Prompt: Erlösung (27.10.19)
Startzeit: 18:31 Uhr
Ende: 19:19 Uhr
(nachgeschrieben 28.10.19)
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Kann es Erlösung geben?
Erleichterung oder gar Heilung?
Hört es irgendwann auf?
Dieser Schmerz in mir.
Dieses furchtbare Gefühl von hunderttausend Ameisen die mich und meine Seele fressen.
Egal wie lange oder heiß ich dusche - es geht nicht weg.
Der Juckreiz ist so stark, ich kann ihn nicht ignorieren.
Wie von selbst gehen meine Fingernägel auf Wanderschaft. Manche Stellen verheilen gar nicht mehr richtig.
Wenn ich die Augen schließe, stürzen die Bilder auf mich ein.
Tag und Nacht.
Da ist ein permanenter Druck auf der Brust.
Und im Kopf.
Ein flaues Gefühl im Magen.
Ein Nebel, in dem ich mich bewege.
Dann war da diese Zigarette und die glühende Spitze zog mich an.
Wie einst diese Scherben, in denen ich mich wieder fand.
Für ein paar Sekunden war alles andere betäubt.
Nur kurz, ganz schnell.
Es nahm mir fast die Luft zu atmen.
Eine ganz neue Qualität.
Nur der Schmerz, den ich mir selbst zufüge, kann mir den nehmen, der mich von innen beherrscht.
Eine kurze Befreiung.
Winzige Momente der Ruhe.
Ehe der Sturm wieder los bricht und mich weg spült.
Jedes Mal noch erbarmungsloser in mir tobt und mir einfach immer weniger Pausen gönnt. Mein Kopf kommt kaum noch mit, das Herz läuft mir über. Es ist zu vollgestopft mit den schwarzen Gedanken. Vergiftet regelrecht. Das letzte bisschen Liebe wird einfach verschlungen und ich schaffe es nicht mehr, darauf aufzupassen.
Längst habe ich das Steuer den Dämonen überlassen müssen. Sie haben es an sich gerissen und mich entführt.
Ausgesetzt.
Ich treibe auf einer kleinen Scholle, gefangen in mir selbst und ich weiß nicht, ob ich mich jemals finde. Jede Bemühung kostet unendlich Kraft und ich sehne mich unglaublich nach Erlösung.
Es soll aufhören.
Windstille in meinem Kopf, wie sehr ich es mir wünsche.
Ein bisschen Sonne, die den Nebel auf der Seele verscheucht.
Ein reinigender Regen vielleicht.
Mit roten Tropfen?
Vielleicht, wenn ich das Gift einfach aus mir heraus läuft, wird es dann wieder gut? Wenn das Blut die Erinnerung aus dem Körper spült?
Wenn nichts mehr davon übrig bleibt?
Die hässliche Fratze grinst und hält mir das Messer hin. Mit zitternden Händen nehme ich das Geschenk und fühle mich fast beruhigt.
Zuversicht.
Bei jeder Bewegung habe ich Angst abzustürzen und in diesem Eismeer zu ertrinken. Es ist kalt, so furchtbar kalt. Und ich bin unglaublich müde. Doch der harte Herzschlag lässt mich nicht ruhen. Unangenehm rauscht das Blut durch die Venen und tropft in Zeitlupe auf den Boden.
Der erste Schnitt war wie eine Verheißung.
Beim zweiten fühlte ich beinahe etwas wie Euphorie.
Es dauert zu lange und hält viel zu kurz an.
Auch dieser Schmerz hält sein Versprechen nicht.
Kann nicht betäuben, was so dominant in mir tobt.
Das Messer gleitet mir aus der Hand.
Der Schwindel zwingt mich auf den Boden.
Ich lehne an der Wand, lege den Kopf in den Nacken und fange an zu schreien.
Vor Zorn.
Vor Unvermögen.
Ich will hier raus.
Raus aus dem unzulänglichen Körper.
Der mir ebenso wenig gehorcht wie meine Gefühle.
Und dann ist da ein Engel.
Strahlend hell.
Zärtlich.
Wie ganz kleine Sonnenstrahlen berührt mich seine Wärme tief in mir drin.
Nein, ich will nicht gehen.
Ich lasse mich sanft umhüllen.
Wie in Watte.
Stille.
Ich habe das Gefühl, er saugt das Gift aus mir heraus.
Lasse mich fallen.
Bitte halte mich.
Heile mich.
Nimm mich mit auf deinen Flügeln.
In eine Welt, in der es keine Schmerzen mehr gibt.
Und keine Erinnerungen.