Es war schon fast peinlich, dass es ihm nicht gelang, einen Weg aus diesem Irrgarten zu finden. Doch nichts glich dem Bekannten, das ihm seit dem Erwachen vertraut war. Nein halt, doch. Dieses grässliche Metall, aus dem die Rüstung seines jämmerlichen Gefäßes normalerweise bestand, sah genauso aus wie diese Wände, der Boden und die Decke der langen Räume, die er stetig betrat. Verziert voller Blut seiner Gegner. Schon fast musste er auflachen. Gegner waren es sicherlich nicht. Ungeziefer, wie verwandelte Ratten. Menschen waren solch schrecklich lästige Wesen. Egal, wo er gelandet war, es glich einer Hölle. Er wollte nur schnellstmöglich wieder zurück in seine Höhle.
Lange wanderte der Gott umher, gelangweilt und gleichzeitig neugierig. Nichts schien seinem Interesse zu genügen.
Immerhin kam er endlich in einer Räumlichkeit an, die mehr schien als ein bloßes verwirrendes Verbindungsstück zu nutzlosen Zimmern und Kämmerlein. Es sah sich um, sah hier und da blinkende Lichter, bewegende Zeiger und im Zentrum einige Tische. Der Gott trat näher heran, erblickte weitere matt glänzende Erhebungen aus dem Boden. Er begriff recht langsam für ein überaus mächtiges Wesen, das er war, dass es sich um Tische handelte. Mehrere unterschiedlich große Platten, die an einem Fuß voller umherwuselnden Kabeln verbunden waren. Manche dieser waren senkrecht, andere leer. Auf wiederum anderen ruhten verschiedene Wesen, dessen Oberkörper aufgeschnitten waren oder gänzlich vor sich verfaulten. Der Gott erkannte nicht, was es für Kreaturen waren. Sie waren tot, daher nutzlos für ihn. Angeekelt dennoch über den stechenden Geruch wich er zurück, wandte den Blick nach rechts und stockte, als er das Bild festhalten musste, dass er nun zu sehen bekam.
Lichter, überall Lichter. Wo bin ich? Wer wagt es? Wieso sticht mich etwas? Was klebt an meinem Körper? Wer waren all diese…? Thiana? Wo ist Thiana?
„Welch prächtiges Exemplar!“, wagte eine Stimme dieses Ungeziefers ihn anzusprechen und ihn damit aus seiner plötzlichen Trance zu reisen. Erinnerungsstücke wie Puzzleteile fielen von ihm herab, die nicht seine waren. Er schüttelte leicht den Kopf, richtete seine Aufmerksamkeit nicht an den Sprecher, sondern begutachtete dieses störenden Etwas vor ihm. Ebenfalls ein Tisch, nicht anders als die anderen. Zwar beleuchteten seltsame Objekte diesen, doch beim Nähertreten sah man die spitzen Nadeln vereinzelt am Boden verteilt. Noch hing Blut daran, doch Flüssigkeiten verbanden Schläuche mit den weiteren Nadeln, die dem Etwas auf dem Tisch wohl Leben einzuhauchen versuchten. Viel verstörender war der Anblick des mickrigen Wesens, das auf dem Tisch schlief. Vollkommen nackt und ohne Verletzungen ruhte der Mann mit einigen Objekte im Körper und mit runden Knöpfen auf diesem, wieder verbunden mit kuriosen eckigen Gegenständen, die seltsamen dem Gott im Ohr piepsten. Ruhig hob und senkte sich der Brustkorb, der mit schwarzen Linien verziert war. Schwarzes Haar fiel wie ein Wasserfall von dem markanten Kopf herab, ein kantiges Kinn mit Strichen und spitze, fast zu große Nase, durchstochen mit einem Stock, sollten den Mann wohl verzieren. Was oder wer auch immer dieser war, es sah widerlich aus.
„Ich sehe, es scheint Euch gut zu gehen!“ Wieder dieser tiefe Ton, der ebenfalls störend wie auch nervig hinter ihm erklang. Diese Zecke schien nicht aufgeben und den Zorn eines Gottes auf sich ziehen zu wollen. Nein, er wagte es sogar ihm näher zu kommen.
„Bevor Ihr mich tötet, mein lieber Gott Dhiandar, solltet Ihr wissen, wo Ihr seid“, die ruhige und sachliche Tonlage ließ Dhindar aufhorchen. Dieses Nichts wusste, wer vor ihm stand und war nicht auf die Knie gesunken. Ein töricht dummer und gleichzeitig interessanter Mensch.
„Wie nennst du dich, mickriges Wesen?“, fragte Dhiandar. Schließlich siegte doch die reine Neugier. Ein Mann in Schatten gehüllt, als würden sie ihm gehorchen. Ein langer Mantel und ein schrecklicher Hut, der ihn aussehen ließ wie ein Kleiderständer, machten ihn lächerlich. Ganz im Gegensatz zu diesem selbstsicheren Ausdruck, der auch Vorsicht und noch mehr in sich barg. Ein schlauer Mensch, nicht alles gegenüber Dhiandar, Gott von Leben und Tot, preis zu geben. Dhiandar beschloss zu spielen, legte den Kopf schräg und bekundete ihm damit die Erlaubnis zu sprechen.
„Ich heiße Jack, mehr braucht Ihr nicht zu wissen.“ Eiskalt blickten zwei blaue Kristalle ihn aus bleicher mit Altersflecken übersäte Haut an und wiesen ihn als erfahren aus, doch niemals so mächtig wie der Gott selbst. Menschen konnten nichts, außer einfache Sachen zu tun, wie Vieh zu leben und noch dümmer zu sein. Triebe und Dinge wie Gefühle formten ihre Taten, die weder Hand noch Fuß hatten. Dhiandar selbst hatte dies noch nie verstanden. Doch das war aktuell auch nicht von Belang.
„Ihr befindet Euch in einer Welt, die man Erde nennt. Ich bin sicher, Euch ist in eurem umfangreichen Leben kein solcher Ort jemals zu Gesicht gekommen. Durch einen dummen Zufall seid ihr allerdings...“, ein Finger zeigte auf den Gott. Dieser knurrte, doch nicht wegen der Geste. Tief in ihm brodelte seine Macht über, da ihm solch ein Missgeschick passiert war. Wie eine überkochende Teekanne musste nur wenig passieren, bevor das gesamte Gebäude unter der Last seine Mächte einstürzen konnte. „...an einen Körper gebunden, der sterblich ist. Ihr könnt aus dieser nicht entkommen und auch nicht in Euer Reich zurück.“
„Weshalb sollte eine Ratte wissen über das Gesamte haben, wenn sie doch so klein ist?“ Erhaben richtete sich Dhiandar auf und blickte Jack von oben herab an.
„Ich bin Wissenschaftler und forsche“, eine einfache Aussage, die keinen Inhalt bot. „Und wie es so will habe ich Euch gefunden. Oder den Körper, den Ihr aktuell bewohnt.“
„Ich bin nicht auf deine Hilfe angewiesen, Sterblicher!“, Dhinadar wollte bereits gehen und machte kehrte. Einige Momente hallten seine Stiefel in dem Raum, bevor der Wicht erneut die Stimme hob.
„Nicht ich hindere Euch daran.“ Jack wurde lauter, bevor der Gott dessen Todesurteil unterschrieben hatte. Eigentlich wollte er ihn töten und nach einem neuen Weg suchen. Wie gerne würde er seine Wut an diesem Menschen herauslassen. Doch Informationen würden Tote ihm nicht geben. Er drehte sich widerwillig um. Jack grinste, das aschblonde Haar hing ihm in fettigen Strähnen herunter, dessen Schopf vom schwarzen Hut überdeckt wurde. Durch die Schattierungen und dem scharfen Blick wirkte er fast wie ein Verfluchter.
„Es ist ein Dämon namens Burukvashrun.“