Kapitel 16
Minigeschichte – 25.09.2023
Kleine Jungen haben es auch nicht einfach
Der kleine Paul, war ein aufgewecktes Kind, gerade erst sechs Jahre geworden. Durchtrieben war er trotzdem, er schien wirklich lieb zu sein, trotzdem verfolgte er im Innern ein Plan, ein Plan der eigentlich für sein Alter unglaublich schien. Er tat nie etwas, ohne es vorher durchdacht zu haben, da war sein großer Bruder ein wirklich anderes Kaliber, denn der handelte immer spontan, es gab kein abwägen, ob es vielleicht doch anders funktionieren könnte.
Trotz der Unterschiede, oder gerade wegen der Unterschiede liebten sich die Brüder, und sie würden alles machen, wenn einer in Gefahr geriet. Gefahr waren andere Kinder, die größer, stärker waren, und einen unliebsamen Gegner einfach verprügeln wollten.
Da waren sie eine Einheit, Pech und Schwefel konnte man sagen.
So wie sich Paul in der Schule verhielt, war er einzigartig.
Er hatte es geschafft, in der ersten Klasse, die Lehrer so von sich einzunehmen, dass er eigentlich kein einfacher, kleiner Junge mehr war.
„Er war ein Heiliger!“
Der nie aus der Rolle fiel, der alles machte, was sich jeder Lehrer wirklich wünschte.
„Sozusagen ein Musterschüler“
Der Bruder hingegen war das genaue Gegenteil, es war ein Junge, der ein Alptraum für jeden vernünftigen Lehrer darstellte.
Der Bruder hieß Leon, und wenn Leon auftauchte, dann ging es immer laut zu, der konnte nicht stillsitzen, der musste sich bewegen. Er hatte den Drang zuzunehmen, obwohl er doch immer in Bewegung war. Er war in einem Fußballverein, dort war auch der klein Paul, nur er war eher ein Träumer, der den Ball kommen sah, ihm dann aber gegen den Kopf bekam. Natürlich lachten ihm dann alle aus, was allerdings, weniger deutlich ausfiel, wenn Leon anwesend war, da schienen sich die Kameraden nicht richtig zu trauen.
Ja, sie waren schon unterschiedlich, was beide nicht davon abhielt ständig zusammen aufzukreuzen, ein Team zu sein, auch wenn sie so anders waren. Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, so geschah etwas, was plötzlich alles anders werden ließ.
Die so unterschiedlichen Brüder erschienen auf dem Bolzplatz, und Leon stürzte mit seinem Ball sofort auf das Spielfeld.
Leon hatte Talent, auch wenn er eine etwas fülligere Figur hatte. Paul war schlank, hatte lange Beine, dunkle Haare, dunkle unheimliche Augen. Ja, sie schienen alles verschlucken zu wollen, was jedoch nicht die Absicht von Paul gewesen wäre. Er war so friedvoll, eine einzigartige Schlaftablette.
Bis zu diesem Vormittag, war alles noch friedlich, da kam ein kleines Mädchen auf den Fußballplatz. Sie strahlte den kleine Paul an, als würde er ein Heiliger sein, das konnte Leon überhaupt nicht verstehen, denn er war doch der, den man hier anhimmeln musste. Leon wurde gemein zu dem kleinen Mädchen, tat so, als würde er sie nicht sehen, und rannte mit voller Wucht gegen sie. Sie stürzte natürlich, fiel auf den Boden, und stieß sich ihre Knie auf.
Blut rann sogar aus einer Stelle, die besonders tief eingeritzt schien.
Paul hatte es gesehen, war zu dem kleinen Mädchen hingerannt, um zu helfen, damit sie wieder aufstehen konnte, und er wollte ihr das Blut mit seinem Taschentuch wegwischen.
Leon hingegen lachte nur, denn was steht die hier so dumm herum, da brauchte sie sich nicht zu wundern, von einem Fußballer umgerannt zu werden.
Paul, dem das Mädchen einfach nur leidtat, wollte sie aufhelfen, was Leon natürlich überhaupt nicht gefiel. Er kam angerannt, stieß seinen kleinen Bruder zur Seite und lachte jetzt tatsächlich beide auf dem Boden liegende Kinder aus.
„Leon! - das wirst Du noch bereuen!“ - schrie im weinerlichen Ton Paul zu Leon herüber, dabei strahlten seine dunklen, finsteren Augen Unheil verkündend zu seinem Bruder, was der allerdings zu spät bemerkte.
Paul hatte ihm gerade eben verflucht, sein ganzes weiteres Leben verändert.
„Nie wieder wirst Du einen Ball treffen, geschweige ein Tor schießen!“
„Hiermit verfluche ich Dich, bis ans Ende Deines Lebens!“
„Erst wenn Du bei mir um Gnade bitten wirst, erst dann werde ich den Fluch aufheben!“
Paul und das Mädchen standen auf, setzten sich an den Rand des Bolzplatzes, und beobachteten, was weiter geschehen wird.
Plötzlich schien es, dass Leon den Ball nicht mehr treffen konnte.
Das Tor verfehlte er ständig, schnell wollte keiner mehr mit so einem Versager in einer Mannschaft spielen.
Denn jeder der Fußball spiel, hatte auch vor zu gewinnen.
Wenn da so ein Verlierer neben ihm spielte, dann machte das Spiel keinen Spaß mehr.
Es hatte nicht lange gedauert, als Leon keine Freunde mehr hatte, er fragte sich natürlich, wie es geschehen konnte, dass er plötzlich so ein Versager im Fußball geworden war.
Selbst sein kleiner Bruder spielte besser, und es kam der Tag, da wollte Leon überhaupt kein Fußball mehr spielen.
Leon selbst hatte keine Ahnung, was mit ihm geschehen war, denn Paul hatte es nur dem Mädchen gesagt, keinem anderen, denn er wusste, dass sich Leon nur zu ihm kommen musste, um Vergebung zu bitten. Innerlich sträubte es Paul, seinen Bruder zu vergeben. An einem Tag, da saß Leon ganz allein am Spielrand des Bolzplatzes, da kam dieses kleine Mädchen zu ihm, sie hatte sich neben ihm gesetzt.
Das Mädchen sah Leon traurig entgegen, denn es tat ihr wirklich sehr Leid, dass Leon so unter einem Fluch leidet, er nicht wusste, überhaupt verflucht zu sein.
Als ihr Herz anfing weh zu tun, rückte sie näher zu Leon, und fing an es ihm zu erzählen.
Leon selbst konnte es kaum glauben, was er da gehört hatte, sein eigener Bruder hatte ihm verflucht, hatte ihm die Freude genommen, Fußball zu spielen, und das tat ihm wirklich weh.
Da erst fing Leon an zu überlegen, denn was er getan hatte, war schon gemein gewesen.
Das Mädchen hier neben ihm, die hatte es ihm anvertraut, denn es konnte doch nur ein Zeichen sein.
Wirkliche Reue, bei seinem Bruder zu zeigen, und bei ihm um Vergebung zu bitten.
Als Erstes, entschuldigte er sich aufrichtig bei dem Mädchen, denn er hatte es wirklich vom ganzen Herzen eingesehen, etwas getan zu haben, was einen anderen Menschen zutiefst enttäuschen musste.
Mit Tränen in den Augen bat er bei dem Mädchen um Verzeihung, dabei hatte Leon nicht gemerkt, dass Paul die ganze Zeit hinter ihm gestanden hatte, alles mit angehört hatte.
Jetzt auch anfing Tränen zu vergießen, denn plötzlich fing auch er an, es zu bereuen.
Ja, er fing an es zu bereuen, einen anderen Menschen verflucht zu haben.
So etwas machte man bei keinem Menschen, und so vergab er Leon, denn er hatte gespürt, wie echt es bei seinem Bruder geklungen hatte!
Ende der kleinen Minigeschichte, die so vielleicht überall auf der Welt möglich sein könnte.
Namen:
Paul, der kleine, fünfjährige Junge.
Leon, der etwas dickliche Bruder von Paul, der wie ein Bulldozer auf dem Fußballplatz durch die Reihen der Verteidiger lief.