Ich hätte diesen traumhaften Kuss bis ins Unendliche fortsetzen können. Doch Alicia löste ihre Lippen wieder, und ihre Stimme holte mich aus meinen aufregenden Gedanken in die reale Welt zurück.
„Während ich weiter auf ihrem Sofa saß, legte sich Paula auf ihren Rücken neben mich und schmiegte ihren Kopf in meinen Schoß. Unsere Blicke trafen sich durch unsere Brillengläser. Ich nahm eine ungestillte Sehnsucht in Paulas Augen wahr. Sie schienen nach Zuneigung und Zärtlichkeit zu heischen. Und mich nahm der Gedanke voll und ganz gefangen, dass ich dieses Mädchen in meinem Schoß, das in ihrem Leben so gelitten hatte und gerade ihre große Hoffnung, nämlich Dich, Marcus, verloren hatte, glücklich machen wollte. Ich spürte dieses Verlangen in mir, Glück zu schenken und umgekehrt auch Glücksmomente selbst zu erleben.“
Alicia schaute mir in die Augen. Sie schien möglicherweise Skepsis oder Zweifel in meinen Augen wahrzunehmen. Damit hätte sie nicht ganz Unrecht gehabt.
„Keine Angst, Marcus“, warf Alicia schnell ein. „Diese meine Gefühle für Paula brauchst Du nicht fürchten. Du bist weiter der Mann meines Lebens. Doch inzwischen weiß ich, die Frau meines Lebens heißt Paula. Und ich weiß damit auch, dass ich bisexuell bin.“
Peng, mit diesem Bekenntnis hatte ich in diesem Moment nicht gerechnet. Nach unserem Badezimmererlebnis vor einigen Jahren hatte Alicia geäußert, sie sei sich über ihre Sexualität und ihre Vorlieben noch nicht sicher. Daher hatte sich zwischen uns sexuell zunächst nichts weiterentwickelt. Erst in der Nacht vor der von Paula geplanten Augen-OP hatte ich dann Geschlechtsverkehr mit Alicia gehabt. Doch über ihre Bisexualität hatte sie mir bis heute nichts erzählt. Den Gedanken daran musste ich nun erst einmal verarbeiten.
„Doch ich will Dir schildern, wie es dazu kam, dass sich meine Lust auf eine Frau offenbart hat. Es begann mit ganz sachten Berührungen von Paulas Körper. Ich nahm ihr die Brille ab und strich ihr mit meinen Fingern zärtlich über das Gesicht, berührte ihre Lippen, ihre Wangen mit den süßen Sommersprossen und ihre Augen. Ich fuhr ihr durchs kurze rote Haar. Dann entdeckten meine Hände ihre prachtvollen Brüste. Ich übte nur leichten Druck aus, als ich sie anfasste. Ich spürte die plötzlich sich verhärtenden Brustwarzen. Und ich genoss, was ich fühlte. Ein weiblicher Körper fühlt sich anders schön an als ein männlicher Körper. Doch ich wollte dieses Gefühl auskosten. Und so arbeiteten sich meine Hände weiter Paulas Körper hinunter.“
Alicia schaute mich mit Ernst in ihren Augen an. „Marcus, und dann spürte ich, was Paula spürte. Und Paula schien zu spüren, was ich spürte. Wir entdeckten gemeinsam, dass wir Gefühle miteinander und füreinander entwickelten. Plötzlich stellte mir Paula eine Frage: Sie sagte, sie habe noch keinen Sex in ihrem Leben gehabt. Sicherlich käme es sehr plötzlich, aber sie wolle fragen, ob ich sie in die Geheimnisse der Sexualität einweihen könne. Sie habe bei mir ein gutes Gefühl und vertraue mir. Dann wäre sie nicht zu unsicher und ungeübt, wenn sie hoffentlich bald auch Sex mit Dir, Marcus, haben könne.“
Alicia machte eine Art Kussgeräusch mit ihren Lippen. Dann fuhr sie fort: „Als ob ich nur darauf gewartet hätte, antwortete ich wie aus dem Pistolenlauf. Ich sagte Na klar, aber liebend gerne doch. Dann zog ich Paula nach und nach ihre Kleider aus und forderte sie auf, das gleiche bei mir zu machen. Schließlich standen wir uns splitternackt gegenüber. Ich hatte Lust auf das, was ich sah: dieses einzigartige, charakterlich so liebenswerte Mädchen Paula mit den kurzen roten Haaren, Sommersprossen, üppigen Brüsten und ihren verschiedenen medizinischen Accessoires. Dann nahm auch ich meine Brille ab. Denn ich wollte nur noch spüren. Ich wollte Paulas Körper spüren, ihre Berührungen und all das, was ich ihr in den nächsten Minuten an Zärtlichkeiten vermitteln wollte.“
Alicia stand auf und ging an das halb geöffnete Fenster. Dann drehte sie sich wieder zu mir um: „Es war ein so wundervoller Abend mit Paula. Sie lernte schnell. Und sie hat Gefühl. Ich liebe das an ihr. So haben wir uns dann im letzten halben Jahr insgesamt so etwa zehn Mal getroffen, immer auf halbem Wege in Paulas Elternhaus in Meßkirch. Und inzwischen ist Paula richtig fit im Bett. Sie ist mehr als sexy! Ich bin sicher, Du wirst Deinen Spaß mit ihr haben, mein lieber – ähm, geliebter – Marcus.“
Da saß ich nun - ziemlich ratlos. Meine Alicia stand am Fenster, einige Meter von mir entfernt. In diesem Moment fühlte ich mich dem geliebten Mädchen nicht nahe. Ich konnte mir partout nicht vorstellen, wie es weitergehen sollte. Und wann würde ich endlich Paula wiedersehen?