Auf der Fahrt schaute sie neben mir aus dem Fenster und ich dachte mir, dass sie wohl versuchte ihre Worte zu verdrängen. Verständlich… Teenager sollten sowas nicht durchmachen müssen. Es war schon recht edel von Alyrun, dass er so viel für sie getan hatte. Eigentlich hätte er bedeutend wichtigere Dinge zu tun, wenn es nach einigen seiner Klienten ging, aber er richtete sich wenig nach den Vorstellungen anderer. „Wir könnten mal deine Eltern anrufen, falls dir das helfen würde.“ In demselben Moment schalte ich mich für meine Dummheit. „Sorry, ich hab nicht nachgedacht.“
„Schon okay.“
„Sind deine Eltern so hart zu dir?“
„Nein… es ist nur mein Vater.“
„Was wäre denn seine Meinung?“
„Das ich mich wieder durch meine Dummheit in Gefahr gebracht hätte und dass ich gefälligst dankbarer sein sollte.“
„Kann es nicht sein, dass dein Vater dich nur missversteht?“
Als Riny schwieg, bestärkte sich meine Vermutung, dass sie keine gute Zeit bei ihren Eltern erlebt hatte.. „Nun, Riny, wie alt bist du denn?“
„19 Jahre.“
„Dann kannst du ja für dich selbst entscheiden. Wäre es für dich eine Möglichkeit in eine eigene Wohnung einzuziehen?“
Ich lachte, als sie mich verblüfft anschaute. „Würdest du mir dabei helfen?“, fragte sie dann.
„Es sollte kein Problem sein.“
Sie sah mich mit einer gewissen Skepsis an. „Was wären die Bedingungen?“
„Nun, du arbeitest an deiner Selbständigkeit und bitte kapsle dich nicht ab, wenn es ein Problem geben sollte. Versprochen?“
Sie nickte leicht. „Ich muss mir erst überlegen, ob ich das wirklich machen will.“
„Lass dir das ruhig durch den Kopf gehen. Wenn nicht, kannst du uns so oft besuchen, wie du willst.“
Gleich nach der nächsten Biegung war das Krankenhaus zu sehen. „So, Kleine, wappne dich am besten für das Schlimmste.“
Riny
Das Anmelden für einen Krankenbesuch dauerte gefühlt Stunden und mit jeder Minute wurde ich nervöser. Wie es wohl Floyd ging? Ich hoffte, ihm war nichts passiert. Und vor allem machte ich mir selbst Vorwürfe. Warum musste er sich für mich opfern, nur damit ich davonkam? Und ohne Alyrun hätte mich der Gauner auch bestimmt zu Tode geprügelt. Schließlich hätte ich das allein nicht geschafft.
Eine Krankenschwester führte uns in das Zimmer, in dem Floyd untergebracht worden war.
Mir fiel auf, dass die sie Jones zuzwinkerte und ich musste mich anstrengen, nicht zu kichern. Jones bemerkte: „Kein Wort zu Alyrun, okay? Das meine ich ernst!“
„Verstanden“, sagte ich. Aber lustig war es trotzdem.
Vor dem Krankenzimmer wartete mein Lebensretter und ich konnte mich vor Freude kaum halten, sodass ich Alyrun in die Arme sprang. „Danke, dass du ihn gefunden hast.“
Aber er löste sich von der Umarmung und sah mich ernst an. „Ich habe leider nichts mehr für ihn tun können. Es ging sehr schnell, Riny.“
In meinem Herzen machte sich das Entsetzen breit. „Was ist denn passiert?“
„Nun... Ich traf ihn in einer Cafeteria. Du hattest auf dem Weg zur Villa beschrieben, wie er aussah. Ich habe mit ihm geredet und ihm versucht zu erklären, dass du gerade bei uns bist und dass er auch in Gefahr ist.
Aber dann fielen Schüsse, sein Arm wurde von einer Kugel getroffen, die zudem noch mit Odemtechnologie versehen war.“
Er holte eine Ampulle mit einer blauen Substanz hervor. „Das hatte er bei sich.“
Mich traf der Schock, als ich die Droge erkannte.
Dann fuhr Alyrun fort: „Jones weiß genau was passiert, wenn die Magie mit dem Stoff in Berührung kommt.“
Jones nahm die Ampulle entgegen. „Ja Alyrun, das Teufelszeug verstärkt den Odem, aber birgt auch große Risiken, wenn fremde magische Energien deinen Körper durchdringen. Quasi eine Überladung.“
„So ist es, sein gesamter Arm hat einen immensen Schaden davongetragen. Der Doktor weiß nicht, ob er ihn jemals wieder normal benutzen kann.“
Ich spürte, wie die Tränen mir die Wangen runter liefen. Ich wollte sofort zu Floyd und rannte nun zu dem Krankenbett, in dem er lag. Jones wollt mich noch daran hindern, aber Alyrun bedeutete, dass er mich zu ihm lassen sollte.
Er war nur halb bei Bewusstsein und hatte trotzdem immer noch ein Lächeln auf dem Gesicht. „Ich bin froh, dass es dir gut geht, Riny.“
Ich sah seinen Arm, angeschwollen und total entstellt. „Du Idiot!“, sagte ich weinend und lachend zugleich. „Warum musstest du für mich ein solches Risiko auf dich nehmen?“
Floyd behielt trotz seiner Schmerzen das Lächeln auf und griff nach meiner Hand. „Hey, Riny.“
Wieder diese Floskeln, ich wollte, er würde damit aufhören.
„Weißt du, es bringt nichts, wenn du dir Schuld dafür gibst. Es war allein meine Entscheidung. Und ich würde es wieder tun, selbst wenn ich die gesamte Zeit meine Lebens zurückspulen könnte.“
In drückte seine Hand fester. Aber ich wollte nicht glauben, dass dies geschehen war, nicht wegen mir.
„Richte Alyrun meinen Dank aus. Ohne ihn wäre ich wohl nicht so gut weggekommen.“
Ich nickte. Daraufhin schloss mein Freund die Augen und ich ließ seine Hand wieder los. Als friedlich wieder einschlief, wollte ich gern vor Trauer aufschreien, aber ich hielt mich zurück. Zumindest lockerte sich die Mauer aus Frust, die mein Herz umgab.