Wie schnell das alles ging! Angelina verlor das Bewusstsein, die Wandlung hatte schon Besitz von ihr genommen und sie fieberte innerhalb von einer Stunde schon so hoch, dass ich Gio wenigsten informierte, falls ich noch Hilfe benötigen würde.
Meine Vorbereitungen darauf waren nicht schlecht gewesen, Handtücher für Wickel, Decken und Wasser, was ich ihr zwischendurch geben musste - alles lag bereit. Dennoch ging es mir nicht besser, weil sie ganze drei Tage mit dem Fieber überstehen musste, ehe dieses langsam zurückging.
Ich war extrem müde und erschöpft und schlief, obwohl ich es nicht wollte, irgendwann neben ihr ein. Ich hielt ihre Hand, aber wie lange ich das im Schlaf noch tat, wusste ich nicht. Ich konnte einfach nicht mehr, aber ich wusste ja, dass sie auf dem Wege der Besserung war, sie würde überleben, darum gab ich dem Schlafbedürfnis schließlich doch nach.
Das Erwachen war allerdings mehr als seltsam, obwohl ich zunächst euphorisch reagierte, als sie bereits wach neben mir lag und mich ansah.
Aber dann stutzte ich und dachte, Diese Augen - was ist mit der Farbe los?
Du solltest meine Augenfarbe langsam kennen.
Ich wollte es nicht glauben - erst der rote Schimmer, nicht wie gewohnt ein grüner, dann eine Stimme in meinem Kopf - nein, ihre Stimme. Was war hier los?
Völlig verblüfft setzte ich mich auf und starrte sie an.
Träume ich? Wieso höre ich deine Stimme, wenn du gar nicht sprichst?
Prompt kam ihre Antwort.
Keine Ahnung?
Sie sah verwirrt aus, exakt so, wie ich mich fühlte. Aber sie war da und hatte es geschafft! Endlich riss ich sie in meine Arme und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen, bis sie sich lachend befreite.
»Hey - du freust dich ja doch! Was hat dich denn so durcheinander gebracht?«
Endlich redete sie mit mir, aber es war doch trotzdem merkwürdig.
Es ist komisch.
Was ist komisch?
Du sprichst mit mir, ohne zu reden und deine Augen leuchten nicht grün, sondern rot. Geht es dir gut?
Sie sah mich nun irritiert und nachdenklich an.
Ich denke schon?
Es klang sehr zaghaft, aber was wollte ich erwarten - woher sollte ausgerechnet sie wissen, was hier gerade abging.
Um ein wenig Normalität zurückzuholen, sagte ich: »Lass uns laut reden, bitte«
Sie nickte zustimmend.
»Ich muss ehrlich sagen, ich weiß selbst nicht, was hier mit dir passiert ist. Du hast die Wandlung offensichtlich geschafft, aber jetzt ist es anders, als ich erwartet habe. Deine Augen leuchten rot, sonst erkennen wir uns an einem grünen Licht und deine Gedanken wandern geradewegs in meinen Kopf ... ich meine, nicht, dass es mich ernsthaft stört, aber es könnte schon ein Problem werden, wenn das ständig der Fall ist. Vor allem, warum? Ich habe von diesem Phänomen noch nie etwas gehört.«
Jatzt wirkte sie verunsichert, das wollte ich nicht. Ich zog sie rasch in meine Arme, um sie zu beruhigen. Erst sträubte sie sich, dann gab sie nach und dann passierte das, was ich eigentlich erwartet hatte. Da sie unsere tiefe Verbindung nun ebenso wie ich spürte, erfasste sie ein Verlangen nach mir, dass sie kaum unterdrücken konnte, auch wenn sie es gerade gern getan hätte. Aber ich konnte es so gut nachempfinden, sodass auch ich nachgeben wollte und meine Beherrschung über Bord warf, weil ich mich schon zu oft und zu lange beherrschen musste.
Ich will dich- Jetzt sofort! Die reine Wahrheit.
Keine Einwände, lass dich nicht aufhalten. Sie klang amüsiert.
Leichter gesagt als getan bei diesen ständigen Zwischenrufen. Ich fand es gar nicht komisch.
Ach, du kannst deinen Text also allein auswendig? Den Satz bereute sie augenblicklich, weil ich mich sogleich um eine ihrer Brüste "kümmerte", genüßlich an ihr saugte und meine Zungenspitze um die harte Spitze kreisen ließ.
Sie konnte in Gedanken Geräusche von sich geben, vor Schreck fuhr ich mit dem Kopf hoch.
Jetzt murrst du auch noch wegen der Unterbrechung. Jetzt klang ich belustigt.
Na, wenn du mich erst anmachst, und dann so abrupt aufhörst.
Ich war allmählich sehr frustriert, weil mich diese Geräuschkulisse dermaßen annervte.
Ach komm schon ... lockte sie mich. Noch fand sie das wohl lustig.
Nein, echt nicht. Kein Bedarf. Na gut, DOCH Bedarf, aber so will ich das nicht. Lass das - ich will keine Gespräche führen, sondern ... Oo ...
Meine Rettung kam von einer völlig unerwarteten Seite, denn jemand klopfte laut an die Haustür und stand im nächsten Moment grinsend in unserem Schlafzimmer - Gio.
Noch kein Wort zu Gio wegen dieser Gedankensache schickte ich Angelina bltzschnell und war beruhigt, als sie zustimmend nickte.
Ein Scherzkeks. Hätte ich mir ja denken können. dass er irgendsolch einen Witz für uns noch auf Lager hatte. Er wusste ganz genau, dass üblicherweise gemütliche Zweisamkeit angesagt war und hatte seinen "Besuch" extra so glegt. Sehr komisch, mein Freund! Trotzdem war es ja meine Rettung, denn das Problem mussten Angelian und ich dringend vorher lösen, sonst würde mich das völlig um den Verstand bringen.
Dann fiel mir siedendheiß ein, dass Angelinas Augen nicht grün, sondern rot leuchteten! Was würde Gio dazu sagen? Ich beobachtete ihn sehr genau, aber er schien offensichtlich nichts außergewöhnliches zu sehen, denn er grinste wie ein Honigkuchenpferd, als er fragte:
»Ich störe doch nicht? Es sind ja nun ein paar Tage vergangen und da dachte ich, ich bringe euch mal was zum Essen vorbei, weil ihr vermutlich nicht so richtig Zeit habt zum einkaufen nicht?«
»Das ist ja sehr fürsorglich von dir, vielen Dank. Würdest du bitte alles in die Küche bringen und dann wieder verschwinden?«
Leider konnte ich ja nicht im Mindesten verbergen, wonach mir wirklich der Sinn stand. Zu allem Überfluss kicherte Angelina auch noch in meinem Kopf, sodass ich schon versucht war, ihr einen bösen Blick zuzuwerfen.
Aber Gio war noch nicht fertig.
»Übrigens, nur damit Ihr Zwei euch darauf einstellen könnt. In Ungarn sind ein paar der Unterlagen verloren gegangen. Da sie jetzt keinen neuen Studenten dorthin beordern wollen und du schon weißt, wo du die Unterlagen finden kannst, sollst du da nochmal kurz hin. Nicht lange, du sollst sagen, dass du was vergessen hast, dann bist du da in ein paar Tagen wieder raus und kannst zurück. Angelina kann zu uns kommen in der Zeit oder auch hierbleiben - wie sie will.«
Das passte mir nicht wirklich, aber ich nickte pflichtschuldigst. War ja auch am logischsten, wenn sie mich nochmal hinschicken würden. Ein Blick zu Angelina und ich sah, dass sie auch nicht begeistert war. Ich wunderte mich gerade, dass ich nichts hörte, aber Gio verabschiedete sich mit einem Augenzwinkern, anschließend hörten wir ihn noch eine Weile in der Küche und dann waren wir endlich wieder alleine.
Wo waren wir stehen geblieben? Angelina klang so verdammt unschuldig.
Bei diesem Problem hier, knurrte ich.
»Ich habe dich leider nicht verstanden«, flötete sie. »Meine Tür ist zu.«
»Wie geht das denn?«
Das kannst du nur allein ...
»Sag schon - sonst sitzen wir morgen noch hier.« Langsam wurde ich ungeduldig.
Kannst du dir nicht ein wenig mehr Mühe geben? Ich habe es doch auch geschafft ...
Ungläubig schaute ich zu ihr hinüber.
»Hast du gar kein Mitleid mit mir?«
Den Blick, den sie mir nun zuwarf, ließ mich hoffen. Ich musste wohl schon einen sehr gequälten Gesichtsausdruck haben, denn ihre Antwort war eindeutig.
Doch. Auch mit mir. Du musst dir die Tür vorstellen und sie dann schließen. Jetzt beeil dich schon!
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.