Die Medienpanels, die sich dicht an dicht quetschten und um jeden verfügbaren Zentimeter der Wände kämpften, zeigten den Schauplatz aus jeder erdenklichen Perspektive. Gemeinsam setzten sie ein trauriges Bild von Trümmern in Szene, und reglosen Körpern, die dazwischen verteilt lagen. Die meisten dieser Körper lebten noch, obwohl sie das im Angesicht ihres Versagens nicht verdient hatten.
"Auf Anfang!", wies Majorin Katharina Melnikowa einen Sik an, der sich mit zittrig schmierigen Händen bemühte, ihre Befehle so schnell wie möglich an das Anzeigesystem weiterzugeben. Dabei vertippte er sich zweimal und schielte zu ihr herüber, ob sie es gemerkt hatte. Es herrschte eine kühle Stille im Raum, weil sonst niemand etwas zu sagen wagte, und sie ordnete ihre Gedanken, damit sie sich nicht versehentlich zu einem Schneesturm entwickelte. Dann begann die Szene das zweite Mal abzulaufen.
Im überwachten Raum warteten fünf Männer, bewaffnet mit der neuesten Ausrüstung des Sicherheitskorps, auf die Ankunft ihrer Handelspartner. Ausrüstung und Waffen hatte die Majorin ihnen zukommen lassen, damit aus dem Handel eine Hinrichtung wurde. Es war nicht schwierig gewesen, diesen Technikfreaks eine Nachricht über das Netzwerk zukommen zu lassen und sie, mit dem Versprechen auf noch mehr Spielzeug, zum Handeln zu bewegen. Diese zweite Lieferung wollte sie zwar nie schicken, aber im Idealfall hätten sich beide Gruppen sowieso ausgelöscht.
Die Handelspartner, die auftauchten, kannte sie alle. Hätte sie nur früher gewusst, um wen, genauer gesagt, um was es sich bei ihnen handelte, hätte sie sie direkt in einem Sarg nach U4 verfrachtet. Leider war das Zeitreisen eine Disziplin, die bisher noch niemand von ihnen gemeistert hatte. Vier der Personen, die da ins Bild liefen, hatte sie nämlich erst vor Kurzem festgenommen und in den Ring schaffen lassen. Eigentlich als Bauernopfer, um das Desaster mit den Reformern abzuschwächen.
Bei der Sezierung des Körpers von Annadora und der ihrer Minenarbeiter hatte sich Beunruhigendes gezeigt. Sie war eine Angehörige der Thages gewesen und die Minenarbeiter allesamt Roboter. Ihre Körper wurden momentan von ausgewählten Wissenschaftlern untersucht. Wenn sie die Essenz extrahieren konnten, die sich im Körper der Frau befand, konnte man der Sache vielleicht noch etwas Gutes abgewinnen. Die Essenz konnte sich als der letzte Baustein herausstellen, den sie benötigten, um diesen verdammten Planeten endlich zu verlassen. Bis dahin würde die Zitadelle fest in ihren Händen bleiben, wie es seit dem Tag der Fall war, an dem sie ihren Fuß in dieses unsägliche Gebilde gesetzt hatten.
In der Gruppe, die sie verbannt hatten, hatte sie mindestens noch zwei weitere Thages entdeckt. Klara Kudyan, das Mädchen mit den Tieren und Daniel Adler, der Mann, der beinahe verbrannt war. Diese beiden wurden von Sergej Bolschakow alias Eisenarm, Thulius kleinem Bruder Moritz, seiner Freundin Cassandra und dem Roboter Brutus begleitet. Brutus, war eine hilfreiche Informationsquelle gewesen und ohne seine Hilfe, wären ihr wichtige Details entgangen. Eigentlich hatte erst er den entscheidenden Hinweis geliefert, dass sich unter dieser Gruppe ebenfalls Mitglieder der Thages befinden könnten.
Wie für die Thages typisch, spielten sie sich als Helden auf. Sie strahlten eine Dokumentation über sich selbst aus, wie sie an ihren Fähigkeiten feilten und wie sie den Abschaum im Ring zur Strecke brachten. Die Sendung war sogar bis in die Zitadelle geschwappt und ließ erneut Aufmerksamkeit für diese Leute aufkommen, nachdem sie mit ihrer Verbannung in den Ring bereits verebbt war.
Das Mädchen mit der Tierkontrolle nannten sie 'Die Schafsflüsterin'. Die Majorin schnaubte beim Gedanken an diesen lächerlichen Namen. Ihre Fähigkeit hatte sie entweder von den Thages erhalten oder sie war selbst eine von ihnen.
Den Mann mit der Prothese war schon vor seiner Verbannung als 'Eisenarm' bekannt gewesen, als er noch Einbrüche in der Zitadelle verübte. Bei ihm deutete nichts direkt auf einen Eingriff dieser schleimigen Universumsverbesserer hin. Er war nicht der Einzige, der so eine Prothese trug, auch in den Reihen des Sicherheitskorps gab es einige wie ihn.
Adler konnte scheinbar mühelos in die Netzwerke von Ring und Zitadelle eindringen und er würde bald die Rolle von 'El Robo' übernehmen. Eine Figur aus den Legenden der Anfangszeit in der Zitadelle. Wenn unzufriedene Bürger sein Auftauchen mit dem Widerstand gegen eine unbarmherzige Diktatur des Rates in Verbindung brachten, wäre das lästig. Bald würden diese Möchtegernhelden versuchen, zur Zitadelle zurückzukehren, und die Menschen würden unterbewusst annehmen, dass irgendetwas im Rat nicht stimmte. Womit sie ja auch recht hatten. Es würde schwer werden, dem allein mithilfe der Medien entgegenzuwirken, weil sie selbst schon einen Weg gefunden hatten, die Medien für sich einzunehmen.
Das jugendliche Pärchen, das diese Doku moderierte, nannte sich nur 'Cass & Mo' und sahen sich nicht so sehr im Vordergrund, sondern mehr als die technischen Genies hinter der Gruppe.
Das Ganze mutete wie ein lächerliches Spiel an. Helden, die gegen das Böse ins Feld zogen. Wenn sie dabei nur nicht so erfolgreich wären. Majorin Melnikowa hatte ja nicht ahnen können, dass es fünf bestens ausgerüstete Erwachsene nicht schaffen würden, mit diesen Kindern fertig zu werden.
Im Film begannen die beiden Gruppen, zu verhandeln. Die Technikfreaks hatten die letzten Teile für El Robo und verlangten als Gegenleistung Unmengen an anderen Ersatzteilen, die den Kindern nicht zur Verfügung standen. Als das klar wurde, verlangten sie, dass Cass ihren Roboter deaktivierte und ihn als Bezahlung abgab. Das war für die Gruppe noch absurder und sie erklärten die Verhandlung für gescheitert und wollten sich auf den Rückweg machen.
Plötzlich zogen die Technikfreaks ihre Waffen und umstellten die Kinder. Sie mussten eigentlich nur noch abdrücken und das Problem aus der Welt schaffen. Als die überraschte Gruppe ihre Hände hob, um sich zu ergeben, brach stattdessen das Chaos aus. Der Mann, der dem zukünftigen El Robo am nächsten stand, ließ mit einem Schrei seine Laserwaffe fallen.
"Stopp!", befahl Major Melnikowa. Und alle Bildschirme froren ein. "Analyse der Waffe."
"Die Waffe scheint überhitzt zu sein. Möglicher Ausfall des Kühlsystems", gab ein Techniker vor einem anderen Medienpanel pflichtbewusst zurück.
"Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ausfalls?"
"Kleiner 0,1%. Die bisher aufgetretenen Einzelfälle wurden von den integrierten Analysesystemen immer im Vorfeld erkannt und der Träger gewarnt. Einen Fall dieser Art sehe ich zum ersten Mal."
"Okay, Wiedergabe fortsetzen!"
Ob das El Robos Schuld war? Jetzt nannte sie ihm schon selbst bei diesem Namen ...
Er hatte beim Heben seiner Hände kurz auf die Waffe gezeigt. Das musste bedeuten, dass die Thages jemand wirklich Mächtigen geschickt hatten. Sie würde ihre Truppen gut vorbereiten müssen, falls diese Leute es schafften, in die Zitadelle zurückzukommen. Sie müsste bei der Verteidigung auf Elektronik verzichten, bis er ausgeschaltet war. Das würde eine kleine Herausforderung werden, bei dem, was auf dem Spiel stand, war sie aber motiviert.
Die Aufnahme lief weiter. Fast zeitgleich mit dem ersten Mann, der seine Waffe fallen ließ, wurde ein zweiter von drei Schatten zu Boden gerissen.
"Was ist das?", fragte sie scharf.
"Einen Moment." Ein Tek bereitete die Aufnahme so weit auf, bis in den Schatten Konturen annahmen und dann zu erkennbaren Körpern wurden. Es waren Riesenratten. Also beschränkte sich die Kontrolle des Mädchens nicht nur auf Schafe, sondern auch auf andere Tiere. Vielleicht auf alle. Konnte sie am Ende sogar Menschen steuern? Sie ließ diesen Gedanken einen Moment wirken. Nein, das war unwahrscheinlich, denn sonst hätte sie die Angreifer direkt handlungsunfähig gemacht. Dennoch würde die Majorin bei der Auswahl der verteidigenden Siks auf ihre psychische Stabilität achten.
Wenigstens einer der Technikfreaks war geistesgegenwärtig genug, um auf die Gruppe zu feuern. Doch auch das half nicht. Der Schuss wurde von einem Energieschild an Eisenarms Prothese abgefangen. Als Reaktion schleuderte er den Schützen durch den Raum und riss gleichzeitig einen weiteren zu Boden. Sie fragte sich, ob sich in den Waffenlagern des Sicherheitskorps noch irgendwo panzerbrechende Waffen finden ließen? Egal, ob Eisenarm ein Thages war oder nicht, sobald er in den Reihen des Sicherheitskorps angekommen war, würde er erbarmungslos wüten. Das musste sie verhindern.
Der Letzte der Männer beschloss, die Flucht anzutreten, wurde aber von Cass niedergeschossen. Eine Taser-Waffe, die ihn wild zappelnd zu Boden stürzen ließ.
Nachdem jetzt alle am Boden oder entwaffnet waren, ging auch El Robo in den Nahkampf über und entwaffnete sie. Nach einigen Sekunden war alles vorbei. Eisenarm war bei seinem Vorgehen wenig zimperlich und in der Weise, wie er mit den Männern das Inventar des Raumes zerlegte, konnte man davon ausgehen, dass sie danach schwer verletzt waren. Die Kameras verfügten nicht über Bioscanner, aber ernsthaft interessierte sie das Wohlergehen dieser Menschen sowieso nicht.
Tatsache war, dass sie versagt hatten und El Robo jetzt repariert werden konnte. Falls Brutus an diesem Abend wieder mit ihr redete, würde sie mehr Details aus ihm herausquetschen. Sie würde sich diesmal nicht nur mit den zufälligen Happen zufriedengeben, die er ihr freiwillig zuwarf, sondern zu drastischeren Mitteln greifen.
Innerlich kochte sie, dennoch beschlug die Tischplatte, auf der sie sich abstützte und eine dünne Schicht Eiskristalle bildete sich knisternd um ihre Finger. Sie hob die Hand und die Erscheinung verschwand, bevor sie von irgendwem außer ihr selbst bemerkt wurde. Sie musste vorsichtiger sein, solange sich auch Menschen im Raum befanden.
Sie beschloss, den Raum zu verlassen und die restlichen Vorkehrungen zur Verteidigung der Zitadelle in einer privateren Umgebung zu treffen.
"Holt aus dem Video so viele Informationen raus wie möglich. Den Bericht will ich in einer Stunde auf meinem Schreibtisch sehen!"
"Ja Ma'am!", antworteten ihre Untergebenen im Chor.
Die Türen des Überwachungsraums glitten beiseite und sie trat hinaus, atmete tief durch und versuchte, die Wut in ihrem Bauch auf diese Weise verschwinden zu lassen.
Eine Gestalt, die an der Wand neben der Tür gelehnt hatte, stieß sich ab und passte sich ihrem Schritt an. Seine Haare waren grau und die Müdigkeit in seinen Augen hatte schätzungsweise den gleichen Grad, wie die Wut, die in ihr herrschte. Doch dieses Bild täuschte.
Er war Nil, einer ihrer fähigsten Leute. Schlüpfte in die verschiedensten Rollen und man vergaß ihn sofort, wenn er wieder verschwand. Anders als die anderen Vetis in der Zitadelle bekleidete er keine hohe Position und konnte es sich erlauben, unter dem Radar zu agieren.
Etwa als verwirrter alter Mitarbeiter in der Meteorologischen Spähstation, bei dessen Anblick niemand vermutete, dass er den Rat mit falschen Informationen über die Temperatur ihrer Umgebung versorgte. Er hatte auch die wahre Funktion von Cass Ruiz aufgedeckt und für ihre Verbannung in den Ring gesorgt.
In der Verhandlung nach dem Reformer-Zwischenfall hatte er den Verteidiger der Thages-Gruppe gemimt. Der Blick der Angeklagten war zu köstlich gewesen, als sie erkannten, dass er nicht wirklich auf ihrer Seite stand.
"Ein Misserfolg?", fragte er. "Ich kann die Kälte spüren, die von dir ausgeht."
"Ja, ich denke, wir haben ein ernsthaftes Problem."
"Du meinst, dass du ein ernsthaftes Problem hast?"
Die Temperatur sank um ein weiteres Grad. Er hatte recht. Die Schuld würde alleine an ihr hängen bleiben, falls sie scheiterte. Jeder stand für sich selbst, wenn das Ende kam. "Es könnte ein Problem sein, das auf uns alle zurückfällt. Die Leute, die wir nach dem Reformer-Zwischenfall in den Ring geschickt haben, unter ihnen befinden sich mit absoluter Sicherheit noch mehr Thages, genauso, wie diese Annadora."
"Und? Sie sind doch im Ring, beschäftigt mit den ganzen Verbrechern, die wir regelmäßig dorthinschicken."
"Ich habe Informationen erhalten, dass sie planen, zur Zitadelle zurückzukehren und sich an denen zu rächen, die sie dorthin geschickt haben. Das bedeutet, dass auch du eines ihre Ziele bist."
"Ist Rache nicht untypisch für Thages?"
"Nicht, wenn sie einem höheren Zweck dient. Nimm einmal an, sie haben herausbekommen, wer wir wirklich sind? Ich meine, wir haben unsere Spuren in den Jahren gut verwischt, aber einer von ihnen ist Thulius kleiner Bruder. Was, wenn Thulius ihm genug erzählt hat, um uns auffliegen zu lassen?"
"Selbst wenn das stimmt, wie sollen sie in die Zitadelle zurückkehren. Es gibt aus dem Ring keinen Weg nach draußen, ohne ihn zu sprengen. Dazu bräuchten sie eine Atombombe."
"Sie könnten über die Tunnel kommen."
"Haben die Tunnel nicht Abwehrmaßnahmen, die es ihnen bei der Strecke unmöglich macht, lebendig anzukommen? Das sollte doch kein Problem sein, oder?"
Trotz seiner Vielseitigkeit schien Nil einfach ihre Weitsicht zu fehlen. Doch wenigstens redete er mit ihr und versteckte sich nicht, wie die anderen, behäbig hinter seiner Position.
"Sie haben einen der alten Kampfanzüge des Sicherheitskorps ausgegraben, der damit fertig werden könnte."
"Und dann? Da passt eine Person rein, was kann die schon erreichen?"
"Mehr als du denkst. Ich denke, es ist ein Thages mit einer Hacker-Essenz. Kommt er lebendig durch, kann er alles schaffen."
Nil machte eine wegwerfende Handbewegung. "Dann solltest du dafür sorgen, dass er das nicht schafft."
"Was denkst du, was ich mache?", knurrte sie ihn an und der Boden um ihre Füße knisterte frostig. "Ihr solltet euch nur im Klaren darüber sein, dass wir alles einsetzen müssen, um die Thages aufzuhalten. Ihr solltet mir verdammt nochmal helfen, statt euch zu verstecken!"
"Die anderen haben dich in eine Position gehoben, in der du über alle Ressourcen des Sicherheitskorps verfügen kannst. Nutz sie. Pfeif auf mögliche Verluste. Die Medien werden das schon richtig hinbiegen." Dann blickte er in die Ferne, als wäre ihm dort etwas Wichtiges aufgefallen. "Nun, ich muss los, es gibt noch andere wichtige Bereiche in der Zitadelle, um die ich mich kümmern muss." Mit diesen Worten verschwand er so schnell in einer Abzweigung, wie er zuvor unerwartet aufgetaucht war.
Schon nach dem ersten Schritt, mit dem sie ihm folgen wollte, fiel es ihr schwer, mehr von ihm als ein unbehagliches Gefühl an das geführte Gespräch in Erinnerung zu behalten. Auch das verflog und sie war allein. Watte umgab ihren Verstand und sie schüttelte den Kopf, bis er wieder klar war. Sie durfte sich keinen Fehler leisten. Immerhin war sie die einzige Vetis, die noch in der Zitadelle verblieben war. Und sie würde verhindern, dass die Thages ihr diesen Ort wegnahmen.
. * .
Nil kam in einem kleinen Park zum Stehen, der kunstvoll in diese Ebene eingearbeitet war. Er sollte die Menschen vergessen lassen, dass sie sich in Wirklichkeit in einem metallischen Ungetüm befanden. Die Blätter der Laubbäume rauschten im Wind und ein Vogelpaar flatterte zwitschernd an ihm vorbei. Für einen Moment ließ er sich von den künstlichen Sonnenstrahlen aufwärmen und holte sich zurück, was er gerade verloren hatte.
Alle Vetis nahmen. Sie beraubten ihr Umfeld um das, was ihm wichtig war oder sogar lebensnotwendig. Das lag in ihrer Natur, war ihre Fähigkeit, war zugleich ihr Fluch. Das Nehmen beschränkte sich nicht nur auf materielle Güter. Bei der Majorin war es die Wärme. Sie entzog sie ihrer Umgebung bei dem Versuch, die Kälte in ihrem Inneren zu überwinden. Zu seinem Glück musste sie das hier in der Zitadelle unterdrücken. Hätte sie sich nicht gezügelt, wäre er einen Augenblick später wahrscheinlich erfroren.
Für ihn selbst gab es vieles, das er nehmen konnte. Emotionen zum Beispiel. Die Hoffnung, nicht in den Ring verbannt zu werden. Die Erinnerung an bestimmte Dinge. Katharinas Erinnerung daran, dass es noch andere Vetis in der Zitadelle gab. Sie war die Letzte gewesen, die er heute besucht hatte. Nun glaubte sich jeder seiner Artgenossen allein in der Zitadelle und würde sich noch vorsichtiger und paranoider verhalten, als bisher.
Er wusste, dass die Zitadelle in der Form, wie sie jetzt noch um ihn herum stand, nicht mehr lange existieren konnte. Es gab viele Gründe, warum das enden musste. Die Substanz, die langsam zerfiel, die unterdrückten Bürger, die irgendwann immun gegen die Medikamente werden würden, oder die Thages, die ihrer Herrschaft ein Ende bereiten wollten.
Nil würde untertauchen. Er konnte gut in der Gesellschaft der Menschen überleben, ohne aufzufallen. Die meisten anderen Vetis auch. Die Majorin würde, als letzte öffentlich auftretende Bastion ihrer Spezies, kämpfend untergehen. Oder sie hatte Erfolg und musste sich dann den Fragen der Öffentlichkeit stellen. Er hatte gelogen, die Medien würden sie nicht decken. Wie auch, wenn sich keiner der anderen noch an sie erinnerte?
Wenn er ehrlich war, wünschte er sich, im Gegensatz zu den anderen, dass die Zitadelle ihre Tore wieder öffnete. Denn dort draußen gab es viel mehr zu holen, als hier drinnen. Und er langweilte sich nach vier Jahrzehnten gewaltig.
Nun, in welche Rolle würde er am besten schlüpfen, wenn das Ende kam? Das würde er jetzt klären und machte sich, eine Melodie aus der Heimat pfeifend, auf den Weg, weit weg von der nahenden Schlacht.