Minigeschichten
Immer schon war es so, es kommt anders als man denkt!
Endlich war Feierabend, die Zeit verging schleppend, die Arbeit ging einfach nicht von der Hand.
Wenn ich nach Hause komme, sagte sich Wolle, dann mache ich überhaupt nichts mehr. Etwas zum Essen gemacht, wird mir wohl nicht schwerfallen. Zumindest glaubte er es in dem Moment, sonst war es schon einfacher gewesen, als er noch mit seiner Barbara zusammen war, die hatte schon alles vorbereitet, da brauchte er nur noch seine Schuhe abzustreifen. Doch sie hatte sich in einen anderen verliebt, und da war es ihr eingefallen, dass ich einfach zu langweilig war. Der, den sie sich auserkoren hatte, war den ganzen Tag zu Hause, und der hatte natürlich viel mehr Energie. Er rackerte den ganzen Tag, seine Knochen waren schon ganz mürbe, und er brauchte am Abend etwas mehr Ruhe, wie einer der schon am Tag seine Ruhe genoss. Allerdings erkannte es Barbara nicht und so genoss sie mit diesem Schmarotzer die Abende. Er saß jetzt allein in seiner Wohnung und schmollte seiner verlorenen Liebe nach. Jede Nacht träumte er von Barbara, und die Träume waren so schön, bis er aufwachte, da waren seine schönen Träume entschwunden. Traurig blickte er auf ihren Platz, dort wo sie immer neben ihm gelegen hatte, und er roch sogar noch ihre Aura, die ihm so unglaublich erregt hatte. Jetzt konnte er es nicht mehr zurückhalten, ihm liefen die Tränen ungehindert aus seinen Augen.
Was hatte er falsch gemacht, fragte er sich immer und immer wieder, sein Herz pochte lauter, es war ihm, als würde er die gesamte Last dieser Welt in sich tragen. Er wollte doch alles richtig machen, wollte sie mit seinem zuvorkommenden Wesen an sich binden. Selbst auf der Arbeit bemühte er sich alles richtigzumachen, denn er wollte seinen Arbeitsplatz nicht verlieren, und wurde dadurch mit Überstunden bombardiert. Derweil sich dieser Faulpelz an seine große Liebe heranmachte, es ist alles so ungerecht. Der Faule wurde auserwählt, weil er immer da war, sie mit seinem Cham den Kopf verdrehte, und er im Angesicht seines Schweißes, es noch nicht mal bemerkt hatte. Jetzt konnte er über sich selbst sauer sein, denn er hatte seine große Liebe verloren, verloren, weil ein fauler Mitmensch ständig um seine geliebte Barbara herumgeschlichen war. Wolle konnte machen, was er wollte, immer wieder kamen ihm die Gedanken hoch, und sorgten dafür, seine geliebte Barbara nicht vergessen zu können. In seinen Tränen verklärten Augen sah er die Wohnzimmerwand, die ihm plötzlich, wie ein altes Relikt seines Lebens vorkam. Plötzlich beobachtete er, wie sich die Wand ein wenig zu verschwimmen schien. Schnell wischte er seine Augen aus, um genauer sehen zu können, was gerade hier in seinem Schlafzimmer geschah. Er hatte sich nicht getäuscht, es war nicht die Tränenflüssigkeit, die die Wand an der einen Stelle verschwimmen ließ. Fast hätte Wolle aufgehört zu atmen, die Sache war merkwürdig, und er beschloss aufzustehen, genauer zu sehen, was da gerade geschah. Als er vor der Wand stand, sah er, wie sich ein Teil der Wandoberfläche aufzulösen begann. Als würde die Stelle der Wand flüssig werden. Was geht hier vor, fragte sich Wolle, der es nicht glauben konnte, was da mit seiner Wand geschah. Da erschien mitten in dieser wässrigen Auflösung ein Fuß, und der wollte heraustreten, heraustreten, um ins Schlafzimmer zu kommen. Der Fuß bahnte sich tatsächlich den Weg hinaus aus der Wand, und da konnte er den ganzen Körper sehen der aus diesem Gefängnis, wie es Wolle schien treten wollte. Es war ein nackter Körper und Wolle konnte erst nicht glauben, was er da sah, er erkannte den Körper. Es war Barbara, die nackt aus der Wand herausgetreten war, und jetzt vor ihm stand, mit einem Lächeln, was nicht von dieser Welt zu sein schien. Wieder und wieder wischte er seine Augen aus, er wollte sicher gehen, dass es sich tatsächlich um seine Barbara handelte. Selbst das kleine Muttermal, was sie am Hals trug, war identisch. Alles wirklich alles an ihr war seine Barbara, die wie auch immer in der Wand gewesen war und jetzt herausgetreten war, um wieder in sein Leben zurückzukehren. Er selbst fragte sich nicht, warum Barbara nackend war. Er war einfach zu perplex und zufrieden, dass sie zu ihm zurückgekommen war. Für Wolle gab es nicht den geringsten Zweifel, dass es sich nicht um Barbara handelte. In ihm breitete sich ein Glücksgefühl aus, was seinen Körper schier zerreißen wollte, dann drehte er sich um, um in seinem Schrank noch Kleidungsstücke zu finden, die Barbara nicht mitgenommen hatte. Er fand aber keine Kleidungsstücke mehr, sie musste alles eingepackt haben, und dann mit den anderen Mann verschwunden sein. Also nahm er eine Hose von sich und ein Hemd, damit sie sich bekleiden konnte. Plötzlich klingelte es an seiner Eingangstür, die er gleich öffnen wollte. Als er seine nackte Barbara, schon zur Tür eilen sah, um die Zugangstür zu öffnen. Sie war so schnell an ihm vorbei geeilt, dass er seine nackte Barbara nicht aufhalten konnte. Sie öffnete ohne Charme die Zugangstür, und vor der Tür stand auch Barbara. In ihren Augen waren Tränen, und sie schluchzte laut und deutlich. Ihre weinen hörte schlagartig auf, als seine Barbara, die nackte Barbara sah. Extremes Entsetzen lag in ihrem Gesicht, und sie stand kurz davor sich umzudrehen, und wieder zu gehen. Was allerdings seine Barbara davon abgehalten hatte, das konnte Wolle nicht erkennen. Plötzlich lächelte seine Barbara und auch die nackte Barbara, als hätten sie sich wiedererkannt, nach langer Zeit sich endlich wieder gefunden zu haben. Die nackte Barbara breitete ihre Arme aus, auch die andere Barbara breitete ihre Arme aus, und sie umarmten sich, sich endlich wiedergefunden zu haben.
Wolle selbst stand wie ein Statist dahinter, konnte nicht glauben, was sich gerade im Eingangsbereich seiner kleinen Wohnung abspielte.
Jedoch es war noch nicht das Ende einer unglaublichen Geschichte, die nackte Barbara, tauchte in seine Barbara ein, die ihm mit einem Faulpelz betrogen hatte. Genau so, wie sie aus der Wand in seinem Schlafzimmer erschienen war, verschwand sie plötzlich im Körper seiner großen Liebe. Dann trat seine große Liebe in den Eingangsflur und ging auf Wolle zu.
„Es tut mir leid, dass ich dir so viel Kummer bereitet hatte – verzeih mir, denn ich liebe dich mehr wie den anderen!“
Wolle stand da hatte seine Sachen, die er für die nackte Barbara geholt hatte auf dem Boden fallen lassen, und er drückte seine große Liebe fest an seinen Körper. Nie wieder werden wir uns trennen, denn die Liebe ist so groß wie nichts anderes in mein Leben!
Ende der kleinen Minigeschichte, die sicherlich frei erfunden ist. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, wer wirklich tief und fest liebt, für den ist alles möglich. Vielleicht auch, dass sich Wände teilen, und eine große Liebe zurückkehrt.
Klaus Konty – 15.04.2025 – Zeit: 18:17 Uhr