Aiden starrte Jo und Gray an, die sich aneinander schmiegten und er konnte das eifersüchtige Brodeln in seiner Brust kaum unterdrücken. Ihm war nicht entgangen, wie sich Grays Finger besitzergreifend um Jos Taille gelegt hatten, wie er ihr über die Wange strich und sie sich an ihn drückte. Er sah den Blick, den sie einander zuwarfen und es kostete Aiden in dem Moment wirklich all seine Selbstbeherrschung, um sich nicht auf den anderen Mann zu stürzen.
Heilige Scheiße, Aiden hatte keine Ahnung, woher dieser unfassbare Beschützerinstinkt plötzlich kam, aber sein Verstand setzte beinah aus und er wusste, wenn er die Beherrschung verlor, dann würde er sich wie ein Irrer verhalten. Oder wie ein Vampir, der dabei zusehen musste, wie ein anderer Kerl sich an seine Frau ranmachte.
Seine Frau.
Die Worte schallten durch Aidens Kopf und obwohl er wusste, dass es völliger Unsinn war, fühlten sie sich doch verdammt richtig an.
Gerade glaubte Aiden, die Oberhand über seine Instinkte zurückzuerlangen, da kam Gray Jo noch näher und anstatt sich zurückzuziehen, sah sie so aus, als würde sie die Berührung wirklich genießen. Nein, viel mehr noch. Es sah so aus, als wollte sie ihn jeden Moment küssen.
Das würde Aiden nicht zulassen. Er würde...
„Alles klar, Leute. Gleichstand.“ Peroys Worte rissen Aiden so unerwartet aus seinen Gedanken, dass der Nebel sich in seinem Geist lichtete und ihm wieder etwas Kontrolle über sich selbst zurückgab.
Augenblicklich lösten sich Jo und Gray voneinander und das eben noch deutlich wahrnehmbare Knistern zwischen ihnen war verschwunden. Stattdessen grinsten sie einander an.
„Wirklich eine sehr überzeugende Vorstellung.“ Vellris nickte anerkennend. „Ich hatte nichts anderes von euch erwartet.“
„Und glaub mir, mein Freund. Wir haben noch viel mehr drauf.“ Gray zwinkerte Jo zu und sie pflichtete ihm sofort bei: „Das war erst der Anfang.“
Aiden begriff, dass sie gerade eine Show abgeliefert hatten. Und auch wenn ihm das eigentlich die ganze Zeit über klar gewesen war, hatte es sich doch viel zu real angefühlt. Leider wusste er nicht, ob das an seinem benebelten Hirn lag oder daran, dass da doch mehr zwischen Jo und Gray war, als sie zugeben wollten.
Verflucht, Aiden hatte noch nie ein besonders gutes Gespür für derartige Dinge gehabt. Er wusste, dass es Menschen gab, die die Anziehungskraft zwischen zwei Personen schon spüren konnten, ehe es den Betreffenden selbst bewusst war. Aber Aiden verfügte leider nicht über diese besondere Begabung. Und so blieb ihm im Moment nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Jo und Gray einfach verdammt gute Schauspieler waren.
„Schön, wenn ihr dann also fertig seid“, mischte sich Taye ein und sah kurz zwischen Gray und Jo hin und her. „Wir sollten jetzt aufbrechen.“
Bastian, Duncan und Cam verabschiedeten sich, dann verschwand Taye und ihm folgten Vellris, Gray, Tarun und Jo. Aiden sah gerade noch, wie Peroy noch einmal in Bastians Richtung nickte, dann teleportierte auch er sich fort und Aiden fand sich im nächsten Moment in einem schwach beleuchteten Hinterhof wieder.
Dieser gehörte zur New Yorker Leitstelle und bot für sie einen sicheren Ankunftsort. Aiden war noch nicht oft hier gewesen, aber zwei oder drei Mal hatte ihn einer seiner Aufträge hergeführt.
„Die beiden SUV stehen uns für die Dauer unseres Aufenthalts hier zur Verfügung.“ Taye deutete auf zwei große, schwarze Geländewagen. „Die Schlüssel sollten auf den rechten Hinterreifen liegen.“ Zielstrebig ging der großgewachsene Mann auf eines der Fahrzeuge zu und holte den Schlüssel hervor. Peroy war seinem Beispiel beim zweiten Wagen gefolgt.
„Gut.“ Taye nickte zufrieden. „Dann steigt ein. Peroy, folge mir. Wir werden die Wagen in der Tiefgarage des Hotels abstellen und die Suite beziehen. Dort werde ich unsere Kommandozentrale einrichten. Wenn alles vorbereitet ist, nehmt ihr eure vorübergehenden Identitäten an und bezieht die entsprechenden Zimmer.“
Aiden nickte. Ihm war die Rolle eines Geschäftsmanns zugeteilt worden, der im selben Hotel wie Mr. und Mrs. Frost untergebracht war. Vellris und Tarun würden getrennt voneinander in Motels übernachten und Peroy hatte ein Zimmer in einem Hotel, welches direkt gegenüber des morgigen Veranstaltungsortes lag. Er würde dort unter falscher Identität als Tourist einchecken.
Die nächsten Stunden würden die letzten sein, die sie offen miteinander verbrachten. Sobald sie jeder ihrer Wege gegangen waren, würden sie keinen Kontakt mehr zueinander aufnehmen, denn jede Verbindung, könnte den Plan gefährden.
Aiden musste zugeben, er war beeindruckt, wie sorgfältig Taye den Plan ausgearbeitet hatte. Für einen Außenstehenden würde es unmöglich sein, zu erkennen, dass sie alle Teile eines Teams waren. Und genau das musste auch so bleiben.