Mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen hielt Jo Phiney Bastians Hals umklammert. Er war stark, aber im Augenblick deutlich im Nachteil und das nutzte Jo gnadenlos aus. Nach einem gut platzierten Tritt gegen die Rückseite seines Oberschenkels, ging Bastian zu Boden. Wie erwartet, rollte er sich sofort herum, doch damit hatte Jo bereits gerechnet. In einer fließenden Bewegung, löste sie ihre Arme aus Bastians Griff, sprang zur Seite und fiel im nächsten Augenblick schon wieder auf ihn. Während eines ihrer Knie auf dem Boden landete, nagelte sie ihn mit dem anderen auf seiner Brust fest, während sie mit ihren Händen nach seinen schnappte.
Es gelang ihr, ein Handgelenk zu erwischen und es über seinem Kopf auf den Fußboden zu werfen, aber dummerweise war Bastians andere Hand zu schnell für sie. Seine Finger schlossen sich um ihre Kehle, während er ungehalten fluchte. Jo tastete japsend an ihre Kehle, während ihr die Luft abgedrückt wurde. Sie musste seine andere Hand loslassen und diese Gelegenheit ergriff Bastian sofort. Er warf sie herum und der letzte Rest Sauerstoff wurde aus Jos Lunge gedrückt, als sie hart auf dem Boden aufschlug und Bastian sie auf dieselbe Weise festnagelte, wie sie es gerade noch mit ihm getan hatte.
Die Kapuze wurde ihr vom Kopf gezogen und Bastian erstarrte. Seine grünen Augen wurden groß, als er sie erkannte und zeitgleich lockerte sich der Griff um ihren Hals. „Jojo“, hauchte er überrascht, dann schüttelte er den Kopf und seine Mundwinkel verformten sich langsam zu einem Lächeln. „Du hattest mich fast.“
Jo schnaubte. „Ich hatte dich“, widersprach sie und nahm einen tiefen Atemzug.
„Fast.“
Ein Räuspern hinderte Jo daran, noch weiter darüber zu diskutieren. Hinter Bastian erblickte Jo einen großgewachsenen glatzköpfige Kerl, der eine Neunmillimeter auf sie gerichtet hielt.
Bastian sah sich ebenfalls nach ihm um, doch eher er etwas sagen konnte, ertönte Duncans Stimme. „Steckt die Waffen weg, meine Herren.“ Er klang höchst amüsiert und obwohl Jo ihn nicht sehen konnte, konnte sie sich sein breites Grinsen lebhaft vorstellen.
„Du gehörst zu dem New Yorker Team, was wir erwarten“, wandte sich Bastian wieder an sie und obwohl es nicht als Frage gemeint war, nickte sie. „Tut mir leid, wegen des Alarms, aber mein Auftritt sollte glaubhaft sein. Duncan war natürlich eingeweiht.“
Bastian verzog das Gesicht. „Und damit wohl auch Adriana und Cam.“
„Selbstverständlich“, mischte Duncan sich abermals ein. „Ich wollte nicht, dass sich jemand erschreckt. Anwesende ausgeschlossen. Adriana hat den Alarm auch gerade wieder ausgestellt.“
Der Kerl hinter Bastian, der seine Waffe inzwischen weggesteckt hatte, verschränkte die Arme vor der Brust und zeitgleich vernahm Jo eine ihr unbekannte Stimme: „Würde uns mal jemand aufklären, was zum Teufel hier los ist?“
„Guten Abend“, hörte sie Vellris sagen, ehe jemand antworten konnte und damit war ihr klar, dass der Rest ihres Teams eingetroffen war. Ihre zwei Minuten waren abgelaufen.
„Oh, was haben wir denn da?“, war Peroys Stimme zu vernehmen und Jo verdrehte genervt die Augen, als er in ihrem Blickfeld erschien. Mit einem breiten Grinsen beugte sich der dunkelhaarige Mann zu ihr herunter. „Ich dachte, du wolltest ihn umhauen.“
„Das habe ich“, knurrte Jo.
„Sieht aber gar nicht so aus“, wiedersprach Peroy.
Bastians Augen funkelten amüsiert. „Sie hat mich tatsächlich umgehauen“, entgegnete er und nahm seinen Fuß endlich von ihr. „Allerdings war der Erfolg nur von kurzer Dauer.“
Sie richtete sie auf und straffte die Schultern, ehe sie die Hand ergriff, die Bastian ihr entgegenstreckte. Nachdem sie auf die Füße gekommen war, lächelte sie: „Beim nächsten Mal schaffe ich es.“
Seine Augenbraue hob sich. „Das letzte Mal ist es dir wann gelungen? Vor zehn Jahren?“
„Sieben“, widersprach sie und Bastian lachte. „Meinetwegen sieben.“
Er zog sie an sich und schloss sie in eine feste Umarmung. „Schön, dich zu sehen, Jojo.“
Jo drückte ihre Wange gegen seine breite Brust: „Ich freue mich auch“, gab sie ehrlich zu, ehe sie sich von ihm löste und ihm schließlich in die Wange knuffte: „Du bist wirklich groß geworden.“
Bastian wirkte einen Moment verdutzt, dann hob er sie hoch und drehte sich mit ihr im Kreis. „Du hast mir wirklich gefehlt“, rief er dabei amüsiert und sie stimmte in sein Lachen mit ein.
Erst als ein unmissverständliches Räuspern erklang, setzte Bastian Jo wieder auf ihre eigenen Füße.
„Wenn ihr dann fertig seid, könnten wir wieder zum eigentlichen Grund unseres Treffens zurückkommen“, erklärte Duncan mit ernstem Tonfall, doch als Jo ihn ansah, lächelte er. Und sie wusste, dass auch er sich freute, sie nach all der Zeit zu sehen.