Rambo blickte zum Ausgang, während der Barkeeper mir eine Cola und ihm einen Cocktail vorstellte. Dabei zwinkerte er mir verschwörerisch zu, sah noch einmal zu ihm und wieder zu mir. Ich zog die Augenbrauen hoch. Jeder schien zu wissen, was hier lief. Nur ich nicht. Bevor sich der Angestellte einer Luxuskette von dannen machen konnte, hob ich den Arm und flüsterte ihm zu.
„Sie kennen den Mann vor mir?“ Der Barkeeper schien überrascht, überlegte und nickte schließlich.
„Yes, of course.“ Der englische Akzent gab ihm mit dem verspielten Lächeln einen eigenen Charme, der selbst mich als notorischer MenschenNICHTmöger berauschen ließ. Ich schüttelte geistig mit dem Kopf und fragte weiter. „Und woher?“
„Das müsstest du ihn schon selbst fragen, Mister.“
„Ja und auf wen wartet er?“
„Ich sage es mal so, er wartet auf jemanden sehr berühmten.“ DAS hätte ich mir in einem Luxusbunker hier ja nicht gedacht.
„Ich kann dich hören, Tophi.“ Der Barkeeper verschwand direkt und ließ uns beide allein. Stöhnend wandte ich mich dem Sportler zu. Er blickte mich ein wenig traurig an, während ich entschuldigt die Hände hob.
„Du hast sie rausgeschmissen, oder?“ Ich nickte und nahm einen Schluck. „Und du hattest kein schlechtes Gewissen?“ Ich gab ihm erneut Recht. „Und sie ist nicht wieder zurückgekommen.“
„Deine Feststellungen sind äußerst präzise.“
„Und Anni ist immer noch...“, ich hob die Hand. „Wir sind wegen dir hier, Rambo.“
Er seufzte und schob sich nervös auf dem Hocker in eine bequeme Position, doch nichts schien ihm wirklich gerade recht. Schließlich trank er einen Schluck, verzog den Mund, stellte ihn wieder ab und vergrub schließlich die Hände in den Haaren.
„Du weißt ja, ich leite das SportsClub.“
„Mir bekannt.“
„Ich habe…“, er stöhnte wieder.
„Soll ich raten? Dann musst du nicht reden und ich kann den Frust rauslassen.“
„Das tust du immer am liebsten“, pflichtete er mir bei und schien dankbar dafür, dass er nicht das Wort ergreifen musste.
„Wir sind hier, weil eine äußerst scharfe Braut ganz zufällig in deinen Gym gekommen ist. Sie ist berühmt wegen...“, ich wog den Kopf hin und her. „Sie kann singen, tanzen und musizieren, und zwar alle Instrumente.“ Ich öffnete die Augen und unterstrich meine Übertreibung. „Und dann hast du in ihre Augen gesehen und es war bei euch beiden Liebe auf den ersten Blick.“ Rambo runzelte die Stirn, während ich grinste. „Und ihr könnt euch nicht in der Öffentlichkeit treffen, weil es sonst ja jeder sehen würde. Ich meine, eine Berühmtheit? Hallo ?! Dann muss man das schon heimlich mit dem besten Freund in einem Luxusrestaurant machen!“
„Fertig?“, fragte Rambo nach einer Weile. Ich nickte und wollte Luft holen, doch er schob seine Worte vor und hob die rechten Finger für eine Aufzählung.
„Mit folgenden Punkten richtig geraten: Ausgangssituation, berühmt, heiß, tanzen und heimliche Treffen!“ Er hob die Linke. „Unrichtig: weiblich, singen, musizieren, Liebe auf den ersten Blick!“
Ich sah ihn mit offenem Mund an.
„Seit wann bist du schwul?“
„Pssst!“, hastete er mir, legte die Hand auf den Mund und stöhnte, warf frustriert die Hände in die Höhe und vergrub seinen Kopf in den Armbeugen. Er lehnte sich vor, als wäre er besoffen und frustriert zugleich. Ich blickte auf den Cocktail. Er hasste eigentlich Alkohol. Er wollte sich also Selbstvertrauen antrinken.
Ich wollte ihm vorsichtig an die Schultern tätscheln, als ich ein Hüsteln vor uns wahrnahm. Der Barkeeper schüttelte stumm den Kopf und lächelte zaghaft. Ich nickte, nahm die Hand wieder weg und blickte zu Rambo, der aussah, als würde die Welt zusammenbrechen.
„Findest du das schlimm?“
„Nein, ja...keine Ahnung. Ich meine, es ist ja nicht schlimm, keiner würde mich verurteilen.“ Er sah mich an, als würde ich das gerade tun und sah wieder zum Ausgang. Der Raum füllte sich langsam, allerdings war der Mann, auf den Rambo sehnsüchtig wartete, immer noch nicht in Sicht.
„Okay, bevor ich frage, wer es ist, würde ich fragen, wieso du dir so unsicher bist? Du hattest doch noch nie einen Freund.“
„Ja, aber abertausende Weiber! Und jetzt kommt ein Politiker einfach in meinen Gym, ich sehe ihn und konnte die Augen nicht von ihm lassen. Und ich dachte erst, es ist seine Ausstrahlung! Aber nein, er beachtete mich zunächst nicht, dann ganz langsam redete er mit mir. Erst so das typische Gehabe wie: Welche Übung mache ich wie richtig. Dabei konnte er schon alles. Er wollte mit mir reden und ich konnte meine Augen nicht von seinen Lippen lassen. Weißt du welche Gedanken ich hatte, als er gesprochen hat?“
„Ich wills nicht konkret wissen. Aber ja.“ Der trockene Tonfall ließ seine Schulter hinabhängen. Enttäuscht blickte er zu mir, als hätte er sich ein wenig mehr von mir erhofft. Ich versuchte es erneut.
„Und habt ihr euch schon getroffen?“
„Nein, das wäre unser erstes richtiges Date.“
„Und du hast dich so schick hergemacht, weil er ein Politiker ist?“ Ich konnte mir beim besten willen nicht ausmalen, wie ein Sportler und ein Politiker zusammen sein konnten, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Rambo nickte nur, ließ den Kopf hängen.
Ich drückte ihm die Schulter, als hinter uns ein Räuspern erklang.
„Gunnar?“, fragte jemand, dessen Bassstimme sicher einige Mädchenherzen hätte höherschlagen lassen. Oder eben Männerherzen. Ich drehte mich um und stockte.
Graue Augen wie die Meinen blickten stahlhart auf uns, während die Größe von eins achtzig durch das locker sitzende Jackett betont wurde. Der Ansatz von grauem Haar unterstrich seine eiskalte Aura, die sowohl direkt als auch Gradlinigkeit ausstrahlte. Das Blau stand ihm gut, sowohl mit dem farblich passenden Halstuch als auch der locker sitzenden Jeans. Er sah aus wie ein Schauspieler, während das Lächeln wirklich entwaffnend war. Er legte den Kopf schräg.
Gunnar dagegen ignorierte mich nun vollends. „Mein Mann der Exekutive!“ Er warf die Arme beiseite und von seiner Unsicherheit war nichts mehr zu sehen. Sein Gegenüber grinste, lächelte und beide umarmten sich herzlich wie alte Freunde. Es schien wie ein Insider, als der Politiker angab: „Mein Mann vom Gym!“ Rambo nickte mir zu, während ich an den Tresen sitzen blieb und beide sich in die hinterste Ecke des Restaurants verzogen.