capítulo 27
la música
Max verschleppt mich hinter Dans Haus, um mir etwas zu zeigen. Er erklärt nichts, er zieht schlicht an meinem Arm. Wir gehen durch die pralle Sonne, durch das saftige, grüne Gras. Mir kommen sofort zwei Gedanken in den Sinn:
Erstens möchte ich mich unbedingt in die Sonne legen, solange das Wetter noch so herrlich sommerlich ist.
Zweitens hoffe ich, dass Calum trotz seinem Alkoholkonsum dafür sorgt, dass die Mädchen Sonnenschutz tragen, denn das Gejammer über Sonnenbrand würde ich nicht ertragen. Schon gar nicht bei so schönem Wetter.
Max und ich bleiben vor einem Gebäude stehen. Es ist schätzungsweise etwas größer als eine Doppelgarage. An einem goldenen Schild an der Tür lese ich die Worte ‚Stardrop Studio‘, wodurch mir sofort klar wird, worum es sich handelt. Dans Grundstück ist außerdem größer, als ich dachte. Hier hinten wäre bestimmt noch genug Platz für ein weiteres Haus und einen Pool. Das Gras der freistehenden Fläche ist genauso saftig grün wie in dem restlichen Garten um das Haus und wahrscheinlich erst kürzlich gemäht worden. In unserem Fall stimmt es, das Gras auf der anderen Seite des Zaunes ist definitiv grüner. Wir sollten uns auch jemanden zulegen, der sich um den Garten kümmert. Ich muss Dan nachher unbedingt nach seinem Gärtner fragen.
„Hier irgendwo…“ Max kniet auf dem Boden. Er durchsucht die Steine, die ein kleines Blumenbeet einkreisen, als er fündig wird, richtet er sich wieder auf. „Von wegen leicht zu finden…“, beschwert er sich.
„Was wird das, wenn es fertig ist? Willst du ein Fenster einschlagen?“
Max dreht den Stein um und öffnet eine kleine Klappe an der Unterseite, zum Vorschein kommt ein Schlüssel, meine Frage erübrigt sich also. Der Muskelprotz schließt auf. Seltsam, dass Dan hier einen Schlüssel versteckt hat, das Equipment im Studio ist sicher nicht gerade kostengünstig…
Schon als sich die Tür öffnet, spüre ich die abgestandene, etwas stickige Luft des Raumes. Die Hitze strömt aus dem Gebäude, doch Max lässt sich nicht aufhalten, er greift wieder nach meinem Arm, um mich in das Gebäude zu entführen. Es ist ja nicht so, als könnte ich ihm selbstständig folgen…
Er schließt die Tür hinter uns und greift nach einer Fernbedienung. Max sieht nach oben, ich folge seinem Blick kurz, doch da die Klimaanlage nicht besonders spannend ist, sehe ich mich in Dans Studio um. Ich höre das Biepen des Gerätes, während ich den Raum begutachte.
Von Innen wirkt das Studio nicht so imposant wie das ‚Black Studio‘ bei DRS Records, wo wir unsere Alben aufgenommen haben, doch ich sehe gleich, dass das Equipment nicht minder modern ist, wie das in Zuzu City. Dan hat dafür gesorgt, dass alles da ist, was man braucht, um gute Ergebnisse zu erzielen.
An einem Fenster mit getönten Scheiben steht ein etwas unordentlicher Schreibtisch, auf dem einige Notizen liegen. An der gegenüberliegenden Seite des Raumes befinden sich außerdem eine Couch, ein bequem aussehender Sessel und ein kleiner Couchtisch. An dem Fensterbrett daneben stehen einige Kakteen. Über der Couch ist ein Wandregal angebracht, darauf befinden sich einige Musikpreise. Der Stil des Studios ist typisch Dan. Modern, etwas kantig, aber dennoch gemütlich. In dem Raum sind mehrere gut gepflegte Zimmerpflanzen verteilt. Neben mir steht und auch ein Kühlschrank. An der Edelstahltür des Kühlschrankes sind einige Fotos durch Magnete befestigt. Die Bilder werde ich gleich genauer unter die Lupe nehmen, um mich zu beschäftigen, denn Max scheint etwas zu suchen.
„Ich bin gleich soweit, mach es dir gemütlich. Nimm dir ruhig etwas zu trinken.“
„Lass dir Zeit, aber nicht zu viel, denn sonst gehe ich eine rauchen.“
Auf dem Kühlschrank gibt es viel zu sehen. Einige Fotos von Sebastian und den Zwillingen, auch ein Hochzeitsfoto von Max und Sebastian sind zu sehen. Natürlich fehlt auch Robin nicht. Auf einem Foto sind Dan und Robin auf einer Gala oder einer anderen formellen Feier, sie sind fein gekleidet, wenige Zentimeter daneben hängt ein Bild, dass die beiden etwas legerer zeigt. Sie stehen im Cindersap Forest, das erkenne ich an dem kleinen Teich und dem Steg im Hintergrund. Die verschiedenen bunten Blätter verraten, dass das Foto im Herbst geschossen wurde. Wenn ich mir die beiden so ansehe, fällt mir eines klar auf: Die jungen Dinger, mit denen Dan zeitweilig liiert war, haben ihn nicht annähernd so sehr zum Lächeln gebracht wie Robin es tut. Sie sehen unendlich glücklich miteinander aus.
„Wenn Dan sieht, wie sehr du seine Bilder begutachtest, holt er noch sein Familienalbum raus“, erzählt Max amüsiert. „Tu dir das nie an, ich musste in den letzten Wochen zweimal dran glauben.“
„Was hat er dir denn so gezeigt?“, frage ich interessiert nach.
„Fotos aus seiner Jugend und tonnenweise Fotos von Sebastian, als er noch klein war. Er war ausgesprochen süß und hat auf jedem Foto mit Dan breit gegrinst, aber wenn ich an meinen Mann denke, dann sehe ich ihn doch lieber als Erwachsenen und nicht als kleines, freches rothaariges Monster.“
„Macht Sinn.“
Der Raum hat schon etwas abgekühlt, zum Arbeiten ist so eine Klimaanlage bestimmt angenehm. Wenn man kreativ arbeitet, schadet es nicht, einen kühlen Kopf zu haben. Ich sehe mich weiter um. Hinter Glas findet die eigentliche Magie statt. Soweit ich erkennen kann ist auch das Mikrophon nicht besonders billig gewesen, typisch Dan eben. Nur das Beste ist gerade gut genug.
Kaum lasse ich mich auf die Couch sinken, fällt mir auch auf, dass es eine weitere Tür gibt. Das kleine Schild verrät, dass es ein Badezimmer ist. Dan hat vorgesorgt, wenn man hier arbeitet, muss man das Studio nicht mehr so schnell verlassen. Mir gefällt, wie praktisch er denkt.
„Also… Ich bin echt total nervös, weil ich den Song alleine geschrieben habe. Ich bin nicht so gut wie du oder Jayson und Sebastian und schon gar nicht so gut wie Dan, aber ich habe es versucht und mir viel Mühe gegeben und ich hoffe, dass man das merkt.“
„Du holst mich hier her, damit ich mir deinen Song anhöre?“, frage ich nach.
Max nickt, er erklärt: „Sebastian würde mir bestimmt sagen, wie gut er ihn findet, egal wie schlecht mein Song ist und wenn ich ihn Dan zeige, blamiere ich mich vielleicht vor ihm. Wir arbeiten seit Jahren zusammen, aber ich bin sein Schwiegersohn und ich will ihn nicht enttäuschen, verstehst du? Wenn mein erster eigener Song eine totale Pleite ist, dann will ich das nicht von ihm hören.“
„Ich bin sicher, dass du dich vor Dan niemals blamieren würdest. Du weißt ja, wie er ist. Seine Kritik ist zwar direkt, aber er verpackt sie nett.“
„Ja, schon…“ Max atmet tief durch. „Er findet immer irgendetwas, auf dem man aufbauen kann, aber bis jetzt hat er nur das gesehen, was ich schon kann. Jemand setzt mir einen Song vor und ich spiele, was mir gesagt wird. Punkt, mehr ist da nicht. Wenn es um den Text geht, bin ich meistens nicht einmal beteiligt und wenn mich jemand um Hilfe fragt, kann ich kaum helfen.“
Max erzählt mir nichts Neues, wir haben jahrelang zusammen gearbeitet und es ist mir mehr als bewusst, dass er bei kreativen Prozessen nicht so eine große Hilfe ist, wie er gerne wäre. An seiner Mimik sehe ich, wie nervös er ist. Das typische Max-Lächeln ist verschwunden seit wir hier sind. Er kratzt sich etwas am Arm und blickt auf sein Smartphone. Eine Haarsträhne hat sich aus seinem Zopf gelöst, sie hängt ihn ins Gesicht.
„Und was erwartest du von mir? Was ist, wenn ich dir sage, dass der Song scheiße ist, obwohl er es nicht ist? Könnte ja sein, dass du so gut bist, dass ich neidisch bin und dir deinen Erfolg missgönne. Dann mache ich dir dein Projekt mies, damit du dich scheiße fühlst und es nie wieder versuchst“, erzähle ich von einem Szenario, das so nie passieren würde. „Ich mache dich runter, nur damit ich mich weiterhin profilieren kann.“
Max’ Mimik entgleist vollkommen. Ich habe ihn so sehr verunsichert, dass er nicht weiß, was er mir antworten soll. „Ich ähm… Ich spiele ihn dir mal vor… und dann kannst du ja… entscheiden… Okay? Die Aufnahme ist noch ganz roh, also sei bitte gnädig.“
Max nimmt auf dem Sessel Platz. Er tippt etwas auf seinem Smartphone herum, ehe er es auf den Tisch legt. Nach einem Knopfdruck auf das Display, lehnt er sich zurück. Es dauert einige Sekunden, doch dann erklingen Gitarre und nach einigen weiteren Sekunden auch Max’ Stimme.
Um nichts zu verpassen, lehne ich mich ebenfalls zurück und schließe meine Augen. Ich lausche Max’ Stimme und seinem Text, die Gitarre ist für mich erst einmal nebensächlich. Zu meiner Überraschung hat er in den letzten Jahren und durch die Zusammenarbeit mit Sebastian und Dan doch etwas dazu gelernt. Ich dachte immer, dass Max nur ein Aufschneider ist, der sich mit mittelmäßigem Talent und durch die kreativen Einfälle seiner Umgebung eine goldene Nase verdient hat, doch ich habe mich geirrt. Sein Song ist besser als erwartet, viel besser. Er ist bei Weitem nicht perfekt, aber ausbaufähig.
Als die Musik nach einigen Minuten verstummt, suche ich nach den richtigen Worten. Max hat viel Gefühl in den Text gesteckt. Er schreibt über seine Familie und wie schwer es ist, alleine in einem Hotel zu sein, während Sebastian und die Kinder kilometerweit weg sind. Der Song beschreibt ziemlich genau das, was ich gefühlt habe, als Calum und ich über große Distanz getrennt waren.
„Die erste Strophe klingt etwas… naja, nach einem Song, den man schon einmal gehört hat, weißt du, was ich meine? Etwas, das definitiv schon einmal da war. Du musst sie vielleicht nicht ganz ersetzen, aber es muss definitiv etwas verändert werden.“
„Okay.“
„Bei deiner Bridge stört mich auch etwas, aber ich weiß noch nicht genau was es ist, das müsste ich mir noch ein paar Mal anhören. Das gewisse etwas, das einem sofort im Kopf bleibt fehlt irgendwie.“ Ich überlege. „Vielleicht eine kleine Änderung nach ‚At night I’m lonely‘? Es fehlt etwas. Mir gefällt allerdings die Zeile ‚I miss the sun, the moon and my brightest star‘, es klingt poetischer, als ich dir zugetraut habe, allerdings ist es auch kein allzu großer Geniestreich, immerhin heißen deine Kinder ja wortwörtlich Sun und Moon und Sebastian ist ja mehr oder weniger ein Star, also...“
Es ist kurz still.
„Du… magst meinen Song also?“, fragt Max erleichtert nach. Das Lächeln hat seinen Weg zurück auf seine Lippen gefunden.
„Das habe ich so nicht gesagt“, antworte ich neutral, seine Mundwinkel senken sich augenblicklich wieder. „Er ist nicht schlecht, mit etwas Feinschliff könnte man etwas daraus machen. Wenn du ein Musikvideo dazu drehst, kannst du die Zwillinge einbinden, das erhöht bestimmt die Klicks, weil die Fans sie süß finden.“
„Also ist mein Song scheiße, aber meine Jungs können ihn retten“, meint Max geschlagen. „Ich kann’s eben nicht. Ich bin zu dämlich dafür. Wenn ich meine eigenen Texte verkaufen will, muss ich entweder meine Kinder vorschieben oder in jedem Video nackt auftreten…“ Max lässt seinen Kopf an der Rückenlehne ruhen, sein Blick ist auf die Decke über uns gerichtet.
„Halt, warte, bevor du aufgibst und wütend auf dich selbst wirst, solltest du Dan reinhören lassen. Ich hasse dich gerade, ich kann dir nichts Netteres sagen, das wäre gegen meine Persönlichkeit.“
„Du hasst mich? Wieso?“, hakt Max nach, dabei sieht er mich wieder an.
„Jetzt wo du selbst kreativ wirst, brauchst du mich nicht mehr in deinem Team“, antworte ich. „Wenn du so weiterschreibst und Jayson dir unter die Arme greift, bin ich überflüssig für eine eventuelle Reunion.“
„Schwachsinn“, antwortet Max belustigt. „Purer Schwachsinn. Trevor, du bist ein Genie und wenn hier einer den anderen nicht braucht, dann bist du das. Wenn du ein bisschen umgänglicher wärst, würde dich schon jemand als braven, gewinnbringenden Goldesel missbrauchen.“
„Es gibt nur eine Art von Missbrauch die ich gut finde“, antworte ich grinsend. Ich öffne einen Knopf meines Hemdes. „Wenn du willst, dann darfst du herausfinden, was ich damit meine.“
„…Baggerst du mich gerade ernsthaft an? Ausgerechnet jetzt?“, fragt Max verwirrt.
„Dafür hast du mich doch von den anderen weggelockt, oder nicht?“
„Nein?“, erklingt er nun noch irritierter. „Ich wollte, dass wir ungestört sind, damit niemand meinen Song hört, das hat mit Sex nichts zu tun.“
„Beim Sex würde uns hier auch niemand hören.“
Max runzelt die Stirn. „Hat Sebastian gesagt, dass du mich anbaggern sollst? So als eine Art Treuetest?“
Ich lecke mir über die Lippen und fasse an Max’ Oberschenkel. „No, aber ich schwöre, dass ich es ihm nicht verraten werde, solltest du auf mein Angebot eingehen…“ Sanft streichle ich Max, meine Hand wandert näher in seinen Schritt.
Max’ blaue Augen mustern mich, doch dann lässt er seine Verwirrung hinter sich. Er grinst, als er mir antwortet: „Leg dich hin.“
Ich lasse mir nicht lange Zeit, sondern mache es mir sofort auf der Couch bequem. Max platziert sich auf meiner Hüfte, er drückt fest gegen meine Schultern, um mich auf der Polsterung festzupinnen, ehe er sich etwas vorbeugt. Ich nehme den Geruch von Bier wahr, als er sich über mein Gesicht beugt. Seine Haarsträhne kitzelt meine Haut. Ich erwarte einen Kuss, doch es passiert nichts. Max wendet sich meinem Ohr zu, er flüstert: „Sag Sebastian, dass ich ihn nicht betrüge, nur weil sich mir eventuell eine Möglichkeit dazu bietet. Ich liebe ihn und ich werde ihm bis ans Ende meiner Tage treu bleiben, auch wenn er mir das nicht glaubt.“
Max richtet sich wieder auf, er steht gleich von der Couch auf und greift wieder nach seinem Smartphone. Ich bleibe auf der gemütlichen Couch liegen. War klar, dass das nicht funktioniert, es wäre zu einfach gewesen.
„Sebastian hat damit nichts zu tun, ich dachte nur, dass es geil wäre, hier im Studio Sex zu haben“, erzähle ich. „Seit Richie hier ist, also seit zwei Tagen, läuft nichts mehr mit Calum. Es nervt auf mich selbst angewiesen zu sein. Wäre nett gewesen, wenn du ein bisschen nachgeholfen hättest.“
„Und weil dein Leben ja soooo hart ist, ist es eine gute Idee, bei der erstbesten Gelegenheit fremdzugehen“, meint Max sarkastisch. „Und dann auch noch mit mir, weil ich dir ja so zugetan bin.“
„Es war keine besonders gut durchdachte Idee, außerdem dachte ich nicht, dass es klappt, aber sag das meinem Penis. Er wollte, dass ich es versuche.“
Max lacht. Er beugt sich etwas zu meinem Schritt: „Hey, hör zu, du hyperaktives Ding, manchmal muss man eine Pause einlegen, auch wenn man nicht möchte. Meinem Penis geht es nicht anders, okay? Gewöhn dich daran.“
„Du Comedy-King.“ Auch wenn es nicht witzig war, muss ich grinsen.
Max reicht mir die Hand. „Komm, steh auf, wir gehen. Vorausgesetzt du hast genug Blut in den Beinen.“
„Mir wäre es definitiv lieber, wenn wir beide kommen würden, anstatt zu gehen.“
Mein Freund schüttelt den Kopf. „Ich seh schon, nüchtern und auf Sexentzug, aus dir kommt heute nichts Hilfreiches mehr, dabei habe ich mir ausführlichere Kritik erhofft.“
„Lo siento“, antworte ich, nehme dann aber Max’ Hand an, er hilft mir aufzustehen. „Mein Kopf ist nicht in kreativer Stimmung, irgendetwas fehlt, ich weiß aber nicht, was es ist.“
„Alkohol?“, schlägt Max fragend vor.
„Wenn es das tatsächlich sein sollte, dann werde ich schneller wieder Alkohol in mein Haus schaffen, als Calum realisiert, dass ich einkaufen war.“
„Bevor du so etwas Dummes tust, rauch lieber eine Zigarette. Vielleicht brauchst du Nikotin.“
„Könnte sein. Schick mir deine Lyrics per Mail, dann sehe ich sie mir heute Abend in Ruhe an, vielleicht kann ich ja doch noch etwas beisteuern.“
„Danke für deine Hilfe.“
„Ach was, wenn du dich bedanken willst, kannst du mir einen blasen“, antworte ich scherzhaft.
„Ja-Nein, das wird nicht passieren“, antwortet Max schmunzelnd. „Schmink dir das ein für alle Mal ab.“
Schade. Naja, ein Versuch war es wert.
Als wir wieder auf der Terrasse ankommen, sitzt lediglich Dan draußen. Aus dem Inneren des Hauses ertönt Musik. Klingt, als würde jemand an Dans Flügel spielen.
„Calum ist gar nicht so schlecht“, erklingt Dan, als ich mich gerade hinsetze.
„Oh, das ist Calum?“, frage ich nach, worauf Dan nickt. „Er hat schon länger nicht gespielt. Wir haben zwar ein Klavier, aber er vermisst seinen Flügel.“
„Habt ihr ihn verkauft?“
„Er steht jetzt bei Filipé“, antworte ich. „Im Haus ist einfach kein Platz dafür.“
„Verstehe… Aber an sich hättet ihr ja das Geld, um euch ein neues, größeres Haus bauen zu lassen. Ihr könntet das jetzige Haus stehen lassen und darin wohnen, bis das neue Haus fertig ist.“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht, aber ich denke, dass wir mit dem leben, was wir jetzt haben. Calum hat schon so viel Zeit hineingesteckt. Die Zimmer der Mädchen sind eingerichtet und gestrichen…“
Dan schmunzelt. „Du klingst so herrlich begeistert“, stellt Dan mit sarkastischem Unterton fest. Er blickt zu Max. „Was ist eigentlich mit dir los? Du bist so still, das ist ungewohnt. Geht’s dir nicht gut?“
„Mir ist heiß“, antwortet Max. „Ich sollte schwimmen gehen.“ Er nimmt eine Flasche vom Tisch, begutachtet kurz den Inhalt durch das braune Glas, ehe er trinkt. „…und das scheiß Bier ist auch ziemlich warm.“
„Ich würde viel für ein warmes Bier geben…“
„Und für ein Kaltes?“, fragt Max grinsend nach.
„Ich würde meinen Erstgeborenen eintauschen.“
„Gut, dass du keine leiblichen Kinder hast“, antwortet Dan trocken.
„Und wehe du tauschst deine Mädchen gegen Alkohol ein“, legt Max noch nach.
„Ach was, derjenige, der sie mir abnimmt, würde sie sehr schnell wiederbringen. Cassie ist zu frech, das würde nerven und Lucía ist zu still, das wäre langweilig.“
„Es ist interessant, dass jeder dasselbe über seine Kinder sagt. Ein anderer würde sie nicht haben wollen.“ Max schlüpft aus seinem Shirt. Sein Oberkörper zieht meinen Blick magisch an. Grinsend mustere ich ihn. „Sebby sagt auch immer, dass jeder die Zwillinge zurückbringen würde.“
„Sebastian sollte sich bei diesem Thema lieber enthalten“, meint Dan belustigt. „Er war als Kind so neugierig, aufgedreht und fordernd, dass man ihn gar nicht erst entführt hätte. Das tut sich niemand freiwillig an.“
„Naja, du hast ihn gezeugt, selbst Schuld“, antworte ich ihm.
„Also Absicht war es keine, aber manchmal ist ein kleiner Fehler das Beste, was einem passieren kann.“
„Was für ein kleiner Fehler?“, fragt Sebastian neugierig, als er aus dem Haus kommt. Er greift nach einer Packung Zigaretten auf dem Tisch und öffnet sie.
„Um genau zu sein bist du der kleine Fehler.“
Sebastian grinst seinen Dad breit an. „Entschuldige, dass ich mit meiner wundervollen Persönlichkeit dein Leben bereichert habe.“
„Es sei dir verziehen, mein kleines Frettchen.“
Sebastian zieht zu seinem Mann, Max ist schon wieder mit seinem Smartphone beschäftigt, er schießt ein Selfie. „Gehst du schwimmen?“
„Mhm. Kommst du mit?“
„J-ein. Ich würde ja, aber ich hab die Kinder gerade eingesperrt, damit ich eine rauchen kann.“
„Das klingt hoffentlich schlimmer, als es ist“, meine ich etwas erschrocken. „…als hättest du sie in ein Kellerloch geworfen.“
„Nope, das Kellerloch ist für Max, wenn er mich wieder ärgert.“
Dan streckt seine Hand zu Sebastian, dieser öffnet die Zigarettenpackung wieder, damit sein Dad sich bedienen kann. „Danke.“
„Als ob ich dich so oft ärgern würde“, antwortet Max auf den kleinen Seitenhieb, er scheint sich daran aber nicht weiter zu stören, er ist wohl damit beschäftigt, sein Selfie hochzuladen. „Dein WLAN spinnt schon wieder…“
„Ja, ich weiß. Ich habe schon einen Techniker angerufen, morgen kommt jemand vorbei“, antwortet Dan gleichgültig.
„Wieso hast du mich nicht gefragt?“, fragt Sebastian nach, als er seine Zigarette angezündet hat. „Ich könnte mir das auch ansehen.“
„Weil ich dich damit nicht belästigen wollte“, erklärt Dan. „An der Hotline konnte man mir auch nicht helfen. Das Resetten habe ich zwar alleine hinbekommen… nur geholfen hat es nichts. Die sollen jemanden schicken, der mehr drauf hat, als Stecker raus, Stecker rein.“
„Das kann ich zwar auch, aber wie du meinst.“
Calum öffnet die Terrassentür. „Sebastian? Damian weint.“
Eilig legt Sebastian seine Zigarette weg, doch Max beruhigt ihn schnell: „Lass nur, Sebby. Ich mach das. Genieß deine Zigarette und wenn du fertig bist, dann entführe ich dich ins kühle Nass und schenke dir viel, viel Liebe.“
Dans Blick verrät, dass er einen Spruch auf Lager hat. Lange behält er ihn nicht für sich: „Schenk ihm bitte nicht zu viel Liebe, Max. Mein Poolboy kommt erst in ein paar Tagen. Ich will nicht, dass deine Liebe das Wasser trüb werden lässt.“
„Echt jetzt, Dad?“, fragt Sebastian angeekelt. „Ich würde nie etwas im Pool machen.“
„Ich aber“, antworten Max und ich gleichzeitig.
„Ihr seid Schweine. Eklige Schweine“, werden wir dafür von Sebastian beleidigt. Er zeigt mit seinem linken Zeigefinger auf uns. „Kinder schwimmen in dem Pool… Meine Babys plantschen darin. Ihr solltet euch schämen. Schämen solltet ihr euch, ihr Monster. Ihr seid so böse.“
Wie immer übertreibt Sebastian maßlos, doch er bringt uns damit zum Lachen. Max geht nach drinnen, um sich um seinen Sohn zu kümmern. Auch ich muss mich meinen Vaterpflichten hingeben, denn Lucía und Cassie kommen aus dem Pool und direkt auf mich zu. Lucía ist so kalt, dass sie bei mir nach Wärme sucht. In ein Handtuch gewickelt klammert sie sich an meinen Arm.
„Ihr solltet euch etwas Trockenes anziehen“, schlägt Calum unseren Mädchen vor. „Dann wird euch ganz schnell wieder warm.“
„Wenn du trocken bist, dann kannst du dich auf meinen Schoß setzen und ich kuschle so lange mit dir, bis dir wieder warm ist“, biete ich Lucía an.
„Das ist schön“, antwortet sie lächelnd.
„Dann kuschle ich mit Daddy!“
Calum begleitet unsere Töchter nach drinnen. In der Zwischenzeit drehe ich mir schnell eine Zigarette. Es wird ein bisschen dauern, bis Calum die Haare der Mädchen etwas getrocknet hat, also sollte ich genug Zeit haben.
„Was habt ihr da hinten gemacht? Hat Max dir das Studio gezeigt?“, fragt Dan nach.
„Mhm“, antworte ich wortkarg, da ich nun über mein Pape lecke. „Ist ein schönes Studio, tolles Equipment, ich habe nichts Anderes erwartet. Nutzt du es auch als Büro oder so? Der Schreibtisch war nicht gerade aufgeräumt, das bin ich von dir gar nicht gewohnt.“ Kaum habe ich meine Zigarette gedreht, lege ich sie zwischen meine Lippen und entzünde sie. Meine Metallbox klappe ich wieder zu.
„Ein Büro habe ich oben“, beantwortet Dan meine Frage. „Die Unordnung gehört wahrscheinlich Max. Ich war seit Tagen nicht im Studio, weil ich nicht in Versuchung kommen wollte zu schnüffeln.“
„Was habt ihr drüben gemacht?“, erkundigt sich nun auch Sebastian.
„Wie gesagt, er hat mir nur das Studio gezeigt“, antworte ich. „Ich wollte mich wieder mehr der Musik widmen und da ist es praktisch, gleich um die Ecke ein paar Songs aufnehmen zu können.“
„Willst du wieder einsteigen? Ich könnte dir einen Vertrag aufsetzen“, bietet Dan freundlich an.
„Ich bin mir noch nicht sicher.“ Ich nehme einen tiefen Zug meiner Zigarette. „Calum und ich haben zwar darüber geredet, aber ich will ohne meiner Familie nicht auf Tour gehen, das wäre nicht gut für mich, anderseits kann ich meine Mädchen nicht aus einem geregelten Leben reißen. Allerdings würden sie so viel reisen und könnten viel von der Welt sehen. Wie viele Menschen können das schon von sich behaupten?“
„Hm“, erklingt Sebastian. „Also wenn Damian und Aiden groß genug sind, wäre ich so einer Möglichkeit nicht abgeneigt. Die beiden wären auf einer öffentlichen Schule sowieso bekannt wie bunte Hunde, da wäre Hausunterricht wahrscheinlich die beste Möglichkeit. Ich will ihnen außerdem meine furchtbaren Erfahrungen ersparen.“
In meinem peripheren Blickfeld nehme ich eine Bewegung wahr. Richie spaziert durch das Gras, er tritt zu uns auf die Terrasse. Er greift nach einem blauen Handtuch, das um einen Stuhl gehängt wurde und legt es sich um die Schultern. Seine nassen, blonden Haare kleben in seinem Gesicht. „Wäre es frech, um ein Glas Wasser zu bitten?“
„Bedien dich, im Kühlschrank ist alles, was dein Herz begehrt“, antwortet Dan, zeigt dabei in Richtung Kühlschrank.
„Danke. Du hast es übrigens sehr schön hier. Ich wollte auch aufs Land ziehen, aber aktuell weiß ich gar nicht so recht, was ich mit mir anfangen soll. Mit großen Entscheidungen sollte ich vielleicht nicht überstürzen.“ Ich beobachte Richie dabei, wie er eines der umgedrehten Gläser von der Mitte des Tisches nimmt. Er stellt es zu seinem Stuhl und holt im Anschluss eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank.
„Nun ja, vielleicht wäre ein Tapetenwechsel nicht schlecht. Pelican Town hat noch etwas freien Grund“, erzählt Dan. „In den Bergen wäre etwas frei, das Grundstück ist im Winter allerdings schwer zugänglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass du eingeschneit wirst, ist sehr groß. Neben Trevor wäre auch etwas frei. Das Grundstück ist zwischen seiner Farm und dem Wald, die Zufahrt ist nach dem Tunnel über einen Feldweg. Allerdings ist das Grundstück sehr verwildert, es muss also vorher ordentlich aufgeräumt werden.“
„Was du alles weißt, Dad.“
„Ich plaudere gerne“, antwortet er, danach nimmt er einen tiefen Zug seiner Zigarette.
„Eine Überlegung wäre es wert. Es ist bestimmt toll, Trevors Nachbar zu sein.“ Richie befüllt sein Glas. „Wollt ihr auch Wasser?“ Ich schiebe mein leeres Glas in seine Richtung, der Blondschopf füllt es gleich auf.
„Gracias.“
„Gerne.“
Dan äschert in einem Aschenbecher, der auf dem Tisch steht, ab, danach sieht er zu Richie. „Falls du wirklich Interesse an dem Grundstück hast, können wir es uns demnächst ansehen“, schlägt er vor.
„Das wäre toll“, nimmt Richie das Angebot an. „Aber jetzt lege ich mich erst einmal in die Sonne, damit ich wieder auftaue.“
Kaum verlässt Richie die Terrasse, kommt auch Calum mit den Mädchen zurück. Mein marido hat einen neuen Drink dabei. Ich nehme einen letzten Zug meiner Zigarette und puste den Rauch nach oben, als Lucía sich gleich wieder an mich klammert. „Un momento, princesa.“ Schnell drücke ich meine Zigarette in den Aschenbecher, damit ich meine Tochter auf meinen Schoß heben kann. Lucía ist wieder in ein Handtuch gewickelt, ich lege gleich meine Arme um sie und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. „Hat das Schwimmen Spaß gemacht?“
„Sí. Ich bin ganz alleine geschwommen.“
„Ach wirklich? Das ist ja toll. Vielleicht kannst du mir das später mal zeigen.“
„Mhm.“ Lucía kuschelt sich an mich, ich drücke ihr einen Kuss auf ihre kühle Stirn. „Te quiero, papá.“
„También te quiero.“
Calum nimmt Cassie auf den Schoß, sie nimmt sofort seinen Arm, um ihn um ihren Bauch zu legen. „Dan? Hast du Kekse?“
„Wie wäre es, wenn du bitte sagst, wenn du etwas möchtest?“, fragt Calum sie schmunzelnd.
„Das hätte ich gemacht, wenn er ja gesagt hätte“, antwortet Cassie frech.
„Für euch Mäuschen habe ich tonnenweise Kekse gekauft“, erzählt Dan, wobei er schon aufsteht. „Sagt mal, wollt ihr am Freitag mit ins Community Center kommen? Am Abend sehen wir uns einen tollen Trickfilm auf der großen Leinwand an. Lucas und Sina kommen auch. Wir haben auch ganz viele leckere Snacks. Popcorn, Chips, Schokolade und ihr dürft so viel naschen wie ihr wollt, weil Eltern nämlich nicht mitkommen dürfen.“
„Es ist so unfair, dass Eltern nicht erlaubt sind“, beschwert Calum sich. „Das klingt als wäre es der beste Abend aller Zeiten.“
„Tja“, antwortet Dan grinsend. „Dumm gelaufen.“
„Ja, aber wieso darfst du dabei sein?“, fragt Calum skeptisch nach. „Das ist nicht fair.“
„Weil Robin und ich es organisiert haben.“
„Tz, dann mache ich das auch und ich lade alle ein, nur dich nicht, Dan.“
Cassie lacht, doch dann klingt sie sich in das Gespräch ein. „Aber ich darf mitkommen, oder Daddy?“
„Natürlich. Alle dürfen mitkommen, nur Dan nicht.“
Dan kontert schnell: „Dann verkleide ich mich, damit du mich nicht erkennst. Und dann esse ich alle Snacks auf.“ Er legt seinen Zeigefinger über seine Oberlippe, um damit einen Schnauzer anzudeuten.
„Mist, du bist zu clever“, gibt Calum sich belustigt geschlagen.
Die Idee gefällt mir eigentlich sehr gut. Wenn wir die Kinder ein paar Stunden loswerden, können Calum und ich die Zeit im Bett verbringen. Mit ein bisschen Glück können wir auch Richie ins Community Center schicken, dann haben wir das Haus wieder für uns und können ebenfalls einen guten, aber eher nicht jugendfreien Film ansehen…
Das würde mir gefallen und Calum wird auch schnell Gefallen daran finden, wenn ich ihm verspreche, dass er Süßigkeiten im Bett essen darf…
…
Abends sitze ich mit meinem Notizblock, einem Stift und meinem Tablet auf einer Decke im Gras. Ich habe es mir gemütlich gemacht, da ich vorhabe, noch eine Weile hier draußen zu bleiben. Der Bildschirm zeigt den Text, den Max geschrieben hat. Der Song geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Mir sind ein paar Vorschläge eingefallen, die ich Max unterbreiten möchte. Mit meinem Tablet mache ich ein Foto, von meinen handgeschriebenen Vorschlägen, damit ich sie Max per Mail zukommen lassen kann. Er muss nicht auf mich hören, aber vielleicht hilft ihm mein kreativer Input als Anstoß für eine eigene Idee. Ob er mich braucht oder nicht, ist im Moment weniger wichtig, wenn nicht sogar vollkommen unwichtig. Die Hauptsache ist, dass ich wieder schreibe und dass ich über Musik und nicht über Alkohol nachdenke.
Neben mir hat Domingo es sich ebenfalls bequem gemacht. Er folgt mir, als wäre er mein viel zu klein geratener Schatten. Ich kritzle auf meinem Block herum. Mein Kopf fühlt sich so verdammt leer an. Das Schreiben hat sich verändert, ich merke, dass ich nicht mehr so fokussiert bin, wie ich es früher war. Es macht einen verdammt großen Unterschied, ob ich nüchtern oder high bin. Mich überkommt das Gefühl, dass ich nüchtern nicht annähernd so gut bin, wie unter Drogeneinfluss. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es gar nicht mein Song ist. Ich weiß es nicht.
„Hey Trevor“, höre ich eine Stimme hinter mir. Es ist Emily.
Langsam wird sie mir unheimlich. Immer wenn ich in eher negativen Gedanken versinke, ist sie da. Als würde sie die Witterung aufnehmen und sofort zu mir kommen, um mich aus meiner Melancholie zu retten. Dabei will ich gar nicht gerettet werden.
„Hola. Was führt dich zu uns?“ Ich sehe nicht auf, sondern zeichne weiterhin auf meinem Block.
„Ich hole Richie ab, wir gehen zusammen spazieren. Geht es dir gut?“
„Bestens und dir?“, antworte ich mit einer Gegenfrage.
„Sehr gut, um ehrlich zu sein, ich freue mich schon darauf, mit Richie zu plaudern. Er hat so eine offene, vertrauensvolle Seele. Darf ich dich fragen, was du da machst?“
„Ich gebe kreative Nachhilfe und dabei bräuchte ich sie ironischer Weise selbst gerade.“
„Vielleicht brauchst du eine neue Muse“, schlägt Emily freundlich vor. Sie setzt sich neben mich. Ich schließe meinen Block, damit sie nicht lesen kann, was ich geschrieben habe, auch das Tablet sperre ich, damit auch Max’ Text nicht begutachtet wird. Ich bin sicher, dass Max nicht möchte, dass jemand von seinem Song weiß, ehe er fertig ist.
„Früher waren Kokain und Alkohol meine Gehilfen beim Schreiben, jetzt fühle ich mich, als hätte ich noch nie ein sinnvolles Wort- Moment? Wieso erzähle ich dir das? Hör auf in meinen Kopf einzudringen und schnapp dir Richie. Er braucht den Spaziergang, damit er schlafen kann.“
Emily kichert. „Ich hatte nicht vor, in deinen Kopf einzudringen, du erzählst deinen Kummer von ganz alleine.“
„Tz… gar nicht wahr…“
„Emily!“, freut Richie sich aufgeregt. „Ich dachte kurz, dass du mich vergessen hast.“ Der Blonde schlüpft in eine Jacke, er hüpft die Stufen hinunter und lässt sich fröhlich auf der Decke nieder. Emily wird stürmisch umarmt.
„Ich könnte dich doch nie vergessen. Bist du fertig?“
„Ja. Willst du mitkommen, Trevor?“
„No, ihr könntet aber Domingo mitnehmen“, schlage ich vor.
„Kommst du mit uns mit Domingo?“, fragt Richie den Hund. „Willst du spazieren gehen? Na? Hättest du darauf Lust, mein Süßer?“
Ahnungslos wie immer hebt Domingo seinen Kopf. Der Chihuahua strahlt förmlich aus, dass er keine Ahnung hat, was Richie von ihm möchte.
„Ich hole seine Leine, dann weiß er, dass wir spazieren gehen.“ Während Richie genau das macht, was er gesagt hat, streichle ich Domingos Rücken.
„Dir wird der Spaziergang auch gut tun, es wäre schön, wenn du heute Nacht durchschläfst, anstatt zu versuchen, zu mir ins Bett zu klettern.“
„Er will so nah wie möglich bei dir sein“, spricht Emily für mein Haustier.
„Das ist nichts Neues. Stimmt’s, du kleiner Flohzirkus?“
Domingo richtet sich auf, er streckt sich genüsslich, fängt dann schon an, mit seinem Schwanz zu wedeln. Er stützt seine Vorderpfoten auf meinen Oberschenkel und versucht, an meinem Gesicht zu schnüffeln, doch ich komme ihm zuvor und erhebe mich aus seiner Reichweite. Da ich ihm meine Liebe nicht vollkommen entziehen möchte, streichle ich ihn weiterhin. Er wird es nie lernen, damit muss ich mich wohl abfinden.
„Ich weiß schon, wie du tickst, du willst schon wieder mein Gesicht ablecken, aber das kannst du vergessen, weil ich das hasse.“
Auch Emily streichelt den Chihuahua. Richie kommt mit der Leine zurück. Er kniet sich hin und macht sie gleich an Domingos rotem Halsband fest. Obwohl wir meistens ohne Leine spazieren gehen, erkennt Domingo, was Richie mit ihm vorhat.
„Bitte powere ihn schön aus, dann weckt er mich nicht.“
„Ich gebe mein bestes“, nimmt Richie sich der Aufgabe mutig an. Er und Emily stehen auf und lassen mich und meinen leeren Kopf alleine zurück. Domingo dreht sich noch einige Male um, es dauert ein bisschen, bis sein kleines Gehirn kapiert, dass wir heute nicht zusammen spazieren gehen. Seine Enttäuschung nimmt ab und seine Neugierde übernimmt das Steuer, er steckt seine Nase in das Gras und schnüffelt, als wäre er ein Trüffelschwein.
Ich schlage eine neue Seite meines Blockes auf.
Eine Muse…
Hm…
Ich hatte noch nie diese klischeehafte Muse in Form eines Menschen.
Da kommt mir spontan eine weniger kreative Idee.
Wie wäre es mit einem Song darüber, dass mir nichts einfällt? Ein Song über eine Schreibblockade, darüber, dass ich die Kreativität verloren habe, als ich Drogen und Alkohol aufgegeben habe.
Es ist zwar nicht originell, aber wenn ich ein bisschen auf die Tränendrüse drücke, kann man das ganz gut vermarkten.
Wenn Max mit den Gefühlen der Fans spielt, um Klicks zu bekommen, kann ich das schon lange...