Seufzend lehnt er sich in seinem Schaukelstuhl zurück. Ein lauer Herbstwind lässt das Windspiel auf der Terrasse leise klimpern. „Erinnerst“, kurz musste er sich räuspern, „Erinnerst du dich noch daran, wie wir klein waren? Als alles noch einfach und bunt war?“ Er richtet seinen Blick auf den älteren Mann, der auf der Hollywoodschaukel saß, eine Decke über die Beine gelegt, und in einem buch las. Zustimmend nickte dieser. „Ja das kann ich. Du warst ein so frecher Bengel.“ Ein leises Lachen ertönte. „Ja das war ich wohl. Immer nur Schabernack im Kopf, und Faust dich hinter den Ohren hatte ich´s. Aber das meine ich gar nicht. Kannst du dich noch an diesen einen Herbst erinnern?“ „Welchem meinst du genau? Es gab so viele wundervolle Herbste, die wir zusammen erleben durften, und ich hoffe ein paar dürfen wir auch noch zusammen erleben.“ Die Stimme der Mannes, der auf der Hollywoodschaukel sitzt, hat einen sanften Ton angenommen. Er warf dem anderen einen liebevollen Blick zu. Dieser erwidert ihn. „Nein ich meine den Herbst, mit den Kastanien. Den Herbst, in dem wir uns kennengelernt haben. Erinnerst du dich noch an diesen?“ „Als wäre es erst gestern gewesen“, bestätigt er. „Es war der schönste Herbst von allen.“ „Nein, das bildest du dir nur ein. Alle Herbste, die wir zusammen erlebt haben, waren auf ihre eigene Art und Weise wundervoll. Doch dieser war einzigartig, da muss ich dir Recht geben.“ „Ich kann gar nicht glauben, dass er schon wieder so lange zurück liegt. Was hältst du davon, wir diesen Herbst einfach noch mal erleben? Wir machen einfach alles noch einmal so, wie damals.“ Schmunzelnd hebt der Mann mit dem Buch in der Hand die Augenbraue. „Du möchtest also noch einmal fast ertrinken, wegen dieser Kastanie?“ seine Mundwinkel zucken. Er war es damals gewesen, der den Buben aus dem Bach gezogen hatte. Auch wenn er selbst nur zwei Jahre älter gewesen war, hatte er schon damals über die Torheit des jungen den Kopf geschüttelt. "Es war nun mal die Schönste von allen. Die konnte ich doch nicht einfach davon schwimmen lassen“, verteidigte sich sein Gegenüber. Seine Augen blitzten dabei. Genauso wie damals, fiel dem Mann mit dem Buch in der Hand auf. Damals hatten seine Augen genauso geblitzt wie jetzt. Er war so stolz gewesen, diese Kastanie gerettet zu haben, dass es ihm vollkommen egal gewesen war, dass er fast ertrunken wäre. So konnte er damals auch gar nicht verstehen, wieso seine Mutter so entsetzt gewesen war, als er klitschnass, aber mit einem Strahlen von einem Ohr bis zum Anderen, nach Haue gekommen war, um eben diese ihr zu präsentieren. Im Schlepptau, hatte er seinen Retter, und neuen besten Freund. Dieser hatte verlegen an der Tür gewartet, und der Mutter von den Vorfall berichtet. Daraufhin wurde er mit reingenommen, und auch in trockene Klamotten gesteckt. Es entstand eine unglaublich tiefe Freundschaft, und mit den Jahren wurde aus dieser Freundschaft mehr. Heute saßen die beiden glücklich verheiratet auf ihrer Terrasse. Diese Erinnerung bereitete dem Mann mit dem Buch in der Hand ein ganz warmes Gefühl. „Haben wir diese Kastanie eigentlich immer noch?", unterbrach er das kurze Schweigen zwischen den beiden. „Nein“, ein funken Traurigkeit stahl sich in die Augen seines Gegenübers, „Ich habe sie bei unserem Umzug weggeschissen, da sie nicht mehr gut war. Sie hatte angefangen zu schimmeln.“ Wehmut klag in de Stimme seines Ehemannes wieder. Es versetzte ihm einen kleinen Stich ins Herz. Sachte streckte er die Hand aus, und berührte kurz dessen Finger. Obwohl sie beide schon die sechzig überschritten hatten, fühlte es sich manchmal so an, als ob sie wieder Kinder wären, wenn sie so auf dieser Terrasse saßen. "Was hältst du davon, wenn wir eine Spaziergang unternehmen, und neue Kastanien als Erinnerung unseres Kennenlernens sammeln?“