„Oh… damit hatte ich nicht gerechnet. Gegen jemand wie sie habe ich nichts.“
„Ihre Heuchelei können Sie sich sparen. Ich habe vor, Ihre Tochter bei mir aufzunehmen.“
Der Vater schaute ihn verwundert an. „Sie? Ausgerechnet Sie?“
Auch Riny wirkte erstaunt an. “Aber… Alyrun. Geht das?“
„Die Villa gibt es noch leere Zimmer. Wenn du 19 bist, sollte es kein Problem sein dich in eine Wohngemeinschaft einzutragen.“
Ich war verwundert, da ich dachte Alyrun würde aufgrund seiner zurückgezogenen Art das eher vermeiden wollen. Deshalb wollte ich Riny keinen Vorschlag machen, bei dem ich annahm, dass es nicht funktionieren würde. So kannte ich ihn gar nicht… Oder verstand ich einfach bei Alyrun etwas nicht?
Der Vater war aber nicht so ganz begeistert davon. „Tut mir leid, aber das wird nicht passieren!“
Alyrun lächelte, als ob ihn grade der Widerspruch amüsierte. „Ach ja? Sie sagten doch eben, sie würden mich schätzen.“
„Als Detektiv, aber nicht wofür sie stehen. Glauben sie etwa, sie könnten meine Tochter einfach mitnehmen und eine Gehirnwäsche verpassen?“
„Genauso wie versucht Sie haben ihr einzutrichtern, dass jemand wie Jones oder ich, der Teufeln in Person sind? Sollten sie versuchen vor Gericht zu gehen, bedenken sie, dass mindesten drei Zeugen gegen sie Aussagen werden. Körperverletzung gegen Jugendliche ist durchaus ein schweres Vergehen.“
„Drohen Sie mir etwa?“
„Ich weise lediglich auf die Konsequenzen hin.“
Der Vater sah meinen Freund mit funkelnden Augen, wie die Flammen bei einem Waldbrand, an. Seine Frau versuchte ihre Hand auf seine Schulter zu legen und ihn zu beruhigen. „Schatz, bitte nimm doch Vernunft an!“
Wütend stieß er sie beiseite. „Halt deinen Mund verdammt! Wenn du so sehr auf Vernunft pochst, kannst du ja den Weg nach Hause laufen! Das sollte dich zum Nachdenken anregen.“
Nach diesen Worten schritt er eilig nach draußen, wo man nach zwei Minuten hören konnte, wie ein Motor aufheulte. Mitleidig umarmte Riny sie, die schluchzend in ihren Armen halt fand. „Mutter, bitte sei nicht traurig.“
„Ich Weine nicht aus Trauer Kind.“
„Wieso dann?“, fragte Riny verwundert.
„Alyrun, Edward Jones… ich hätte mir keine besseren Menschen vorstellen können, die dich aufnehmen.“
Ich lächelte, zumindest schien die Mutter noch ein gutes Herz zu besitzen. „Alyrun, ist das wirklich für dich okay?“
„Ja und ich denke für dich ist es auch okay Riny, oder?“
Freudestrahlend sah sie Alyrun an. „Zuerst hatte ich Zweifel, ob ich soll, aber wenn meine Mutter es so will.“
Diese nickte. „Ich will, dass es dir gut geht, Riny.“
„Aber was ist mit dir?“
„Ich habe zu viel mit einem Mann verbracht, der sich selbst und andere zerstört. Ich werde die Scheidung einreichen.“
„Aber…“
„Kein aber Tochter, ich will auch ein besseres Leben.“
Ich sah Alyrun an, mit einer Skepsis, die aussagte, dass ich das nicht gut fand. Aber Alyrun meinte nur: „Ich kann dies voll befürworten.“
Ich wollte protestieren, aber Alyrun fuhr weiter. „Jones, es gibt Ausnahmen und in den Händen eines Gottlosen Menschen… willst du wirklich riskieren, dass der Mann sie mit in den Abgrund zieht? Und wie ich das sehe, hat er die Ehe bereits mehrmals gebrochen.“
Ich überlegte, aber nach einigen Augenblicken musste ich mit einem lauten Seufzer zugeben, dass er recht hatte. Die Mutter, noch immer Tränen in den Augen, schaute Alyrun dankbar an. „Ich habe ihn geheiratet, weil ich frei von ihrer Religion sein wollte. Aber sie und das was sie glauben… Es ist alles so anders.“
Als ihre Beine nachgaben, sah sie Alyrun verständnisvoll an. „Unabhängigkeit ist keine echte Freiheit. Es zählt welches Band wir mit Vertrauen füllen, in einem gemeinsamen Leben. Das ist der Grundsatz, aber er muss auf festen Grund gebaut sein. Daher wählen sie ab heute einen neuen Weg in den Einen, es ist nicht zu spät dafür.“
Nach diesen Worten reichte Alyrun ihr die Hand. Sie zog sich hoch und gab ihm überraschenderweise einen Kuss auf die Wange. „Ich weiß nun, dass ich zu lange vor ihren Gott davongelaufen bin.“
Sie umarmte ihre Tochter und ging mit ihr hinaus, weil es noch zu besprechen gab. Mir war das recht, denn ich hatte so einige Fragen an meinen Freund. „Alyrun, eins verstehe ich aber nicht. Woher wussten die beiden Eltern, dass sie im Krankenhaus war?“
„Ganz einfach, durch einen anonymen Anrufer.“
Erstaunt blickte ich ihn an. „Du hast… wie konntest du nur?“
„Ja, ich weiß was du nun von mir denkst. Aber du siehst hoffentlich ein, dass dadurch zwei Menschen geholfen werden konnte. Ihnen wurden von einen Dritten die Ketten angelegt.“
„Und wozu das Ganze? Du hast es selbst mir verschwiegen!“
„Interpretiere es nicht als Misstrauen. Ich wollte die Reaktion ihrer Eltern sehen und welchen Schmerz sie erdulden muss. Nun habe ich zumindest den Schatten der Seelen gesehen.“
„Du wolltest die wahre Natur ihrer Eltern erforschen.“
„Und das Herz von Riny. Manchmal tut man Dinge, wenn man nach der Liebe handelt, wo einige in der Gegenwart nicht verstehen können.“
„Ich verstehe das wohl Alyrun.“
„Ich hoffe sie wird es auch verstehen, in Moment kann ich es nicht hoffen.“
„Ich denke schon.“
„Ich würde dich bitten trotzdem zu schweigen.“
Ich nickte. Ich glaube das war das erste Mal, dass ich an Alyrun etwas sah, was man als schwäche ansehen konnte. Aber es machte ihn… menschlicher.