Kapitel 19
Minigeschichte am 13.10.2023 Freitag
Tiefer Schlaf
Schlaf, tiefer Schlaf, und doch scheint etwas wirklich merkwürdig zu sein.
In meinem Bett liege ich, es ist warm, die Welt scheint wirklich in Ordnung zu sein. Als ich ins Bett gegangen, es war eigentlich noch nicht lange her, aber ich hatte das Gefühl überhaupt nicht einschlafen zu können.
War es nur ein Gefühl nicht einschlafen zu können, neben mir, die Seite meines Betts ist leer, meine Frau hatte sich verzogen in die Wohnstube, weil ich immer so laut schnarche.
Kann ich mir aber nicht vorstellen, denn ich höre es einfach nicht, und dann kann es ja wohl nicht so schlimm sein, sagte ich mir noch, weil ich versuchte schnell einzuschlafen. Ist die Welt wirklich so verkehrt, im Schlaf sich einzureden, einschlafen zu wollen, aber die Frau türmt aus dem Bett, weil ich so laut geschlafen hatte?
Es konnte aber auch ein Traum gewesen sein, einschlafen zu wollen, aber schon im tiefsten Schlaf gewesen zu sein. Doch die Wahrheit sieht wieder einmal anders aus, als ich es mir ausmalen kann. Natürlich war ich im tiefsten Schlaf gefangen, es war kein normaler Schlaf, es war der Tod, der mich umgeben hatte. Der mit seinen rauchigen Armen in meine Welt eingetaucht war, mich mit seinen rauchigen Händen zu ergreifen, mich mitzunehmen, wo auch immer er die Toten hinbringt.
Noch immer denkend einschlafen zu wollen, schwebte mein Körper schon in einer Welt, die mir wirklich unbekannt war, zumindest bis zu diesem Punkt, ein Punkt, der so vielleicht nie mehr kommen wird, wie ich es da erlebte. Oder war es einfach nur eine Täuschung, grade vom Tod geholt worden zu sein?
Nein, nein … so sieht der Tod nicht aus, es kann nicht so ablaufen, schlafen zu wollen, in Wirklichkeit gerade eben von dieser so schönen Welt gegangen zu sein. Zumindest eben von dieser Welt geholt worden zu sein.
Die rauchigen Hände, die seinen Körper ergriffen hatten, waren nicht einfach nur gedacht gewesen, denn die schaurige Kälte war noch immer auf seiner Haut zu spüren, zu fühlen, als würden sie noch immer dort sein. Die schaurige Kälte ließ ihm mit einer Schnelligkeit erschaudern, wie er es noch nie erlebte.
Wo werde ich jetzt hingebracht? - in die Welt des Sensenmannes, in die Welt der Schatten, und Dämonen, die auf ihre Erlösung warten. Was wird jetzt aus meinem fleischigen Körper geschehen, natürlich, warum denke ich so einen Mist, einen Mist der aus einem anderen Universum stammen könnten. Sollte der Tod tatsächlich mein Leben ein Ende bereitet haben, dann wird mein leiblicher Körper zerfallen, verwesen, sich auflösen.
Kann mein Verstand losgelöst von meinem Körper solche Gedankengänge haben?
Gedankengänge, die meinem leblosen Körper angehen, der sich einfach nur in Auflösung befinden musste. Es sei denn, es war nicht der Sensenmann, der mich geholt hatte, und ich war noch immer in meinem Körper, der wiederum noch in seinem Bett lag, einfach nur versuchte endlich einzuschlafen. Es war gerade der größte Wunsch, den ich je gehabt hatte, endlich einzuschlafen, tief und fest zu schlafen, in einen Traum hineinzurutschen, der mir diesen Alptraum vom Tod einfach nur weit entfernt festhält.
Nein, ich will noch nicht sterben, war der allergrößte Wunsch, den ich gerade eben mit aller Macht hinausdachte. Kann man etwas hinausdenken, wenn man es sich mit aller Macht wünscht, sich allerdings in einer Übergangsphase befindet, noch nicht ganz tot war, aber auch nicht mehr am Leben war?
Da war etwas, etwas, was mich hinderte, wach zu werden, zumindest einen vernünftigen Gedanken fassen zu können. Trotzdem spürte ich die eisigen, kalten, rauchigen Hände auf meinen Körper, und der Wunsch war übermächtig endlich tief und fest einzuschlafen.
Halt, halt, schrie es in meinem Kopf, wie einen Echo klingend, in das Leben hinaus, was ich doch gerade eben noch gelebt hatte.
Was ist nur plötzlich los? - ist alles um mich herum verrückt geworden, verrückt genug, mir etwas einzubilden, was überhaupt nicht sein konnte. Natürlich, kam in mir der Gedanke auf, trotz des kalten Gefühls auf meinen Körper, dass da etwas ganz und gar nicht stimmen konnte. In mir war eine Zweiteilung, auf der einen Seite hatte ich schon mein Körper verlassen, und die Seite, die nicht mehr im Körper war, die war überhaupt nicht kalt, sie war überhaupt nichts. Die andere Seite lag noch immer im Bett, und die war einfach nur kalt, trotz der Decke die über mir lag. Die Decke lag auch über meinem Kopf, und es war unglaublich schwer zu atmen, es gelang mir einfach überhaupt nicht mehr, die Luft war schwer und dick geworden. Ein Gefühl des unter der Decke schwebenden Zustand wurde immer deutlicher, es war keine Luft mehr da. Plötzlich erhob sich nicht nur mein Geist, oder vielleicht auch meine Seele empor, auch mein kalter, eisiger Körper wurde mit angehoben, hoch hinaus, hinaus aus meinem Bett. Dass auch mein Körper schweben konnte, war plötzlich wirklich neu, für mein inneres Empfinden. Dann wurde mein Körper mit wirklich harten Griffen bearbeitet, mein Brustkorb fühlte sich hart an, es schmerzte unglaublich. Dann wurde Luft in meinem Mund gedrückt, der mich schließlich zum Husten brachte.
Es war nicht nur ein leichtes Hustengefühl, es war viel mehr. Mit unglaublicher Gewalt wurde mein Denken hineingesaugt, der doch schon fort gewesen war. Er war schon in den kalten, rauchigen Händen des Todes gewesen, der hatte mich plötzlich einfach losgelassen. Mein Kopf wollte hochschnellen, was ihm aber nicht gelang, er war einfach viel zu schwer, und über mir war ein Gesicht, was mit großen Augen zu mir heruntersah. Dann kam ein Lächeln der Zufriedenheit auf, das Gesicht über mir lächelte, als hätte es nur darauf gewartet, dass ich es sehen konnte.
Es war nicht der Tod gewesen, es war ein Sanitäter, der hatte sich über meinen Körper gelehnt, um meinen Brustkorb zu massieren, dann Luft durch meinen Mund zu blasen. Mit einem großen Schreck jagten meine Augen durch eine wahre Unendlichkeit, denn sie hatten die dunkle Welt schon erblickt. Zumindest hatte meine Seele schon den Körper begonnen, zu verlassen. Hinaus aus einer anderen Welt, einer Welt, die aus dem Dunklem und leisem bestand. In mir war jetzt nur Ratlosigkeit, nicht zu wissen, was wirklich geschehen war. Auf der anderen Seite war es aber auch so, dass das Leben anders aussah, mit anderen Augen hindurchzugehen. Endlich auch die Zeit zu nehmen, das Leben zu genießen. Es als das, was es war zu sehen. Es war ein Geschenk, und man sollte es nicht mit Arbeit und Stress durchleben. Mach eine Pause, Mensch, betrachte die Bäume und die Tiere, die leben ihr Leben etwas anders als wir. Nehme dir die Zeit zu genießen, denn der Tod kommt bestimmt, dann hast du keine Zeit mehr! - genieße das Leben, solange du es noch kannst!
Ende der kleinen Minigeschichte, und wie ich finde, für einen Freitag den Dreizehnten, ist sie genau das Richtige!
Klaus Konty