Kapitel 13
Minigeschichte – Freitag – 15.09.2023
Giftiges Essen
Ein junger Mann, gerade erst zwanzig geworden, wollte seiner Frau eine Freude machen.
Eine Freude, weil Sophia gerne Pilze aß. Heute hatte er frei, da bot es sich einfach an, rüber in den Wald zu gehen, dort einige Pilze einzusammeln. Konnte nicht so schwer sein, schließlich wuchsen sie dort in Hülle und Fülle. Er hatte immer nur Mühe sie zu entdecken, als ob sie sich vor ihm verstecken wollten, was vielleicht auch nur Einbildung von ihm war?
Er nahm sich ein kleines, scharfes Küchenmesser aus der Schublade, wo sie verstaut bereitlagen, nahm sich ein Korb, damit sie nicht in einer Tüte Schaden erleiden, und ging los, rüber in den Wald, nicht mehr wie fünfzehn Minuten Fußweg.
Von der Straße aus sah der Wald ganz normal aus, eben wie ein gewöhnlicher Wald.
Als er aber einige Schritte hineingegangen war, da hatte er schon ein komisches Gefühl, denn die Bäume standen sehr dicht, und vom Sonnenlicht, war so gut wie nichts mehr zu sehen. In ihm wurden grausigen Geschichten plötzlich zum Leben erweckt, dass da hinten, gleich einige Schritte weiter eine kleine Hütte stand, wo eine Hexe auf ihre Opfer wartete.
Nein, sagte er sich, so etwas gibt es nur im Märchen, nicht in der Realität, und wenn er es Sophia erzählen würde, dann sah er sie schon in Gedanken vor sich, wie sie ihm einfach auslachte.
Nur mit Mühe konnte er sich innerlich konzentrieren, seinen Blick auf die Pilze richten zu können.
Er sollte jetzt lieben zum Boden blicken, seine eigene Art kannte er, Pilze, Pilze, dann konnte er nichts anderes mehr wahrnehmen.
Dabei zertrat er unwissentlich die Pilze, die er eigentlich sammeln wollte. Das Sprichwort war genau auf ihm zugeschnitten, den Wald nicht zu sehen, vor Bäumen, dann war er auch noch mitten im Wald. Dabei war er doch kein blindes Huhn, er hatte eigentlich ein Blick, selbst für Kleinigkeiten. So stolzierte er durch das Dickicht, trat tatsächlich auf, manch einen Pilz, den er vielleicht nicht kannte, brauchte er auch nicht, schließlich war er jetzt zu Brei zertreten.
Da stand ein schöner Pilz, der hatte auch so eine schöne Farbe, er war rot und hatte so wunderschöne weiße Punkte, die ihm wirklich faszinierten. Sein kleines Küchenmesser zückte er, um den Pilz so schnell wie möglich am unteren Stamm abzuschneiden.
Dann blieb ihm fast die Luft weg, als er noch mehr von den schönen Pilzen vor sich sah, da brauche ich gar nicht so viel durch den Wald zu stapfen.
Wenn ich die alle geerntet habe, dann ist mein Korb voll, dachte er mit einem grinsendem Gesicht. Schnell war sein Korb voll mit Pilzen, die er, wenn er nach Hause kam, nur noch putzen musste, dann einfach ins kochende Wasser geben, vielleicht noch etwas klein geschnitten in eine Pfanne mit Fett anbraten zu lassen. Er freute sich wirklich schon, wenn er die Pilze alle in einer Schüssel zu einem kleinen Braten Sophia servierte, die ihm dann mit glücklichen Augen ansah. Es war erst in der letzten Woche gewesen, da hatte sie ihm anvertraut, Waldpilze für ihr Leben gerne zu essen.
Als er die gekochten Pilze in die Pfanne warf, um sie im Fett knusprig zu schmoren, lachte sein Herz und er stand sogar kurz davor Freudensprünge aufzuführen. Dann hatte er eine wundervolle Idee, denn er konnte den herrlichen Duft der schmorenden Pilze einfach nicht widerstehen, dann wäre er sich sicher, ein gutes Essen gekocht zu haben. Sophia würde erst in einer Stunde kommen, und er konnte sich kaum noch beherrschen, er hatte auch nur vor, einen kleinen Teller für sich zuzubereiten. Zumindest sagte er es sich, als er den Teller mit Pilzen auftrug, riechen tun sie hervorragend, da habe ich schon alles richtig gemacht.
Als er sich die Pilze in den Mund schob, war er vor Aufregung kaum noch zu stoppen. In seiner Familie hatte man nie Pilze gesammelt, denn sein Vater hatte einst seinen Vater verloren, der hatte auch Pilze gesammelt und sich tatsächlich an den Pilzen vergiftet.
Für einen Moment wurde er wirklich nachdenklich, denn er konnte seinen Vater noch immer hören, wie er die Worte gesprochen hatte.
Wie er ihm damals die Geschichte erzählt hatte, da war er noch ein Kind gewesen, und hatte die Tränen aus den Augen seines Vaters fließen sehen. Wirklich traurig, dachte er noch, und warum sein Vater nie Pilze gesammelt hatte, konnte er schon etwas verstehen.
Mit jedem Pilz, den sein Vater zu sich genommen hätte, hatte er sich zurückerinnert, wie es dem armen Mann ergangen sein musste. Die Erinnerung tat sicherlich sehr weh, bei dem Gedanken sah er die Pilze auf seiner Gabel, die er sich fast in den Mund geschoben hatte. Dann hätte er seine zubereiteten Pilze nicht mehr essen wollen, überlegte es sich trotzdem innerhalb einer Mikrosekunde, und füllte sich seinen Mund voll.
Schmecken taten sie ihm absolut nicht, und er verstand es nicht mehr, weshalb Sophie so darauf abfuhr. Aber, sagte er sich, Geschmäcker sind bekanntlich unterschiedlich.
Nein, sagte er sich, es ist einfach nicht sein Geschmack. Nach einigen Minuten, fing sein Bauch an zu drücken, was sich nach weiteren zehn Minuten zu einem Stechen im Kopf verzerrte. Dann war plötzlich wieder alles gut, im Gegenteil. Ihm wurde schwindlig, als ob er sich gleich in die Luft abheben würde. Vielleicht, dachte er noch, war ich einfach nur betrunken?
Wovon, das war ihm in dem Moment wirklich egal.
Dann schwebte er tatsächlich, nicht richtig, er fiel zu Boden, aber es kam ihm in dem Moment so vor. Plötzlich sah er seinen Vater, der mit erhobenen Zeigefinger zu ihm sagte, lieber keine Pilze aus dem Wald zu essen.
Plötzlich war alles weg, nur noch Farben, in Hülle und Fülle, in allen Nuancen, in allen Reflexionen, er schien tatsächlich ins Paradies gefallen zu sein.
Sophie kam kurz danach nach Hause, sie sah ihm am Boden liegen, an seinen Mundwinkeln, lief eine Substanz hinaus, was es sein könnte, wusste sie nicht. Schnell hatte sie den Notarzt angerufen, die kamen innerhalb kürzester Zeit. Die Ursache für das Verhalten von Sophies Freund lag im Mülleimer, was tatsächlich alles erklärte. Ihm wurde der Magen ausgepumpt, und wie er erwacht war, konnte er sich an den wirklich schönen Traum erinnern. Allerdings schwebte er in Lebensgefahr, was den schönen Traum in den Hintergrund zog.
Nie wieder würde er Pilze sammeln gehen, schon gar keine Waldpilze mehr essen wollen.
Sein Vater hatte eben recht gehabt! - und was ein Vater sagt, sollte man auch machen.
Klaus Konty – fehlen jetzt tatsächlich die Worte, wer Fliegenpilze nicht kennt, dem kann man wirklich nicht helfen!
Ende der Minigeschichte