Ende der 1970er-Jahre wurde eine umfangreiche Befragung zum Thema Wellensittich-Haltung durchgeführt. Diese hat ergeben, dass die Einzelhaltung die Regel war. Nur selten wurden zwei Vögel im Käfig gehalten.
Quelle: R. Schöne, P. Arnold; „Der Wellensittich – Heimtier und Patient“; VEB Gustav Fischer Verlag Jena; 1980
Diese Art der Wellensittich-Haltung hat die Menschheit über Jahrzehnte hinweg beeinflusst und geprägt. Bis heute. Denn trotz regelmäßiger Berichterstattung über die Einzelhaltung als tierschutzwidriges Vergehen wird der Wellensittich nach wie vor noch häufig einzeln gehalten. Die meisten Menschen sind damit groß geworden. Bis weit in die 1990er-Jahre war es gang und gäbe, dass eine Vielzahl der Verwandten und Bekannten EINEN Wellensittich besaßen. So war das eben. Ich kenne auch noch den Satz: »Was willst DU denn mit einem zweiten Wellensittich? Einer reicht doch für DICH.« Was dem Vogel reicht und was nicht, stand nie zur Debatte. Hatte jemand doch mal mehr als einen Sittich, dann wurde er direkt ein wenig belächelt, war zumindest aber ein Kuriosum.
Um die Jahrtausendwende, nachdem Haustiermagazine im Fernsehen immer populärer wurden und generell mehr über den Natur- und Tierschutz nachgedacht wurde, wurden immer mehr Stimmen laut, die eine Einzelhaltung ablehnten und dazu aufforderten, mindestens zwei Wellensittiche zu halten.
Ich habe zwar keine Studien, die das belegen, jedoch hatte ich damals das Gefühl, dass das Interesse an der Wellensittich-Haltung zeitgleich rapide abnahm. In den 90ern hatten etwa 70–80 Prozent der Menschen in meinem Umfeld einen Wellensittich. Plötzlich niemand mehr und auch sonst schien das Thema Wellensittich irgendwie nicht mehr präsent bei den Leuten zu sein. Ob es nun wirklich einen Zusammenhang gab, dass man auf einmal überall gesagt bekam, dass ein zweiter Welli her muss, weiß ich natürlich nicht. Aber der Verdacht liegt nahe.
Viele Menschen fühlten und fühlen sich durch das lautstarke „Tierquäler!“-Gebrüll zutiefst verletzt, welches plötzlich aus allen Ecken ertönte. Doch das ist in vielen Fällen ein zu hartes und ungerechtes Urteil. Nicht immer hockte das Vögelchen sein Leben lang ohne Freiflug in einem Mini-Käfig in der Küche (wo ein Tier nichts zu suchen hat!). Denn die allermeisten Menschen liebten ihren Wellensittich über alles. Verbrachten viel Zeit mit ihm und taten alles für ihn. Er war Mittelpunkt der Familie. Der Vogel liebte seine Menschen umgekehrt genauso. Er kannte es ja nicht anders. Es war ein Geben und ein Nehmen geprägt durch ganz viel Liebe und Zuneigung.
Einen solchen Menschen als Tierquäler zu bezeichnen ist meiner Meinung nach das Allerletzte. Auch wenn ich heute selbst dafür stehe, einen Wellensittich nicht allein zu halten, würde ich niemals einen Menschen als Tierquäler beschimpfen, ihm irgendwelche Paragrafen aus dem Tierschutzgesetz um die Ohren hauen oder sonst irgendetwas der Gleichen. Das gehört sich nicht, das verletzt Menschen und führt in keiner Weise zum Ziel! Dennoch ist Aufklärung wichtig. Vor allem vor der Anschaffung eines Haustieres. Aber höflich und respektvoll. So wie man in den Wald rein ruft, so schallt es zurück.
Gute Plattformen dafür sind Instagram oder auch YouTube geworden. Statt zu schimpfen und zu beleidigen, lasst lieber eure Fotos und Videos sprechen oder gebt kleine lieb gemeinte Hinweise und Tipps. Zeigt, wie glücklich und artgerecht das Leben im Schwarm für die Vögel ist und, dass die Tiere dennoch zutraulich ihrem Menschen gegenüber werden können. Oftmals werden die Vogelhalter dann viel zugänglicher.
TIERLIEBE DARF NIEMALS IN MENSCHENHASS AUSARTEN!