Jo fand sich schließlich zum wiederholten Mal im Trainingsraum wieder und schüttelte innerlich den Kopf. Seit sie hergekommen war, war das der Ort, an dem sie sich die meiste Zeit über aufgehalten hatte. Es kam ihr beinah wie früher vor. Schon als Kind hatte sie Stunden hier verbracht und den Jägern beim Training zugesehen. Später hatte sie die Sportgeräte benutzt und sich schließlich auch selbst ausbilden lassen.
Jo trat mit nackten Füßen auf die feste Matte, während Bastian sein T-Shirt über den Kopf streifte, es achtlos zu Boden warf und sich ihr Gegenüber positionierte.
„Willst du sie mit deinen Muskeln beeindrucken?“, erklang in dem Moment eine weibliche Stimme und Jo sah sich überrascht um.
In ebendiesem Moment kam eine zierliche Frau auf sie zu, deren rotes Haar in langen Wellen ihren Rücken hinabfloss. Jo konnte nicht verhindern, dass sie die Frau offen anstarrte, denn sie war schlicht wunderschön. Die blasse Haut, die bei jedem anderen ungesund gewirkt hätte, verlieh ihr etwas Anmutiges, die zarte Linie ihrer Nase, die hohen Wangenknochen und vollen Lippen, sahen beinah aus, als habe ein Maler sich an Perfektion versucht. Jo musste schlucken, als sie bemerkte, dass auch die blaue Jeans und der weinrote Pullover aussahen, als seien sie ihr auf den Leib geschneidert worden. Herje, neben dieser Frau kam sich Jo vor, wie ein Mauerblümchen und dabei hatte sie eigentlich keine Komplexe wegen ihres Aussehens.
„Du bist die einzige Frau, die ich beeindrucken will, Prinzessin“, erwiderte Bastian uns in seinem Gesicht erschien ein so intensiver Ausdruck, dass Jo keine Zweifel hegte, wer hier gerade gemeinsam mit Gray, Vellris, Peroy, Tarun und Aiden die Halle betreten hatte.
„Du musst Camryn sein“, stellte Jo fest und kam ihr einen Schritt entgegen. Als sie die Hand ausstreckte, ergriff die Rothaarige sie mit einem offenen Lächeln. „Bitte, nenn mich Cam“, entgegnete sie nickend. „Und du musst Jo sein. Bastian hat mir schon viel von dir erzählt.“
„Nur schlechtes natürlich“, mischte der sich ein und trat neben seine Frau, die vielsagend die Augen verdrehte.
Jo musste schmunzeln. „Immerhin hast du mich erwähnt“, entgegnete sie schulterzuckend.
„Oh, ich mag dich jetzt schon“, entgegnete Cam und strahlte. „Ich freue mich sehr, dich endlich kennenzulernen. Es ist wirklich schade, dass ihr nachher schon wieder aufbrechen müsst. Aber wenn die Mission erfolgreich beendet ist, dann musst du uns noch einmal besuchen kommen.“
Bei den Worten der anderen Frau, breitete sich ein wohliges Gefühl in Jos Brust aus und sie konnte nicht anders, als zu nicken. „Das tue ich gern.“
„Schön“, mischte sich nun wieder Bastian ein. „Dann habt ihr euch nun also kennengelernt.“ Er schmunzelte, als sei er im Moment sehr zufrieden, ehe er sich an Vellris und die anderen wandte. „Und was tut ihr hier?“
Gray schnalzte mit der Zunge: „Glaubst du, wir lassen uns das hier entgehen?“
Nun war es an Jo, die Augen zu verdrehen, doch ehe sie etwas erwidern konnte, stimmte Vellris zu. „Jo spricht quasi ständig davon, dass sie dich umhauen wird, sobald sie nur die Gelegenheit dazu bekommt“, erklärte er an Bastian gewandt.
„Was?“ Jo fuhr zu ihrem Freund herum. „Das stimmt doch so überhaupt nicht.“
Vellris fuhr sich nur grinsend über den kurzen Ziegenbart. „Komm schon, enttäusch mich nicht. Ich habe auf dich gewettet.“
„Wie bitte?“ Jo starrte ihn ungläubig an, während sie von Bastian ein leises glucksen vernahm.
„Na los, Jojo. Bieten wir ihnen eine kleine Show“, sagte er dann, hauchte seiner Frau noch einen Kuss auf die Wange und trat dann zurück auf die Matte.
Kurz war Jo versucht, noch etwas zu erwidern, doch schließlich schüttelte sie nur den Kopf und positionierte sich abermals Bastian gegenüber.
Der grinste sie offen an. „Na, lenken dich meine Bauchmuskeln schon ab, Jojo?“, wollte er wissen und fuhr sich mit den flachen Händen über eben jene Muskelstränge.
Jo schnaubte. „Es ist wirklich ein Wunder, dass du eine Frau gefunden hast, die es mit deinem Ego aushalten kann.“
Bastians Mundwinkel zuckten, während Jo die Beine etwas breiter aufstellte, um einen sicheren Stand zu haben.
„Du hast Recht. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen und ich hoffe, eines Tages findest du jemanden, der deine spitze Zunge zumindest hin und wieder zum Schweigen bringen kann“, erwiderte Bastian und zwinkerte ihr zu.
Jo musste lachen, denn sie wusste, dass seine Worte in keinster Weise bösartig gemeint waren. „Das sagt der Richtige“, gab sie grinsend zurück, ehe sie hinzufügte: „Und jetzt hör auf zu quatschen. Ich habe heute noch etwas anderes vor.“