Von weitem beobachtet er, wie die Schüler sich ans schwarze Brett drängen. Alle wollten wissen, welche Dramen dieses Jahr gelesen werden müssen, und auch gleichzeitig die neue Zeichnung des Unbekannten anschauen, die seit dem das neue Schuljahr angefangen hat, jeden Morgen dort am Brett hängen. Jeden Tag eine Andere. Ein kleines Gedicht, oder ein wehmütiger Spruch sind immer in das Kunstwerk mit eingearbeitet. Alle interessieren sich für die Zeichnung, nur nicht der, für dem sie bestimmt ist. Hätte er auch nur einen Blick drauf geworfen, hätte ihm klar sein müssen, von wem die Zeichnungen waren. Ihm hätte klar sein müssen, dass er wieder zurück war.
Es war im Allgemeinen keinem aufgefallen, dass er vor ein paar Jahren, schon einmal mit ihnen zusammen die Kurse besucht hatte. Sie hatten ihn nicht erkannt. Es war ihnen nicht zu verübeln, er hatte sich in der Zeit, in der er nicht da war, mehr als nur ein Bisschen verändert, während es ihm vorkam, als wären alle anderen gleich geblieben. Natürlich stellte auch er kleine Unterschiede zu früher fest. Viele waren nun reife, und sahen auch erwachsener aus, aber keiner hatte sich so verändert, dass er nicht mehr wüsste, wer wer war. Ihn hingegen schien nun wirklich keiner wiederzuerkennen. Nicht einmal mit seinem früheren Namen, kamen die meisten darauf, wer er war. Es störte ihn aber nicht sonderlich, dass sie ihn nicht wieder erkannten. Eigentlich kam ihm dieser Umstand sogar ganz recht.
Es kam keiner an, und fragte, wo er die letzten Jahre geblieben war, oder wieso er plötzlich einen anderen Namen hatte. Er wurde schlicht weg von allen mit Ignoranz gestraft. Vermutlich, weil er auch von sich aus, keinen Kontakt suchte. Wieder zurück zum Brett. Er wusste schon, welche Bücher er bestellen und lese musste. An seinem ersten Tag, hatte er eine der Kopien von der Liste eingesteckt. Sommernachtstraum. Eines der Bücher, die der lesen musste. Nur hatte er es schon viele Male durch.
In der Zeit, die er nicht zur Schule gegangen war, zumindest nicht auf eine öffentliche, hatte er viel Zeit mit lesen verbracht. Früher oder später, musste ihm also auch dieses Drama in de Hände fallen. Er hatte bis jetzt fast jede Szene aus diesem Drama gezeichnet. Der inzwischen schon zerfledderte Band lag, wie gewohnt auf seinem Schreibtisch. Er würde sich wohl oder übel einen weiteren Band aus der Auflage, die die Schule wollte, bestellen müssen.
Das klingeln zum Unterrichtsbeginn riss ihn aus seinen Gedanken. Er musste sich beeilen, wenn er es noch pünktlich zum Unterricht schaffen wollte. Er wand sich ab, und hechtete wie alle anderen auch, in Richtung seines Klassenraumes. Dabei sah er nicht mehr, wie ein Schüler an den Spinden gelehnt, gegenüber vom schwarzen Brett, stehen blieb.
Erst als auch wirklich alle anderen Schüler fort waren. Schlenderte er zum schwarzem Brett, und nahm die Zeichnung ab. Er heftete sie zu den anderen, die er die Tage zuvor schon vom schwarzem Brett genommen hatte.
Er wusste ganz genau, wer sie gezeichnet hatte, und dass der neue Schüler, gar nicht so neu war, wie alle dachten. Denn er hatte ihn nicht vergessen. Auch wenn er ihn nicht gleich wiedererkannt hatte, er hatte sich wirklich sehr verändert, wusste er ganz genau wer er war. Nur fragte er sich, wie lange er dieses Spiel mit ihm wohl noch spielen würde.