Schier endlose Stunden später, ließ Jo sich rücklings auf das große Himmelbett fallen, das zu der Hotelsuite gehörte, die sie soeben mit Aiden bezogen hatte.
Nachdem sie in Windeseile aus dem Hotel in Manhattan ausgecheckt hatte, hatte Vellris sie gemeinsam mit Aiden und Gray direkt nach Philadelphia chauffiert. Auf der Fahrt hatten sie kurz Rücksprache mit Taye gehalten, der für sie bereits die neue Suite gebucht und Aiden eine neue Garderobe organisiert hatte. Während des kurzen Telefonats hatte Taye Aiden darauf hingewiesen, dass sein Verhalten ein großer Fehler gewesen war, aber gleich darauf, hatte er ihnen beiden zu ihrer großartigen Leistung gratuliert. Offenbar war zumindest er ähnlich glücklich über ihren Erfolg und somit der Meinung, dass sie ihrem Ziel einen gewaltigen Schritt nähergekommen waren.
Gray hingegen hatte die gesamte Fahrt über geschwiegen und grimmig aus dem Fenster gestarrt. Jo hatte zwar versucht, ein paar Mal, ein belangloses Gespräch zu beginnen, aber nachdem Vellris der Einzige gewesen war, der ihr geantwortet hatte, und das auch noch ziemlich einsilbig, hatte Jo es irgendwann einfach aufgegeben. Und so hatte sie dann die restliche Fahrt über schweigend zwischen Gray und Aiden auf der Rücksitzbank gehockt und war wirklich erleichtert, als sie ihr Ziel endlich erreicht hatten.
Das Einchecken war völlig problemlos verlaufen und nun war Jo glücklich, dass sie nach einer halben Ewigkeit endlich aus diesen Klamotten herauskommen würde. Seufzend ließ sie die hohen Pumps von den Füßen rutschen und schloss für einen Augenblick die Augen.
Erst da wurde ihr bewusst, wie erschöpft sie tatsächlich war.
Ihr Körper war während der letzten Stunde ständig in Alarmbereitschaft gewesen und jetzt, da sie in der Suite angekommen waren, spürte sie, den Druck von ihr abfallen.
„Nett hier“, hörte sie Aiden sagen und als sie sich aufrappelte, erblickte sie ihn an einem der beiden bodentiefen Fenster stehend. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ließ den Blick über die nächtliche Skyline wandern. Dabei sah er leider viel zu attraktiv für Jos Geschmack aus.
Sie zwang sich selbst dazu, sich auf etwas anderes zu konzentrieren und erhob sich vom Bett. „Ja, nett hier. Wie in einem Palast so nett“, entgegnete sie knapp, denn tatsächlich war die Suite noch größer und schicker eingerichtet, als die in New York. Auch wenn die Ausstattung ähnlich war, so wirkte alles noch eine Spur edler und auch wenn sie diesmal über keinen privaten Aufzug verfügten, so hatten sie stattdessen direkten Zugang zu den Wellnessräumen, die sich am anderen Ende der Etage befanden. Wie sie von dem freundlichen Rezeptionisten erfahren hatten, war der Zugang für sie rund um die Uhr möglich, während alle anderen Gäste erst am nächsten Morgen wieder die Möglichkeit bekamen, sich dort verwöhnen zu lassen.
Jo spielte kurz mit dem Gedanken, die Chance zu nutzen, und sich in ebendieser Wellnessanlage einmal umzusehen, doch noch im selben Moment entschied sie sich auch schon dagegen. Ihr würde eine heiße Dusche genügen und dann brauchte sie dringend ein paar Stunden Schlaf.
„Ich gehe ins Badezimmer“, erklärte sie an Aiden gerichtet und wartete nicht erst auf eine Antwort, ehe sie den Raum durchquerte. Sie betrat das in Weiß und Gold gehaltene Bad und schloss die Tür hinter sich ab, dann entledigte sie sich ihrer Sachen und zog die Nadeln aus ihrem Haar. Als sie schließlich das heiße Wasser auf ihrer Haut spürte, konnte sie fühlen, wie sich ihre Muskeln entspannten. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen und gab sich ganz der wohligen Wärme hin, dann machte sie sich daran, sich rasch einzuseifen und das Haar zu waschen.
Tatsächlich fühlte sie sich schon wieder etwas lebendiger, als sie schließlich aus der Dusche trat. Sie wickelte sich eines der kuschlig weichen Handtücher um den Körper, drückte das Wasser mit einem weiteren aus den Haaren und griff dann nach dem Föhn. Ein paar Minuten später verließ sie schließlich das Badezimmer. Da das Schlafzimmer verlassen war, schnappte sie sich rasch frische Unterwäsche aus ihrem Koffer und schlüpfte hinein, ehe sie in eine dunkelgraue Jogginghose stieg und ein schwarzes Tanktop überstreifte. Mit nackten Füßen betrat sie schließlich das Wohnzimmer, wo sie Aiden auf der großen Couch erblickte.
Gerade machte Jo den Mund auf, um etwas zu sagen, als sie erkannte, dass er eingenickt sein musste. Leise trat sie näher an das helle Sitzmöbel und lächelte. Aidens Kopf war auf seine Brust gesunken, während er in der Ecke der Polstergarnitur lehnte. Seine leisen, regelmäßigen Atemzüge hatten in Jos Ohren etwas überaus Beruhigendes.
Unentschlossen stand sie vor ihm und starrte ihn an. Sie würde ihn nicht wecken, aber vielleicht sollte sie ihn zumindest zudecken?
Jo nagte an der Unterlippe, während sie sich im Wohnzimmer umsah. Gerade entdeckte sie eine große Strickdecke in einem hübschen Korb, als es an der Tür klopfte. Sie zuckte zusammen und fuhr herum. Wer konnte das denn jetzt sein?