Auf einem Event, auf dem wir waren, wurden wir von einem Mädchen angesprochen, etwa in dem Alter von Neele.
"Ich verfolge euch schon länger", gab sie zu. Ich hatte eine Website, eine Art Blog, auf dem ich die Stammis ankündigte und manchmal auch über unser Leben berichtete.
"Ich würde gerne deine Sklavin werden."
Ich betrachtete sie. Sie hatte ihren Arm voller Narben, manche dieser Schnittwunden waren neu, andere nicht.
Die Art von Sub, dachte ich. Sicherlich waren nicht alle Menschen, die ich in der Szene kennengelernt hatte, krankhaft. Aber natürlich zog dieser magische, riesige Bereich auch kranke Leute an, die BDSM krankhaft auslebten. Auf ihrem Oberschenkel waren mehrere Buchstaben eingeritzt. Sie war meinem Blick mit den Augen gefolgt.
"Das sind die Anfangsbuchstaben aller Herrschaften unter denen ich je war", erklärte sie mir. "Ich bin hardcore maso. Ich stehe auf cutting und Blut, gerne auch Käfighaltung. Du kannst mich komplett besitzen, über all meine Zeit verfügen."
Ich seufzte.
"Wie heißt du, Liebes?", fragte ich sie.
Sie ging auf die Knie und küsste meine Füße.
"Madita, Miss", antwortete sie. "Steh auf Madita, ich bin nicht deine Herrin und es ist übergriffig, mich trotzdem so zu behandeln, als ob ich das wäre. Das ist respektlos." Sofort überhäufte sie mich mit Entschuldigungen. "Das hier ist zwar eine Playparty, aber nicht diese Art von Playparty, es gibt überhaupt keine Regel, die es dir erlaubt, oder von dir verlangt, alle dominanten Personen auf diese Weise zu behandeln."
Sie nickte unterwürfig und eifrig.
"Du bist sicher ein toller Mensch", sagte ich. "Aber ich glaube nicht, dass du in unseren Harem passen würdest. Ich möchte eine bestimmte Art von Mensch anziehen, Menschen, die sich zwar gern in solches Gefüge unterordnen, aber die es nicht brauchen. Ich bin nicht darauf erpicht, dass sich jemand so sehr von mir abhängig macht, wie du es gern hättest." "Aber Miss, ich brauche das. Ich brauche jemanden, der alles für mich entscheidet. Ich würde alles tun um geliebt zu werden, alles. Ich kann sein, wie du mich haben möchtest."
Vince näherte sich mir nun, ihm war wohl aufgefallen, dass ich mich unwohl fühlte. Unsere Mädchen machten heute mal Sachen ohne uns. Auch das musste mal sein.
Wir hatten Paarzeit geplant.
"Ich will so gern wieder Eigentum sein", jammerte Madita.
"Hör mal", sagte ich. Ich wollte nicht, dass Vince das Gefühl bekam, mich zu verteidigen.
"Ich bin der Meinung, dass jede Sub, jede Sklavin, eigene Entscheidungen treffen sollte, um in der Lage zu sein, eine gesunde Beziehung zu führen.
Ich denke, dass wir das Ergebnis und die Summe unserer Entscheidungen sind. Natürlich nicht ausschließlich aber maßgeblich. Und ich will nicht, dass jemand anderes das Produkt meiner Entscheidungen ist. Ich möchte diese Verantwortung nicht haben. Ich halte tpe Beziehung für grundsätzlich ungesund. Natürlich bin ich damit auch kontrovers und viele würden mir widersprechen und ich sage auch nicht, dass es keine Ausnahmen gibt. Mit Sicherheit sogar gibt es auch Menschen, die ein Leben lang glücklich in einer solchen Beziehung leben. Aber es birgt einfach zu viele Gefahren und zieht zu viele Menschen an, die keinen Dom, sondern einen Therapeuten suchen."
Sie starrte mich an.
Ich erwiderte ihren Blick sanft.
"Wenn du meinen Rat hören möchtest, weil du ja auch noch jünger bist, dann möchte ich, dass du versuchst erstmal alleine klarzukommen. Eine Ausbildung zu machen, dein Leben zu organisieren und bdsm aufs Schlafzimmer zu beschränken. Danach kannst du es bei Bedarf ausbauen." Vince hatte uns erreicht, war neben mir angekommen und lächelte Madita an. Er hatte meinen Rat gehört.
"Komm doch zu unseren Stammis", bot er ihr an.
"Dann können wir gern ausführlicher Reden. Heute ist meine Frau hier als Sub und ich glaube, dass sie dir schon ihre Meinung zu dem Thema gesagt hat." Er lächelte sie freundlich an und in meinem Bauch wachten die Schmetterlinge wieder auf. Er hat mich seine Frau genannt.
Wir entfernten uns von ihr. "ich mache mir Sorgen um Mädchen wie sie", gab ich zu.
"Wieso?", fragte Vince.
"Ich glaube nicht, dass sie Kink so versteht, wie wir es verstehen", versuchte ich zu erklären. "Sie ist irgendwie anders. Sie legt mehr Wert auf das pathetische und auf Abhängigkeit. Ich glaube auch, dass sie denkt, dass sie weniger Wert ist als ihr Dom und das ist so toxisch, dass ich unsicher bin, ob diese Szene für mich überhaupt eine Welt ist, in der ich mich bewegen will. In der ich meine berufliche Zukunft sehe."
Vince legte den Kopf schief. Dann sagte er, während wir zu unseren Plätzen rüber gingen: "Die kranken Menschen gab es immer schon, seit wir angefangen haben. Aber wir haben auch so wundervolle Menschen hier kennengelernt. Unsere Freunde, unsere Community. Großherzige und offene Menschen. Reflektierte und witzige Menschen. Liebevolle und tolerante Menschen. Es gibt Idioten und Arschlöcher, es gibt Extremisten und Intolerante. Aber denen überlassen wir ganz gewiss nicht das Feld. Wir und unsere Community ist stärker. Wir bleiben und zeigen den Menschen die gesunden, persönlichkeitsverbessernden Seiten von Kink. Den tollen Sex und die Beziehungen die auf Vertrauen und Liebe basieren. Wir leben vor, was uns so sehr erfüllt. Und wir ziehen uns ganz gewiss nicht zurück, nur weil es auch die andere Seite gibt. Okay?"
Ich blieb stehen, lehnte ich mich zu ihm rüber und küsste ihn. "Ich liebe dich"; wisperte ich. "Und ich liebe dich", antwortete er.
Bevor die Show begann, sagten wir einem Freund, den wir beim Stammi kennengelernt und liebgewonnen hatten, Bescheid. Hannes war in meinem Alter, hatte eine Freundin, die seine Herrin war. Hannes war ein wunderbarer Sub und ich glaube, dass ich Hannes auch als einzigen männlichen Sklaven herzallerliebst fand.
Hannes umarmte uns ganz sanft und sagte dann: "Ich bin froh, dass es euch gibt."
Hannes war weich und toll und die Definition des Guten. Ich war Vince einen Blick zu. Der richtige Mensch zur richtigen Zeit.
"Danke"; sagte ich und drückte Hannes noch mal an mich. Er lachte verlegen, während sich meine Kräfte, die vorher wie auf einen Schlag gewichen schienen, wieder in mich zurückkehrten. Ich löste mich von ihm und sah in sein treues, liebreizendes Gesicht: "Du weißt gar nicht, wie viel ihr alle mir bedeutet."