Er lenkte seine Kampfhaltung wieder in meine Richtung, Die Augen immer noch auf den Jungen gerichtet.
Ich musste mich beeilen und die Sache beenden, bevor die Polizei kam. Ich lief weiter um ihn herum und startete nun mehrere Angriffe mit dem Messer. Aber ich hatte Mühe den Bewegungen seiner Arme zu folgen, die so wenig wie die Hälse zweier Kobras waren. Der Phönix wich erst aus, schnellte nach vorne vorbei und erwischte mein Handgelenk. Der Konter kam schnell. Der Schmerz befahl mir, meine Waffe fallen zu lassen. Aber ich war noch nicht am Ende, ließ sie auf meinen Fuß fallen und trat sie wieder nach oben. Mein Gegner blockte weitere Schläge von mir ab, aber ich fing das Messer wieder auf und es sauste von oben direkt auf seinen Arm herab. Er zog diesen zurück, aber die Klinge, auch wenn sie nicht direkt traf, schnitt durch den Stoff und schmeckte Blut. Doch dafür kassierte ich einen Stoß gegen mein Kinn und er beförderte mich dann mit einem Tritt in den Magen weiter nach hinten. Ich konnte gerade noch mein Gleichgewicht halten.
Verwundert betrachtete der Phönix den Arm, wo nun eine rote Linie zu sehen war. Er sagte aber nichts, sondern blickte nur stumm auf das Blut, dass an den Arm herabfloss.
Ich beobachtete was er als nächstes tun würde. Etwas machte mich neugierig.
„Eine Frage an dich.“
„Welche?“
„Wieso riskierst du dein Leben für jemanden, den du nicht kennst? Ich vermute mal, dass der Knabe Drogen konsumiert hat, wusstest du das?“
„Spätestens jetzt weiß ich es, aber es ist irrelevant.“
„Und wozu das alles? Du hättest doch Besseres zu tun, als dich mit belanglosen Dingen zu befassen.“
Der Phönix zog seine Augenbraue hoch, denn Blick weiter starr auf mich gerichtet. „Mir scheint, dass dein Stolz dich verblendet, was die Wertschätzung anderer Menschen angeht.“
Ich lachte nun über so viel Naivität. „Bist du etwa ein Nachfolger des Einen?“
„Ein Kämpfer und Nachfolger, das bin ich in der Tat.“
„So dumm muss man sein! Du bist wie ein Hund, der nach der Pfeife dieses Gottes tanzt.“
„Ist das dein Eindruck von dem Glauben, den ich praktiziere? Selbst wenn… Du bist viel ärmer dran, weil du nach der Pfeife von jemanden tanzt, der dich genauso viel achtet wie der Dreck unter deinen Füßen.“
„Pah! Du solltest nicht über Dinge reden, von denen du nichts verstehts.“
„Den Vorwurf höre ich oft. Von Leuten wie dir, als auch von jenen, die sich als Gläubige bezeichnen.“
„Egal ob dein Gott real ist oder nicht. Ich verachtete ihn und jeden Nachfolger.“
„Wen meinst du damit? liefere Antworten und keine Aussagen über ein schwammig definiertes Gefolge!“
„Alle! Alle die nach den Geboten des Einen leben! Euer Kodex, oder das was ihr die Schriften nennt, ist ein schlechter Witz! Verworfen, sobald es ungemütlich wird. Kein Wunder! Die Welt ist ein kalter und grausamer Ort und nur wer sich lossagt, von jeglicher Moral und den Ketten irgendwelcher Weltanschauungen, der bekommt auch was er will. Denn nur, was im eigenes Auge recht ist, wird auch bestand haben.“ Vor lauter Verachtung spuckte ich auf den Boden. „Solche Leute wie du kotzen mich echt an.“
Dann aber sah ich die Augen von dem Mann aufleuchten. „Das sehe ich anders! Es ist eine naive Ansicht, zu glauben, man könnte nur frei werden, wenn man sich von allen Bindungen und Gesetzen löst. Wer nur sich selbst zum Maßstab aller Dinge macht, der übersieht das Grundlegende.“
„Und das wäre?“
„Dass wir immer gebunden sind, auch wenn wir es nicht akzeptieren wollen. Der Mensch der glaubt fern und losgelöst von jeglichen Gesetzen zu, ist in Wahrheit nichts weiter als ein Tier, von Gelüsten und Sehnsüchten getrieben. Wahre Freiheit und wahre Macht ist zu finden, wenn man erst Demut lernt. Genauso wie der Fluss wahre Fülle erlangt durch die Quelle.“
Ich lud meine Waffe nach, der Kerl hatte echt nerven mir eine Predigt zu halten. „Du redest wirr, Schnüffler. Genau wie die anderen.“
„Nein… Ich bin nicht wie die anderen.“
Auf einmal war er bei mir, griff meine Hand und drückte so stark, dass ich das Messer losließ. Mich traf ein Hagel von Kettenschlägen. Er drehte sich nach unten, packte meinen Fuß und riss mich schmerzhaft auf den Boden.
Auf einmal aber wich er zurück. Ich sah, wie sich Eis auf den Boden um ihn herum bildete und wie er eine meiner Patronen in seiner Hand hielt. Ich griff in meine Tasche.
„Es braucht nur einen Funken, um die Gedanken in die richtige Bahn zu lenken.“
Seine Finger knickten die Kugel der Patrone ab, dass es die Blitze zu sehen war. Ein kleiner Wurf, eine leichtes öffnen seiner Hand und er ließ sie vor mir auf der Wasseroberfläche landen. Sofort bemerkte ich die schmerzvolle Ladung, die durch meinen Körper strömte, und ich schrie vor Schmerz. „Dafür wirst du bezahlen... du...“
Aber zum Glück war mein Untergebener schlau genug, etwas zu unternehmen. Denn der Wagen krachte durch die Betonwand, fuhr an dem Phönix vorbei, sodass er ausweichen musste, und hielt direkt neben mir. Ich wurde hineingezogen. Während ich auf den Rücksitzen zuckend dalag, war in meinen Gedanken immer noch sein durchdringender Blick, der mich verfolgte.
Die Sache mit ihm war noch nicht vorbei, das wusste ich.