Zu beschreiben, wie das Schwimmen und Kajakfahren war, wie traumhaft die Natur und die Tiere waren, wäre eine Wiederholung.
In jedem Fall ist es eine Entschädigung für Havelberg, denn auf dem Wasser ist es wundervoll, und wir müssen nichts angucken, das deprimierend oder beklemmend wäre.
„Ich kann die Menschen hier nicht begreifen“, schimpft Steffi, während wir anderntags dem Hafen entgegen schippern, „Hier ist es so schön. So viel kann man hier machen. Boot fahren, schwimmen, angeln, Wasserski. Das alles ist ein Paradies auf Erden. Warum machen sie nichts draus?“
„Ich weiß es doch nicht“, ich ziehe mein Hoody enger um mich. Der Wind frischt auf und wird immer kühler, „Vielleicht muss man das soziologisch angehen.“
„Das hat bestimmt mit der DDR zu tun“, kommt von Jan, der sich einen Tee macht, „kann ich nicht erklären, aber diese schlechte Laune überall. Als ob es die Mauer noch gäbe.“
„Für einen Fünfzhenjährigen eine zwar nicht reflektierte, aber bemerkenswerte Äußerung“, ich nippe am Kaffee.
„Mama ist Geschichtslehrerin“, er grinst schief und schiebt sich das blonde, an den Seiten gestutzte Haar nach hinten, „Meine Patentante ist auch Historikerin.“
Er knufft mich auf den Oberarm, weil er mich meint, und geht mit der Teetasse hinaus zu den Männern, die kernig im Wind stehen und mit gewichtiger Miene geradeaus starren.
Ich betrachte meinen Mann und ein warmes Gefühl breitet sich in meinem Herzen aus. In Cargo-Bermudas, mit nacktem Oberkörper, groß, blond, muskulös...hach, einfach immer noch sexy. Was mich dazu bringt, das Bad aufzusuchen, um mich aufzupimpen.
Dazu mache ich die Pumpe an.
Obwohl ich auch das Yacht-WC aufsuche.
Danach linse ich aus der Tür: „Ich würd‘ mir gerne die Haare waschen und nicht lufttrocknen lassen. Wir haben doch ein Verlängerungskabel für Landstrom.“
„Aber ihr habt keinen Föhn“, ruft Thomas und ich höre noch, wie Tom schmallippig grinsend einwirft: „Doch, doch. Die haben einen Föhn.“
„Aber hier gibt es nur 12 Volt“, Thomas ist sich seiner Sache sicher, „Wozu sollte man unter diesen Voraussetzungen einen Föhn mitnehmen?“
„Sie haben einen Föhn“, beharrt der Steuermann amüsiert.
Und ja, den hat Steffi schon rausgekramt, ebenso wie das Verlängerungskabel für Landstrom. Wir duschen nacheinandern und legen reinigende Gesichtsmasken auf, die uns blau wie Schlümpfe aussehen lässt. Nicki kullert sich vor Lachen auf dem Bett-Sofa, was wir milde lächelnd ignorieren.
Ich wasche meine als erste ab und krame im Beautycase, wo ich nicht fündig werden.
„Ich nehm‘ deinen Primer!“, rufe ich.
„Klar, kommst du dran?“
Es vergeht nicht viel Zeit, da läuft Tom auch schon mit dem Verlängerungskabel über den Steg und steckt auf dem Boot den Föhn ein. Dass Thomas nach sechszehn Jahren von so etwas noch überrascht sein kann, verwundert mich etwas, aber na ja. Tom kennt uns einfach schon 10 Jahre länger.
Während wir uns überkopf und ohne Spiegel föhnen, duschen die Männer. Alle, auch die Kinder.
Wir binden uns lose Dutts, zupfen Haarsträhnen zurecht und pudern uns das Näschen. Ziehen Sachen für eine richtige Stadt, aber die anderen bequeme Schuhe an. Und als wir nach Potsdam aufbrechen, am Hamburger vorbeiziehen, der als einziger gemächlich im Hafen liegt und auf dem Vorderdeck seinen Hund krault, oben auf Jan warten, der seine Haare seit einer gefühlten halben Stunde gelt, scheint die Sonne, aber der Wind wird stärker.
„Das ist das Beste, was ihr machen könnt. Hab‘ ne Seewasser-Wetter-App. wird grausam heute!“, ruft uns Hamburg hinterher.
Und ja, als wir die Autotür zuziehen wollen, wird sie uns aus der Hand gerissen.