Am nächsten Morgen war ich einfach nur dankbar, dass Jan mir nicht zu viel Alkohol zugemutet hatte. Es war im Verlauf des Abends noch ein Cocktail dazugekommen, der gemeinsam mit meinen zwei Weingläsern doch durchaus für genug Stimmung gesorgt hatte, aber es war im Rahmen geblieben.
Dadurch hatte ich als wir nach 8 Stunden Schlaf um 12 Uhr auf dem Sonntag endlich aufwachten auch keine Kopfschmerzen – nur der Rest tat mir weh von den Schuhen, dem vielen Stehen. Jan hatte bis auf sein eines Glas keinen Alkohol mehr getrunken, weswegen ich mir vornahm ihn demnächst einmal richtig abzufüllen. Das hatte mir früher schon viel Spaß gemacht, warum sollte ich das nun nicht mehr dürfen?
Aber auch ihm ging es dementsprechend gut. Er sah sehr verschlafen aus, lächelte aber zufrieden, als ich mich an seine Seite kuschelte und meine Hand langsam über seine nackte Brust gleiten ließ.
„Hey“, raunte ich, musste mich aber kurz räuspern. Meine Stimme war mir ein wenig verloren gegangen, denn auch ich hatte irgendwann genug intus gehabt um bei einem von D’Agostinos alten Songs mitzugrölen.
Das Grinsen, dass er mir dafür schenkte, war es aber wert.
„Guten Morgen, Kleines“, erwiderte er und beugte sich zu einem kurzen Kuss hinunter, was mich zufrieden aufseufzen ließ. Wir hatten nicht miteinander geschlafen und den Plug hatte er mir nur fix und fertig aus dem Hintern gezogen, als wir um kurz vor 4 ins Häuschen getaumelt waren – wohlbemerkt nicht allein. Thomas und Lucas schliefen im Gästezimmer, da sie zu müde gewesen waren das Taxi nach Hause zu nehmen.
Wir waren nicht die letzten gewesen, die gegangen waren, aber bis um 4 hatte sich ein Großteil verabschiedet. Der Rest hatte weitergefeiert mit dem Personal des Clubs, dass sich mindestens genauso kompetent kümmerte, wie Jan und ich es getan hätten.
„Hast du gut geschlafen, Daddy?“, nuschelte ich schließlich, ebenfalls auf die Anrede achtend und lächelte als er leicht gähnte und sich dann langsam aufsetzte um mir über den Rücken zu streicheln.
„Wie ein Baby“, seufzte er und fuhr sich über die Augen, brauchte noch eine Weile, bis er ganz bei sich war. Es hatte sich herausgestellt, Jan konnte morgens ein ziemlicher Morgenmuffel sein. Wäre da von nebenan nicht ein lautes Rumsen gekommen, gefolgt von einem Aufjammern. Das war Lucas gewesen.
„Jetzt schon?“, seufzte Jan leise auf und schüttelte dann den Kopf, warf einen Blick zu mir hinunter, die nur ganz zögerlich grinste. Lucas hatte gestern wohl ein paar Dinge gemacht, für die Thomas ihm eine saftige Bestrafung versprochen hatte. Aber wer hätte gedacht, dass das gleich vor uns passieren würde?
„Ich glaube, ich setze mal Kaffee auf“, meinte ich schließlich leise und krabbelte ungelenk über meinen Freund aus dem Bett heraus, der mir einen zufriedenen Blick zu warf.
„Nicht anziehen, so wie du bist“, erklärte er mir und ich seufzte auf. Jan zeigte manchmal gern, was ihm gehörte. Also schlüpfte ich in meinem Spitzenstring und dem fast durchsichtigen T-Shirt aus dem Schlafzimmer hinaus in die Küche. Meine Brustwarzen hatte jetzt eh jeder gesehen, nach diesem Abend.
Thomas und Lucas bekam ich jedoch nicht zu Gesicht, weder beim Kaffeemachen noch später, als wir uns mit den verbliebenen Bekannten im Herrenhaus zum Frühstück trafen. Raphael zuliebe blieben wir drinnen, damit ihm die UV-Strahlen nichts ausmachten. Grundsätzlich war er deutlich bleicher als alle anderen um ihn herum, aber auch wenn er versuchte auf nichts zu verzichten, vertrug er das Licht tatsächlich fast gar nicht.
Die Stimmung war ausgelassen, alle waren zufrieden und vielleicht leicht verkatert nach der Party. Dafür half das Frühstück den Alkohol abzubauen, ehe man sich gemeinsam verabschiedete und in alle Richtungen fuhr. Jan und ich blieben noch kurz um das Aufräumen zu koordinieren, aber die Arbeiten waren schon weit vorangeschritten, sodass wir gegen 16 Uhr bei Josi ankamen.
Einen Blick auf das Gemüse in ihrem Garten werfend, freute ich mich über Amber, der bereits hüpfend zu uns galoppierte und dann freudig bellte. Ja, wir mussten demnächst mit ihm zur Hundeschule, aber das änderte nichts daran, dass ich mich gerade freute ihn zu sehen.
Die Übergabe verlief schnell, wobei wir den Kleinen am nächsten Tag wieder abgeben würden, wenn wir Richtung Leipzig los fuhren. Er war nur über Nacht bei uns, aber ich wollte ihn gern bei mir haben, so wie immer.
So waren wir wenig später dann auch endlich Zuhause. Während ich erst einmal unter die Dusche sprang und dann anfing den Koffer für unseren kleinen Trip zu packen – man wusste ja nie, was man alles unternehmen würde, also war ungefähr alles vom Party-Outfit bis Kleid zum schick Essen gehen dabei – während Jan sich in die Küche stellte und das Essen schon mal aufsetzte, was die Küche uns im Club mitgegeben hatte. Das hatte definitiv Vorteile, so einen Club samt guter Küche zu haben.
Als wir schließlich abends vollgegessen auf dem Sofa saßen, gemeinsam kuschelnd mit Amber auf dem Schoß, fiel mir wieder auf wie sehr ich das ganze genoss. Ich hatte unser Bett ein wenig vermisst im Club und ich freute mich auf die Nacht, in der ich rein akustisch nur von Jans regelmäßigem Schnarchen gestört werden würde.
„Bist du aufgeregt?“, nuschelte er an meinem Ohr, war schon leicht eingenickt. Es war kurz vor Mitternacht und die Party hatte ihn scheinbar mehr mitgenommen als mich.
„Wieso sollte ich das sein?“, fragte ich unschuldig, aber sein Blick zeigte mir, dass er es wohl fühlen konnte.
„Du bist hibbelig und das überträgt sich auf mich, Kleines“, seufzte er und zog mich noch einmal fester an seine Brust heran, ehe er Amber auf mich schob und dann aufstand. Ich zog den Kleinen direkt an mich heran und schnuffelte an ihm herum, was er nur mit einem zufriedenen Hecheln kommentierte und sich dann in meinem Schoß zusammenrollte.
„Lass uns schlafen gehen. Ich bin durch für heute“, erklärte mir Jan stattdessen und machte einfach den Fernseher aus. Nicht, dass mich das Laufende interessiert hätte, aber irgendwie hätte er ja auch einfach fragen können, ob ich schon wollte. Tja, wenn er eben gewollt hätte. Aber so müde er auch war, so war das wohl einer der Dinge, die er mir vorgab. Also schnappte ich mir Ambers Leine und brachte ihn noch einmal kurz nach draußen, ehe Jan die Türen abschloss und wir uns gemeinsam nach oben verabschiedeten, immerhin wollten wir früh los am Montag.
Leider war unsere Fahrt nicht sonderlich durchplant gewesen, denn auf dem Weg nach Leipzig war die schnellste Route erst die A24 und schließlich die A9, also an Berlin vorbei. Wir waren extra früh los gefahren, hatten Amber noch im Dunkeln bei Josi und Steffi abgegeben und waren direkt weiter. Und standen dann auf der Autobahn, die an Berlin vorbei fuhr Richtung Potsdam im Stau – wir waren perfekt in den frühmorgendlichen Arbeitsverkehr gekommen. Es hatte einen Unfall gegeben und nun ging seit bestimmt einer halben Stunde nichts mehr.
Jan saß hinter dem Steuer, wobei wir ausgemacht hatten, dass er mich auch fahren lassen würde – nicht weil ich wollte, sondern weil das viele Fahren anstrengend war. Vier Stunden nach Leipzig gingen noch, aber die fast sechs Stunden in den Westen und entsprechend zurück, würden etwas anderes sein und das musste er nicht auf sich nehmen, nur weil er eben der Meinung war, dass der Mann der Fahrer war. Immerhin hatte ich meinen Führerschein seit 10 Jahren und fuhr selbst gern mit meinem Auto herum.
„Wann können wir im Hotel einchecken?“, fragte er nebenbei und warf einen Blick auf die Uhr. Halb 10, also nach Stau Ende noch in etwa zwei Stunden, dann würden wir in Leipzig sein.
„Um 12, ich schätze, das passt gerade so“, erwiderte ich und angelte nach seiner Hand, die sich daraufhin auf mein Bein legte. Sein Blick war leicht genervt, aber da konnten wir beide nichts dran ändern. Es erging den anderen Autofahrern und LKWs nicht anders.
Jan griff gerade zur Lautstärkeregelung der Musik, die über mein Handy lief, als eben jenes klingelte und sich automatisch mit der Freisprechanlage verband. Ohne zu zögern nahm ich ab, keuchte dann aber erschrocken auf, als die laute Stimme durch das Auto dröhnte. Schnell hatte Jan sie heruntergeregelt und ich rieb mir über die Ohren. Das war unangenehm gewesen!
„Hi Ela“, flötete die Stimme einer meiner besten Freundinnen durch das Auto, während ich mir innerlich über die Augen fuhr. Ich war eine furchtbare Freundin, hatte mich seit mehreren Wochen nicht mehr richtig gemeldet.
„Hi Samy“, antwortete ich also schließlich und warf einen Blick in Richtung Jan, der nur nickte. Es störte ihn nicht und da mein Handy in letzter Zeit eh ne Macke hatte, konnte ich sie so auch deutlich besser verstehen.
„Geht’s dir gut, Ela? Ich mein, wir haben lang nicht mehr geredet und ich dachte-„
„Ja, bei mir ist alles gut. Und bei dir in Berlin? Was macht der Job?“, fragte ich argwöhnisch und ließ mir dann erzählen, dass ja alles super war. Ihr Freund, der Job, ihre Mutter, die gerade operiert worden war – was ich natürlich auch verpasst hatte – und eben so dies und das über unseren Freundeskreis.
„Weswegen ich aber eigentlich anrufe, Ela. Du hast Samstag doch auf dem Schirm, oder?“
„Samstag?“, hakte ich nach und starrte auf den kleinen Kalender in Jans Cockpit. Der 26 September. Ihr Geburtstag! Sie hatte vor Wochen erzählt, dass sie feiern würde und mir das Versprechen abgenommen, dass ich dieses Jahr wieder dabei war. Immerhin war ich im Jahr davor nicht gekommen, weil meine Mutter gerade im Krankenhaus gelegen hatte nach einem üblen Sturz.
„Oh, Samy“, wich ich aus und hörte schon, wie ihre Stimmung kippte.
„Ela, du hast es versprochen! Es ist mein Geburtstag! Nicht nur, dass du dich einfach verpisst, jetzt willst du dich auch noch drücken. Vergiss es. Du wirst Samstag um 20 Uhr beim Inder sein und danach gehen wir alle in die Bar gegenüber und das ist mir scheißegal, wen du mitnehmen musst oder nicht. Verstanden?“, keifte sie regelrecht, wobei ich wusste, dass sie das eigentlich nicht so meinte. Sie war wütend und das auch zu Recht.
„Samy, hör zu. Mir tut es mega leid. Du hast Recht, ich habe mich nicht genug gemeldet die letzten Wochen, aber das holen wir nach, versprochen. Und wegen Samstag, ich bin eigentlich die Woche über unterwegs und hatte geplant am Wochenende nicht in Berlin zu sein, aber ich schau was ich machen kann, ok?“, fragte ich vorsichtig, woraufhin auf der anderen Seite ein tiefes Seufzen antwortete.
„Was ist nur los mit dir?“, fragte eine meiner besten Freundinnen mich und ich war mir nicht sicher, was ich antworten sollte. Ja, was war nur los mit mir?
„Ich weiß nicht, Sammy-„, fing ich an, wurde aber von ihr unterbrochen.
„Ist schon gut. Überleg es dir. Ich muss jetzt auch Schluss machen, sonst kommt mein Chef gleich wieder. Ciao, Süße“, seufzte sie ins Telefon herein, woraufhin ich mir beschämt über die Augen fuhr.
„Ciao, Blondie“, antwortete ich, wie ich es immer tat und wartete dann, bis sie aufgelegt hatte. Die Gedanken rasten in meinem Kopf – ich war wirklich eine furchtbare Freundin.
Jan gab mir einen Moment, in dem tatsächlich die Autos vor uns langsam anfingen zu rollen – endlich! Wenigstens das hatten wir überstanden, aber noch immer lag eine Stille im Auto, die langsam unangenehm wurde.
„Du solltest hingehen“, unterbrach Jan sie schließlich und warf mir einen nicht ganz deutbaren Blick zu.
„Ich weiß, aber ich fahr nicht am Donnerstag mit dir nach Hause und dann am Freitag wieder nach Berlin, das lohnt sich nicht. Außerdem will ich dich nicht vermissen, auch nicht für zwei Tage.“
„Dann fahren wir nach Köln eben wieder nach Berlin. Die Richtung stimmt doch in etwa und wir können auch aus deiner Wohnung heraus zwei Tage arbeiten. Dann gehst du am Samstag zur Party von Samy. Ich bleibe in der Wohnung, oder komme mit und du kannst dich ein wenig amüsieren.“
Ein tiefes Seufzen entfuhr mir, während ich auf meiner Unterlippe herumkaute.
„Wieso ist dir das so wichtig?“
„Weil es dir wichtig ist. Du hast in den letzten Wochen deinen Fokus sehr stark auf mich gelegt. Das war das, was ich wollte. Aber ich habe gelinde gesagt ausgeblendet, dass du ebenfalls ein soziales Leben in Berlin hast. Deine Familie ärgert sich schon über dich, da müssen nicht auch noch deine besten Freundinnen wütend sein“, erwiderte er schließlich, während ich an seinen Fingern herumzupfte und schließlich nickte.
Die Party würde gut sein. Für mich und für die Mädels. Aber sollte ich Jan mitnehmen? Sie würden ohnehin nicht aufhören zu fragen, warum er nicht dabei war. Andererseits waren wir deutlich jünger als Jan – ob er sich damit wohl fühlen würde?
„Würdest du mitkommen, zur Party?“, fragte ich also und musterte ihn, wie er nachdenklich auf die Straße vor uns starrte. Es dauerte, ehe er schließlich nickte und mir einen Blick zu warf.
„Komme ich“, seufzte er und drückte kurz mein Bein, ehe wir endlich weiterfahren konnten.
Die Stimmung war eine Zeit lang ein wenig gedrückt. Ich drehte mich im Kreis, wie ich sie so sehr vernachlässigen konnte, während Jan genervt war von dem vielen Verkehr auf der Straße. Wir kamen dennoch heil in Leipzig an, wenn auch mit etwas Verspätung. Es war schon halb zwei als Jan auf den Hotelparkplatz in der Tiefgarage fuhr und dann schließlich unseren Koffer hinaus holte. Ich schnappte mir meine Handtasche und die Jacken, ehe wir über den Fahrstuhl zur Rezeption gelangten.
Das Hotel war nichts Außergewöhnliches, aber schick und für uns beide genau passend. Man sah uns nicht schräg an, weil wir gerade kein Polo-Hemd und Gucci trugen, aber gleichzeitig war es auch kein Hostel – das war mir wichtig gewesen. Keine Lust auf betrunkene Studenten und so.
Unser Zimmer lag im vierten Stock mit Blick auf den Marktplatz Leipzig, was trotz des leicht verregneten Wetters, dass sich mittlerweile nach dem ewigen Hoch, durchaus eingependelt hatte, einen schönen Blick gab. Jan brauchte erstmal ein kleines Päuschen, ehe wir uns frisch machten und dann die Gegend erkundeten. Am Dienstag würden wir morgens früh den Besichtigungstermin mit dem anderen Herrenhaus haben und danach direkt weiterfahren Richtung Köln. Daher blieb uns der Tag ein wenig zum Bummeln.
Jan und ich waren beide schon mal in Leipzig gewesen, das Sightseeing konnten wir uns also sparen. Daher genoss ich es einfach nur seine Hand zu halten und mit ihm durch die Straßen zu schlendern, in Schaufenster hinein zu schauen und einen Blick auf Dinge zu werfen, die mir eh zu teuer waren. Ich hatte fast zwei Monate kein Geld mehr für Shopping ausgegeben und irgendwie war ich geizig geworden.
Mein Partner war es dadurch jedoch nicht. Als ich auch nur einen Tick zu lang vor einer süßen kleinen Boutique stehen blieb und einen Blick auf ein süßes mit Perlen besticktes Kleid warf, zog er mich schlichtweg einfach hinein. Eine kurze Anweisung zu der Verkäuferin mit meiner Größe und ich steckte in der Umkleide, während Jan sich an der gegenüberliegenden Wand angelehnt hatte und mir verschränkten Armen darauf wartete, dass ich den Vorhand zur Seite zog.
„Du gibst auch nicht nach, oder?“, brummte ich, als ich mich aus der Hose strampelte und dann meinen Pulli über den Kopf zog, einen Blick auf das Figurbetonte Kleid warf. Es war wirklich hübsch, aber zu schick für jeden Tag. Etwas für eine Party, wobei ich ahnte, dass Jan das Argument nicht durchgehen lassen würde. Der Stoff war fast in einem Nude-Ton, währen diverse Perlen in einem aufwendigen Muster angesteckt waren. Auf der Schulter lag es durch enge Träge am Hals an, hatte aber unterhalb der Brust einen kleinen Ausschnitt in Diamantenform, der quasi den leichten Ansatz meiner Brust zeigte. Nicht zu sexy, aber irgendwie schon.
„Hör auf zu nörgeln und zieh das Kleid an, oder ich sehe mich gezwungen mich anders zu geben“, kam die recht wenig zurückhaltende Antwort von der anderen Seite des Umhangs und ließ mich leicht zusammenzucken. Da hatte jemand die Hose an und derjenige war wohl nicht ich.
„Ja, Jan“, gab ich also nur leise zurück und zog mir dann das wirklich enge Ding über die Hüften.
„Ich bekomm es nicht allein zu“, fügte ich schließlich noch an, als ich verzweifelt versuchte den Reißverschluss zu zuziehen. Der Vorhang wurde leicht zur Seite geschoben und Jan kam mir zur Hilfe. Einen BH konnte ich definitiv nicht tragen, aber ansonsten saß es herrlich schön an meinem Körper. Schick, aber nicht zu auftragend. Und es betonte so wunderbar meine Brüste und den Hintern.
„Danke“, sagte ich, drehte mich leicht zur Seite um dann missmutig auf meinen Bauch zu schauen. Der verschwand nicht – auch nicht durch ein Kleid.
„Daddy“, erwiderte Jan, bevor ich verwirrt aufsah.
„Hm?“
„Danke, Daddy“, erinnerte er mich und zog eine Augenbraue hoch, die mich zaghaft schlucken ließ. Wir waren die ganze Zeit auf dieser anderen Ebene gewesen, jetzt gerade änderte es sich.
„Danke, Daddy“, antwortete ich also und bekam dafür ein Nicken.
„Das Kleid nehmen wir“, verkündete er dann und zog es einfach wieder auf, während ich ihn durch den Spiegel musterte, dann nebenher nach dem Preisschild angelte und einen kleinen Herzinfarkt bekam. Nie und nimmer gab ich so viel Geld für ein Kleid aus, dass ich nicht brauchte.
„Das ist viel zu teuer“, erwiderte ich, aber sein Blick wurde nur noch kälter. Er verschwand dieses Mal nicht, während ich aus dem Kleid stieg, nahm es mir aber ab und deutete nebenbei auf zwei weitere Pullover, die er aus einem Regal gefischt hatte. Absolut schlicht, vielleicht sogar durch den hohen Ausschnitt, der leicht U-Boot förmig um den Hals lag, ein wenig reserviert, aber die Wolle war unglaublich weich. Und dazu noch Ballonärmel, die dem ganzen einen leicht modernen Touch gaben.
So schlüpfte ich also wieder in die Jeans und zog Pullover Nummer eins an, der mir nicht weniger gut stand. Das Grau war schlicht, aber hatte irgendwie noch eine Unternuance, die mich ein wenig strahlen ließ. Der andere Pulli war hingegen in einem Kamelbraun, hatte etwas andere Ärmel, aber auch den nickte Jan zufrieden ab und schnappte sich die Teile, während ich noch meine Schuhe zu machte.
Als ich schließlich wieder vollständig angezogen war und Jan wiederfand, hatte er bereits eine große Tüte in der Hand und verzog amüsiert das Gesicht, als ich nach Luft schnappte. Natürlich durfte er mir schöne Dinge kaufen, aber wenn er die drei Sachen wirklich genommen hatte, dann hatte er locker über 500 Euro in diesem einen Laden gelassen. Das war absolut nicht angemessen, auch nicht für zwei Kaschmirpullis.
Trotzdem machte ich ihm keine Szene in dem Laden, wartete bis wir vor der Tür standen und sah ihn dann an.
„Das ist nicht fair, Jan. Das war furchtbar teuer und ich will nicht, dass du so viel Geld für mich ausgibst“, erklärte ich ihm, während er eine Hand in meinen Nacken legte und dann einen fragwürdigen Blick zu mir sendete.
„Es ist absolut fair, wenn ich mein Geld für Dinge ausgebe, die mir wichtig sind. Dein Lieblingspullover hat ein Loch, Kleines. Wenn du ihn Zuhause zum Schmusen anziehen willst, dann werde ich das akzeptieren. Ansonsten hast du jetzt zwei schöne Pullover, die du überall anders anziehen kannst. Und das Kleid steht dir ausgezeichnet und wird für Samstag ideal sein“, erklärte er mir und blieb stehen.
„Dort wo ich herkomme, bedankt man sich, wenn man ein Geschenk bekommen hat und fängt nicht an zu motzen.“
Innerlich wollte ich aufschreien. Das war einfach nicht gut. Ich hatte selbst Geld, konnte mir die Dinge kaufen. Natürlich freute ich mich darüber, aber es war so viel nur für drei Dinge. Ich trug sonst auch keine Primark Sachen, nicht mehr, aber mein normaler Pullover kostete nie mehr als 70 Euro, gerade Mal die Hälfte von einem von den Beiden hier.
„Ich freue mich über die Pullis, aber ich will nicht, dass du so viel Geld für mich ausgibst, Jan“, erwiderte ich und bekam nur ein Schnalzen zurück.
„Daddy“, erinnerte er mich. Auch er war nach dem Wochenende dazu übergegangen, dass er den Namen fast lieber hörte als seinen Namen. Das war natürlich irgendwie komisch, gerade in der Öffentlichkeit, aber ich gab mein Bestes.
„Daddy“, erwiderte ich daraufhin also und nahm seine Hand.
„Danke, dass du mir sie gekauft hast, aber ich will nicht noch mehr finanziell in deiner Schuld stehen. Du bezahlst schon zu viel für mich. Nicht zuletzt habe ich vorgestern einen Ring von dir bekommen, den ich unglaublich liebe, aber ich will mich einfach nicht daran gewöhnen, dass ich alles bekomme, was ich will, nur weil ich einen finanziell gut aufgestellten Partner habe, Daddy“, das letzte Wort betonte ich dabei noch einmal stark, dass er nur wieder die Augenbraue hochzog und mich aber an seine Seite zog.
„Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, Kleines. Aber meine finanzielle Situation lässt es sogar zu, dass ich einen zweiten Standort für den Club kaufe, zumindest finanziere. Es gibt Dinge, für die gebe ich nicht gern Geld aus und es gibt Dinge, für die ist es für mich kompromisslos Geld auszugeben. Kleidung gehört absolut dazu. Wenn dir etwas gefällt, dann werde ich es kaufen, solange ich das Geld dazu habe. Und da wir beide nicht jede Woche durch die Stadt laufen und Klamotten kaufen, werde ich mir das ab und an leisten können. Also tu mir den Gefallen und sei ein braves Mädchen, diskutier nicht und lass mich dich ein wenig verwöhnen, so, wie du es jeden Tag mit mir machst.“
Sein letzter Satz ließ mich kurz stocken, ehe ich aufseufzte. Mein Vater war auch so jemand gewesen, ehe der Tod ihn früh zu sich geholt hatte. Da war ich noch jünger gewesen, ich konnte mich aber daran erinnern, dass exzessives Shoppen absolut mein Ding gewesen war als kleines Mädchen. Natürlich war ich Jan wirklich dankbar, aber ich hatte meistens das Gefühl, dass ich ihn einfach nur ausnahm, wenn er so viel Geld für mich ausgab.
„Ich fühle mich auch verwöhnt, wenn du dich einfach nur um mich kümmerst, wenn du mich im Arm hältst, mich kraulst und dir Gedanken machst, was wir abends essen wollen“, warf ich noch ein und er nickte schließlich.
„Und genau deswegen liebe ich dich. Weil du nicht die großen Autos und die fetten Kleider benötigst. Nichtsdestotrotz macht es mir eine Freude, Kleines. Dir und mir. Und dafür gebe ich gern Geld aus. Genauso wie für den Ring, den du seit Samstag nicht abgelegt hast.“
Ich sah verlegen auf das silberne Stück hinunter. Das Halsband hatte ich Zuhause gelassen, brauchte es ja nicht, aber der Ring war so uneindeutig für andere und sie würden es kaum mitbekommen, während es für mich ein Zeichen dafür war, dass ich zu Jan gehörte.
„Er fühlt sich richtig an meinem Finger an“, gab ich ehrlich zu und warf einen Blick zu ihm nach oben. Er lächelte milde und beugte sich dann zu einem kurzen Kuss nach unten.
„Dann soll er dort bleiben, genau wie meiner.“
Damit war das Thema gegessen und Jan zog mich einfach weiter in den nächsten Laden, wo ich ihm ausnahmsweise einen Pulli andrehen konnte, den er trotzdem selbst bezahlte.
Als wir am Abend ins Hotel gekommen waren, hatte Jan einige Tüten in seiner Hand gehabt. Ich war nicht neu ausgestattet, aber es gab einiges, was ich jetzt zum ersten Mal tragen konnte. Trotzdem schlüpfte ich in eine schwarze Hose und ein weißes Shirt mit fast bodenlanger Strickjacke, ehe wir uns zum Italiener um die Ecke aufmachten. Jan hatte zwischendrin noch einen Tisch serviert, nachdem er fast eine halbe Stunde auf Tripadvisor nach der besten Bewertung gesucht hatte.
So war tatsächlich auch nur noch ein einziger frei, als wir in das volle Lokal kamen. Es war urig, alt, anders als ich es mir vorgestellt hatte, aber ich war keineswegs böse, dass es kein nobler Schuppen war. Viel mehr freute ich mich über meine Parma-Pizza, die mir schließlich auf einer riesigen Platte serviert wurde, während Jan sich Nudeln mit Tintenfisch bestellt hatte.
Das Essen war ein wenig komisch – wir waren immerhin noch nie aus gewesen, quasi ein erstes Date in der Öffentlichkeit. Trotzdem genoss ich es, dass Jan uns einen Wein aussuchte und wir danach Arm in Arm durch die Gassen zurück schlenderten. Es war nicht wärmer geworden, aber der Wind hatte aufgehört gemeinsam mit dem Regen, sodass ich mich nur in seinen Arm schmiegen musste und genießen. Ich achtete nicht einmal darauf, wo wir hingingen. Er kannte den Weg.
„Danke, Daddy“, meinte ich dann schließlich, während das Hotel bereits in Sichtweite war. Er warf einen prüfenden Blick zu mir nach unten und grinste dann zufrieden, küsste mich auf die Stirn.
„Der Tag war für mich ebenso schön wie für dich, hoffentlich. Ich vergesse manchmal, wie angenehm eine Stadt sein kann, wenn man nicht gerade von Termin zu Termin hetzt. Ich hoffe, wir werden in Köln einen genauso schönen Tag verbringen.“
„Mit Sicherheit, Daddy“, nuschelte ich und folgte ihm schließlich ins Hotel hinein.