An dieser Stelle möchte ich euch ein kleines Super-Projekt vorstellen: Ela ist ja bekanntermaßen suuuuuuuuuper aktiv bei Instagram, also schaut doch gern mal in ihrem Kanal vorbei. Sie freut sich bestimmt über das eine oder andere Like ;) : https://www.instagram.com/elas_life_and_cakes/
In diesem Sinne: Viel Spaß wie immer.
Warnung: Nicht notwendig.
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Wie sich herausstellte, war es allerdings gar nicht so schlimm Lina zu bespaßen. War sie anfangs tatsächlich noch ein wenig schüchtern, als ich allein mit den vielen Dingen herein kam – natürlich eine halbe Stunde früher, damit Raphael noch kurz duschen gehen konnte, was er auch eiligst unternahm – änderte sich das recht schnell, als wir mit dem Kuchen anfingen.
So schnell genau genommen, dass als Raphael mit noch feuchten Haaren das Haus verließ, sie kaum ein Auge für ihn übrig hatte und nur ihre mit Backpulver bestäubten Hände in seine Richtung hielt. Sie wollte Kuchen und wir machten welchen. Dazu hatte ich am Vormittag im Supermarkt noch diese Dekor Perlen in Rosa und Weiß besorgt – sie war also mehr als heiß darauf, dass der Kuchen endlich fertig wurde, wir ein wenig Schokocreme darauf verteilen würden und dann dekorieren.
Während sie also fröhlich den Teig zusammenrührte, kümmerte ich mich um das Gulasch, setzte es nebenher an und schälte schon mal Kartoffeln, sodass das Fleisch bereits am Köcheln war, als wir den Kuchen in den Ofen schoben und danach ein wenig aufräumten. Wie sich herausstellte machte ihre Mutter das zu Hause auch und so schaffte ich es mit ein paar Tricks sie tatsächlich zu motivieren, mir ein wenig zu helfen Raphaels Haushalt zu schmeißen. Vom Einsammeln der Schmutzwäsche, dem abstauben der Fußleisten – herausragend für meinen armen Rücken – bis hin zum Saugen, wobei ihre Saugkünste amüsanter Weise noch nicht vollendet waren.
Als Jan dreieinhalb Stunden später klingelte und mit Amber zur Tür reinkam, fand er mich halb nass und sie dafür in ihr kleines Badehandtuch mit Kapuze gewickelt, auf meinem Schoß wieder, wie ich ihr eine Geschichte vorlas. Das Haus sah zumindest unten wieder einigermaßen gut aus, die Wäsche war gemacht und man konnte wieder barfuß durch die Gegend laufen, ohne eine Sanddüne hinter sich her zu schleppen. Der Kuchen war mittlerweile ebenfalls bereits fertig und probiert. Dafür war ich, obwohl wir gerade einmal kurz vor fünf Uhr hatten, auch durch mit den Nerven. Kinder bespaßen war schön, aber anstrengend.
„Ihr habt aber viel geschafft“, meinte Jan, warf einen neugierigen Blick auf den Herd und dann zum Kuchen. Amber beschnupperte kurz Lina, die zunächst ein wenig besorgt schien und ihm dann dabei zu sah, wie er sich wie gewohnt vor den Kamin legte, leise seufzte.
„Sag mal Lina, darf ich auch ein Stück Kuchen haben?“, holte Jan sie aus ihren Gedanken.
„Hmm, nee. Der ist für Ela und mich“, verkündete sie und tippte wieder energisch auf das Buch, das sie noch in der Hand hielt. Ich grinste und strich ihr durchs angetrocknete Haar.
„Wir machen einen Deal. Wir gehen nach oben, föhnen dir die Haare und ziehen dir etwas Gemütliches an. Derweil darf Jan ein Stück vom Kuchen probieren und dafür liest er dir dann etwas vor. Er kann so gut vorlesen. Mir liest er auch immer Geschichten vor.“
„Vor dem Einschlafen?“, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen, wog ab wie fair dieser Deal wirklich war.
„Hmm, aber auch so auf dem Sofa. Er kann das so viel besser als ich. Na komm, lass uns dich anziehen und wenn wir nach unten kommen, köcheln die Kartoffeln schon“, gab ich Jan einen Wink, was noch zu tun war. Sie waren ja schon geschält, mussten aber noch angestellt werden. Raphael würde voraussichtlich in einer halben Stunde nach Hause kommen und da war es doch Luxus, wenn das Essen dann schon auf dem Tisch stand.
„Na gut“, erklärte sie sich bereit und hopste dann mit mir die Treppe hoch. Runter kam ich in einem trockenen T-Shirt von Raphael, dass ich mir einfach gemopst hatte und sie mit zwei geflochtenen Zöpfen und im Schlafanzug. Vielleicht etwas früh, aber ich ahnte schon, dass Raphael sie nicht vor acht ins Bett bekommen würde. Die Hoffnung war daher, dass sie einfach irgendwann einschlief. Dann wäre sie schon fertig und er musste sie nur noch nach oben tragen.
„Ach schau an, wer hat denn einen Eisprinzessinnen Schlafanzug?“, lockte Jan sie regelrecht, als wir nach unten kamen. Große Augen, dann kicherte sie und flitzte zu ihm aufs Sofa, zeigte ihm noch einmal ausführlich wie toll Elsa und Anna – ihre Puppen - doch waren, obwohl er das gar nicht hören wollte. Trotzdem war es süß anzusehen, wie das Eis zwischen den beiden brach und sie ihm schließlich das dickste Buch, das sie hatte, auffordernd in die Hand drückte. Wie sie sich neben ihn setzte und mit ihren nackten Füßen leicht freudig hin und her wackelte.
„Ich bin in der Küche“, meinte ich, kümmerte mich noch kurz um das Abendessen und stieß danach noch für 10 Minuten zu den Beiden, ehe Raphael auch nach Hause kam. Pünktlich zum Essen.
„Das riecht himmlisch“, war das erste was er sagte, ehe er im Flur stockte und fassungslos auf das saubere Zimmer vor ihm starrte.
„Onkel Raphi, wir haben gebacken und der Kuchen ist sooooooooooooo lecka! Und wir haben gekocht und geputzt und gebaden und gelesen und ich habe Hunga!“, verkündete sie in enthusiastischen Worten und ließ Jan dann links liegen, um ihrem Onkel entgegenzurennen, der sie hochnahm und an sich drückte. Und so komisch das auch wirkte, weil Raphael nicht der Typ Mann war, den man sich mit kleinen Kindern vorstellte, sah ich ihn als liebevollen Vater. So wie er die Kleine an sich drückte, sie auf die Stirn küsste, sah er aus, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Ein Kind würde herausragend zu ihm und Simon passen.
„Das habt ihr alles gemacht? Da kann ich ja froh sein, dass ich dich und die Ela hab, hm?“, meinte er noch immer ein wenig baff und schlenderte dann zu uns hinüber, bückte sich über die Sofalehne hinab und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Du hast was bei mir gut, Ela. Danke.“
„Freunde und so“, erwiderte ich schlicht, drückte Jan dann den ersten Kuss des Tages auf die Lippen, ehe ich mich in der Küche dem Anrichten des Essens widmete, dass wir wenig später am großen Esstisch einnahmen.
„Und dann haben wir da pinke Perlen rauf gemacht. Ganz echte, Raphi!“, erklärte sie ihm bestimmt zum vierten Mal, dass das Perlen aus Muscheln waren, während Raphael ihr immer und immer wieder versuchte zu erklären, dass die aus Zucker waren.
„Ja, aber Mäuschen, echte Perlen kann man doch nicht essen, weißt du, die-„, fing er an, aber ihre Aufmerksamkeit lag schon wieder bei Jan. Auffordernd schob sie ihm ihren Teller zu, wollte, dass er die Kartoffeln klein mantschte. Zu meinem Glück stellte sie sich als eine entspannte Esserin heraus, die sich insbesondere um die Erbsen gern kümmerte und kein Drama machte, weil sie das Gulasch nicht essen wollte.
Jan griff automatisch zum Teller, vollführte leicht geistesabwesend, was sie sich wünschte und goss noch ein wenig Soße drüber, während sie zufrieden den Löffel nahm, Raphael wieder musterte und dann erneut anfing zu erzählen, dass die Perlen ja echt waren. Da hatte ich was angerichtet. Raphaels Blick zeigte das auch, obwohl er mir schließlich zuzwinkerte und das Thema ein wenig versuchte davon weg zu lenken.
„Dann können Jan und Ela ja gleich nach Hause fahren.“
„Nein, Jan muss mir noch eine Gute Nacht Geschichte vorlesen. So wie bei Ela!“, erklärte sie ihm ernst und mit einem leichten Nuscheln, sah dann Jan auffordernd an, der nur eine Augenbraue hob. Interessanterweise hatte sein Blick – wenn auch deutlich liebevoller als sonst – bei ihr keine Wirkung, während ich dabei meist erzitterte.
„Aber nur eine“, gab Jan nach, womit die Thematik Essen für sie fast erledigt war. Noch zwei Bissen, dann verschwand sie in ihrem Bücherstapel, während ich meinem Partner die Hand aufs Bein legte. Süß, wie er mit ihr umging. Raphael räusperte sich ebenfalls, schickte wieder dankbare Blicke über den Tisch. Ich konnte mir vorstellen, dass das für ihn eine Erleichterung gewesen war.
„Ela, du hast viel zu viel gemacht. Sogar die Wäsche. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll“, meinte der Halbvampir schließlich, während wir den Tisch abräumten. Jan saß mit der fertigen Lina – ich hatte sie wohl geschafft – schon auf dem Sofa und las. Zähne geputzt hatten sie auch schon. Und nun hatte sie sich an seine Seite gekuschelt, den Kopf an seine Brust gelehnt, während ihr Finger zögerlich die Zeilen mitverfolgte. Lesen konnte sie ja noch nicht und irgendwie fielen ihr dabei ohnehin immer und immer wieder die Augen zu. Amber tat sein Übriges, indem er sich an ihre leere Seite gekuschelt hatte und sie so wärmte.
„Nimm mich in den Arm und denk einfach das nächste Mal dran, wenn du mich an den Haaren ziehst“, neckte ich Raphael und ließ mich an seine Brust ziehen, versuchte so die Gefühle zu unterdrücken, die unweigerlich bei dem Bild entstanden, dass sich vor mir zeigte. Jan konnte einfach super mit Kindern, was bei mir nicht immer gegeben war. Umso fieser war es ihn so zu sehen in dem Wissen, dass mir das Glück niemals vergönnt sein würde.
„Er wäre ein herausragender Vater“, meinte Raphael leise, dass Jan es nicht hören konnte. Ich nickte, musterte ihn.
„So wie du und Simon auch.“
„Es ist nicht leicht als schwules Pärchen mit einem Club, der halb ein sexuelles Etablissement ist, ein Kind zu adoptieren. Und wir haben einfach wenig Zeit.“
„Das stimmt, aber es ändert nichts daran, dass ihr gute Väter wäret.“
„Da hast du wahrscheinlich recht“, gestand Raphael leise und drückte mich noch einmal, räusperte sich dann.
„Ich glaub, sie schläft. Das ging vorher noch nie so schnell. Lass sie mich nach oben bringen“, meinte er und hob das kleine Mädchen dann aus Jans Arm, der ihr liebevoll die Locken aus dem Gesicht gestrichen hatte, jetzt einen zärtlichen Blick zu mir warf.
„Kleines, du hast dich heute wirklich herausragend gemacht.“
„Ich weiß, Daddy. Aber du gerade auch. Du kannst das gut, hm?“, meinte ich leise. Ich würde ihm natürlich nicht unter die Nase reiben, was ich gerade zu Raphael gesagt hatte. Das würde ihn nur schmerzen.
„Ich habe die Jungs quasi mit aufgezogen“, erwiderte er schulterzuckend und legte dann den Arm um mich, musterte mein Gesicht.
„Du bist fertig. Wir sollten auch gleich gehen, damit du ein wenig Schlaf bekommst, bevor wir morgen früh nach Leipzig fahren“, schlug er vor.
„Hmm, na gut. Gleich, ja?“, gab ich nach und bekam nur noch einen Kuss aufgedrückt, ehe er selbst gähnte und dann seufzte.
„Ich glaube, ich werde alt.“
„Wahrscheinlich, Daddy“, grinste ich. Wir warteten noch bis Raphael nach unten kam, aber ein Blick in seine Augen bestätigte auch unser Gefühl: Wir alle konnten eine gute Mütze voll Schlaf gebrauchen, weswegen wir uns Amber schnappten und nach Hause fuhren.
Ich hatte den Schlaf wirklich gebraucht, nicht zuletzt, weil ich auf der Fahrt nach Leipzig nicht nickerte, sondern meine Aufgaben auf dem Laptop abarbeitete. Jan schwieg die meiste Zeit, ließ mir Ruhe um mich zu konzentrieren. Amber hatten wir mal wieder bei Steffi geparkt – mir tat der kleine Hund leid, obwohl es ihm bei Steffi mindestens genauso gut ging wie bei uns. Die Jungs liebten ihn abgöttisch, trotzdem war es gerade mit Leipzig häufig ein Hin und Her.
„So“, erwiderte ich schließlich kaputt, rieb mir über die Augen. Noch eine Stunde, dann würden wir da sein, hatten zuvor im Stau gestanden. Nun war der Akku meines Laptops ausgegangen – ich konnte also nicht mehr weiter arbeiten.
„Alles fertig?“
„So gut wie. Akku ist leer, aber der Rest kann auch bis morgen warten. Wenn du dann ins Detail gehst mit Chris, kann ich mich vielleicht nochmal kurz ins Auto setzen und eine halbe Stunde weitermachen“, erklärte ich und legte das elektronische Gerät umständlich nach hinten, angelte nach seiner Hand. Ein kurzer Blick von ihm, ehe er den Blinker setzte und auf einen Autohof fuhr.
„Soll ich übernehmen?“
„Nein, Kleines, aber ich brauch einen Kaffee und muss die Beine mal ausstrecken“, erwiderte er und küsste kurz meine Hand, lenkte das Auto dann auf den fast leeren Parkplatz. Ich folgte ihm nach drinnen, verschwand kurz auf dem Damenklo, ehe ich ihn an der Kasse traf. Er hatte uns bereits Kaffee und einen Muffin geordert, hielt mir nun fragend die Cola Flasche entgegen, wobei ich direkt nickte. Das würde vielleicht ein wenig helfen.
„Du hast nicht wirklich fast 20 Euro dafür bezahlt, oder?“, stöhnte ich, schüttelte dabei den Kopf. Immerhin traf es niemanden, der darauf nicht verzichten konnte.
„Solang du wieder deine Augen so verdrehst, wenn du einen Schluck nimmst, ist das wohl ok“, meinte er amüsiert, aber das Lächeln kam nicht in seinen Augen an. Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Wahrscheinlich der Stress.
„Alles gut bei dir?“, fragte er mich, als wir wieder im Auto saßen. Es war absolut trübe und kalt draußen. Februar von der widerlichsten Sorte.
„Hmm, ich habe nur keine Lust mich heute Abend mit Christopher, Matthias und den Mädels zu treffen“, gab ich leise zu, spielte wieder an seiner Hand herum. Ich malte einfach zu gern die Adern nach.
„Ich auch nicht. Vielleicht verschieben wir es einfach auf morgen Abend?“
„Ich kann den beiden schreiben, aber was machen wir dann heute?“, hakte ich nach, warf ihm einen neugierigen Blick zu.
„Schlafen, Essen, in der Badewanne liegen oder bummeln?“, fragte er, sah mich dabei aber nicht an. Er guckte auf die Straße, brummte missmutig auf, als vor ihm jemand, obwohl er schnell fuhr, noch kurzfristig rüber zog und er somit voll auf die Bremse musste.
Ich schüttelte nur kurz den Kopf, musterte den kleinen Polo vor uns, der nicht aus dem Quark kam und dann auch nicht so richtig rüber wechseln wollte, obwohl vor dem Kleinwagen offensichtlich frei war. Solche Leute gab es immer.
„Wie es dir am liebsten ist, Daddy“, antwortete ich ihm schließlich. Ein Nicken von ihm, während er wieder meine Hand griff und das Gaspedal durchdrückte. Der Polo hatte es also auch endlich verstanden.
„Deine Hände sind kalt, Kleines. Nimm dir meine Jacke von hinten“, wies er mich an. Eine Nuance hatte sich in seiner Stimme verändert, aber sofort konnte ich hören, dass das keine Bitte gewesen war. Also schnappte ich mir die flauschige Strickjacke und schlüpfte trotz Gurt hinein, vergrub zufrieden meine Nase darin. Es roch nach Jan.
„Die war eigentlich gerade erst in der Reinigung. Muss sie gewaschen werden?“
„Ich genieße einfach deinen Geruch“, gestand ich ihm leise, bekam dann einen amüsierten Blick zugeworfen. Nebenher stellte er die Musik an, machte seine Lieblingsband an und ich schlürfte nur an meinem Kaffee mit dem Kakaopulver und wartete bis wir endlich im Hotel ankamen.
Das Halsband ließ ich dieses Mal an, absichtlich. Es war mir egal, wer es sah, weil er dabei war. Und Jans Blick, als er das registrierte war mehr als ausreichend um mich für die komischen Blicke zu entschädigen, die uns im Foyer dafür entgegen kamen.
Unser Zimmer lag dieses Mal zur anderen Seite, war aber deutlich größer. Ein kostenloses Upgrade zum dritten Aufenthalt. Eine kleine Geste, die mich aber zufrieden aufseufzen ließ, als ich den kleinen Whirlpool im Bad sah. Jan warf ebenfalls einen neugierigen Blick um die Ecke, schmiss jedoch seine Schuhe von sich und warf sich zunächst ins Bett. Auch er war müde von der langen Fahrt, obwohl wir gerade einmal frühen Nachmittag hatten.
„Komm her, Kätzchen“, meinte er und klopfte neben sich, bis ich mich dazu gekuschelt hatte und meinen Kopf auf seinen Oberarm bettete.
„Alles gut bei dir?“, war ich es dieses Mal, die nachhakte. Er verzog leicht die Lippen, strich mir dann zärtlich mit dem Daumen über meine Wange, dass ich kurz die Augen schloss.
„Ja, es war nur sehr anstrengend und ich bin nervös wegen heute und morgen. Leipzig ist ein großes Projekt“, erklärte er leise, stockte dann aber. Seine Augen flogen über mein Gesicht, als suchten sie etwas. Und er fand, was er suchte, runzelte seine Stirn und stieß dann leicht den angehaltenen Atem aus.
„Mir geht dein Blick von gestern Abend nicht mehr aus dem Kopf, wie du die Kleine im Arm hattest“, gestand er schließlich leise, wich ausnahmsweise einmal meinem Blick aus.
„Und mir ist gestern klar geworden wie viel du opfern musst, um in dieser Beziehung zu leben. Auf welche Dinge du verzichtest und ich fühle mich schlecht, weil ich es in gewisser Weise von dir verlange, dass du auf die Kinder verzichtest, auf eine Familie, obwohl ich sehen kann, wie sehnsuchtsvoll du auf kleine Kinder schaust. Gerade gestern Abend, aber auch als wir vor zwei Wochen bei Sonja waren“, erklärte er ernst.
Und ich wusste nicht, was ich sagen wollte. Es zu leugnen war falsch, weil es eben genau so war. Ich hatte vor ihm zwar Partner gehabt, aber sie waren nicht die Richtigen gewesen. Es war auch nicht so, dass ich unbedingt in diesem Moment Kinder haben musste, aber bei Jan fühlte ich mich einfach angekommen. Es fühlte sich nicht an, als würde das je wieder zerbrechen – natürlich total schwieriger Gedanke. Keine Beziehung fühlte sich anfangs so an. Wir waren mittlerweile bei Monat acht, noch keine Ewigkeit und dennoch fühlte ich, durch die Dinge, die wir gemeinsam teilten, mich so eng verbunden mit ihm, dass ich mir wirklich vorstellen konnte mit ihm irgendwann Kinder zu haben.
Dabei war der Gedanke vielleicht keine Kinder zu bekommen gar nicht das Problem, wenn es eben nicht fest geplant wäre. Wenn man es versuchen würde und es würde nicht klappen, wäre es eine andere Situation. So stand es fest und obwohl ich versuchte meinen Wunsch für irgendwann nach hinten zu schieben, wurde ich hin und wieder dran erinnert.
„Ich will nicht lügen. Wenn wir beide es probieren würden und es würde nicht sein, dann wäre es so. Und ich hatte vorher diesen Wunsch auch nie, zumindest nicht in dieser Form. Und es ist auch nicht so, dass ich nur noch daran denken kann, aber ja, wenn ich kleine Kinder sehe, wenn ich dich mit kleinen Kindern sehe, dann stelle ich mir vor, was sein könnte. Die Tatsache, dass du es eigentlich nicht möchtest, trifft mich ein wenig“, gestand ich ernst. Das Daddy ließ ich weg. Auch ohne Code Red war das eine andere Ebene – zumindest meiner Meinung nach.
„Es ist nicht so, dass ich es mir nicht vorstellen könnte mit dir Kinder zu bekommen. Ich sehe nur einfach die Situation, Kleines. Ich bin alt. Wenn du jetzt schwanger werden würdest, acht Monate in der Beziehung wohlbemerkt, dann wäre das Kind 20, wenn ich 70 werde. Welches Kind möchte das denn? Ich werde wahrscheinlich sterben, bevor es auch nur heiraten kann. Es ist moralisch ohnehin fragwürdig, dich an mich zu binden. Du willst doch mit 50 nicht deinen 20 Jahre älteren Mann pflegen, sondern noch Leben. Bei dir stehen die besten Jahre demnächst an. Beruflich mit beiden Füßen auf dem Boden, finanziell stabil“, erklärte er mir.
Es war ja nicht so, dass ich ihn nicht verstand. Ich verstand, dass er Angst hatte, ob er mit 60 noch mit einem 10-jährigen Fußball spielen konnte. Ob er mit 65 überhaupt in der Lage wäre mit der Jugend mitzuhalten. Aber ich sah ihn und er war mit seinen knapp 50 Jahren absolut nicht so hinterwäldlerisch, wie man es sonst aus der Generation auch kannte. Es war doch auch immer eine Frage der Einstellung.
„Ich weiß, Jan. Aber du bist in 20 Jahren a) hoffentlich noch nicht tot, hm? Und b) hältst du dich jung. Es geht gar nicht darum, ob du mit kurz vor den 70 noch munter auf dem Fußballplatz mithalten kannst. Es geht darum, ob du ein liebender Vater sein könntest, und das könntest du, das wärst du. Und ich verstehe, dass der Verlust deines Babys dir weh getan hat, wirklich. Aber verzichte deswegen doch nicht darauf, was du eigentlich doch gern hättest.“
„Was bringt einem Kind die Liebe, wenn ich es nicht anständig behüten, beschützen, fördern könnte? Der Kopf nimmt ab über die Zeit, Kleines.“
„Kinder halten jung.“
„Du wirst irgendwann allein da stehen, mit einem Kind. Und wirst noch 30 oder 40 Jahre Leben haben und einmal in der Woche zum Grab deines Liebhabers fahren“, ächzte er und löste sich dann von mir, setzte sich auf die Bettkante und fuhr sich übers Gesicht.
Ein besorgter Blick von mir, aber ich wollte ihn nicht anfassen, nicht wenn es ihn wohl so sehr quälte.
„Jan“, bat ich leise.
„Nein, es ist doch so, Elena. Ich kann dir nicht bieten, was du willst. Und auch wenn ich diese Beziehung genieße wie nichts anderes, quält mich jeden Tag wieder das schlechte Gewissen, weil ich auf kurz oder lang nicht genug sein werde und dich dennoch festhalte, so tue als wäre alles möglich und dir Dinge verspreche, die nicht machbar sind.“
„Meinst du nicht für ne Midlife-Crisis ist es ein wenig zu spät?“, kam es ein wenig zu harsch aus meinem Mund. Aber das Ganze lief in eine Richtung, die mir Panik machte. Und die einzige Art der Verteidigung, die ich kannte, war nun mal die Offensive.
Er versteifte sich und drehte sich dann zu mir um, sah mich erst fassungslos und dann verärgert an.
„Glaubst du, dass ich spaße?“
„Nein, Jan. Aber ich glaube, du machst dir über Dinge Gedanken, die einfach nicht bedacht werden müssen. Wärst du 60 oder 70 könnte ich verstehen, dass du keine Kinder mehr willst. Aber du bist absolut fit, bist mental immernoch weit über meinem Niveau. Kein Kind der Welt wäre dir böse, wenn du es lieben und behüten würdest, in dem Rahmen, der für dich möglich ist.“
Er sagte nichts, starrte nur auf seine Hände, sodass ich langsam über das Bett krabbelte und mich von hinten an seinen Rücken schmiegte.
„Ich liebe dich, jetzt gerade und es fühlt sich nicht so an, als hätte ich je einen anderen Mann so sehr geliebt wie dich. Kein Überstürzen, keine Übereilung, aber ich werde mich nicht von dir vergraulen lassen, nur weil du glaubst irgendwelchen Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Du wirst ihnen gerecht, ich habe das Gefühl wir sind so eng beieinander, wie es nur geht. Du kennst mich, meinen Kopf, verstehst mich. Und ich werde lieber in 30 Jahren zu deinem Grab gehen und dir Blumen hinlegen als darauf zu verzichten, was wir haben und was wir haben könnten“, beschwichtigte ich ihn sanft, legte die Arme um ihn, die er fest an sich drückte und schlussendlich einen Kuss auf meinen rechten Unterarm drückte.
„Ich habe dich nicht verdient, Kleines. Weder deine Hingabe noch deine Liebe.“
„Sagt der Mann mit dem großen Herzen, der jeden auffängt, sich um jeden kümmert, der immer ein offenes Ohr hat, sogar für entfernte Bekannte nachts um halb drei 200 Kilometer fährt, wenn er ihnen damit nur helfen kann. Du hast mich am Anfang nackt durch die Gegend laufen lassen, damit ich gelernt habe mich in meinem Körper wohlzufühlen. Wie zeige ich dir, was für ein herausragender Mensch du bist, hm? Wie soll ich das machen, Daddy?“, hakte ich sanft nach, fühlte, wie er sich kurz versteifte und dann hilflos den Kopf schüttelte.
„Das siehst du so, weil du verliebt bist.“
„Ich finde die rosarote Brille ist schon seit ein paar Monaten weg, spätestens seitdem du das erste Mal die Badezimmertür aufgelassen hast und auf Klo warst“, gab ich trocken zurück, brachte ihn damit zumindest ein wenig zum Schnaufen.
„Ein Wunder, dass du nicht hinfort gelaufen bist.“
„Ja, ich war kurz am Überlegen, aber sobald man sich an den Anblick gewöhnt hat, ist es tolerierbar“, neckte ich weiter, fühlte, wie sich die Verspannung unter mir löste.
„Dann habe ich ja Glück, dass ich dich so häufig fessle“, stieg er schließlich ein und fuhr mir zärtlich über die Finger. Ich liebte es, wenn er das machte. Dieses sanfte, behutsame, vielleicht ein wenig ehrfürchtige Streichen. Sein Blick wurde dabei immer so zärtlich.
„Du brauchst keine Fesseln, dir gehört doch meine Lust und ohne die, wollte ich nicht leben.“
„Ach? Na, dann sollte ich dich wohl besser an der kurzen Leine halten.“
„Du solltest mich vor Allem in den Arm nehmen, damit ich dich noch fester halten kann. Und dann solltest du mir ins Gesicht sehen, während ich dir tausend Mal erzähle, was für ein wunderbarer Mann du bist und dass ich dich für nichts in der Welt gegen einen anderen Mann tauschen wollen würde.“
„Auch ohne Kind?“
„Auch ohne Kind, Daddy. Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass du ein herausragender Vater wärst.“
„Vielleicht wäre ich das“, antwortete er schließlich und zog mich auf seinen Schoß. Gemeinsam kippten wir nach hinten weg, eng umschlungen, während ich ihm zart meine Lippen aufdrückte.
„Denk nicht daran mich zu verlassen. Niemals, bitte“, kam es krächzend über meine Lippen. Dahin war die harte Maske, die mich zuvor vor meinen Gefühlen beschützt hatte.
„Du musst ein dummes Mädchen sein, wenn du glaubst, dass ich das könnte. Du hast dich einfach so in mein Leben gestohlen, hast dir zu eigen gemacht, was auch immer ich besitze. Den Club, das Haus. Es gibt keine Ecke in meinem Leben, die du nicht mindestens vier Mal umgekrempelt hast.“
„Erdrücke ich dich?“, hakte ich zaghaft nach, biss mir dabei auf die Unterlippe. Wollte er weniger von mir? War ich ihm vielleicht einfach zu viel?
„Gott bewahre. Ich habe einfach nur Angst, dass du irgendwann gehst, und dann stehe ich mit diesen leeren Ecken dort und weiß sie nicht zu füllen.“
„Davor brauchst du keine Angst haben. Nicht jetzt und insofern du nicht vor hast mir den Sex zu untersagen, auch zukünftig nicht. Dafür habe ich die letzten Monate zu sehr genossen.“
„Ach, so gut bin ich im Bett?“, frotzelte er leicht, zog dabei die Augenbrauen hoch.
„Verdammt, du bist erfüllend“, kicherte ich und wurde wieder fester an ihn gezogen. Ein träger Kuss, ehe er leicht brummte.
„Vielleicht, Kleines, vielleicht finden wir einen Weg, der uns beide erfüllt.“
„Tu ich das noch nicht?“
„Noch schneiden sich unsere Wege, aber es wäre schön, wenn sie ein gemeinsamer werden“, erwiderte er leise in mein Haar. Ich schloss kurz die Augen und seufzte dann auf. Er wollte eine lange Beziehung und wenn ich ehrlich war, ich auch. Viel länger noch als die acht Monate, die wir bereits hatten.
„Ich liebe dich, Daddy.“
„Ich dich auch, meine Kleine. Mehr, als du glaubst.“