Amron sah dem Dämon zu, wie dieser vor dem Schreibtisch hantierte und gekonnte Handgriffe ausfuhr. Augenblicklich fuhr es dem Krieger eiskalt den Rücken hinunter, als er Buck dabei erwischte, wie er diabolisch grinste. Was auch immer dieser vorhatte, es würde ihm nicht gefallen.
Auch wenn sich Amron in manchen Höhlen tagelang aufgehalten hatte, so brachte diese Kammer ihn zum Nachdenken. Irgendwie mochte er diese Dunkelheit nicht, die stetig auf ihn zuhielt und ihn langsam und schleichend weiter bedrohte. Die Schwärze kroch auf ihn zu und drohte ihn zu verschlingen. Wurde der Raum immer kleiner oder die Luft immer dichter? Amron holte tief Atem und erkannte keinen Unterschied im Vergleich zu vorher, als sie diese Kammer betreten hatten. Doch sein Verstand spielte ihm eine Angst vor, die nicht seine zu sein schien. Ein wenig verwirrt schüttelte er den Kopf und beobachtete den Dämon bei seiner Arbeit. Dieser fixierte ihn, als würde er auf eine Reaktion warten. Das Grinsen jedoch behielt sich der Dämon bei, als hätte er ein Wundermittel schlechthin entdeckt.
„Ich habe das Wundermittel schlechthin entdeckt“, jubelte er und schien von seiner Entdeckung derart begeistert, dass er anfing unruhig zu tanzen. Amron würde es eher als Alberei abtun und schnaufte schwer. Doch Buck ließ sich davon nicht beirren und seine Laune stieg, als er Amron die Kolben zeigte und in der Hand diese kleinen Punkte hielt.
„Spinnen?“, fragte Amron mit Argwohn in der Stimme. Buck lachte trocken auf.
„Das, mein Lieber, sind kleine Nanobots, so klein und unscheinbar.“ Der lackierte Fingernagel tippte energisch auf die Brust des Kriegers, der bei der Berührung zusammenzuckte und sich nach hinten lehnte. Buck jedoch trat einen Schritt vor und unterband es, den Abstand zu vergrößern.
„Das sind kleine Spione, die alles aufzeichnen, was in deinem Inneren vor sich geht.“ Durch das nervöse Antippen Bucks an Amrons Brust fühlte sich der Krieger nicht nur unwohler, sondern auch ein wenig lächerlich. „Deinen Herzschlag, deinen Puls.“ Der Finger wanderte weiter und kam bei dem linken kräftigen Oberarm an. „Deine genaue Nährstoffanreicherung im Blut. Natürlich auch die Sauerstoffsättigung und Anzahl der Blutkörperchen.“ Schließlich folgte Amron dem Finger hinauf zu seinem Gesicht und schielte fast, als Buck Amron an der Stirn berührte und daran klopfte, als würde er an seiner Intelligenz zweifeln. „Bis hin zu deinen Hirnaktivitäten.“ Bevor der Weißhaarige den Finger schnappen konnte, sprang der Dämon zurück und wartete geduldig, bis Amron sich wieder fing und seine Wut hinunterschluckte. Der Schelm selbst fing den Spott der Situation auf und vollführte eine einladende Geste, einige der Nanobots zu nehmen. Amron tat wie geheißen und wartete ab. Diese kleinen Punkte hatten tatsächlich kleine Beinchen wie Spinnen, jedoch nur sechs an der Zahl. Während die Oberfläche durch den schwachen Schein der Lampe glänzte wie schwarzer Marmor, sah Amron einige Punkte, die er als Augen identifizierte. Diese waren wohl solche, wie er auch in der Forschungseinrichtung bei seinem Ausbruch gesehen hatte. „Kameras“, flüsterte er.
„Nicht ganz, aber so ähnlich.“ Der erhobene Zeigefinger, mit den er Amron zuvor geärgert hatte, wedelte von links nach rechts und tadelte den jungen Krieger. Er wusste nicht wann, aber irgendwann würde er diesem Dämon eine verpassen.
„Das Besondere an diesen Geräten ist, dass diese kleinen Biester nicht nur aufzeichnen, was in deinem Körper passiert, sondern dich auch kontrollieren können. Quasi musst du dir vorstellen, als würdest du durch reinen Willen einen Menschen kontrollieren können. Nur ist das nicht so, dass man durch bloßes Wollen das schaffen könnte. Es bedarf einiger Inhaltsstoffe, gespeichert in den Nanobots, die in deinem Körper eine bestimmte Reaktion hervorrufen können. So wirst du entweder geschwächt durch Gift...“ Amrons Augen wurden größer.
„Oder man ruft ungeahnte Mächte hervor, die durch diese Mittel die Kräfte steigern können.“ Buck nickte. Der letzte Kampf des Kriegers hatte das Mädchen von jetzt auf gleich in ein ihm unbekanntes Wesen verwandelt, als wäre dies auf Knopfdruck geschehen. Amron verstand den Prozess nicht gänzlich, aber die Folgen wurden ihm augenblicklich bewusst.
„Woher…?“, fragte er bereits, doch Buck hob den Zeigefinger erneut und stoppte damit Amrons plötzlichen Redeschwall, bevor dieser überhaupt anfangen konnte.
„Ich kann mir vorstellen, dass du viele Fragen hast, aber lass mich es dir zeigen. Das spart Zeit und ist wesentlich verständlicher.“ Ohne viel Federlesen warf der Dämon den Inhalt seiner Faust in den Kolben mit der schwarzen Flüssigkeit. Bereits bei Kontakt der Tierchen mit dem Blut hörte man ein Zischen. Die Nanobots wurden unruhiger und erzeugen in dem Glas Wellen, als würde ein Sturm in dem Kolben toben. Amron trat näher und spürte es. Ein Summen in seinem Kopf und ein sanftes Kribbeln auf der Haut. Schwach, aber unverkennbar. Magie. Mächtige Magie, die gezielt eingesetzt wurde.
„Bei Kontakt der von meinem Wissenschaftler nachgebauten Nanobots, die wir aus deinem Blut herausgefischt haben, mit meinem Blut reagieren die Bots wie solche, die du wohl durch meine Wunde gepult hast. Ich vermute, dass meine Bots speziell für mich gefertigt wurden, und diese Gift beinhaltet hatten, die mich geschwächt haben. Meine Selbstheilungskräfte hatten sich erst dann reaktiviert, als du dein Ritual angewendet hast und diese kleinen Monsterchen nicht mehr in mir drin waren.“ Das viel zu schwache Licht trübte die Atmosphäre und den Moment, doch Amron erkannte, was in dem Augenblick in den roten Augen des Schelms aufblitzte. Dankbarkeit gemischt mit Freude. Und Anhängigkeit, die der Dämon niemals wollte. Amron sah zu seinem Handgelenk, auf welchem ebenfalls das Zeichen prangte, das auch auf Bucks Haut tätowiert war. Das erklärte, weshalb der Dämon nun laufen konnte. Doch wie war es ihm gelungen so schnell Amron aus der Patsche zu helfen? Kaum öffnete er den Mund, doch wurde wieder durch den Dämon unterbrochen, welcher nun grinsend auf den Kolben mit Amrons Blut zeigte.
„Und das ist nun das Wundermittel!“ Der Krieger öffnete die Faust und warf die paar Nanobots in die Flüssigkeit. Er erwartete etwas, wartete ab und hielt die Luft an. Doch die Bots ploppten hinein, schwammen zunächst umher und starben dann mit einem Aufblitzen ab. Schwarze Punkte zierten den Boden des Kolbens, der selbst nach dem Schütteln kein Lebenszeichen der elektrischen Spinnen erkennen ließen.
„Die Dinger funktionieren bei dir nicht. Und ich denke, weil ich in deiner Nähe stetig war, wurden meine auch ausgeschaltet und verweigerten die Kontrolle desjenigen, die sie erbaut hat. Clever, oder?“
Amron verstand und sah Buck an. „Doch das ist sicher nicht der Grund, weshalb Ihr mich hier in diese stille Kammer gebracht habt.“ Skepsis schlich sich durch die Maske des Dämons, als Amron ihn erwischt hatte. Der Weißhaarige sah noch zu, wie die Flüssigkeiten zu ruhe kamen, als Stille sich über die beiden legte.
„Nein, aber es war mitunter einer“, kam es tonlos rüber. Doch mehr Information rückte Buck nicht hinaus.
Amron trat wenige Schritte zurück, bis nur noch Buck in dem Schein der Lampe stand. Wie zwei Raubtiere schlechthin starrten die Männer einander an, als würden sie auf den Zug des anderen warten. Bucks Grinsen wurde immer breiter, während Amrons Muskeln sich zum Zereisen anspannten. Totenstille breitete sich aus, als man den Magiestau des Dämons wahrnahm. Amron erkannte, dass die stumme Drohung nicht ihm galt.
„Ich werde demjenigen, der mich in die Zelle hat verrotten lassen, einhändig dem Garaus machen. Doch ich werde ihn leiden lassen, sodass er nur noch betteln wird, sterben zu dürfen.“ Das Licht flackerte an der Decke und eine eiskalte Brise wehte durch den fensterlosen Raum. Alle Türen waren zu, also wurde der Wind durch Magie heraufbeschworen. Die zunächst gerichteten Haare des Dämons fielen ihm wild ins Gesicht und wehten umher, als Buck das Zentrum des tobenden Windes wurde. Er streckte die Arme aus, als würde er damit schon ewige Rache schwören. Die Finger formten sich zu gefährlichen Spitzen und Buck sah den Krieger immer noch grinsend an. Doch in diesem Blick stand der Wahnsinn im Vordergrund und ein einziges Versprechen lag in den tiefroten Pupillen. Als würde Blut selbst in den Augen fließen, wich jegliche Freude und Spott, bis nur noch stummer Zorn und Leid in dem Gesicht zu finden war. Die weisen Zähne lugten empor, als das Lächeln breiter wurde und Amron die aufkommende Macht mit seiner eigenen zurückdrängen musste, um sich so zu schützen.
„Ich werde ihm zeigen, was es heißt, zu leiden. Ich werde ihm zeigen, dass man sich nicht mit mir, dem Hohedämon Burukvashrun, anlegt.“ Das Summen in Amrons Kopf wurde größer, die Kopfschmerzen stetiger. Selbst die fast verheilte Wunde stach in seinen Bauch, als Buck seiner Macht freien Lauf ließ. Eine bloße magische Kuppel reichte nicht, um den Wutausbruch des Dämons stand zu halten. Amron war noch viel zu geschwächt.
Der Blick beider traf sich und wurde intensiver. Die Stimmung drückender, bis das Licht gänzlich wich. Bevor die Schwärze den Raum flutete, sorgte der Hohedämon mit einem Satz dafür, dass Amrons Panik sich verdreifachte.
„Und dazu brauche ich einen Verfluchten. Ich brauche dich, Amron!“