~ EPILOG ~
„Ich werde Patenonkel?!“, ruft Duncan und springt voller Elan vom Stuhl auf, den er mal wieder rittlings in Beschlag genommen hat. „Du bist schwanger, Ri? Ich werd verrückt!“
Grinsend beobachte ich den besten Freund von Calin und schüttle dann amüsiert meinen Schopf, weil er sich wirklich freut wie ein Schneekönig. Lang haben wir mit den Neuigkeiten hinter dem Berg halten müssen, damit ich wirklich über die kritische Zeit hinweg bin. Nachdem wir meine Mutter und Schwester eingeweiht hatten, haben wir Duncan und Fiona zu uns eingeladen und die Bombe quasi platzen lassen. Calin hat den Part übernommen und den Beiden stolz grinsend mitgeteilt, dass sie die Paten unseres ungeborenen Babys werden.
In den letzten Wochen hat sich einiges getan und ich bin so glücklich wie niemals zuvor. Ganz offiziell bin ich bei meinem persönlichen Bodyguard auf Lebenszeit eingezogen, die Handlanger von Wassib wurden größtenteils verhaftet und sein Vater hat uns informiert, dass er uns in Zukunft in Ruhe lassen wird und keine Rache verüben möchte, da er mit dem beschämenden Verhalten seines nun verstorbenen Sohnes nichts zu tun haben möchte und sich nachdrücklich davon distanziert. Diese Nachricht hat mich vor Erleichterung fast zusammenbrechen lassen, was Calin ganz schön erschreckt hat.
„Wird es eine Prinzessin, oder ein Prinz?“, möchte Fiona neugierig wissen.
„Tja – das ist hier die Preisfrage. Bisher wollte er, oder sie, sich noch nicht outen. Mal schauen, ob man es bei den nächsten Ultraschalluntersuchungen sehen kann, oder ob es für uns alle bei der Geburt eine Enthüllung geben wird. Scheinbar ist unser Nachwuchs schüchtern“, antwortet Calin nach einem kurzen Blick auf mich, um sich zu versichern, dass er weiterhin Details verkünden darf.
„Ich gehe eher davon aus, dass Baby Moldovan deine Coolness geerbt hat und einen großen dramatischen Auftritt hinlegen will. Vermutlich wird das Kind mit verspiegelter Sonnenbrille und Lederjacke auf die Welt kommen und uns einen Daumen nach oben zeigen“, meint Duncan sarkastisch grinsend.
Kichernd nehme ich einen Schluck von meinem Pfefferminztee und lehne meinen Kopf dann an Calins Schulter an, einfach um seine Nähe und Wärme zu genießen. Noch vor einem halben Jahr hätte ich niemals auch nur davon geträumt einen so wundervollen Mann kennenzulernen, der sich obendrein noch für mich interessiert und verliebt, in einem Haus am Meer zu wohnen und obendrein mit einem Baby der Liebe schwanger zu sein. Ausgerechnet ich wurde vom Glück geküsst und habe noch dazu zwei tolle Menschen kennen gelernt, welche für mich durch das Feuer gehen würden, genau wie mein geliebter Bodyguard. Meinen Job in der Bar habe ich vorerst aufs Eis gelegt, damit ich genügend Schlaf bekomme und meinem Hauptjob nachgehen kann, der mir nach wie vor Spaß macht. Wenn das Baby auf der Welt ist und etwas älter ist, werde ich am Wochenende ab und zu George in der Bar aushelfen, während Duncan und Fiona den Babysitterjob mit Freude übernehmen werden. Ohne Calin werde ich nicht in der Bar arbeiten, was für mich vollkommen in Ordnung ist, da er mir die aufdringlichsten Gäste allzu gern vom Hals halten kann und wird.
„Arsch.“
„Den habe ich, sogar einen ganz knackigen.“
„Ich muss übrigens das Essen am Samstag in einer Woche absagen, Leute“, kratzt sich der Rothaarige verlegen den Nacken. „Mir ist da etwas dazwischen gekommen.“
„Dazwischen gekommen? Eine Frau?“, stößt Fiona ihm den Ellenbogen in die Rippen und er stöhnt sichtbar gespielt auf, sich die Stell haltend, die sie getroffen hatte. „Wie heißt sie?“
„Es ist nicht so, wie ihr denkt. Das ist kein romantisches Date. Ich muss nur… Sagen wir, ich muss eine kleine Kratzbürste zur Wiedergutmachung ausführen, damit sie mir nicht doch noch eins über den Schädel zieht. Vermutlich kann ich froh sein, dass ich kein blaues Auge davongetragen habe und in einem Stück hier in dieser illustren Runde sitze.“
„Was hast du angestellt, du Trampel? Hast du ihr ihre Cola über die Bluse gekippt, weil du versucht hast den Kellner zu spielen, als ich in der Mittagspause war?“, kichert Fiona und er verdreht die Augen.
„Nein“, schüttelt er den Kopf. „Es war ein Teller Spaghetti Bolo-“
Prustend schlägt sie ihm mit der flachen Hand zwischen die Schultern und Duncan hustet, sich an der Rückenlehne vor sich festhaltend, damit er nicht samt Möbelstück vorn über kippt. Unterdrückt kichernd schaue ich zu Calin rüber, welcher grade mit den Fingern über seine Stirn reibt und gottergeben die Augen verdreht. Vermutlich fragt er sich grade, womit er solch Freunde eigentlich verdient hat. Mich amüsiert das Ganze wirklich sehr. Die Beiden sind wie Feuer und Wasser, während Calin sich dezent im Hintergrund hält, jedoch immer mal wieder ironisch-sarkastisch kommentiert und auch mal den ein oder anderen Witz einbringt. Nach und nach ist er immer mehr aufgetaut und lockerer geworden, was mich definitiv freut.
„Über den Kopf? Oder doch direkt in den Ausschnitt?“ Fiona kann es nicht lassen und will mehr Input über den Fauxpas ihres Chefs und guten Freund erlangen.
„Nicht direkt. Ich bin über meine eigenen Füße ins Straucheln gekommen, habe mich gefangen und während ich damit beschäftigt gewesen bin, mich nicht lang zu machen, ist mir wohl der Teller aus der Hand gerutscht und, nun ja, auf dem Tisch zerschellt und der Inhalt dessen hat sich einmal im halben Gastraum verteilt, einige Nudeln haben sich auf ihr Oberteil künstlerisch niedergelassen und dabei ist der Orangensaft natürlich in ihrem Schoß gelandet", erklärt er sichtlich peinlich berührt und wirft Fiona einen Blick zu. "Aber ich weiß überhaupt nicht, warum du so tust, als würdest du das Ganze zum ersten Mal hören... Schließlich habe ich dir erzählt, dass es einen Zwischenfall mit der Bolognese gegeben hat, als ich das Gericht noch einmal in Auftrag gegeben habe."
Nun platzt das Lachen auch aus mir heraus und ich halte mir die Hände vor den Mund, um die Lachattacke wenigstens ein bisschen zu dämpfen, Fiona hingegen biegt sich auf ihrem Stuhl und hält sich den Bauch, mit der anderen Hand wischt sie sich die Lachtränen aus dem Gesicht. Calin ist hin- und hergerissen und schwankt zwischen verzweifeltem Aufstöhnen und unterdrücktem Lachen, was mich natürlich direkt noch mehr dazu animiert meinem Amüsement Ausdruck zu verleihen. Duncan reibt sich mit beiden Händen über das Gesicht und schüttelt immer wieder seinen Kopf, verlegen, aber ebenso halb belustigt, was ich an seinen zuckenden Mundwinkeln erkenne, als ich mich halbwegs wieder im Griff habe.
"Darf ich dich etwa nicht aufziehen und wenigstens so tun, als seien meine Hände in Unschuld gewaschen?", schmollt Fiona und streckt Duncan die Zunge raus. "Blödmann!"
„Dein zweiter Vorname ist sicherlich ‚Pechvogel‘, oder?“, feixe ich grinsend.
„Nope. James“, streckt er mir die Zunge heraus.
„Duncan James? Interessant.“
„Nachdem ich mich also zum Lachs gemacht habe, bin ich dann also entschuldigt?“
„Ausnahmsweise. Sollte sich Liebe aus diesem… Fiasko entwickeln, möchten wir sie jedoch umgehend kennenlernen, hörst du? Verzeiht sie dir diesen ersten imposanten bleibenden Eindruck, ist sie die Richtige für dich“, werfe ich zwinkernd ein.
„Die Frau solltest du am besten direkt mit einem Antrag an dich binden, bevor es ein Anderer tut“, fügt Fiona mit vor ihrer Brust verschränkten Arme hinzu und Duncan verdreht die Augen.
„Ihr übertreibt wieder maßlos. Frauen… ehrlich. Cal, wie hältst du es bloß mit diesen beiden Hühnern aus, wenn sie jeden dritten Tag das Wohnzimmer belagern und gackern?“
„In meiner Gegenwart sind sie umgänglich; muss also an dir liegen, sorry man.“
Vielleicht findet Duncan endlich seinen Deckel und damit die Frau, die sein Herz erobert. Nachdem er seine erste große Liebe verloren hatte, ohne sie überhaupt ausleben zu können, würde ich ihm dieses Glück von Herzen gönnen. Die Frau, die ihn zum Mann bekommt und sich seine Liebe verdient, wird eine der glücklichsten weiblichen Wesen auf Erden sein, da bin ich mir absolut sicher. Fiona hingegen hat absolut kein Interesse an der Männerwelt, wiegelt jegliche Verkupplungsversuche rigoros ab und versichert mir immer wieder, das der Richtige für sie noch geboren werden musste. Sie hofft doch tatsächlich, dass wir einen Sohn bekommen, der genau so hübsch wie seine Eltern wird, um ihn sich zu sichern und direkt ein wenig zu erziehen.
Glücklich lehne ich mich zu meinem geliebten gälischen Beschützer, schiebe meine rechte Hand in die Haare in seinem Nacken und er dreht mir verliebt lächelnd sein Gesicht zu, schenkt mir somit seine volle Aufmerksamkeit und ich verharre in meiner Position, kurz bevor sich unsere Lippen zu einem Kuss treffen.
„Ich liebe dich, Calin Moldovan. Du bist das Beste, was mir jemals passieren konnte. Du und unser gemeinsames Baby.“
Ein kollektives Seufzen ist im Hintergrund zu hören, als Calin mich nach einem „Und ich liebe dich, mo chridhe“ zärtlich küsst.
ENDE