„Bist du wieder unter den Lebenden?“, hörte ich seine Stimme schließlich leise an meinem Ohr. Träge öffnete ich die Augen und wollte sie dann aus Scham gleich wieder schließen, aber er ließ mich nicht. Sein Blick war forschend, aufmerksam, aber in keiner Weise verhöhnend.
„Wende den Blick nicht ab, als hättest du etwas, wofür du dich schämen musst, Elena“, wies Jan mich mit dunklem Unterton an, woraufhin ich zaghaft nickte.
„Ich – es war einfach sehr intim“, gab ich leise zurück und nahm das Glas entgegen, das er mir reichte. Seine Augen musterten mich, lächelten dann aber schließlich, als er einsah, dass es mir gut ging.
„Das war es. Und wunderbar. Trink das Wasser. Das war für dich anstrengend“, seufzte er und zog mich dann sanft an seine Brust. Ich schloss kurz die Augen, fühlte in mich hinein. Ich war erfüllt von dieser Trägheit, die mich zufrieden einlullte. Meine Glieder waren schwer, aber ich war nicht müde. Im Gegenteil, ich wollte reden und fühlen und irgendwie auch nicht. Es war sehr verwirrend. Kurz war ich am Überlegen aufzustehen, die Nähe, die Jan mir gab, ein wenig zu verdrängen. Ich war keine kuschelige Person. Grundsätzlich nicht. Enger Körperkontakt viel mir häufig schwer, egal ob bei Freunden oder Bekannten. Meinen Chef auf der Arbeit zum Geburtstag umarmen? Furchtbar! Dass er mich so schwach gesehen hatte, machte es nicht besser. Erst recht nicht, weil ich es so dringend gewollt hatte.
„Erzählst du mir, was durch deinen Kopf geht?“, er musste mich nicht anschauen, um zu wissen, dass ich nachdachte. Es war schon fast gruselig. Und eigentlich wollte ich nicht wirklich mit ihm reden. Was sollte ich auch schon sagen? Und was würde er antworten? Hey, war richtig heiß, aber schrei das nächste Mal einfach weniger rum, Sensibelchen. Vielleicht hatte es ihm ja aber auch gar nicht gefallen? Und ich? Danke Jan, dass ich kommen durfte? Im Leben nicht! Gekommen war er immerhin auch nicht, soweit ich das mitbekommen hatte. Und wenn er das jetzt von mir wollte? Wollte, dass ich ihn, obwohl ich keine Lust mehr hatte, in den Mund nahm? So richtete ich mich leicht auf, versuchte von ihm weg zu rutschen und etwas Raum zwischen uns zu bringen, was ihm offensichtlich missfiel.
„Ich höre?“, hakte er noch einmal nach, aber deutlich schärfer im Ton.
„Das, äh, war alles ganz nett. Ich steh aber nicht so auf das danach“, meinte ich schlicht und wollte aufstehen, aber er hielt meine Hand fest, sodass ich zurück auf das Sofa plumpste.
„So? Nett, hm? Wie wäre es damit. Du erzählst mir, was los ist und danach lasse ich dir Freiraum hinzugehen wo auch immer du willst“, schlug er vor, was mich nah an die Grenze brachte. Was sollte ich ihm denn nun sagen? Angst, Scham? Verwirrtheit? Konnte ich überhaupt ehrlich sein?
„Oder du lässt mich einfach gehen, wie es jeder normale Mensch auch tun würde?“, die Worte waren einfach aus mir herausgerutscht. Das passierte leider manchmal, wenn ich mich in die Enge gedrängt fühlte. Und scheinbar war es nicht die beste Antwort gewesen, denn Jans Blick wurde nun wirklich böse.
„Hör mir gut zu, Elena. Ich sage es dir nur einmal und ich hoffe, du prägst es dir gleich ein. Wenn ich mit einer Frau spiele, welches Spiel wir auch immer spielen wollen, dann bestimme ich die Spielregeln. Ich erwarte nicht von dir, dass du verliebt neben mir sitzt. Ich erwarte auch nicht von dir, dass du dich um mich kümmerst, wenn du es jetzt gerade nicht willst. Ja, deinen Blick habe ich durchaus deuten können. Aber verkauf mich nicht für dumm. In dir arbeitet es und ich werde es nicht zulassen, dass du den Scheiß in dich hineinfrisst, um dann als emotional Gestörte durch die Gegend zu laufen.“
Ich wollte etwas erwidern, aber seine Handbewegung schnitt mir das Wort ab. Zusammenzuckend musterte ich ihn. Seine Stimme war immer kälter geworden, obwohl ich mir eigentlich sicher war, dass das schon gar nicht mehr ging. Offensichtlich hatte ich ihn richtig verärgert. Das hatte ich ja prima hinbekommen.
„Wage es ja nicht mich zu unterbrechen. Du wirst dich jetzt mit mir hinsetzen und mir in mein Gesicht sagen, wie es kommt, dass du gerade noch flehend in meinen Armen gelegen hast und dich jetzt in dein Schneckenhaus verkriechst. Und wir werden darüber reden, ob du es willst oder nicht. Und danach wirst du dich verdammt nochmal für den Abend bedanken und dann steht es dir frei in dein Zimmer gehen und weiter zu motzen oder hier zu bleiben, denn ich habe keine Lust meine Zeit mit einem bockigen, schmollenden Kind zu verbringen“, endete er seine Ausführungen, bei denen ich immer kleiner geworden war.
Die Daumen umeinanderdrehend holte ich tief Luft. Etwas in mir wollte, dass ich aufsprang und wegrannte, aber ein anderer Teil wollte es nicht. Er wollte, dass ich den Mut besaß mit ihm zu reden, auch wenn das jetzt gerade von Angesicht zu Angesicht schwer war. Allein schon, weil mir die Worte fehlten.
„Also?“, fragte er schließlich, woraufhin ich auf meine Unterlippe biss und zögernd nach oben schaute. Tränen sammelten sich in meinen Augen aus Scham und Wut über mich selbst, aber das änderte nichts. Ich wurde nur noch schwächer und schwach sein, das wollte ich nicht. Denn die Schwachen waren immer die, auf die zuerst losgegangen wurde. Die Verlierer und ich wollte doch kein Verlierer sein.
„I-ich weiß nicht. Ich glaub, ich glaub einfach ich habe Angst“, fing ich an und schluckte dann eine trotzige Träne herunter, die sich von meinen Augen zu meinem Mund gestohlen hatte.
„Wovor hast du Angst?“, hakte er nach. Er war weiterhin ruhig, fasste mich nicht an und strich auch meine Träne nicht weg. Dafür war ich insgeheim ein wenig dankbar, denn sobald er mich anfassen würde - und das war mir durchaus klar - würde es wie ein Wasserfall aus mir herausbrechen.
„Schwach zu sein? Ich weiß, das ist dumm, aber. Das, das war echt gut und ich habe es genossen, aber ich habe Angst, dass da so viel mehr dranhängt. Nähe zu dir bedeutet schwach zu sein, weil du der Dom bist und ich damit nicht. Wenn du sagst, wo es lang geht, bin ich nur ein dummes Schaf, dass folgt. Und ich will mich doch nicht aufgeben. Ich will nicht meinen Mund halten. Und ich will auch nicht benutzt werden, weil du gerade Bock draufhast, also glaub ich. Ich habe Angst, dass du mehr möchtest und dass ich mehr möchte und dass ich irgendwann vor den anderen auf den Knien durch die Gegend robben muss und das will ich einfach nicht“, schniefte ich, was natürlich überhaupt keinen Sinn machte. Meine Gedanken waren zu einem einzigen wabernden Ball verschmolzen, ähnlich eines großen Wackelpuddings, der zwar einzelne Informationen hergab, aber keine wirklichen Argumente. Und ich hatte einfach nicht aufhören können zu reden.
Zögernd sah ich nach oben und traf seinen Blick. Er sah nicht genervt aus, wenn überhaupt ein wenig besorgt.
„Komm in meinen Arm“, bat er schließlich leise, ohne ein Wort zu meinen Ausführungen zu sagen. Mein Herz blieb gefühlt stehen, während ich dem Atem anhielt. Aber was half es schon? Er würde mir nicht weh tun, würde mich nicht verletzen. Immerhin hatte ich doch auch zuvor dort gelegen, an seiner Brust, während seine Hände über mich gelaufen waren.
So rutschte ich wieder an den Platz, an dem ich zuvor nicht hatte sitzen wollen. Ein heftiges Schluchzen kam in mir auf, während ich mein Gesicht an seinem Hemd verbarg und dabei wahrscheinlich Makeup Spuren hinterließ. Jan störte das nicht, hielt mich nur fest, während die Tränen immer mehr wurden. Scham war ein furchtbares Gefühl für mich, eines, dass mich die Gliedmaßen einziehen ließ, während ich hoffte, dass der Boden sich unter mir auftat. Der Gedanke, dass jemand ein schlechtes Bild über mich haben könnte, war kaum ertragbar. Dass er nun meinen Heulkrampf mitbekam, half nicht weiter. Es machte es fast nur noch schlimmer. Aber Jan half mir, denn er sprach kein Wort, strich mir nur immer und immer wieder beruhigend über die Arme und nuschelte mir leise Dinge ins Ohr, die ich vor lauter Schluchzen nicht einmal verstand. Aber es zeigte die richtige Wirkung: Meine Tränen verebbten langsam und während meine Augen aufgequollen auf meine nervösen Finger starrten, räusperte er sich leise.
„Das was wir heute Abend gemacht haben, war ein Spiel. Ich war dumm genug keine festen Regeln festzulegen, weil ich dachte, dass es dir das einfacher machen würde, als vorher darüber mit dir zu reden“, erklärte er und strich eine meiner letzten Tränen von meinem Gesicht. Das störte mich jedoch nicht. Dass er mich hielt, half mir.
„Aber das hätten wir tun sollen, denn ich habe das Gefühl, dass die Unsicherheit dir nicht gefällt. Dieses Spiel dient ausschließlich unserer beiden Zufriedenheit, vielleicht auch Genuss. Ich kann nicht behaupten, ich sei nicht dominant oder kein Sadist, denn das stimmt nicht. Du kannst mir aber vertrauen, wenn ich dir sage, dass ich dich ohne Absprachen und ohne deinen Wunsch – so komisch das jetzt gerade klingen mag – niemals in eine derartige Situation bringen würde, in der du nicht deine Meinung äußern darfst oder ich dich gar zu etwas zwinge, was du nicht möchtest. ", er machte eine kurze Pause, in der sein Daumen wieder über meine Wange strich, die letzte Kruste der angetrockneten Träne entfernte und sich dann ein kleines bisschen aufsetzte.
"Subs oder Sklaven haben immer die Wahl sich zu unterwerfen oder nicht. Das hat nichts mit Schwäche zu tun, Elena. Sieh es lieber als eine Stärke. Sie haben den Mut einem anderen zu vertrauen und sich seinem Urteil zu fügen. Sie haben die Stärke Dinge für denjenigen zu machen oder auszuhalten, die sie vielleicht selbst nicht immer machen wollen oder können, aber mit ihrem Partner über sich selbst hinauswachsen. Ich kann nicht versprechen, dass dich dieses Spiel nicht emotional mitnimmt, aber ich kann dir versprechen, dass es mich mitnimmt. Jede Runde, jede Interaktion mit jemandem verändert die Beziehung, die diese Personen miteinander haben. Völlig irrelevant ob es Sex ist oder eine einfache Begegnung beim Bäcker um die Ecke. Ich möchte nicht, dass du Dinge tust, die du nicht aushalten kannst; an denen du zerbrechen würdest, auch nicht für mich. Und ich möchte nicht, dass du dich schlecht fühlst. Und das tust du doch nicht, oder?"
Ich brauchte einen Moment um diese Worte zu verdauen, ließ sie durch meinen Kopf laufen, wie einen alten Spielfilm, den man zwar sah, aber noch nicht richtig verstand. Erst nach der dritten Runde hatte ich das Gefühl, die Essenz herausgehört zu haben. Er mochte mich. Und er mochte es, dass ich ihm gefolgt war. Außerdem wollte er, dass ich daran Spaß hatte. Und an sich schlecht gefühlt hatte ich mich ja auch nicht - nur eben überfordert nach dem Spiel. Also nickte ich zaghaft und sah dann vorsichtig zu ihm nach oben.
"Das alles dient wie gesagt nur dem Genuss. Wenn dich diese Art des Spiels unglücklich macht, dann werde ich dich auf dieser Ebene niemals mehr behelligen. Wenn mich meine Intuition jedoch nicht täuscht, dann glaube ich nicht, dass du vorhin nicht genossen hast. Ich hatte das Gefühl, dass es das war, was du gebraucht hast. Vielleicht denkst du noch einmal darüber nach, wenn du möchtest, ob du dich wirklich danach so schlecht gefühlt hast, ob es wirklich die Nähe war, oder ob es nicht einfach nur zu viel Unsicherheit war.“
Erneut nickte ich, biss auf meiner Unterlippe herum und fing an mit meinen Fingern an seinem Hemd herumzuspielen. Nicht bewusst, eher, wie wenn man das lange Bändsel der Jogginghose in der Hand hatte und es nicht hängen lassen konnte bis es zerfleddert war. Er hatte ja recht gehabt. Er hatte mich weder gezwungen noch Anforderungen gestellt. Kein Wort dazu, dass ich ihm einen Blasen sollte, oder dass er mich gleich zu den anderen schleifen würde.
Mein Kopf war nur über mich hinausgewachsen. Aber anstelle mir das nun vorzuwerfen, wie es mein Ex gern getan hatte, saß er ruhig dort und versuchte eine Lösung für uns beide zu finden. Es kümmerte ihn, wie es mir ging. Und bei dem Gedanken, er würde mich nicht mehr so ansehen – oder vielleicht gar nicht mehr ansehen, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Das wollte ich nicht. Er hatte mir etwas geschenkt, an diesem Abend, dass ich lange gebraucht hatte. Und viel schlimmer noch, er hatte mich durch einen Heulkrampf geleitet, der sich seit Monaten durch die Arbeit, den Stress, die Wut und alles andere aufgestaut hatte. Dabei war es fast unmöglich, dass ich dies vor jemandem tat, der nicht meine Mutter oder mein Bruder war. Tränen vor jemandem ‚fremden‘ war ich niemals bereit freiwillig zu verdrücken. Er hatte mir aber nicht das Gefühl gegeben es zu bereuen. Im Gegenteil. Ich vertraute ihm noch mehr als zuvor.
So nahm ich das angebotene Taschentuch von ihm und putzte mir unschicklich die Nase, ehe ich nickte.
„Es tut mir leid. Ich weine nicht häufig vor anderen. Es staut sich bei mir immer länger an und ich glaube, es war einfach zu viel. Die letzten Wochen, der Stress mit dem Auto und dann hast du mir etwas gegeben, wonach ich mich schon lang gesehnt habe. Und dann kamen da noch Zweifel auf“, erwiderte ich mit belegter Stimme. Dafür schluchzte ich nicht mehr, was auch ganz gut war.
„Ich habe das Gefühl dich schon ewig zu kennen. Ich mein zehn Jahre sind eine lange Zeit, auch wenn ich dich nie lange im Jahr gesehen habe. Und irgendwie vertraue ich dir deswegen, aber ich habe Angst davor weiter zu gehen. Meine letzte Beziehung war nicht leicht und hat mich furchtbar unglücklich gemacht. Außerdem habe ich das, was wir heute gemacht haben, vorher nie ausgelebt. Ich träume da schon lange von, aber ich war nie diejenige, die in Clubs gegangen ist oder sich gar mit Leuten getroffen hat. Ich hatte immer Angst. Wenn ich das jetzt mache, dann werde ich anfangen mich an dich zu binden und wenn ich dir dann in ein paar Monaten als Anfängerin auf den Sack geh und du keine Lust mehr hast, dann wird es mir weh tun. Zumal eine Beziehung furchtbar aufwendig wäre. Allein die Fahrerei und der Altersunterschied und...“, ich holte zittrig Luft.
Das war natürlich totaler Schwachsinn. Eine Beziehung war wirklich nicht das, was ich wollte oder brauchte. Erst recht nicht mit einem viel älteren Mann, der so weit weg wohnte. Aber wie immer verflüssigten sich meine Gedanken und suchten ihren Weg, wollten irgendwie hinaus aus meinem Kopf. Ein kurzes Schluchzen erschütterte mich, aber es waren keine Tränen mehr übrig. Trotzdem fühlte ich mich als würde ich gleich wiederbeginnen. Jan hatte mir aufmerksam zugehört und zog schließlich meinen Kopf hoch, um meinen Blick mit seinem festzuhalten.
„Meine letzte Beziehung hat mir auch sehr weh getan, Elena. Es war nicht leicht und ich habe lange gebraucht, um mich davon zu erholen. Du kannst dir aber gewiss sein, dass diese alte Beziehung nichts mit uns beiden zu tun hat, genauso wenig wie die mit deinem Ex mit unserer Beziehung zu tun haben. Wir stehen vor unterschiedlichen Ausgangspunkten, sind unterschiedliche Menschen, die anders miteinander agieren, reagieren, empfinden. Ich verstehe, dass es dir Sorgen macht, dich auf mich einzulassen, weil du nicht verletzt werden willst. Und ich möchte dich in keinem Fall dazu überreden. Diese Entscheidung musst du für dich allein treffen, ob du BDSM ausleben willst und mit wem du leben willst. Ich kann dir nur den Rat geben und das muss sich nicht auf uns beide beziehen, sieh es generell: Manchmal ist das Erlebnis das Risiko wert verletzt zu werden. Du wirst niemals fliegen, wenn du nicht anfängst zu springen“, erwiderte er.
Ich brauchte kurz, lehnte dann meine Stirn an seine und nickte. Das hatte ich verstanden. Es war so viel, was ich ihm sagen wollte, aber nicht wusste wie. Ich war ihm dankbar. Dankbar, dass er mich nicht überredete, dankbar, dass er mich zu nichts drängte. Er schien mich zu verstehen, meine Ängste zu sehen. Das war gruselig und gleichzeitig unglaublich befreiend.
Trotzdem löste ich mich zaghaft von ihm, nur um ihm dann einen dankbaren Kuss auf die Lippen zu drücken, den er ebenfalls sanft erwiderte. Da war keine Leidenschaft, kein Feuer. Nur Vertrauen und Ruhe, die meine wunden Augen und mein schniefendes Herz gerade brauchen konnten.
„Ich würde sehr gern schlafen gehen“, gab ich dann leise zu und holte tief Luft. Ich wollte wirklich schlafen, fühlte mich unsagbar müde nach diesem Gespräch. Trotzdem wollte ich nicht allein sein. Aber ob er das akzeptieren würde? Nachdem ich ihm den Orgasmus verwehrt hatte, ihn vollgeheult hatte und auch noch zu guter Letzt deutlich klar gemacht hatte, dass das nicht länger halten würde?
„Wäre es möglich, dass du. Naja. Dass ich-“, fragte ich ihn, versuchte es zumindest. Er schien jedoch zu verstehen.
„Geh ins Bad. Ich hol dein Kopfkissen rüber“, erklärte er und ließ mich dann aufstehen. Tatsächlich schlüpfte ich schnell ins Bad, ertrug dort alles, was man für eine reine Gesichtshaut ertragen musste und stand dann nur in meiner Unterhose vor seiner Schlafzimmertür. Meine Brustwarzen schmerzten noch zu sehr an dem engen T-Shirt. Außerdem war es furchtbar warm.
Jan sah auf, als ich hereinkam. Er hatte gerade mein Kopfkissen an die Seite zum Fenster gepackt, wofür ich ihm sehr dankbar war und musterte mich sanft, ehe er wortlos an mir vorbei ging Richtung Bad. Kein Kommentar zu meinen nackten Brüsten, kein Kommentar zu den verheulten Augen. Dafür eine volle Wasserflasche am Nachttisch gemeinsam mit meinem Handy.
Es dauerte nicht lange, bis ich es mir bequem gemacht hatte in dem großen Kingsize Bett. Beide Matratzen schienen dieselbe Stärke zu haben und waren wirklich angenehm, fast schon wie ein Boxspringbett. Die Bettdecke zwischen meinen Beinen eingeklemmt – es war sowieso zu warm dafür – hatte ich mich zur Tür gedreht und musterte nun Jan, als dieser ebenfalls nur in seiner Unterwäsche hereinkam.
Eine enganliegende Retro, die ihn im Gegensatz zu einer Feinrippunterhose wenigstens nicht wie Mitte 70 aussehen ließ. Grundsätzlich sah er gut aus, auch in seiner Unterwäsche. Wie erwartet waren seine Oberarme muskulös, genau wie seine Beine. Nur sein Bauch, unter der doch recht definierten Brust, zeigte einen leichten Ansatz von dem, was er wohl so gern aß. Von unserer Zeit auf dem Festival kannte ich bereits die beiden Tattoos auf seinen Oberarmen, sah jetzt aber noch einmal die Tattoos, die seine Brust zierten. Er hatte mehrere Elemente, die wie Ranken aussahen und eine kleine Fledermaus. Vielleicht hatte ich ihn dazu inspiriert? Ich hatte immerhin jahrelang erzählt, dass ich mir eine unter der Brust stechen lassen wollte.
Neben den Tattoos zeigte sich jedoch etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Seine rechte Brustwarze war gepierct mit einem schwarzen Piercing, dass ein wenig im Licht der Nachttischlampe glänzte. Ich hatte es nie in den T-Shirts oder Hemden gesehen, aber irgendwie passte es zu ihm.
Wortlos machte er das große Licht aus und schlenderte dann gemächlich zu mir hinüber, um sich zu mir zu legen.
„Wo hast du die starken Oberarmmuskeln her?“, fragte ich leise und fuhr darüber, bevor ich realisierte wie unangemessen das war. Er lächelte jedoch leicht und ließ mich gewähren.
„Ich habe vor ein paar Jahren auf einem Event mal einen Kontakt zu einer Mittelaltergruppe gefunden. Ich bin kein großer Fan so zu leben, aber der Schwertkampf war richtig anspruchsvoll und sah gut aus. Sie kommen hier aus der Nähe und irgendwie hat es sich in den Rhythmus geschlichen, dass ich ein oder zwei Mal die Woche vorbeischaue und beim Schwerttraining mitmache“, erklärte er, woraufhin ich ungläubig die Augenbrauen hochzog.
„Ritter Jan, zu euren Diensten, Mylady“, neckte er mich. Das war wirklich skurril, erklärte aber auch seine breiten Schultern. Und vielleicht war es auch ein bisschen heiß.
„Bemerkenswert,“ erwiderte ich und räusperte mich dann. Zaghaft robbte ich näher, um ihm einen unbeholfenen Kuss auf die Lippen zu drücken und dann wieder auf meine Bettseite zu verschwinden. Das nahm er offensichtlich als Zeichen das Licht auszumachen, denn reden wollte ich nicht mehr obwohl ich ihm damit zumindest in einem gewissen Rahmen ein Danke entgegengebracht hatte.
Wie gewohnt drehte ich mich auf die linke Seite mit Blick zum Fenster. Ich wurde nicht gern angeatmet, war aber fast schon froh, als er an mich heran robbte, um sich zu meinem Ohr zu beugen und dahinter einen sanften Kuss zu platzieren.
„Schlaf gut, kleine Hexe“, nuschelte er und wollte sich wegdrehen, aber ich hielt seinen Arm fest, bis er hinter mir lag. Er hatte recht gehabt: Ich sollte es genießen, solange ich konnte und wer wusste schon, wie es sein würde, wenn ich am nächsten Tag fahren würde?