Es war dunkel. In der Ferne konnte er das Lachen des Volkes, vom Land der Lichter-Träume, hören. Überall im Land der Lichter-Träume wurde gefeiert. Zur Ehre des Kindes, welches das Land heute zu sich geholt hatte. Die Sterne über ihm leuchteten hell, am schwarzen Himmelszelt, als wollten auch sie, die Ankunft des Kindes feiern.
Ihm sollte es Recht sein. Von der Dunkelheit hatte er erst mal genug. Die Finsternis des Waldes, im Land der dunklen Träume, bei seiner letzten Mission, hatte ihm vollkommen gereicht. Ein Blick zum Mond sagte ihm, dass es fast Mitternacht war. Er trieb sein Pferd in einen leichten Trab.
Im Gegensatz zum Land der dunklen Träume, wo Wald das Landschaftsbild dominierte, bestand das Land der Lichter-Träume aus vielen Wiesen und Felder. Hier war es zwar einfacher das Kind zu finden, auch dank der Abmachung, die die Traumtänzer mit dem Land der Lichter-Träume geschlossen hatte. Doch die Kinder davon zu überzeugen mit einem mit nach Hause zu kommen, war deutlich schwieriger, als im Land der dunklen Träume. Denn hier, im Land der Lichter-Träume, wo das Land die positiven Gefühle der Kinder brauchte, um zu existieren, wurden diese mit den schönsten Geschenken überhäuft, und bekamen die zauberhaftesten Wesen zu sehen, die man sich vorstellen konnte. Hier wurde das Kind verehrt und gefeiert. Nicht viele gaben so etwas freiwillig auf, um wieder nach Hause, ins normale Leben zurückzukehren.
Um das Kind zu finden, musste er eigentlich nur auf der Landstraße bleiben. Vielleicht mal in dem einen, oder anderen Dorf nachfragen, on man dort wusste wo es war, und sonst einfach auf das Feuerwerk warten, das abgeschossen wurde, sobald die Kutsche zum Herrschaftspalast abfahren sollte. Dann jedoch musste er sich sputen. Nicht, dass er die Kutsche noch verpasste. Oft brachte das Land die Kinder gleich in die Nähe der Hauptstand Lux, in der der Herrschaftspalast stand. Er wusste genau, dass das Kind nicht, nicht im Herrschaftspalast ankommen durfte. Er verstand, dass die Länder die Emotionen der Kinder brauchten, um zu existieren. Auch war er nicht dafür da, um den Ländern die Kinder vorzuenthalten. Er war dafür da, die Kinder zurück zu bringen, wenn es für sie Zeit war, das Land zu verlassen, bevor sie Schaden nahmen, oder gar starben. Nur durfte er auch die Länder nicht sterben lassen. Ohne sie, würde es auch keine Dämmerung, in der er und seines Gleichen lebten, geben. Es war ein schmaler Grad, auf dem die Traumtänzer wandelten.
Deshalb hatten der Herrschaftspalast des Landes der Lichter-Träume und die Traumtänzer, vor noch nicht allzu langer Zeit, eine Abmachung getroffen. Das Kind durfte so lange im Land der Lichter-Träume bleiben, bis es den Herrschaftspalast erreicht hatte. Sobald das Kind die unterste Stufe des Palastes erreicht hatte, wurde es den Traumtänzern übergeben. Es war Pflicht, dass das Kind die Reise zum Herrschaftspalast, spätestens eine halbe Stunde nach seinem Eintreffen, antrat. Eigentlich ein sehr fairer Packt, wie er fand.
Es hätte für ihn ziemlich leicht sein können. Er würde in Lux vor den Stufen des Palastes stehen und warten, bis das Kind bei ihm eintraf. Leider war weder das Land, noch sein Volk dumm. Meistens zögerten sie den Aufbruch des Kindes und seine Reisezeit bis aufs Äußerste hinaus. Deswegen waren die Traumtänzer dazu übergegangen, das Kind zu begleiten, denn es waren schon Kinder der Zeit des Landes zum Opfer gefallen und gestorben.
Ein lauter Knall riss ihn aus seinen Gedanken. Dort war das Kind! Er trieb seinen Hengst zur Eile. Das Dorf lag nicht weit entfernt von ihm. Schon beim näher Kommen, sah er die ganze Dekoration. Das Dorf hatte sich richtig Mühe gegeben, das Kind willkommen zu heißen. Er parierte seinen Hengst durch zum Schritt. Die Straßen des Dorfes waren gefüllt mit Menschen. Einwohner des Dorfes und die, der umliegenden kleineren Dörfer. Er bahnte sich einen Weg durch die Menschenmasse. Viele wichen ihm, dank seines Reittiers, kommentarlos aus, andere beschwerten sich lauthals darüber, dass er sein Pferd nicht in einen der Ställe am Dorfrand gegeben hatte, um zu Fuß sich seinen Weg zu suchen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. In gewisser Weise belustigte es ihn, die Leute so schimpfen zu hören. Das Lichter Volk, wie es viele einfachheitshalber nannten, war normaler Weise eine angenehme Gesellschaft. Meist fröhlich, und immer ein nettes Wort auf den Lippen, so kannte er sie. Was so ein paar Becher alkoholische Getränke alles ändern konnten.
Inzwischen hatte er seinen Weg gefunden, und ritt im Strom der Menge zum Marktplatz. Von dort aus startete die Reise des Kindes und die seine nach Lux und zum Herrschaftspalast. Es hatte schon mehrere Kinder zum Palast gebracht. Es war eine leichte Aufgabe. Der Weg war nicht schwer und auch das Aufhalten der Kutsche, hielt sich mit ein paar nett gesprochenen Maßregelungen, in Grenzen. Die wirkliche Herausforderung bei solchen Missionen war das Kind selbst.
Es bedurfte jedes Mal aufs Neue einen Haufen Argumente und einiges an Geduld, um das Kind zu überreden, wieder mit nach hause zu kommen. Denn jedes Kind musste freiwillig nach hause zurück kehren. So war es tief in den Gesetzten der Länder verankert.
Er tauchte aus seinen Gedanken auf, als er auf dem Marktplatz ankam. Das Kind saß schon in der Kutsche, die von vier weißen Pferden gezogen wurde, und mit Kissen ausgefüllt war. Die Kutsche hatte kein Dach. Im Aberglaube hieß es, dass das Land so die Emotionen des Kindes besser aufnehmen könnte. Zielstrebig ritt er auf sie zu. Kurz bevor er sie erreichte, hielt ihn jemand am Bein fest. Er ließ sein Pferd zum stehen kommen, und sah hinunter. Neben ihm stand eine junge Freu. Trauer spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder. "Dieses Kind wird niemals wieder nach Hause zurückkehren."