Später grillen wir Thüringer Rostbratwürste und machen einen Salat mit Feta dazu. Eine Dose gefüllte Weinblätter, einen Mozzarella und Tomaten haben wir auch noch, und während des Essens, das wir drinnen einnehmen, weil es draußen ohne Jacke einfach zu frisch ist, guckt Steffi auf einen Angler, der neben seinem vertäuten Boot steht und seinen Fang erwartet. "Guck mal, da angelt Ragna Röck."
Verdutzt sehe ich sie an.
"So sieht der Typ halt aus. Er ist circa dreißig und hat eine Glatze."
"Obwohl Glatzen ja auch häufig nur auf Haarausfall zurückzuführen sind", werfe ich in der Hoffnung ein, nicht ewig Vorurteile bestätigt zu bekommen. Aber Steffi steht auf und schnappt sich den Feldstecher.
Durch diesen hindurch linsend gibt sie einen Sachstandsbericht, den sie um so leichter abgeben kann, weil der Typ, Marke Götterdämmerung, des miserablen Wetters zum Trotz, mit nackten Oberkörper angelt.
"Der hat die Reichskriegsflagge über den Rücken tätowiert."
"Bitte nicht", jammere ich gekünstelt, ihr das Fernglas entreißend, mit dem ich den Typen einer genaueren Analyse unterziehe.
Schwabbelbauch, demonstrative Tatoos. In einer Hand die Angel, in der anderen eine Flasche Bier, steht er neben seinem Boot.
"Die Elite des deutschen Volkes", wispere ich zynisch, derweil ich mir den Knaben als Teil einer besoffen randalierenden Bande vorstelle, "wankt gerade auf ihr Boot zu."
Steffi nimmt mir das Fernglas weg. "Das Boot heißt Odin."
"Ja, und Odin kotzt gerade, da oben in Valaskjalf."
Sie kommt zurück und legt den Feldstecher auf den Tisch. Dabei verzieht sie den Mund gereizt.
"Mich nervt das. Die alten Göttersagen eigenen sich hervorragend für Geschichten. Aber man kann so was ja kaum schreiben, ohne direkt in eine Ecke geschoben zu werden."
"Wenn es Satire ist, geht es", meint Tom augenzwinkernd meine Geschichten und leert das Letzte der neu hinzugekauften Flaschen Corona.
Thomas geht in seiner Rolle als Grillmeister auf, was einiges über sein Männerbild sagt, das gehörig ins wanken gerät, als seine Gemahlin kurz darauf verkündet, jetzt, da die Sonne rauskäme, mit mir kajaken gehen zu wollen.
"Und wer räumt hier auf und spült?"
Sie haucht ihm einen Kuss auf die Wange, den ich irgendwie ironisch finde, und als Tom uns regenjackengefestigte Damen ins Kajak hilft, wispere ich ihm zu: "Hilf ihm spülen und aufräumen. Er hat da Probleme mit."
Mein Mann runzelt verwirrt die Stirn.
"Warum das denn?"
Damit meint er nicht, warum er spülen soll.
"Ich weiß es doch nicht."
"Okaaayy", zieht der Mann das Wort lang, der keine Vorstellung davon hat, was Männersache und was Frauensache ist.
Wir paddeln und verlieren kein Wort darüber.
Wir paddeln verdammt lange, beobachten Haubentaucher, Blesshühner und umrunden, wie die Schwäne, die anderen BunBos, ohne, im Gegensatz zu denen, zu erwarten, dass man uns Futter hin wirft.
Als wir zurückkehren, blitzt die kleine Küche und der Tisch ist für den Kartenabend präpariert.
Tonnen von Süßwaren stehen neben den Karten.