht mich neugierig, meine Neugierde wird jedoch schnell gestillt, als ich sehe, dass Ilaria einige Pennies in ein Glas wirft.
Ich wende mich wieder dem Tablet zu und stöbere in Ilarias Galerie. Der Großteil von Ilarias Schmuckstücken wird eindeutig durch das Meer inspiriert. Muscheln und Perlen sind sehr oft vertreten. Viele ihrer Schmuckstücke sind groß und extravagant, an jungen Mädchen mit alternativem Stil sehen sie bestimmt sehr gut aus, für meine Mom ist das jedoch nichts. Zwischen all den Fotos von Schmuckstücken entdecke ich ein anzügliches Selfie, was mich zum Grinsen bringt.
„Hey, ich habe hier etwas gefunden, dass Killian gerne zum Geburtstag hätte.“
„Ach ja? Was denn?“ Ich halte das Tablet in ihre Richtung und zeige ihr das Foto. Etwas erschrocken legt sie ihre Hände an ihren Mund, dann kommt sie auf mich zu. „Oh Gott, das ist mir jetzt peinlich. Wenn ich das einem Kunden gezeigt hätte… Eigentlich mache ich damit keine privaten Fotos…“ Ilaria nimmt mir das Tablet ab. Wahrscheinlich löscht sie das Foto. Zu schade. Peinlich berührt wechselt sie gleich das Thema: „Hast du etwas gefunden, was deiner Mom gefallen würde?“
„Etwas Kleineres und Schlichteres wäre eher ihr Stil. Hast du so etwas?“
„Oh, natürlich.“ Sie bedient ihr Tablet, dann gibt sie es mir zurück. „Hier. Das sind hauptsächlich Schmuckstücke, die ich aus kleinen Steinen, Muscheln und Draht gemacht habe.“
Ich nicke. Schon die ersten Vorschaubilder sind vielversprechend. Das könnte meiner Mom tatsächlich gefallen. Die Vielfalt von Ilarias Schmuckstücken ist überwältigend. Sie muss das schon viele Jahre lang machen. Es dauert einen ausgedehnten Moment bis ich mich entscheiden kann.
„Hier, das könnte ihr gefallen.“ Ich reiche Ilaria das Tablet. Sie nickt lächelnd. „Ein Lebensbaum also. Der mit dem Ring ist etwas aufwändiger, weil ich die Äste mit winzigen Steinen verzieren muss, um die Blätter zu machen.“
„Dauert das zu lange? Soll ich mir vielleicht etwas Anderes aussuchen?“, frage ich nach, worauf Ilaria sofort den Kopf schüttelt.
„Nein, nein. In spätestens einer Stunde bin ich damit fertig. Ich wollte dir nur sagen, dass ich auch einen anderen Baum gemacht habe.“ Ilaria sucht wohl das passende Foto. „Der ist sozusagen ohne Blätter und der Hintergrund ist ein runder Stein. Den Stein kannst du dir selbstverständlich aussuchen, der muss nicht so wie auf dem Foto sein. Oh, hier. Sieh mal. Ich kann natürlich auch andere Steine verwenden, er muss nicht rund sein, aber wenn er rund ist, kommen die Äste am besten zur Geltung.“
Ich betrachte das Foto und nicke. „Das mit den Blättern gefällt mir aber trotzdem besser.“
„In Ordnung, dann mache ich einen Lebensbaum mit Blättern.“ Mit einem Knopfdruck lässt Ilaria den Bildschirm ihres Tablets erlöschen und legt es zur Seite, dann scheucht sie mich mit beiden Händen von ihrem Stuhl. Ohne Widerrede lasse ich mich von ihr vertreiben, damit sie Platz nehmen kann. „Nimm dir einen Sessel und setz dich zu mir.“
Ich hole mir einen der bequemen Muschelstühle von dem Esstisch und setze mich neben sie. Damit Ilaria in Ruhe arbeiten kann, nehme ich allerdings etwas Abstand. Sie braucht Bewegungsfreiheit. Ilaria öffnet die Schublade, aus der sie auch den Larimar hatte und nimmt einige kleine Dosen heraus.
„Das sind alle Steine die ich aktuell in dieser Größe habe. Aquamarin, grüner Adventurin, gelber Adventurin, Lapis Lazuli, Rosenquarz, weißer Quarz und Amethyst“, zählt sie auf, als sie jeweils die kleine Dose vor mich stellt. „Wenn bei den Steinen nichts dabei ist, dann könnte ich auch Perlen nehmen, aber Steine finde ich bei diesem Anhänger schöner. Durch die ungleiche Beschaffenheit der Steine wirken die Blätter interessanter.“
Ich lache verlegen und reibe mir den Nacken. „Ich bin ein bisschen überfordert, entschuldige.“ Obwohl ich weiß, dass Moms liebste Farbe Grün ist, greife ich zu dem Rosenquarz und sehe mir die kleinen Steine in der durchsichtigen runden Dose an. „Rosenquarz.“ Entschlossen reiche ich Ilaria die Steine. „Mom und ich waren vor ein paar Jahren zusammen in Japan. Das erinnert sie vielleicht daran.“
Ilaria sieht mich gerührt an. „Aww, Killian, du bist so ein perfekter Mann.“
„Was?“, frage ich verwirrt, dann lache ich.
„Die Idee ist so süß, ich könnte schmelzen. Rosa Steine als Zeichen für die rosa Kirschblüten.“
Ich ziehe einen Mundwinkel hoch. „Ja. Ich bin kitschig, ich weiß.“
„Eine deiner besten Eigenschaften.“
Die restlichen Dosen werden wieder sorgfältig eingeschlichtet. Ilaria zieht den Karton mit den Drähten zu sich. „Kupfer oder Stahl?“
„Was sieht besser aus?“, entgegne ich mit einer Frage.
„Das ist Geschmackssache. Was passt deiner Meinung nach besser zu deiner Mom?“
Ich überlege einen Moment, dann zucke ich mit den Schultern. „Stahl schätze ich?“
„Sehr schön, das hätte ich auch gesagt.“ Ilaria lächelt mich an. „Ich habe noch eine letzte Frage, dann kann ich mit dem Schmuckstück anfangen. Möchtest du den Stamm gerade oder geschwungen haben?“ Auf einem kleinen Notizzettel macht sie mir drei Skizzen. Ein Baum ist in der Mitte eines Kreises, die anderen sind nach links beziehungsweise nach rechts geschwungen.
„Geschwungen finde ich ihn irgendwie schöner“, antworte ich und deute auf die Skizze mit dem nach rechts geschwungenem Baumstamm.
„Ja, ich glaube, dass das richtig toll aussehen wird.“
Sie schiebt die Skizze zur Seite und legt auch den Stift weg, ehe sie nach einer Spule mit Draht greift. Sobald die auf dem Tisch liegt, legt sie eine zweite Spule dazu. Außerdem nimmt sie noch die schwarze Tasche aus dem Karton zur Hand. Ich sehe interessiert zu, als sie ein rundes Stück Holz herauszieht.
„Mit dem Holz kann man ganz einfach einen Ring herstellen.“ Ilaria wickelt den dicken Draht um das Holzstück. Mit einer Zange verdreht sie beide Enden, zwickt eines davon mit einer anderen Zange ab und dreht eine schöne Öse, bevor sie den Draht erneut kürzt. Wieder nutzt sie eine andere Zange, um sicherzustellen, dass alles hält. „Das ist jetzt die Basis der Kette.“ Ilaria zieht den Ring von dem Holzstück und zeigt ihn mir. „Das abgeschnittene Ende ist jetzt in dieser Schlaufe versteckt, damit man sich nicht verletzen kann.“ Ich nicke. „Als nächstes wickle ich einen dünnen Draht um den dicken Draht. Links und rechts ungefähr bis zu dem Punkt, an dem ich mit den Wurzeln starte.“ Ich beobachte Ilarias Bewegungen. Erst schneidet sie ein Stück Draht von der Spule und schon beginnt sie damit, ihn aufzuwickeln. Mit flinken Fingern führt sie das aus, was sie mir gerade erklärt hat.
„Ich bin echt beeindruckt, Ilaria.“
„Wirklich?“, fragt sie, ohne aufzusehen. Sie greift nach einer Lampe mit Lupenvorrichtung, die an ihrem Tisch befestigt ist und zieht sie in ihre Richtung. Sie schaltet das Licht ein und blickt durch das Glas, während sie den dünnen Draht um den anderen wickelt. Man sieht ihr an, wie gewissenhaft sie arbeitet.
„Ja, wirklich. Das sieht alles sehr professionell aus.“ Ich schnaube. „Mit meinen dicken Fingern würde ich das niemals hinbekommen.“
Ilaria kichert. „Ich will damit meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich muss das gewissenhaft machen. Es macht mir ja auch viel Spaß.“
„Das sieht man. Es ist sexy, wenn du in deinem Element bist.“
Nun lässt Ilaria ihre Arbeit sinken, da sie anfängt zu lachen. „Jetzt weißt du, wie ich mich am Samstag gefühlt habe. Dich mit deiner Gitarre auf der Bühne zu sehen, war unglaublich faszinierend.“ Sie grinst. „Du hattest diese kreative Energie. Deine gesamte Ausstrahlung war sexy. Ich hatte das Gefühl, dass du genau da bist, wo du sein solltest.“
Ich schüttle amüsiert den Kopf. „Es wäre mir lieber, wenn ich auf einer größeren Bühne spielen würde und mehr Geld verdienen könnte.“
Ilaria sieht mich lächelnd an. „Das wirst du noch, daran glaube ich ganz fest.“
Ich seufze. „Aktuell sieht es eher nicht danach aus, als würde das in nächster Zukunft passieren“, meine ich resignierend.
Mit einem zuversichtlichen Lächeln streichelt Ilaria meinen Schenkel, ehe sie sich wieder dem Anhänger widmet. „Wenn man hart arbeitet, dann erreicht man seine Ziele.“
Ich nicke, bin jedoch nicht der Meinung, dass das so einfach ist. Seit Jahren arbeite ich hart an meiner Musik und kämpfe um Auftritte. Um im Musikgeschäft groß rauszukommen, braucht es mehr als Arbeit. Man braucht viel Glück und muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Ich hatte dieses Glück allerdings noch nicht und wer weiß, ob ich es jemals haben werde.
Um mich von meinen negativen Gedanken abzulenken sehe ich Ilaria wieder bei der Arbeit zu. Sie benötigt einige Minuten, um den nächsten Arbeitsschritt auszuführen. Sie dreht und wendet die dünnen Drähte mit ihrer Zange und den Fingern. Aus den kleinen Wurzeln wird langsam ein großer Stamm, der sich im Anschluss wieder in dünnere Äste aufteilt. Konzentriert fädelt Ilaria die Rosenquarzsteinchen auf die Äste, die wieder verdreht werden. Ich bin überrascht, dass das alles doch so schnell geht. Zu guter Letzt fädelt sie einen kleinen Ring in die gedrehte Öse, damit wird der Anhänger an einer Kette befestigt.
Als ich den fertigen Anhänger in den Händen halte, staune ich nicht schlecht. Das Schmuckstück sieht tatsächlich so aus, als würde es aus einem teuren Geschäft stammen. Ilarias Fertigkeiten beeindrucken mich. Als sie mir von der Schmuckherstellung erzählt hat, habe ich nicht mit so einem hochwertigen Ergebnis gerechnet. Ilaria ist wirklich talentiert.
„Wow“, gebe ich staunend von mir, als ich das Schmuckstück betrachte. „Mom wird es lieben. Danke, Prinzessin.“
„Warte, wir sind noch nicht ganz fertig“, antwortet Ilaria mir stolz. Sie öffnet eine weitere Schublade und nimmt eine kleine Schmuckschatulle heraus. „Hier, sieh mal.“ Sie zeigt mir die schwarze Schatulle. Das Innenfutter und das Kissen darin sind blau, im Deckel ist eine silberne aufgeklappte Muschel mit einer Perle abgedruckt. In der Muschel ist ein Schriftzug, das muss wohl Ilarias Marke sein. „Ist das nicht wahnsinnig toll? Mein Daddy hat die Schatullen anfertigen lassen, um mich zu überraschen. Mermaid's Treasure by Ilaria.“ Sie zeigt auf sich und kichert. „Das bin ich!“
Beeindruckt nicke ich. „Dein Dad unterstützt dich also sehr, hm?“
„Ja, er ist der Beste.“ Sie zieht auch einen kleinen Karton heraus, in dem sich kleine, blaue Tüten befinden, auch darauf ist ihr Logo abgedruckt. „Für den Versand wird es zwei Optionen geben. Entweder in einer der wiederverschließbaren Tüten, das ist der Standard oder in einer hübschen Schatulle, das wäre dann sozusagen die Deluxe-Version beziehungsweise die Geschenkversion.“ Ich nehme die Schatulle in die Hand und sehe sie mir genau an. „Unter dem Kissen werde ich dann noch die Pflegeanleitung für das Schmuckstück verstecken.“
„Du bist schon richtig gut vorbereitet“, mache ich ihr ein Kompliment, ehe ich einen Mundwinkel hochziehe. „Du kannst stolz auf dich sein, Prinzessin.“
„Danke. Jetzt muss ich nur noch mehr Menschen durch Social Media erreichen und dann kann ich anfangen, meinen Schmuck unter die Leute zu bringen.“
„Hast du schon deine eigene Webseite?“, frage ich nach, worauf Ilaria den Kopf schüttelt. „Ich arbeite gerade daran. Ein alter Freund von der Uni hilft mir dabei. Ich kann ihn in Kunstwerken bezahlen.“
„Cleverer Deal“, bemerke ich grinsend. „Das ist gleich Werbung für dich.“
„Ja, seine kleine Schwester ist sehr von meinen Werken fasziniert. Ich habe schon vor Jahren ein paar Bilder für sie gemalt. Sie hat da wohl ein bisschen nachgeholfen“, erklärt Ilaria mit einem Lächeln. „Man darf die Hoffnung nicht aufgeben, das alles wird sich fügen.“
Ich klappe die Schatulle zu, streiche durch Ilarias Haar und beuge mich zu ihr, um ihre Stirn zu küssen. „Ich bin stolz auf dich. Nicht nur auf die Arbeit, sondern auch, weil du dich nicht entmutigen lässt. Du wirst deinen Weg gehen, da bin ich mir sicher.“
„Danke, Killian. Deine Unterstützung bedeutet mir viel.“
· • ✤ • ·
Mit Ilaria auf der Couch zu liegen, schließt diesen Tag perfekt ab. Auch wenn ich mich zwischenzeitig besser gefühlt habe, muss ich nun wieder über meine eigene Zukunft nachdenken. Schon der Gedanke daran, meinen Traum aufzugeben, drückt meine Laune wieder in den Keller. Jeden Morgen früh aufzustehen und bei Whole Foods Regale zu schlichten oder in einem Büro vor dem Bildschirm zu versauern, ist nicht das, was ich mir von meinem Leben wünsche. Ich will Musik machen. Ich wollte nie etwas Anderes. Mir entkommt ein tiefes Seufzen.
„Nervt der Film dich? Wenn du ihn nicht magst, können wir auch etwas mit Action und Explosionen anmachen. Irgendetwas mit Superhelden vielleicht?“, schlägt Ilaria vor.
„Nein, schon gut.“ Ich ziehe meine Prinzessin an mich und vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren. „Deine Haare duften wundervoll.“ Ilaria kichert, dann zieht sie meine Hand zu ihrem Kopf und küsst meinen Handrücken, ehe sie sich dagegen schmiegt.
„Vielen Dank.“ Sie drückt ihren warmen Hintern in meine Leistengegend. Beschweren werde ich mich deswegen bestimmt nicht, ganz im Gegenteil, ich grinse in mich hinein. „Die heutige Nacht wird so viel besser als gestern. Weißt du, dass mir tatsächlich dein Schnarchen gefehlt hat? Verrückt, oder?“
Ich lehne meinen Kopf zurück und lache. Ungläubig entgegne ich: „Das kann nur ein Scherz sein. Niemand mag mein Schnarchen.“
„Das laute Schnarchen nervt ein bisschen, aber wenn du ganz leise gegen meinen Hals schnarchst, hat das etwas Meditatives“, erklärt sie amüsiert.
Ich ziehe Ilaria an mich und drücke ihr einen Kuss ins Haar. „Heißt das, dass ich dich erleuchte, während ich schlafe?“
„Bis jetzt noch nicht, aber vielleicht kommt das ja noch. Eines Morgens wache ich auf und bin ein erleuchteter Guru.“
„Gründe bitte nicht deine eigene Religion, Sekten sind unheimlich“, antworte ich ihr.
Ilaria kichert, ehe sie mir antwortet: „Du bist doch der erste, der vor mir in die Knie geht.“
Ich schnaube. „Ich gehe in die Knie, um dich über meine Schulter zu werfen, damit ich dir deinen frechen Hintern versohlen kann.“
„Und was machst du, wenn mein Hintern das mag?“, fragt sie neckisch. Ich kann fast schon hören, dass sie breit grinst.
„Na dann tue ich deinem Hintern einen großen Gefallen.“
Ilaria kichert ein weiteres Mal, dann dreht sie sich in meine Richtung und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Sie sieht mir in die Augen, dabei streicht sie durch meinen Bart. „Es war schön, dir heute meinen Schmuck zu zeigen. Ich habe dich ganz genau beobachtet.“
„Und was hast du herausgefunden?“, erkundige ich mich.
„Dass du die meisten Stücke kitschig findest.“ Ich nicke leicht. „Aber du hast trotzdem kein negatives Wort darüber verloren, sondern etwas gesucht, das dir besser zusagt. Du bist wirklich sehr lieb. Es fühlt sich gut an, wenn man auf diese Weise unterstützt wird. Ich bin dir ausgesprochen dankbar dafür.“
Ich ziehe einen Mundwinkel hoch und streiche durch ihr Haar. „Das ist selbstverständlich. Du machst einen guten Job und ich konnte sehen, mit wie viel Liebe zum Detail du gearbeitet hast. Das werden die Leute würdigen, da bin ich mir sicher.“
Ilaria bekommt einen liebevollen Kuss von mir, den sie ebenso zärtlich erwidert. Als ich mich von ihr löse, sehe ich ihr in die Augen. Ich spüre, dass mein Herz schneller schlägt. Die Art, wie sie mich ansieht, weckt eine fast vergessene Frage, die immer noch nach einer Antwort verlangt. Dummerweise bin ich mir nicht sicher, ob ich schon mutig genug bin, sie zu beantworten…