Auf dem Parkplatz warten Tom und Thomas, die uns die tonnenschweren Einkäufe abnehmen, und hinunter zum Boot schleppen.
Auf Höhe des Unterstandes voller leerer Bollerwagen zuckt Steffis Hand nur einmal vage dorthin.
Ich lächele in mich hinein und zucke die Achseln, während wir wie die Königinnen hinter den Sherpas her laufen.
Warum sie keinen Bollerwagen nehmen, wird ein Geheimnis bleiben.
Immerhin herrscht Ordnung auf dem Boot.
Zwei Flaschen Bier werden für den späten Abend in den Kühlschrank gestopft, dessen mittleres Regal voller vakuumisierter, vorgekochter marinierter Spare-Ribs ist.
Nicki nölt nicht mehr, weil er Pommes hatte, und Jan zeigt sich zufrieden mit dem BunBo-W-Lan.
Wir Frauen sitzen auf meinem Bett und googeln nach Restaurants. Die Uhr zeigt bereits halb sieben. Steffi, im Schneidersitz sitzend, runzelt die Stirn. „Das gibt es doch nicht. Die machen hier um 17 Uhr zu.“
„Na ja. Brandenburg“, summe ich zufrieden, obschon der Magen knurrt.
„Hier! Das Haus am See! Da können wir hin“, sie dreht den Kopf zur Tür, „Hase! Wir können am Haus am See essen.“
„Wenn wir da noch einen Tisch kriegen.“
„Das ist auch nicht weit von hier.“
„Da kriegen wir bestimmt keinen Tisch mehr.“
Die Diskussion, das weiß ich aus Erfahrung, wird noch ewig so weiter gehen, deshalb reiße ich das Heft an mich, in dem die Telefonnummer verzeichnet ist, schwinge in den Rolli und suche meinen Göga auf. „Ruf‘ da mal an.“
„Ich glaube nicht, dass wir noch einen Tisch für sechs Personen...“, schwimmt Thomas‘ Stimme im Hintergrund.
„Das sieht total schön aus“, jubelt Steffi.
„Gibt es da Steak?“, wirft Jan in die Runde.
„Guten Abend, mein Name ist A. Sagen sie, hätten sie heute Abend noch einen Tisch für sechs Personen frei?“
„Vielleicht muss man hier auch reservieren“, mault Thomas.
„Wegen Corona?“, ich kann mir nicht helfen, Steffi klingt spitz.
„Ich esse ein Steak.“
„Gut, wir sind dann in einer halben Stunde da“, Tom beendet das Gespräch und die Debatte der anderen mit einer klaren Ansage: „Auf. In einer halben Stunde sollen wir da sein.“
Wir trudeln mit zwei Autos ein, weil nicht weit ein relativer Begriff ist, parken auf einem Schotterparkplatz im Grünen, auf dem ich nicht selbst fahren kann, lasse mich von Thomas schieben und falle aus dem Rollstuhl, weil er nicht ankippt, und sich die kleinen vorderen Lenkräder in den Schotter graben.
„Also wirklich!“ Ich schrubbe mir den Staub von der Hemdbluse und schicke ihm giftige Blicke, derweil mir Steffi wieder hinein hilft. „Weißt du noch in Dänemark?“, kichert sie.
Ich wische mir den Schmutz von der Hose. Natürlich weiß ich das noch. Wie Thomas mir zwei Stufen runter half, wie wir beide zu Boden gingen, und ihn die hasserfüllten Blicke aller Mitarbeiter/innen des Einrichtungshauses Bahne in Viborg/DK trafen.
Ich muss lachen, Stürze dieser Art sind häufig, und nicht der Rede wert, aber das Lachen bleibt mir im Halse stecken, als ich sehe, wie Nicolas, zehn, am Steuer des Dodge Challangers sitzt, und wie ich die Stimme meines Mannes höre, die sagt:“Drück‘ doch mal den Knopf da.“
„Nein!“, schreie ich.
„Den da?“, der kleine Finger wandert zum Startknopf, Schlüssel braucht man ja nicht mehr.
„Ja, drück‘ mal.“ Alle drei Männer sind um die Karre versammelt.
„Nein!“, schrille ich, „Ich kann nicht hinsehen!“
Der Motor röhrt.
Dröhnt und brummt, dazwischen Nicolas begeistertes Lachen.
„Nimm das Kind hinter dem Lenkrad weg!“, fordere ich panisch mit den Händen fuchtelnd, und atme erleichtert aus, als der Motor erstirbt. Im Palaver über Zylinder und PS erreichen wir die Terrasse des „Haus am See“, wo wir von einer Bedienung freundlich empfangen werden.
Sie lotst uns zu einem schönen großen Tisch. „Sie können ja hier sitzen“, sagt sie explizit zu mir und weist auf ein Kopfende.
„Ich würde lieber neben meinem Mann sitzen“, wende ich gereizt ein.
„Aber wenn sie hier sitzen...“
„Ich sitze neben meinem Mann.“
Ihr Gesicht nimmt einen verkniffenen Ausdruck an.
„Bei einer Windgeschwindigkeit von 30 Km/h dürfen wir nicht fahren“, erklärt Tom.
„Gibt es hier Steak?“
„Wir wollen die Tour II fahren“, erläutert Steffi und setzt sich auf einen Stuhl, „aber die geht über den Plauer See, der bei Südwestwind gefährlich sein soll. Zumindest für Hausboote.“
„Morgen ist Südwestwind“, gebe ich zum Besten und gucke in die Karte.
„Dann fahren wir morgen nach Pritzerbe und beginnen die Tour II übermorgen“, schlägt Jan vor.
„Einverstanden“, das kommt von Tom, der uns alle ansieht.
Wir nicken synchron. Erst mal rausfahren, ankern, schwimmen und Kajak fahren.
„Die Damen möchten bestimmt einen Aperol-Sprizz.“ Die Bedienung strahlt uns an.
„Äh, nein“, Steffi nimmt die Karte auf, „Wenn sie einen Gin Fizz machen würden?“
„Ja, das geht“, der Bedienungs Kopf wendet sich mir fragend zu.
„Basil mash?“
Sie klimpert mit den Wimpern. „Ich weiß nicht....“
„Dann nehme ich einen Aperol.“
Ich muss es den Leuten ja nicht unnötig schwer machen.