Ein ohrenbetäubendes Kreischen durchbrach die frühmorgendliche Stille in den Schottischen Highlands und die in der Region verbliebenen Vögel und anderes Getier stoben erschrocken auf und suchten das Weite.
"PIPER BARLOW WAS ZUM HENKER HAST DU DIR DABEI GEDACHT???", schrie Prudence Barlow aufgebracht.
Es folgte ein Poltern und leise Flüche, während Piper verschlafen die Treppe runter purzelte. Unten angekommen sah sie ihre Mutter fragend an, blinzelte, rieb sich die Augen, blinzelte ein weiteres Mal und brach dann in schallendes Gelächter aus.
"Ups", murmelte sie halberstickt vom Lachen.
"Ups? UPS? ICH GEB DIR GLEICH UPS!!!", fauchte Prudence und griff nach dem Kochlöffel, nur dass sie diesen nicht greifen konnte, da sie nicht mehr über Hände verfügte.
Piper lachte nur noch mehr, als ihre Mutter ihre Drohung nicht wahr machen konnte.
"Tut mir leid, Mom … wirklich … ich … ich muss mich verzaubert haben", sagte sie und biss sich auf die Unterlippe, um ihre Mutter voll erzwungener Ernsthaftigkeit anzusehen.
"Verzaubert? Du solltest deine Zauberbücher noch nicht einmal ohne Aufsicht ansehen, junge Dame. Jetzt sieh zu, dass du deine Großmutter herholst, damit sie mir hilft das hier rückgängig zu machen. Ich kann so nicht arbeiten", sagte Prudence und legte sich dann ihren behuften Arm an die Stirn, aus welcher ein wunderschönes, aber auch sehr schweres Geweih wuchs.
Piper tat wie ihr geheißen und lief nach nebenan, um ihre Großmutter Phoebe zu holen.
Als sie zusammen zurückkamen, war die Verwandlung von Prudence weiter fortgeschritten und statt mit dem Fuß, tappte sie nun mit einem weiteren Huf auf die Fliesen und sah ihre Tochter schnaubend und ziemlich genervt an.
Piper blickte auf ihre Hände hinab und bekam allmählich doch ein schlechtes Gewissen. Zumindest bis ihre Großmutter ihre Schulter sanft drückte.
"Mach dir keine Gedanken, Pips. Deine Mutter hat mich als Jugendliche Hexe auch so manches Mal verzaubert. Das hier ist einfach nur das Karma, dass zuschlägt und ich gehe davon aus, dir wird das mit deinen Kindern irgendwann ähnlich gehen", sagte Phoebe, bevor sie in Prudence's Zauberlabor verschwand, um dort ein Gegenmittel zu mischen.
Kaum eine Stunde später flößte sie der inzwischen vollkommen zum Elch gewordenen Prudence den noch heißen Trank ein, zählte bis drei und mit einem Puff war Prudence wieder in all ihrer Schönheit zurück in der Küche. Sie schüttelte sich, meckerte über den widerlichen Geschmack des Tranks, bevor sie sich bei ihrer Mutter bedankte und Piper eine Nackenschelle verpasste, bevor sie sie in ihre Arme zog und ihre Stirn küsste.
"Wenn du dich noch einmal verzaubern willst, versuch es mit Großvater Barlow. Der ist dieses Elend gewöhnt", murmelte sie ihr kichernd ins Ohr und schickte sie dann auf ihr Zimmer.
"Das hast du ihr jetzt nicht wirklich gesagt, Pru", sagte Phoebe entsetzt.
Prudence grinste nur amüsiert. "Jede von uns musste diese Erfahrung machen, Mum. Warum also nicht auch Piper?"
Phoebe überlegte einen Moment und nickte dann. "Wo du Recht hast", murmelte sie und klopfte ihrer Tochter auf die Schulter. "Tu mir nur einen Gefallen, werd so schnell nicht wieder zum Elch. Ihr habt nicht mehr alles fürs Gegenmittel da"
"Ja, Mum"
Augenrollend verließ Phoebe das Haus ihrer Tochter, die sich nun endlich der Zubereitung ihres Frühstücks zuwenden konnte.