„He du. Bello oder wie du heißt.“
Irgendetwas zog an meinen Lidern. Ich wartete immer noch auf Eleaouniaoiuosius Jawort. Aber Eleaouniaoiuosiu war nicht mehr da.
„Phhhh. Mein Gott, wie sieht’s denn in deinem Ohr aus? Überhaupt kein Schmalz. Das ist total ungesund.“
Wo war Eleaouniaoiuosiu? Ich öffnete meine Lider. Ich befand mich an dem wunderschönen schneeweißen Sandstrand. Vor meinem Gesicht flog eine kleine Zahnfee mit minzgrünem Haar und zierlichen blassrosa Flügeln herum.
Ich seufzte. Offenbar hatte ich die Hochzeit mit Eleaouniaoiuosiu nur geträumt. Wie schade, sie hatte mir so gut gefallen. Aber nun hatte ich noch länger Vorfreude und die ist ja bekanntlich die schönste Freude. Meine wirkliche Hochzeit würde noch tausendmal schöner werden.
Ich lächelte die Zahnfee an. „Hallo Holly“, begrüßte ich die Zahnfee in meiner freundlichen Art.
„Colgi“, verbesserte sie.
Ach Gott, wie diese Feen so kleinlich waren. Das war doch nun wirklich fast dasselbe.
„Möchtest du dir meine Zähne anschauen?“ Ich lächelte noch weiter, um ihr einen guten Einblick zu gewähren.
„Nee, bin gerade nicht im Dienst. Ich hab einen Brief für dich.“
Ich setzte mich richtig auf. „Für mich?“ Sicher wieder einer meiner Verehrer. Ich bekam zuhause immer hunderte Liebesbriefe jede Woche. Tatsächlich lag dort ein Blatt Papier. Als ich es in die Hand nahm, sah ich, dass es sehr edles, teures und kunstvoll verziertes Papier war. Die Buchstaben waren mit goldener Tinte geschrieben und sie waren so groß und grazil geschwungen, dass ich sofort wusste, von wem der Brief war. Die großzügigen, liebevoll gezeichneten Zeichen spiegelten Eleaouniaoiuosius großzügiges, zärtliches, edles Wesen wider. Ich hielt den Brief an die Nase und sog den betörenden Duft nach Rosen, Pfirsich, Maracuja, Mango, Kokosnuss, Veilchen, Meer, frischer Luft und wilden Kräutern wie Thymian und Lavendel ein. Ja, so roch Eleaouniaoiuosiu.
Meine allerliebste Belle,
hatte er geschrieben. Ich schmolz vor Liebe dahin. Wie zärtlich und gefühlvoll er doch war!
Du bist die schönste, klügste und liebreizendste Frau, die mir je begegnet ist.
Ach! Wie wunderschön konnte Eleaouniaoiuosiu schreiben! Oh, wie sehr liebte ich ihn!
Du bist mein erster Gedanke, wenn ich morgens aufwache. Der Gedanke, der mich tagsüber auf den Beinen hält und mich nachts selig und wohlig einschlafen lässt. Doch reicht ein Brief nicht, dir alles zu sagen, was in meinem Herzen vorgeht. Deshalb bitte ich dich, zu mir in die Verwunschene Grotte zu kommen. Ich habe dir Colgi geschickt, um dir den Weg zu weisen.
In unendlicher, leidenschaftlicher, unsterblicher, zärtlicher, reiner Liebe
Dein Eleaouniaoiuosiu
Prinz der Alawari und Prinz deines Herzens
Der Brief war so wunderschön, dass ich weinen musste. Leider verwischte sich dabei mein Make-up, doch das war es wert. Eleaouniaoiuosiu liebte mich! Er liebte mich genauso sehr wie ich ihn! Unsterblich.
Nach einer Stunde glückseligen Weinens machte ich mich zurecht. Ich musste mich neu schminken und parfümieren. Holly half mir dabei sehr zuvorkommend.
„Oh Holly, ich bin so glücklich!“, rief ich überschwänglich.
Sie strahlte, ihre Augen blitzten vergnügt. „Ich weiß“, sagte sie.
„Er lädt mich zu einem romantischen Dinner in der Verwunschenen Grotte ein. Bei Kerzenlicht wird er mir dann einen Antrag machen. Dann werden wir heiraten und ich werde Königin sein.“ Vor lauter Rührung konnte ich kaum noch sprechen.
„Ach ehrlich?“, sagte Holly.
„Ja, wirklich. Oh Holly, ich bin so glücklich! Ich liebe ihn so sehr!“
„Ach ehrlich?“
„Ja.“
„Mach mal den Mund auf, Bello.“
„Grazielle Anastasia Belle Amelie Aurelia Mary Rose Sue de Cygne von Undzu“, verbesserte ich sie sanft. „In Zukunft Prinzessin Grazielle Anastasia Belle Amelie Aurelia Mary Rose Sue de Cygne von Undzu. Aber du darfst mich dann weiterhin Grazielle Anastasia Belle Amelie Aurelia Mary Rose Sue de Cygne von Undzu nennen, schließlich sind wir ja Freundinnen. Wo du so lieb zu mir bist. Stell dir vor, gewissermaßen bist du ja mitbeteiligt, dass ich Königin werde, denn du führst mich zu der Grotte, in der Eleaouniaoiuosiu mir den Antrag machen wird.“ Ich lächelte meine kleine Freundin warm an und sie grinste zurück.
„Oh ja, das bin ich.“ Sie spritzte mir etwas in den Mund, es schmeckte wunderbar blumig.
„Das ist ein Mittel gegen Mundgeruch. Du weißt schon. Wenn er dich nachher küsst.“
Oh ja. Eleaouniaoiuosiu würde mir endlich den lang ersehnten Kuss geben. Da wollte ich gut schmecken. Wie er wohl schmeckte? Es war bestimmt etwas völlig Neues, das man sich erst dann vorstellen konnte, wenn man es erlebt hatte. Was selbstverständlich nur mir allein vorbehalten war.
„Ich hab da vorne ein Boot vorbereitet“, sagte Holly.
Erst jetzt sah ich das entzückende, mit Blumen geschmückte Boot, das im Wasser lag.
„Oh Holly“, rief ich. „Es ist wunderschön!“
„Ja. Aber jetzt fang nicht wieder an zu heulen, sonst muss ich dich nochmal schminken.“
„Oh ja. Danke für den Rat, du bist so lieb zu mir!“, sagte ich gerührt. „Wenn ich Königin bin, darfst du meine Zofe werden.“
Holly grinste fröhlich. „Das is aber echt lieb von dir, das hab ich mir doch immer schon gewünscht.“
Wieder hatte ich jemanden glücklich gemacht. Kein Wunder, wo ich selbst so glücklich war. „Keine Ursache“, wehrte ich ihren Dank bescheiden ab.
Ich stieg in das Boot, Holly ließ sich sacht auf meiner Schulter nieder und wir trieben wie von magischer Hand geführt langsam auf der seidig glatten See hinaus. Vor lauter Glück wurde mir ganz schummrig. Es war wahrscheinlich so ein Gefühl, wie wenn man betrunken war, aber das wusste ich nur aus Büchern, da ich nie selbst getrunken hatte. Doch entsprachen die Symptome genau dem, was ich gelesen hatte. Nun wusste ich auch, warum es „trunken vor Glück“ hieß. In meiner Ekstase glaubte ich vor mir einen Nebel zu sehen … Dann schlief ich sanft ein.
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Ja, sie schläft ziemlich oft ein. Eigentlich war das der zweite Teil von Kapitel 11 (deshalb sind diese Kapitel ziemlich kurz), aber ich dachte, es wäre vielleicht ein bisschen gemeiner, wenn ich das Kapitel trenne. Und ich bin schließlich gemein.