capítulo 40
planes futuros I
Meine Beziehung wackelt mal wieder, doch ich lasse mich davon nicht beeindrucken oder gar abschrecken. Seit Jahren geht es bei Calum und mir auf und ab und seit Jahren bin ich selbst schuld an diesem Problem. Ich bin es gewohnt, die Schuld zu tragen. Aber ich bin es auch gewohnt, diese Schuld wieder zu begleichen, weswegen ich schon kurz nach dem Frühstück etwas für meinen marido besorge.
Ich bringe meinem Liebsten einen Strauß frischer Blumen und seine Lieblingsschokolade, doch Calums Blick sagt mir, dass es nicht hilft, ihn wieder in bessere Stimmung zu versetzen. Er wirkt nach wie vor ziemlich sauer auf mich. Schon sein Blick könnte mich töten.
„Du weißt, dass das nicht reicht…“, meint er, als ich ihm die Schokolade reichen möchte.
„Baby…“
Calum nimmt mir die Schokolade fast schon grob ab und wirft sie auf die Küchentheke. „Hör auf mit deinem ständigem Baby. Ich bin so wütend auf dich, Trevor. Ich hab dir geglaubt, dass du es ernst meinst. Ich hab dir geglaubt, dass du dich besserst und ich hab dir geglaubt, dass du nicht mehr trinken wirst…“ Calum verschränkt seine Arme. „Ich bin echt enttäuscht von dir. Ich bin so ein Idiot.“
„Beim letzten Satz widerspreche ich dir auf jeden Fall nicht“, antworte ich neutral.
Um die Blumen nicht für diesen Streit büßen zu lassen, stelle ich sie selbst ins Wasser. Die Vase nehme ich aus dem Schrank und nachdem ich sie ausgespült habe, fülle ich sie schon mit reichlich Wasser. Vorsichtig löse ich das Papier von dem mit Liebe zusammengestellten Blumenstrauß und stecke ihn in die Vase. Wenn sich Calum schon nicht darüber freut, dann werden sie eben vom Liebesbeweis zur Dekoration degradiert. Mit etwas flauem Magen stelle ich die graue Vase auf den Esstisch. Ich bin sicher, dass der Streit noch eine Weile dauern wird.
„Manchmal hasse ich dich wirklich sehr…“, beschwert Calum sich beleidigt.
„Es war ein verdammtes Glas, okay? Ich hab es nicht mal ausgetrunken, weil du mir so ein schlechtes Gewissen gemacht hast“, erkläre ich. „Du schweigst mich seit Tagen an und ich darf wie ein Idiot auf der Couch schlafen, aber ein klärendes Gespräch kommt nicht zustande. Ich hasse deine Doppelmoral. Wenn du reden möchtest, quälst du mich so lange, bis ich einknicke, aber wenn ich reden möchte, dann schweigst du und bist angepisst, passivaggressiv und unausstehlich.“ Calum hebt eine Braue, als er mich mustert. „Du verletzt meine Gefühle, Calum und ich hab keine Lust, das ständig zu schlucken, nur weil du ein Sturkopf bist.“
Nun schmunzelt mein marido etwas. „Ich verletze deine Gefühle?“
„Sí“, stimme ich zu. „Sehr sogar. Ich bin traurig und einsam und ich will wieder bei dir im Bett schlafen.“ Ich öffne den Schrank und nehme die Tequilaflasche heraus. Energisch stelle ich sie ab und zeige an den Flaschenhals. „Sieh dir den Tequila an. Obwohl du mich fast schon auf die Probe stellst, bin ich nicht eingeknickt. Ich bleibe bei meiner Entscheidung und ich möchte, dass du sie akzeptierst.“
„Welche Entscheidung meinst du? Dass du einmal pro Woche ein Glas trinkst, oder was?“, fragt er nach.
Ich nicke. „Ein oder zwei Gläser pro Woche sollten doch drin sein, oder? Du möchtest, dass ich es nicht übertreibe und es fällt mir leichter, wenn ich ab und zu einen Schluck trinken darf, anstatt mich mit dem Anblick eines Glases zu quälen… Wenn ich es ständig als Strafe ansehe, nicht trinken zu dürfen ist das weniger angenehm, als wenn ich das Glas als eine Belohnung betrachte.“
Calum überlegt, doch dann zuckt er mit den Schultern. „Naja, was willst du jetzt von mir hören? Du hast dich bereits entschieden und ich kann jetzt zustimmen oder ich kann es scheiße finden. Mehr Wahl hab ich nicht.“
„Und du entschließt dich, es scheiße zu finden, sodass wir genüsslich weiterstreiten können, richtig?“
Mein Liebster verzieht sein Gesicht. „Dreh es ruhig wieder so, als wäre ich der Böse in dieser Geschichte. Du bist derjenige, der… Weißt du was? Vergiss es, ich will gar nicht streiten, das ist doch dämlich. Aber im Ernst, was soll ich sonst machen, außer deine Entscheidung scheiße zu finden?“
Ich reiche Calum die Flasche. „Ist jetzt symbolisch gemeint, aber ich will dir sozusagen das Steuer für meinen Alkoholkonsum überreichen. Ich bekomme ein oder zwei Gläser pro Woche und du behältst die Kontrolle. Das wolltest du doch.“
Calum nimmt mir die Flasche ab. Seufzend betrachtet er sie, doch dann stellt er sie wieder zur Seite. „Es ist scheiße, dass es überhaupt nötig ist, dich zu kontrollieren. Ich will gar kein Kontrollfreak sein, aber ich bekomme die Rolle zugeteilt und muss damit irgendwie leben… Ich wollte das eigentlich nie, aber es hat sich aus den Umständen ergeben… Ich hab darüber nachgedacht und… Come on, Sweetie, ich bin dein Ehemann und nicht dein Vormund. Ich unterstütze dich und ich bin für dich da, aber ich weiß, dass es mir nicht gut tut, jede deiner Entscheidungen zu überwachen. Ich will dir nicht ständig auf die Finger sehen müssen. Du bist erwachsen und ich will nicht für deinen Rückfall verantwortlich sein, nur dass du dann sagen kannst, ich hätte es dir erlaubt. Ich will, dass du selbst die Verantwortung übernimmst und deine Ziele mit meiner Unterstützung einhältst, aber ich will nicht derjenige sein, der dir den Alkohol aushändigt.“
Verwundert sehe ich meinen marido an. Sein Blick ist schwer zu deuten, doch seine Worte vermitteln mir deutlich, worauf er hinaus möchte. „Okay.“
Das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit nimmt Calum mich fest in den Arm. Sehnsüchtig erwidere ich diese Umarmung und lehne meinen Kopf gegen seine Schulter.
„Ich liebe dich, Sweetie.“
„Ich dich auch. Es tut mir leid, dass ich dich enttäuscht habe. Lo siento, mi corazón.“
„Schon okay, es ist ja eigentlich nichts passiert, immerhin ist es bei dem einen Glas geblieben. Ich hab nur große Angst, dass du wieder einen falschen Weg einschlagen wirst. Ich mache mir Sorgen um dich. Ich hab Angst davor, dass unser Leben wie ein Kartenhaus zusammenstürzt… Wenn ich jetzt locker lasse, dann wird aus einem Glas zwei, aus zwei Gläsern dann drei… Du verstehst doch, was ich meine, oder?“
„Mhm…“
Calum nimmt mein Gesicht in seine Hände. Er sieht mir in die Augen, ehe er mir einen zarten Kuss gibt.
Was auch passiert, ich darf ihn nicht enttäuschen…
Es wäre Calum gegenüber nicht fair…
Ich habe ihm schon viel zu oft wehgetan.
…
Eigentlich wollte ich mit Calum und den Kindern einen Spaziergang Richtung Berge machen, doch eine Nachricht hält mich davon ab. Auf Max’ Bitte finde ich mich vor Calums Laptop ein, um mich an einer kleinen Videokonferenz zu beteiligen.
Mit einem Glas selbstgemachtem Eistee setze ich mich auf Calums Schreibtischsessel. Mein Bein wippt zu dem Takt meines Ohrwurmes, als ich den schwarzen Bildschirm betrachte. Der Laptop fährt gerade hoch. Ich atme tief durch. Dass ich so lange auf eine Antwort von Max und Jayson gewartet habe, stört mich ein wenig, doch ich habe keinen Einfluss darauf. Wenn ich nachgefragt hätte, wäre das nur kontraproduktiv gewesen. Dass sie sich so viel Zeit gelassen haben, kann allerdings nur etwas Positives bedeuten. Ein ‚Nein‘ hätten sie mir schneller serviert, da bin ich mir sicher.
Die Verbindung steht schnell. Auf dem Bildschirm taucht nicht nur Max, sondern auch Jayson auf. Max befindet sich anscheinend in einem Hotelzimmer, während Jayson draußen im Grünen sitzt. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es könnte sich um seinen Garten handeln.
„Hola, muchacho“, begrüßt Jayson mich grinsend. „Gut siehst du aus. So frisch und erholt.“
„Gracias, das kann ich nur zurückgeben. Die Sonnenbräune steht dir ausgezeichnet.“
„Oh so höflich und freundlich“, entgegnet er. „Ist ja fast schon ungewohnt, dass ich keinen frechen Spruch an den Kopf geworfen bekomme.“
„Tja, auch ich kann mich benehmen, liebster Jayson.“
Während Jayson und ich uns schon vorsichtig beschnüffeln, tippt Max an seinem Smartphone herum.
„Ach, fuck it… Das dauert ewig…“ Ich sehe Max an, der seufzt und dann scheinbar eine Sprachnachricht aufnimmt. „Ja, Schatz, ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll? Ich kann dir von hier aus leider nicht helfen, aber die Tour ist ohnehin bald vorbei und dann bin ich ja auch wieder zu Hause. Und ähm… Dein Dad wird das Gurkenglas doch aufbekommen, oder nicht?“ Max lacht etwas. „Im Notfall kannst du es zu Calum bringen, der hat Muckies, das wird schon. Ich liebe dich, Sebby.“ Jayson und ich lachen, Max sieht etwas verwundert auf, doch dann grinst er. „Sebastian bekommt das Gurkenglas nicht auf und hat mir deswegen gefühlte 20 Nachrichten geschrieben. Er hat mir auch ein Foto von dem Glas geschickt, damit ich die Marke nie wieder kaufe, weil diese Gläser es angeblich auf ihn abgesehen haben.“
„Wow“, gebe ich belustigt von mir.
„Yoba, Sebastian ist so süß“, meint Jayson schmunzelnd.
„Sí, das ist er, nur leider wird er verhungern, wenn er das Glas nicht aufbekommt“, mache ich mich über die Situation grinsend lustig.
Max zuckt mit den Schultern. „Ach was. Wenn er sich noch etwas mehr ärgert, dann entwickelt er die Kraft, das Glas mit bloßen Händen zu zerquetschen. Ihr habt ja keine Ahnung, wie stark er eigentlich sein kann.“
„Ach, ich kann mir das schon ganz gut vorstellen“, antwortet Jayson. „Wenn ich mir so ansehe, wie du nach seiner Pfeife tanzt, muss er was auf dem Kasten haben.“
„Klein aber oho“, stimme ich Jayson zu.
„Pff… Ich tanze doch nicht nach Sebastians Pfeife. Ich weiß nur was gut für mich und meine Gesundheit ist. Natürlich liebe ich Sebastian wirklich sehr, aber ich habe auch manchmal genauso große Angst vor ihm. Wenn er unter Stress steht, ist wie eine kleine Bombe, die ohne Vorwarnung hochgeht, wenn man nicht aufpasst.“
Jayson streckt sich. Er nimmt kurz seine Sonnenbrille ab, um über sein Auge zu streichen, ehe er sie wieder aufsetzt. „Apropos Bombe, die hochgeht… Trevor?“
„Nette Überleitung“, macht Max seinem besten Freund ein Kompliment.
„Dankeschön, Max. Ich bin auf die Überleitung echt stolz.“
„Gern geschehen, Jayson.“
„Jungs…“
Max öffnet sich eine Dose Joja Cola, was seinen besten Freund sofort zum Lachen bringt. Auch Jayson hebt eine Dose hoch. „Max, raus aus meinem Kopf. Die wollte ich auch grade aufmachen“, erzählt Jayson grinsend.
„Oh Yoba, nicht mal wenn wir getrennt sind, hören die Gemeinsamkeiten auf. Das zwischen uns ist wirklich etwas Besonderes, Jay.“
Jayson öffnet seine Dose und die beiden stoßen virtuell miteinander an. In diesem Moment frage ich mich wirklich, ob ich es ertragen würde, mit den beiden Idioten zusammenzuarbeiten. Wenn die sich immer noch so benehmen, sobald sie aufeinandertreffen, dann muss ich zwangsläufig wieder zur Flasche greifen, nur damit ich es ertrage, in deren Nähe zu sein…
Vielleicht hab ich mir deswegen die Birne zugeknallt…
…also nicht, dass ich einen Grund gebraucht hätte.
Aber wenn ich einen Grund gebraucht hätte, dann wären die beiden Idioten ein guter Grund gewesen.
Ich nehme einen Schluck von meinem Eistee, während ich die beiden dabei beobachte, wie sie belanglosen Smalltalk führen. Max gestikuliert heiter, während er redet, Jayson lacht belustigt. Da die beiden sich so köstlich unterhalten, stecke ich den Laptop aus, um ihn mit nach draußen zu nehmen. Hier drinnen ist es ohnehin stickig, außerdem brauche ich eine Zigarette, wenn ich mir das Gequatsche tatsächlich noch eine Weile antun muss.
Dass ich vom Schlafzimmer auf die Veranda wandere, fällt den beiden nicht auf. Ich hole sogar noch meinen Eistee und auch meine Metallbox, ohne vermisst zu werden. Erst als ich dabei bin, mir eine Zigarette zu drehen, werde ich für Max und Jayson wieder interessant.
Jayson räuspert sich, ehe er mich anspricht: „Ach ja, wir wollten ja mit dir reden.“
„Mhm… Ich dachte, ich unterbreche euch nicht und warte, bis ihr fertig mit eurem kleinen Austausch seid“, antworte ich dem Sänger, wobei ich meine Zigarette zu Ende drehe und über das Pape lecke. Ich lasse mir nicht lange Zeit, sondern lege die Zigarette gleich an meine Lippen und entzünde sie im Anschluss.
„Ich mach es ganz kurz“, erklärt Jayson mit einem Lächeln. „Wir dürfen den Namen Highway 89 wieder für die neue Band nutzen und wenn du willst, dann nehmen wir dich als Gitarristen, Trevor.“
„Cool, ab wann geht es los?“, frage ich nach.
„Nun… Anwälte kümmern sich um das Rechtliche, aber arbeiten könnten wir im Prinzip ab sofort. Ich hätte ja für das nächste Album von 1000 Years From Now schon einiges fertig, was wir nutzen könnten, falls ihr das auch wollt. Wenn nicht, dann schreiben wir etwas ganz Neues, was ich eigentlich schon fast cooler finden würde.“ Jayson legt sich eine Zigarette zwischen die Lippen, dann hebt er ein Notizbuch hoch und grinst etwas. Er entzündet die Zigarette und legt das Notizbuch wieder ab. „Hast du an irgendwas gearbeitet, Trevor?“
„Nun… Ähm…“
Ich lehne mich überlegend zurück und nehme einen tiefen Zug meiner Zigarette. Bevor ich antworte, denke ich darüber nach, welche Worte ich am besten verwende, um mich nicht als vollkommen nutzlos, unfähig und unkreativ zu outen.
„In letzter Zeit fiel mir das Schreiben nicht ganz so leicht. Ich hab zwar über einiges nachgedacht und auch ein paar Zeilen aufgeschrieben…“ Ich seufze. „…aber ich bin ehrlich zu euch: Aktuell läuft es nicht besonders gut.“
„Was ist denn los?“, fragt Max nach. „Eheprobleme?“
Ich zucke mit den Schultern. „Immer, aber das ist es nicht. Wenn mich das in irgendeiner Weise bedrücken würde, hätte ich seit Jahren keinen Stift mehr in der Hand gehabt. Es ist eher so, dass mich schon lange keine Muse mehr geküsst hat…“
„Hm…“, erklingt Max überlegend. „Das ist echt doof.“
„Nein, das macht gar nichts“, nimmt Jayson es locker auf. „Wir können uns ja auch zusammensetzen und ich zeig dir ein paar Dinge, an denen ich so arbeite, dann machen wir das zusammen. Vielleicht brauchst du nach der langen Pause ein paar Anstöße und dann läuft es wieder von selbst. Und so wie ich dich kenne, kannst du meinen Texten sogar noch das Tüpfelchen auf das I setzen.“
„Das ist nett von dir Jayson“, antworte ich, wobei ich auf den Bildschirm sehe. Als ich ihn lächeln sehe, lächle ich ebenfalls ein wenig.
„Ich hab übrigens auch mit Dave geredet“, erzählt Max freudig. „Er meinte, dass er nicht abgeneigt wäre, das neue Merch zu designen.“
„Klingt doch nach ner coolen Idee“, antworte ich, worauf Max nickt.
Jayson freut sich: „Jetzt müssen wir nur noch Joey für irgendwas einbinden und schon kann man fast sagen, dass wir die alte Besetzung wieder zusammen haben.“
„Naja, so richtig in die Öffentlichkeit will er ja nicht mehr“, spreche ich meine Bedenken aus. „Aber vielleicht würde er ja das neue Merch in seinem Stream tragen oder vielleicht das eine oder andere Fanpaket verlosen?“
„Klingt nach einer Idee.“ Jayson legt seine Zigarette zur Seite, dann notiert er sich etwas auf einem College Block, ehe er einen Schluck seiner Joja Cola nimmt. „Du sag mal… Was sagt Calum dazu, dass du wieder einsteigen willst? Ist da alles cool oder soll ich mit ihm reden?“
„Tja… Ich hab’s ihm gesagt und ich werde ihm später sagen, dass ich euch eine feste Zusage gegeben habe. Er hat nicht den Eindruck gemacht, als hätte er etwas dagegen. Wie wir die Familie logistisch gesehen weiterführen, kommt dann darauf an. Mit einem Kindermädchen und Privatlehrern ist das kein Problem, andere Eltern schaffen das auch. Calum würde ja auch selbst gerne ab und zu arbeiten und ich schätze, dass wir uns da nicht gegenseitig im Weg stehen werden. Wenn ich die Familie mit auf Tour nehme und Calum dann in derselben Stadt arbeitet, ist das locker machbar. Wenn er außerhalb arbeitet, dann bleiben die Kinder entweder bei mir und werden von dem Kindermädchen beaufsichtig, solange ich arbeite oder sie kommen mit Calum mit und werden dort vom Kindermädchen beaufsichtigt.“
„Und du willst deine Mädchen wirklich überall hinschleppen?“, fragt Max nach. „Also ich weiß ja nicht…“
„Das ist mir allemal lieber, als nachts nach dem Konzert alleine im Hotel zu liegen und dann wohlmöglich noch auf dumme Gedanken zu kommen…“
Jayson wirft ein: „Naja, Max, bei dir sieht das ja auch anders aus. Sebastian ist zu Hause und kümmert sich um die Jungs.“
„Also auch nicht immer“, berichtigt Max seinen besten Freund. „Okay, die Wortwahl war jetzt strange… Sebby kümmert sich toll um die Jungs, aber er würde auch ab und zu gerne wieder einen Gastauftritt in einer Serie übernehmen. Und meine Tour ist ja jetzt auch bald vorbei, so Mitte-Ende Herbst gehen dann wieder die Dreharbeiten für Family Goals los. Es ist nicht so, als würde Sebby nicht arbeiten. Er schreibt ja auch immer wieder an ein paar Songs, wenn er die Zeit dafür findet, außerdem kann er ja nicht alles alleine stemmen. Ich kann ihm nicht alles auflasten und dann abhauen, das ist nicht fair.“
„Ich weiß, ich weiß. Sebastian hat es härter als es klingt. Die Zwillinge brauchen ja auch viel Aufmerksamkeit, das sollte kein Angriff sein“, entschuldigt Jayson sich. „Er macht das toll, ich lese übrigens regelmäßig seinen Blog. Die Fotos der Zwillinge sind so verdammt niedlich.“
„Danke.“ Max schmunzelt. „Ich hab’s auch nicht als Angriff aufgefasst, aber Sebby will, dass ich ihn und seine Karriere ernster nehme und deswegen will ich ihn ein bisschen ‚verteidigen‘, auch wenn er nicht da ist.“
„Verstehe.“
Ich lenke das Thema wieder in eine konstruktive Richtung: „Sagt mal, habt ihr eigentlich schon ein Konzept für das Comeback-Album? Wollt ihr eher an das letzte Album anknüpfen oder eher euren Solo-Sounds folgen? Oder wollt ihr vielleicht etwas ganz Neues machen?“
„Nun ja“, antwortet Jayson überlegend. „Ich hab mich ja ohnehin eher an den Highway 89-Sound gehalten und das würde ich auch gerne beibehalten. Ich wäre allerdings ein paar Pop-Einflüssen nicht abgeneigt, so wie Max das bei seinem letzten Album gemacht hat.“
Max scheint eine Idee zu haben: „Was ich auch cool fände, wäre ein Spanischer Pop-Rock-Song. Man könnte die Fans auf eine kleine, falsche Fährte locken und den Song vor dem Album Release leaken.“
„Dann denken alle, dass ich der Sänger wäre oder was?“, frage ich grinsend nach.
„Ja genau. Damit es glaubwürdiger wird, singt ihr zusammen, weil Jayson ja nicht einfach so mit dir tauschen könnte. Die Fans wissen ja, dass er nicht Gitarre spielen kann, aber sie wissen, dass du singen kannst. Wenn wir den Song leaken, gäbe es viel Gesprächsstoff, viele Fragen, viel Kritik, viele Beschwerden und vor allem viel Hype und viele Klicks. Im Endeffekt wird der Großteil der Fans das bekommen, was sie wollen, wenn wir auf dem neuen Album etwas experimentieren und all unsere Solo-Projekte etwas einfließen lassen.“
Ich habe so meine Bedenken, da die Musikindustrie mittlerweile eher vom künstlichen Drama abhängig ist und großteils nur noch wenig mit echter Musik zu tun hat. Jetzt wo mir das wieder vor Augen geführt wird, werde ich doch wieder etwas nachdenklich. In mir kommen Zweifel hoch, die ich in den letzten Wochen verdrängt habe. Die Presse wird mich wieder zerreißen, sobald ich zurück ins Rampenlicht trete. Es könnte sein, dass die Paparazzi mich wieder auf Schritt und Tritt verfolgen. Wer weiß, wie sich das auf meine Mädchen auswirken wird…
„Trevor?“
„Hm?“, frage ich etwas abgelenkt. „Sorry, ich war kurz in Gedanken. Die Idee ist interessant und es könnte witzig werden, wenn ich Jayson ein paar spanische Wörter beibringe.“
Jayson lacht. „Ich hoffe, dass du geduldig mit mir bist.“
„Ach was, ich hatte viele dämliche Schüler, die es auch geschafft haben, ihre Noten zu verbessern. Du bist ein cleveres Kerlchen, bei dir habe ich keinerlei Bedenken“, winke ich seine in einen Scherz verpackten Ängste ab. „Was mich eher beschäftigt sind die Paparazzi. Erst haue ich ab und ziehe aufs Land, um ihnen zu entkommen und dann liefere ich mich ihnen wieder aus. Nicht mein bester Move, wenn ihr mich fragt.“
Jayson schmunzelt etwas, während Max anfängt zu lachen. Ich nehme den letzten Zug meiner Zigarette, ehe ich sie im Aschenbecher ausdrücke. Sofort mache ich mich daran, mir eine weitere Zigarette zu drehen. Es dauert etwas, doch Max beruhigt sich wieder.
„Der nüchterne Trevor wird sie langweilen, also mach dir darüber keine Gedanken“, tröstet mich Max. „Anstatt zu saufen und zu koksen wirst du abends mit deinen Kindern kuscheln und dann an der Seite deines Ehemanns einschlafen. Und an den freien Tagen macht ihr Sightseeing, dann lernen deine Mädchen gleich etwas. Die Paparazzi werden mit solchen Fotos nicht so viel verdienen wie mit deinen Drogen-Eskapaden. Dann suchen sie sich ein neues Opfer.“
„Könnte sein, aber du überschätzt meine Kinder“, antworte ich neutral. „Wenn ich ihnen so zuhöre und mir ansehe, wie unschlau sie manchmal sind, merke ich schon deutlich, dass ich nicht der leibliche Vater bin. Sie sind alles andere als lernwillig. Manchmal vergeudet man seine Weisheit an sie.“
„Oh wow, unschlau“, wiederholt Jayson etwas erstaunt. „Solltest du das als ihr Dad nicht anderes sehen?“
Ich grinse. „Wie denn? Soll ich mir und den Kindern einreden, dass sie die schlausten Kinder der Welt sind? Ein bisschen Realität tut uns allen gut. Eltern sind ohnehin immer viel zu überzeugt von ihren Sprösslingen. Wisst ihr, sie sind noch klein und haben noch viel zu lernen, ich mache ihnen da keinen Druck. Wenn ich ihnen jetzt einrede, dass sie perfekt sind, sind sie nur enttäuscht, wenn ihre schulischen Leistungen das Gegenteil zeigen. Sie finden schon ihren Weg und wenn sie meine Hilfe brauchen, dann bin ich auch für sie da.“
„Na das klingt ja schon deutlich humaner“, zieht Jayson mich nun frech auf. „Beinahe so, als hättest du einen kleinen Calum in deinem Kopf, der dir sagt, dass du dich benehmen sollst.“
„Ay, cállate.“
„Oh ich wette, dass du für deine Sprüche eine ganz schöne Rüge bekommen hast“, lacht Jayson nun.
„Stell dir mal Calum vor, wie er Trevor packt und über’s knie legt, weil er schon wieder so frech war“, wirft Max lachend ein. „Calum ist zu geil.“
„Oh ja, Calum ist klasse. Wird auch mal Zeit, dass jemand dem alten Trevor ein paar Manieren einbläut.“
Jayson und Max amüsieren sich ausgesprochen gut auf meine Kosten. Ich sehe ihnen dabei zu, wie sich jeder der Idioten in jeweils einer anderen Stadt schön über mich amüsiert. Dass das alles Konsequenzen haben könnte und ich zu einem Gegenschlag ausholen werde, haben sie hoffentlich nicht auf dem Schirm, sodass meine Rache sie hart treffen wird.
„Ich hasse euch beide so sehr…“
…
Die Kinder sind im Bett, somit haben Calum und ich alle Zeit der Welt, uns über die kommenden Monate zu unterhalten. Es könnte sein, dass unser Leben jetzt nach und nach etwas chaotischer wird, doch ich sehne mich schon danach, ab und zu etwas Action in meinen Alltag bringen zu können. Es geht mir nicht einmal ums Geld, davon habe ich mehr, als ich jemals ausgeben könnte. Nur Vollzeit-papá zu sein, reicht mir allerdings nicht mehr. Ich bin nicht ausgelastet, wenn ich nur Haare flechte, koche, putze, Kaffee trinke und kiffe. Nicht mal täglicher, geiler Sex könnte daran etwas ändern. Viel Sex würde es zwar verbessern, allerdings wäre ich trotzdem nicht vollkommen ausgelastet.
„Also hast du ihnen jetzt zugesagt?“, erkundigt mein marido sich.
„Mhm“, stimme ich Calum zu. Eigentlich habe ich nicht mit einem Lächeln gerechnet, doch mein Liebster lächelt mich an.
„Das ist schon ziemlich cool. Ich hatte zwar Bedenken, aber ich freue mich auch darauf. Oh, und wenn wir schon dabei sind: Ich habe bereits einen kleinen Job an Land gezogen. Das Shooting ist am Wochenende der ersten Schulwoche.“
„Super, wohin geht’s?“, frage ich nach.
„Ach, ein Shooting in Grampleton, es geht um die kommende Wintermode. Ich hab mit dem Designer schon oft zusammen gearbeitet und er ist heilfroh, dass ich wieder verfügbar bin.“
„Naja, Wintermode… Das ist ja nicht unbedingt dein Ding, oder?“, meine ich grinsend.
„Du denkst an Kälte und sofort an Mantel, Schal und dicke Socken, während ich an Unterwäsche in Festtagsoptik denke“, zieht Calum mich grinsend auf. Er stützt sein Kinn an seiner Hand ab. Sein Grinsen wird zu einem sanften Lächeln. „Schaffst du es, die Kinder ein paar Tage alleine zu übernehmen?“
„Sicher“, antworte ich ihm. „In der ersten Woche ist ja jetzt noch nicht so viel los. Falls sie schon Hausaufgaben haben, übernehme ich das mit Leichtigkeit.“
Calum nickt. „Ich finde es immer noch erstaunlich, dass du dabei die richtige Menge an Durchhaltevermögen und Geduld hast, aber im Alltag nicht…“
„Tja“, antworte ich, dann fange ich schon an, mir die letzte Zigarette für heute zu drehen. „Ich schätze, dass ich mich in dem Moment nicht als ihr papá, sondern eher als ihr Nachhilfelehrer sehe. So ärgere ich mich weniger. Frag mal Richie wie ich mit ihm umgesprungen bin. Es macht einen großen Unterschied, ob ich mich als Lehrer oder als Familienmitglied betrachte.“
„Hm… Sei nett zu ihnen, okay?“
Ich nicke. „Darüber musst du dir gar keine Sorgen machen.“
„Tu ich trotzdem.“ Calum lehnt sich zurück, während ich meine Zigarette anzünde. Er greift nach seinem Drink und nimmt einen Schluck davon. „Wie viel steht in deinem Karriereneustart schon fest?“
„Bis jetzt sind keine Termine festgelegt. Das rechtliche klären Anwälte und sobald unser neuer Vertrag fertig ist, müssen wir nur noch unterschreiben. Jayson und ich haben uns darauf geeinigt, dass wir uns für ein paar Tage zusammensetzen und mal sehen, wie der Schreibprozess so laufen wird. Ich war ja nicht besonders kreativ in der letzten Zeit.“ Ich nehme einen tiefen Zug meiner Zigarette. „Vielleicht hat Jayson ja Recht und ich brauche bloß einen kleinen Anstoß. Und wenn ich ein paar Tage ohne alltägliche Unterbrechungen arbeite, bekomme ich vielleicht wieder den richtigen Fokus.“
„Solange du keine Drogen für deinen Fokus brauchst, gebe ich dir die Erlaubnis ein paar Tage wegzubleiben.“
„Tz, Erlaubnis“, wiederhole ich schmunzelnd. „Als ob ich nicht einfach meinen Schlüssel nehmen und wegfahren könnte. Baby, so sehr ich dich auch liebe, aber gewisse Dinge kannst du mir prinzipiell schon nicht verbieten.“
Calum tätschelt meinen Arm. „Süß wie du denkst, dass du tatsächlich die Hose anhast.“
Ich sehe Calum an, gebe ihm jedoch keine Antwort. Stattdessen grinse ich in mich hinein, als ich den nächsten Zug meiner Zigarette nehme. Sein Blick lässt mich erahnen, dass ich seine Gedanken richtig lese. Er weiß mit hoher Wahrscheinlichkeit, was gerade in meinem Kopf vorgeht.
Calum seufzt, ehe er fragt: „Du stellst dir gerade vor, dass ich keine Hose anhabe, richtig?“
„Vielleicht…“
Ich werde mit einem kleinen Klaps auf den Arm ‚bestraft‘, doch dann zieht Calum meine Hand zu sich, um meinen Handrücken zu küssen.
„Weißt du, dass du irgendwie sehr fröhlich wirkst, seit du dich dazu entschieden hast, wieder zu arbeiten?“, fragt Calum mich, worauf ich mit den Schultern zucke.
„Tu ich das?“, antworte ich mit einer Gegenfrage.
„Ja, sehr sogar.“
„Ich freue mich auch. Ich hoffe nur, dass wir noch nicht zu alt oder zu lange weg vom Fenster sind… Wahrscheinlich kann Max’ nackter Oberkörper nach wie vor Fans anlocken. Schlecht sieht er ja nicht aus.“
„Mhm, das stimmt…“ Calum setzt sofort ein süffisantes Grinsen auf.
„Aber ich schätze, dass ich zufrieden sein werde, selbst wenn die Hallen nicht ausverkauft sind. Wie groß das Publikum ist, war mir immer schon egal.“
Calum legt seine Hand an meinen Unterarm und streichelt mich: „Ich weiß, Sweetie. Dir ging es immer schon um die Musik und nicht um das Geld oder den Ruhm… Auch wenn Geld und Ruhm schon ein netter Nebeneffekt ist.“
„Das stimmt wohl.“
Eine Weile schweigen wir uns an. Ich rauche meine Zigarette zu Ende, während Calum seinen Drink zu sich nimmt. Dass der Sommer sich dem Ende neigt, ist deutlich spürbar. Heute Abend ist es ziemlich kalt für meinen Geschmack. Ich freue mich schon darauf, mich ins Bett kuscheln zu können.
Nachdem Calum sein Glas geleert hat und auch ich meine Zigarette im Aschenbecher ausgedrückt habe, reicht mein marido mir die Hand. Wir begeben uns nach drinnen. Ich wasche mir noch die Hände und er stellt sein Glas in den Geschirrspüler.
Wir küssen uns zärtlich, ich kann den Alkohol an Calums Lippen schmecken. Mein Liebster manövriert mich ins Schlafzimmer und schubst mich ins Bett. Rücklings liege ich auf der Matratze und nur wenige Sekunden später sitzt Calum schon auf meiner Hüfte.
Calum zieht sich das Shirt aus und lässt es auf den Boden fallen. Wir halten kurzen Augenkontakt. Sein neutraler Blick wird immer dominanter und fast schon ein wenig fies. Ich liebe es, wenn er mich so ansieht. Dieser harte Gesichtsausdruck ist immer der Vorbote für äußerst guten Sex und ich kann es jetzt schon nicht erwarten, ihm die Führung zu überlassen.
Mein marido streicht über meinen Brustkorb, dabei grinst er etwas.
„Hast du Lust ein wenig mit mir zu spielen?“, fragt er verführerisch.
„Sí…“
„Muy bién, mein kleiner Latino… Schließ die Augen… und wenn du brav bist, werde ich dir nicht wehtun.“
„Hey, ich will ja nicht unhöflich sein, aber vielleicht solltet ihr die Tür schließen, bevor ihr anfangt zu spielen…“
Als ich zur Tür sehe, erblicke ich Richie, der mit etwas irritiertem Gesichtsausdruck ganz langsam die Tür schließt.
„Also, wenn er schon mal da ist…“
„Nein, Trevor, einfach nein…“