Sie konnte sich erinnern. An die frische Frühlingsluft, an das Gras unter ihren Füßen. Fast konnte sie es noch an ihren Fußsohlen spüren. Sie erinnerte sich daran, wie es war, das saftig grüne Gras zu spüren. Heute würde sie es nicht mehr können. Es fühlen. Fühlen, wie das Gras die Ballen kitzelte. Oder sich zwischen die Zehen schob.
In ihren Ohren hallte das Kinderlachen wieder. Ihr eigenes und das der anderen Kinder aus dem Dorf. Sie hörte immer noch das Rauschen des Windes durch die Kiefer und das leise Flüstern des übrig gebliebenen Laubes, des letzten Herbstes.
Sie sah es genau vor sich, mit all seinen Details, die e damals hatte. Das kleine Häuschen aus Holz , von den Jahren ein wenig mitgenommen. Die Seiten und das Dach waren mit Efeu überwuchert gewesen. Es stand am Waldrand, vor ihm eine Fläche Wiesen und Felder, soweit das Auge reichte.
Die Hütte war ihr Versteck und Treffpunkt gewesen. In dem einzigem Zimmer, aus dem das Häuschen bestand, hatten sie ihr Quartier für den Frühling und den Sommer gemacht. Sie alle hatten zusammen Decken stibitzt und dort hingebracht. Von jedem Kind lag ein Handtuch in der Hütte, damit sie sich auch alle wieder abtrocknen konnten, wenn sie mal wieder im kleinen Teich hinter der Hütte schwimmen gewesen waren.
Sie würde das alles nie wieder sehen. Weder würde sie die Aussicht genießen, noch die Hütte ein letztes Mal besuchen können. Nie wieder würde sie das Gras unter ihren Füßen spüren, oder gar den Sommer mit den anderen Kindern dort verbringen.
Sie hatte nur noch ihre Erinnerung. Ihre Erinnerung glich einer Fotographie. Eine die schon leicht verblichen war und mit jedem Tag, den sie nicht dort verbrachte, verblich sie mehr. Erst verblichen die Gefühle. Die Freude und das Glück, das sie dort immer gespürt hatte. Dann verblichen die Farben, die Details verschwanden, Umrisse verschwammen, verliefen in einander, bis alles nur noch unkenntliche Schemen war. Als letztes zerfiel die Erinnerung, und wurde vergessen.