Prompt: Sternschnuppen (24.06.2020) - nachgeschrieben 26.06.20
Start: 21:45 Uhr
Ende: 22:30 Uhr
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Die Wellen werden ruhiger.
Der Himmel färbt sich ein, wird dunkler, schließlich schwarz.
Die Lauft noch warm von der Hitze des Tages.
Über uns blitzen erste Sterne.
Wir sind hier, weil sie heute fallen sollen.
Eine Augustnacht so klar, wie ich sie noch nie erlebt habe.
Er schon.
Magisch, wie ein Zauber. So hat er es mir versprochen.
Und er wäre nicht er, würde er seine Versprechen nicht halten.
Noch nie hat er eines gebrochen. Er ist mein Fels.
Zuverlässig.
Unerschütterlich.
Für mich, wenn ich es brauche.
Ich brauche es oft.
Ich brauche ihn.
Zum Atmen.
Zum Glauben.
Zum Fühlen.
Zum Überleben.
Aber ich kenne sein Geheimnis, all die Wunden und den Schmerz.
Für ihn will ich eben genau das sein, was er in mir sieht. Woran er in mir glaubt.
Wir sind hier, weil wir unsere Wünsche dem Universum übergeben wollen.
Weil wir dem Schicksal die Stirn bieten seitdem wir uns kennen.
So gerne möchten wir gewinnen.
Ich nehme einen großen Schluck, reiche die Flasche weiter.
Fixiere den Himmel, an welchem immer mehr Lichtpunkte prangen.
Er ist mein Zuhause.
Sein Herz ist meine Heimat.
Er hält meine Seele in seinen Händen.
Bedacht, sie nicht fallen zu lassen, ihr keinen weiteren Schaden zuzufügen.
Wenn er da ist, dann ist alles andere egal.
Dann fühle ich mich frei, getragen, voller Zukunft.
Mein Kopf gibt das Kämpfen auf.
Seine Lippen nehmen mir die Angst, schenken mir Zuversicht.
Ist er nicht da, spüre ich Leere.
Fehlt mir mein Anker.
Mein letzter Funken.
Zusammen strahlen wir.
Wir ziehen uns an.
Nur, um uns wieder wegzustoßen.
Um uns wiederzufinden.
In letzter Zeit macht sich in mir eine Ahnung breit, dass es so nicht bleiben kann. Und doch ist es mein größter Wunsch. Denn ich später mit jeder Sternschnuppe bekräftigen will. Was wäre ich ohne ihn? Was wäre er ohne mich?
Wir teilen uns. Wir ergänzen uns.
Und jetzt fiebern wir aufgeregt wie kleine Kinder dem Sternregen entgegen.
Sein Arm auf meiner Schulter.
Seine Küsse an meiner Schläfe.
Seine Hand auf meinem Knie.
Das ist Geborgenheit.
Das kleine Stück Glück. Mehr erwarte ich nicht. Nicht mehr. Und mehr kann ich ihm nicht geben.
Als es los geht, kann ich es kaum glauben. Erst ist da nur eine, er weist mich flüsternd darauf hin. Fast habe ich sie verpasst vor lauter Augenblickmoment.
Dann noch eine und dann ganz viele.
Wir schweigen.
Sehen gebannt zu.
Keiner verrät dem anderen, was er den verlöschenden Lichtern mit gibt.
Aber jedes Mal drücken wir einander die Hand.
Noch Minuten später spüre ich den Punkt, an dem er seinen Zeigefinger in meine Innenfläche gelegt hat.
In meinem Magen kribbelt es.
Ich bin ganz aufgeregt, euphorisch.
Ziehe ihn von der Decke und dann tanzen wir barfuß im Sand.
Zu einer Melodie in seinem Kopf, die er mir summend schenkt.
Seine Atem an meinem Ohr.
Sein Herzschlag im Gleichlang mit meinem.
Ich möchte nicht, dass es endet.
Am Liebsten möchte ich für alle Ewigkeit mit ihm schweben.
Ihn niemals loslassen weil ich fürchte, dass dann unsere Herzen zerspringen.
An den nackten Zehen kann ich Wasser fühlen.
Ganz leichte Wellen passen sich unserem Rhythmus an.
Sie tanzen mit uns, um uns herum.
Es gibt nur uns. Ihn und mich. Die fallenden Sterne, der helle Mond.
Meeresrauschen und weingesüßte Küsse.
Es ist Medizin, dieses Glück.
Jede Faser meines Körpers will es aufsaugen, speichern, festketten.
Wenn es doch nur einmal gelingen würde.
Diese Nacht gehört uns.
Voller Träume und Wünsche.
Voller Glück und Zärtlichkeit.
Eine Nacht, die wir behüten und beschützen.
Von der wir wissen, dass sie einmalig bleiben wird.
Wir schließen die Erinnerung fest in unsere Herzen.
Nehmen sie mit, auf unseren Weg.
Auf die Reise, die uns zwangsläufig trennen wird.
Ob wir wollen oder nicht.
Niemand kann sie uns nehmen.
Ich denke an sie, sehr viel später.
Als mir nichts mehr bleibt außer der Vergangenheit.
Als ich keine Zukunft mehr habe und mir diese Schätze die letzte Kraft schenken.
Ich sehe uns lachen, weinen, küssen, tanzen.
Ich schmecke ihn.
Spüre diesen Punkt in meiner Hand. Der nur mir gehört.
Ich habe ihn geliebt.
Ich habe ihn gehen lassen.
Einer von uns musste all das überleben.
Ich sehe unsere Namen im Sand, die er aus kleinen Muscheln gelegt hat. Die von den Teelichtern angestrahlt werden, die ich entzündet habe.
Dabei haben wir den letzten Schluck geteilt und uns anschließend leise geliebt.
Im Morgenrot hat er versprochen, dass er es niemals vergessen wird.
Wir schwammen in den Sonnenaufgang, haben dem Untergehen getrotzt so lang es ging. Mein letzter Gedanke gilt ihm.